pwc:china compass Sommer 2010

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pwc:china compass Sommer 2010
Sommer 2010
pwc
pwc:
china compass
Nachrichten für Experten
Brennpunkt Immobilienmarkt: Merkmale, Risiken und Chancen
Private-Equity-Fonds Aktuelle Rahmenbedingungen und steuerliche Aspekte
Regionale Unternehmenszentralen Regionen werben um Ansiedlung
Wirtschaftsregion Asien Japan: Änderung in der Steuergesetzgebung 2010
Erneuerbare Energien Strategien dreier deutscher Unternehmen in China
Inhalt
Editorial
3
Brennpunkte
4
Immobilienmarkt China: Merkmale, Risiken und Chancen ........... 4
Chancen und Motivationen ausländischer Banken in China....... 10
Reporting & Controlling
13
Angabe der Gehälter der Geschäftsführung im
Jahresabschluss......................................................................... 13
Neue Standards der Rechnungslegung in China:
Auswirkungen auf deutsche Unternehmen................................. 14
Steuern und Recht
17
Förderung ausländischer Unternehmen in China: Regionen
werben um regionale Unternehmenszentralen........................... 17
Alarmstufe zwei für nicht ansässige Dienstleister: China
verschärft Betriebsstätten-Besteuerung, Steuerverwaltung
und -erhebung ............................................................................ 24
Abwicklung von Handelsgeschäften in Renminbi ab sofort
weltweit möglich ......................................................................... 27
Investition und Finanzierung
28
Erneuerbare Energien: Strategien dreier deutscher
Unternehmen in China................................................................ 28
Private-Equity-Fonds in China: aktuelle Rahmenbedingungen und steuerliche Aspekte für deutsche
Investoren................................................................................... 32
Wirtschaftsregion Asien
35
China und Japan: ihre wirtschaftlichen Beziehungen und
deren Bedeutung für Deutschland.............................................. 35
Japan 2010: wichtige Änderungen in der
Steuergesetzgebung .................................................................. 38
Porträt
40
Ralph Dreher: von Shanghai nach Tokio.................................... 40
Veröffentlichungen
41
China drittgrößter Medienmarkt.................................................. 41
Crash oder Boom? – Analyse des chinesischen
Immobilienmarkts ....................................................................... 41
PwC China Business Group
42
Impressum
43
2
pwc:china compass | Sommer 2010
Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
Schlagzeilen wie „Immobilienblase – in China kommt Katerstimmung auf“ (Handelsblatt) oder „Immobilienblase in China“
(manager magazin) waren in der letzten Zeit in der Presse zu
lesen und ließen sicherlich manch aufmerksame Leserinnen und
Leser aufhorchen. Aber ist die Stimmung tatsächlich so schlecht?
Unser Immobilienexperte Florian Hackelberg, PwC Berlin, hat
sich dieses Themas angenommen. Sein Brennpunktbeitrag (ab
Seite 4) beleuchtet Merkmale, Risiken sowie Chancen des
chinesischen Immobilienmarkts und liefert Ihnen aktuelle
Anhaltspunkte, um ihn besser zu verstehen und einzuschätzen.
Unser zweites Brennpunktthema sind die Chancen und die
Motivation ausländischer Banken in China. Seit 2005 befragt
PricewaterhouseCoopers Jahr für Jahr Führungskräfte
ausländischer Banken in China zu Risiken und Geschäfts- und
Entwicklungsmöglichkeiten auf dem chinesischen Bankenparkett.
Ab Seite 10 stellt Ihnen Roland Spahr, PwC Beijing, die aufschlussreichen Ergebnisse dieser Befragung vor. Sie erfahren,
welchen Herausforderungen sich ausländische Banken in China
gegenübersehen und welche Strategien sie verfolgen, um diese
erfolgreich zu meistern.
das World Financial Center in Shanghai an der Spitze eine
quadratische Öffnung hat – und keine runde.
Wir, die China Business Group, bedanken uns sehr herzlich bei
Ralph Dreher und wünschen viel Erfolg und Glück bei PwC Tokio.
Auf seine spannenden und – wie regelmäßige Leserinnen und
Leser des pwc:china compass aus Erfahrung wissen – sicherlich
oft auch amüsanten Berichte aus Japan freuen wir uns schon
sehr!
Ihnen wünschen wir eine erholsame und erlebnisreiche Sommerzeit. Und wenn Sie verreisen, denken Sie an André Gide (1869
bis 1951), der einmal bemerkte: „Man entdeckt keine Erdteile
ohne den Mut, alle Küsten aus den Augen zu verlieren.“
In diesem Sinne eine anregende Lektüre und stets eine glückliche
Hand bei Ihren weltweiten Aktivitäten.
Ihr Jens-Peter Otto
Leiter China Business Group
PricewaterhouseCoopers AG
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Für ausländische Investoren standen bei der Ansiedlung ihrer
Unternehmen im Reich der Mitte bislang steuerliche Vorteile im
Vordergrund, zumindest bis zur Steuerreform 2008. Jetzt
verschieben sich die Prioritäten. Denn China gibt nun finanzielle
Anreize, um ausländischen Unternehmen auch eine institutionelle
Höherstufung schmackhaft zu machen. Dabei geht es vor allem
um die Ansiedlung regionaler Unternehmenszentralen (Regional
Headquarters) in chinesischen Städten. Dirk Bongers, Leiter
China Tax & Legal, erläutert in seinem Beitrag ab Seite 17,
welche Funktion ein Regional Headquarter hat, welche Voraussetzungen erfüllen muss, wer eines gründen will, und mit welchen
Maßnahmen Kommunen eine solche Gründung fördern.
In unserer Rubrik „Wirtschaftsregion Asien“ beschäftigt sich Ralph
Dreher mit Japan. Denn nach viereinhalb Jahren Tätigkeit in
Shanghai wird er nun nach Tokio wechseln und in Zukunft aus
dem „Land der aufgehenden Sonne“ berichten. Mehr über Ralph
Dreher erfahren Sie auf Seite 40 in dem Porträt „Von Shanghai
nach Tokio“. In seinem Beitrag, „Japan 2010: wichtige
Änderungen in der Steuergesetzgebung“ ab Seite 38, informiert
Sie Ralph Dreher unter anderem darüber, was sich bei der
Dokumentation von Verrechnungspreisen geändert hat und
warum sich Investoren in Japan mit den Neuregelungen möglichst
früh beschäftigen sollten.
In seinem zweiten interessanten Beitrag „China und Japan: ihre
wirtschaftlichen Beziehungen und deren Bedeutung für Deutschland“ (ab Seite 35), den wir Ihnen besonders ans Herz legen,
erfahren Sie außerdem, was die Wirtschaft Japans von der
chinesischen unterscheidet, warum sich beide Länder trotz aller
Vorbehalte weiter einander annähern, und nicht zuletzt, warum
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Brennpunkte
Immobilienmarkt China: Merkmale,
Risiken und Chancen
„Immobilienblase – in China kommt Katerstimmung auf“ (Handelsblatt), „Hält Chinas Fundament bei Immobilien?“ (WirtschaftsWoche), „Immobilienblase in China“ (manager magazin). – Das
sind nur drei Schlagzeilen der vergangenen Monate. Steht es
wirklich so schlecht um den chinesischen Immobilienmarkt? Das
internationale Interesse jedenfalls wächst stetig und beschränkt
sich längst nicht mehr auf Immobilieninvestoren. War die Berichterstattung zu Beginn des Booms jedoch euphorisch, wurde sie in
den letzten Jahren zunehmend von einer kritischen, bisweilen gar
düsteren Sichtweise abgelöst. Pessimisten warten gar auf den
großen Knall. – Der aktuelle Beitrag liefert Ihnen Anhaltspunkte,
um den chinesischen Immobilienmarkt besser verstehen und
einschätzen zu können.
Junger Markt
Im Zuge der politischen und ökonomischen Entwicklung Chinas
trat ein prosperierender Immobilienmarkt an die Stelle der
Verteilung von Immobilien durch den Staat, bei der die zuständige
Arbeitseinheit der Bevölkerung ihren Wohnraum meist zuwies.
Der neue Markt weckte wegen seiner Eigendynamik und der
Aussicht auf beachtliche Renditen innerhalb kürzester Zeit das
Interesse internationaler Investoren. Die Folge war ein unvergleichlicher Bauboom – zeitweise standen in China über drei
Viertel aller Baukräne weltweit. Das Ergebnis dieser Hochkonjunktur verdeutlichen zwei Zahlen:
● Allein in Shanghai entstanden während der letzten 20 Jahre
über 6.000 Hochhäuser mit mehr als 30 Stockwerken.
● Im Jahr 2009 wurden schätzungsweise 8,5 Millionen neue
Wohnungen verkauft.
Damit war China 2009 der größte Wohnungsmarkt der Welt.
Nur zum Vergleich: In den USA waren es nur rund
375.000 Wohnungen. – Wie sich die durchschnittlichen Preise für
neue Wohnungen in den letzten Jahren entwickelt haben, sehen
Sie in Abbildung 1.
Informationen zum chinesischen Immobilienmarkt finden Sie auch in
folgenden Beiträgen Ihres pwc:china compass:
● Eigener Herd, Goldes wert – auch in Wuhan? Praktische Ratschläge zum Erwerb von Immobilien in China (Ausgabe Winter
2009/2010, Seite 25 bis 27)
● Bewertung von Landnutzungsrechten in China (Sommer 2008,
Seite 23 bis 25)
● Vom öffentlichen zum privaten Eigentum: Neues chinesisches
Sachenrecht akzeptiert Privatbesitz (Herbst 2007, Seite 17 bis 19)
Wie Sie Abbildung 1 entnehmen können, kam es zu dramatischen
Preissteigerungen, die im Jahr 2009 im Schnitt erstmals bei über
25 Prozent lagen und Spekulationen über eine Immobilienblase
Vorschub leisteten. Den Preistrend beschleunigten ausländische
Investoren, indem sie neben der Wertsteigerung (capital return)
4
In diesem Beitrag erfahren Sie …
● wie das System der Landnutzungsrechte funktioniert.
● in welchen Regionen die wichtigsten Immobilienmärkte liegen.
● was Sie beim Abschluss chinesischer Mietverträge beachten
sollten.
und den Mieteinnahmen der Immobilie (income return) auch eine
Anhebung der vergleichsweise unterbewerteten chinesischen
Währung und somit zusätzliche währungsspekulative Gewinne in
ihre Betrachtung einbezogen (total return).
30%
25%
20%
15%
10%
5%
0%
-5%
1999
2001
2003
2005
2007
2009
Der Begriff „Wohneigentum“ fasst hier vor allem Wohneinheiten
aus erster Hand, die bereits vollendet oder in Arbeit sind und
direkt von den Entwicklern an die Investoren oder an die Endverbraucher verkauft wurden.
Quelle: KnightFrank, „China Property Market Watch“, 2010.
Abb. 1
Veränderung des durchschnittlichen Preises für neues
Wohneigentum von Jahr zu Jahr
Struktur
Den chinesischen Immobilienmarkt kennzeichnet eine starke
Heterogenität. Das betrifft seine Strukturen ebenso wie seine
Sektoren. Da die Infrastruktur in den Regionen sehr unterschiedlich entwickelt ist, sind aus einem internationalen Blickwinkel betrachtet derzeit noch nicht einmal jede der insgesamt
über 170 chinesischen Millionenstädte interessant. Ungeteilte
Aufmerksamkeit erlangen vor allem die entwickelten Immobilienmärkte, die sich – wie die gesamte Wirtschaft – geografisch im
Bereich des östlichen Küstenstreifens konzentrieren. Das
Zentrum Chinas und der gesamte Westen sind dagegen auch
aufgrund ihrer geologischen Beschaffenheit mit überwiegend
Ödland und Wüste weniger interessant für die Immobilienbranche. Von Bedeutung sind in diesen Landesteilen bislang nur
einige Ballungszentren und Megastädte.
Aus makroökonomischer Sicht lassen sich vier verschiedene
Regionen als maßgebliche Immobilienbrennpunkte (real estate
hotspots) identifizieren:
● Im Norden ist das die Bohai Bay Economic Zone (BBEZ) um
die Hauptstadt Beijing, dem politischen Zentrum Chinas.
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Brennpunkte
● Den Mittelpunkt des Yangtze River Delta (YRD) bildet Chinas
Finanzzentrum Shanghai, flankiert von den Satellitenstädten
Nanjing, Hangzhou und Ningbo.
● Der südliche Immobilienbrennpunkt Pearl River Delta (PRD)
besteht vorrangig aus den Städten Guangzhou und Shenzhen,
die sich in den vergangenen drei Jahrzehnten im Schatten von
Hongkong als Produktions- und Handelszentren etablieren
konnten.
● Im Westen schließlich ist – mit zunehmendem Erfolg des
staatlich geförderten Wirtschaftsprogramms Große Entwicklung
des Westens (xibu da kaifa) – die Central-West Region (CWR)
zu nennen.
Vielen potenziellen Investoren in Europa ist der vierte Brennpunkt, die CWR, bisher allerdings sicher unbekannt. Ihr Zentrum
ist die Stadt Chongqing, in deren administrativen Grenzen über
30 Millionen Menschen leben. – Abbildung 2 gibt Ihnen eine Übersicht über die geografische Lage der genannten Zentren.
Neben dieser geografischen Aufteilung gliedert sich der
chinesische Immobilienmarkt besonders aus Sicht internationaler
Immobilieninvestoren hierarchisch, und zwar in Standorte ersten,
zweiten und dritten Ranges (englisch: tier):
Rang
Städte
Tier I
Beijing, Shanghai, Guangzhou und Shenzhen
Tier II
z. B. Wuhan, Tianjin, Nanjing, Dalian
Tier III
z. B. Harbin, Fuzhou, Hefei, Kunming
Tab. 1
Städte ersten, zweiten und dritten Ranges
Diese Klassifizierung, die Sie sicher aus anderen Zusammenhängen kennen, ist übrigens keine offizielle. Sie wird in der Fachliteratur und in den Marktberichten großer Maklerhäuser verwandt
und beschreibt den jeweiligen strukturellen Entwicklungsstand.
Die Klassifizierung orientiert sich nicht primär an der Größe einer
Stadt, sondern gruppiert die Städte in A-, B- und C-Standorte für
Beijing
Tianjin
Jinan
Nanjing
Chengdu
Chongqing
Wuhan
Hangzhou
Shanghai
Ningbo
Dong- Shenguan zhen
Bohai Bay Economic Zone (BBEZ)
Yangtze River Delta (YRD)
Central-West Region (CWR)
Pearl River Delta (PRD)
Guangzhou
Zhuhai
Zhongshan
Quelle: Centaline Property
Abb. 2
Die vier großen Immobilienregionen in China
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Brennpunkte
Immobilieninvestitionen. Die Zahl der Tier-II- und Tier-III-Städte ist
mit rund 35 wesentlich größer und nicht eindeutig begrenzt. –
Bitte beachten Sie Tabelle 3.
Rahmenbedingungen
Sicher orientiert sich der chinesische Immobilienmarkt zunehmend an marktwirtschaftlichen Strukturen. Aufgrund des
allgegenwärtigen staatlichen Einflusses ist er allerdings noch weit
davon entfernt, ein freier Markt nach westlichen Maßstäben zu
sein. Das herrschende System der „Sozialistischen Marktwirtschaft“ geht mit stetigen regulierenden Eingriffen des Staates
einher, welche die marktwirtschaftlichen Mechanismen der Preisfindung aus Angebot und Nachfrage vielerorts faktisch aushebeln.
Ferner prägt eine Vielzahl nationaler Regulierungen und Vorschriften den chinesischen Immobilienmarkt, die oft Ergebnis
ideologischer Vorgaben und marktwirtschaftlicher Erfordernisse
sind. Eine zentrale Funktion übernimmt dabei das staatliche
System der Landnutzungsrechte, über das Sie die folgenden
Abschnitte informieren.
Landnutzungsrechte
Das wesentliche Merkmal des chinesischen Landeigentumsrechts
ist, wie Sie vielleicht wissen, die gesetzliche Trennung von
Eigentum und Besitz. Im Gegensatz zum deutschen Recht kennt
die chinesische Rechtsordnung zwar ein vom Grund und Boden
separates Eigentum am Gebäude. Nicht erlaubt aber ist trotz aller
Reformen auf diesem Gebiet der Eigentumserwerb an Grund und
Boden durch private oder juristische Personen oder sonstige
Organisationen. Darin folgt chinesisches Recht nach wie vor der
ursprünglichen Ideologie, die zur Gründung der chinesischen
Volksrepublik im Jahre 1949 führte. Grundsätzlich sagt das
Landverwaltungsgesetz der Volksrepublik China ausdrücklich:
Ländlicher Grund und Boden stehen im Eigentum landwirtschaftlicher Kollektive, städtischer Grund und Boden ist Staatseigentum.
Nun ergab sich mit der zunehmenden Liberalisierung der
chinesischen Wirtschaft in den 1980er-Jahren die Notwendigkeit,
Immobilienrechte in einer ideologisch vertretbaren Weise
verkehrsfähig zu machen. In der Konsequenz führte das Mitte der
1980er-Jahre zum Aufbau eines Systems der Landnutzungsrechte, das den entgeltlichen Gebrauch von staatlichem Land
ermöglicht. Mittlerweile unterliegt dieses System einem umfänglichen Regelwerk, auf dessen Basis Grund und Boden im
Wesentlichen durch Überlassung oder Zuteilung erworben
werden können.
Bitte beachten Sie: Der Begriff „Landnutzungsrecht“ (land use
right, LUR) bezieht sich in diesem Kontext auf das Recht, eine
bestimmte Grundstücksfläche zweckgebunden über einen festgelegten Zeitraum nutzen zu dürfen. Wie Sie in der nachfolgenden Übersicht sehen, wird grundsätzlich unterschieden
zwischen dem zugeteilten Landnutzungsrecht (allocated land use
6
right) und dem überlassenen Landnutzungsrecht (granted land
use right), die beide gleichberechtigt nebeneinander existieren.
Zugeteiltes Landnutzungsrecht (allocated land use right)
● jährliche Verwaltungsgebühren, keine Einmalzahlung erforderlich
● LUR nicht übertragbar oder beleihbar
● grundsätzlich unbeschränkte Nutzungsdauer
● Land kann jederzeit vom Staat zurückgefordert werden
● geringe Rechtssicherheit
Überlassenes Landnutzungsrecht (granted land use right)
● Einmalzahlung (land grant premium) und jährliche Verwaltungsgebühren
● eingeschränkte Laufzeit: je nach Nutzung 40 bis 70 Jahre,
Verlängerung frühestens ein Jahr vor Ablauf der Nutzungsdauer
● LUR verkaufbar und beleihbar
● Rückforderung durch den Staat erst nach Ablauf der Nutzungsdauer (Ausnahme: anderweitiges öffentliches Interesse)
Zugeteiltes Landnutzungsrecht
Das zugeteilte Landnutzungsrecht entspricht dem Wesen nach
einem unentgeltlichen Pachtvertrag und berechtigt zur unbefristeten Nutzung für einen festgelegten Zweck. In der
Vergangenheit wurden diese Allocated Land Use Rights meist
staatlichen Unternehmen oder öffentlichen Einrichtungen zugewiesen, welche die Grundstücke in der Regel selbst nutzten.
Das zugeteilte Nutzungsrecht zu übertragen ist nicht möglich.
Grundsätzlich wird dem Nutzer das Allocated Land Use Right
ohne einen Kaufpreis übertragen, jedoch ein „Eigenkostenanteil“
vom Staat an den Nutzer weitergereicht. Darüber hinaus ist der
Erwerber des Nutzungsrechts für anfallende Entschädigungen
und Umsiedlungen der Vornutzer verantwortlich und wird an den
Erschließungskosten des Grundstücks beteiligt.
Zugeteilte Landnutzungsrechte kann der Staat jederzeit wieder
einfordern. Sie bergen für alle nicht staatlichen Unternehmungen
das Risiko eines signifikanten Mangels an Rechtssicherheit. In
der Praxis sind sie daher für die privatwirtschaftliche Entwicklung
von Immobilien und für internationale Immobilieninvestoren
weniger interessant. Denn das Allocated Land Use Right
entspricht seiner Natur nach mehr einer Umverteilung von
staatlichen Verantwortlichkeiten als einer Transaktion von Landnutzungsrechten im marktwirtschaftlichen Sinne.
Überlassenes Landnutzungsrecht
Die entgeltliche und zeitlich begrenzte Landnutzung in Form eines
Granted Land Use Right ist erst seit der Landreform von 1988
möglich und gestattet seinem Inhaber eine eigentumsähnliche
Nutzung des Grundstücks, die in seiner Natur der deutschen
Rechtsposition des Erbbaurechts nahekommt. Die zulässige
Höchstdauer der Landnutzung ist – wie Sie Tabelle 2 entnehmen
können – nach dem Landverwaltungsgesetz (Regulation on Grant
and Transfer) je nach vorgesehener Nutzungsart zeitlich befristet.
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Brennpunkte
Nutzungsart
Höchstdauer
Wohnwirtschaftliche Nutzung
70 Jahre
Industrienutzung
50 Jahre
Ausbildung, Sport und kulturelle Nutzung
50 Jahre
Gewerbeimmobilien (z. B. Handel, Tourismus)
40 Jahre
Mischnutzung und sonstige Zwecke
50 Jahre
betreffen vor allem die Frage nach der Verlängerung und den
Rechtsmechanismen nach Ablauf des Landnutzungsrechts.
Grant Premium
Quelle: Landverwaltungsgesetz der Volksrepublik China
Tab. 2
Höchstdauer der Nutzungsrechte pro Nutzungsart
Frühestens ein Jahr vor Ablauf der Nutzungsdauer kann der
Inhaber die Verlängerung des Nutzungsrechts beantragen, was
nur aus „Gründen des Allgemeinwohls“ abgelehnt werden darf.
Wird der Antrag nicht gestellt, fällt das Grundstück inklusive aller
Gebäude und sonstiger baulicher Anlagen, die sich darauf
befinden, zurück an den Staat.
Zur privaten Nutzung vorgesehenes Kollektivland muss zuerst in
staatseigenes Land umgewandelt werden, bevor ein Granted
LUR – meist im Rahmen eines Bieterverfahrens – vergeben
werden kann. Bei Überlassung wird ein Vertrag zwischen dem
Nutzer und dem Staat (meist der lokalen Behörde) geschlossen,
der die Merkmale des Grundstücks beschreibt (Lage und Größe
des Grundstücks, Erschließungszustand, Bebauung) sowie die
Laufzeit des Nutzungsrechts, die Zahlung einer Überlassungsprämie (Grant Premium) und einer jährlich anfallenden, jedoch
zumeist geringen Verwaltungsgebühr regelt. In diesem
Zusammenhang sicher auch wichtig: Land, das nicht das
erforderliche Granted-Prozedere durchlaufen hat, ist weder
übertragbar noch beleihbar.
Praxishinweis 1
Das System der Landnutzungsrechte den gesetzlichen Bestimmungen
entsprechend korrekt anzuwenden erweist sich in der Praxis immer
wieder als ein Problem. Speziell bei Joint Ventures zwischen ausländischen und ehemaligen chinesischen Staatsunternehmen tauchen
immer wieder Schwierigkeiten auf. Nicht selten stellen Unternehmen
erst Jahre nach Bestehen der Vereinigung fest: Grund und Boden, die
regelmäßig als Leistung der chinesischen Seite anstelle von Kapital in
ein Joint Venture eingebracht werden, wurden nicht ausreichend in
ein Granted Land Use Right umgewandelt. Das kann nicht nur
erheblichen Einfluss auf den historischen Wert des LUR haben, das
die chinesische Seite eingebracht hat. Es kann sich auch negativ auf
das Bestehen oder eine mögliche Erweiterung des Produktionsstandorts auswirken.
Wie Sie teilweise in Abbildung 3 sehen, muss der Nutzer ähnlich
wie beim Allocated Land Use Right nicht nur für den Land Grand,
der den eigentlichen Grundstückspreis widerspiegelt, aufkommen.
Er muss auch die Kosten der Entschädigung und Umsiedlung von
Vornutzern sowie die Erschließungskosten des Grundstücks
tragen. Trotz der grundsätzlich höheren Rechtssicherheit des
Granted Land Use Right bestehen vor allem bei detaillierter
Betrachtungsweise eine Reihe juristischer Unklarheiten. Sie
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Grundstückserschließung
Grundstückserschließung
Entschädigung
für Vornutzer
Entschädigung
für Vornutzer
Granted Land Use Right
Allocated Land Use Right
Die Größe der Kostenblöcke sowie deren Verhältnis zueinander
schwankt in Abhängigkeit von Lage und Anbindung.
Quelle: Glatte, Thomas, Grundstückserwerb in der VR China, in
„Grundstücksmarkt und Grundstückswert“, Köln 2005, S. 160.
Abb. 3
Kosten bei erworbenen und zugeteilten Landnutzungsrechten
Praxishinweis 2
Oft fehlt es an einer eindeutigen Zuordnung oder an einem eindeutigen Nachweis des Eigentums. Zwar gibt es sogenannte Landregister (land register), die dem deutschen Grundbuch vergleichbar
sind. Doch sind die Eintragungen häufig unvollständig oder nicht eindeutig. Das betrifft in vielen Fällen unklare Eigentumssituationen bei
privatisierten oder teilprivatisierten Staatsunternehmen. Eine genaue
Einzelfallprüfung ist deshalb unverzichtbar.
Tabelle 3 gibt Ihnen einen Überblick beispielhaft ausgewählter
Granted-Land-Use-Right-Preise (Transaktionspreise inklusive
Grant Premium, Grundstückserschließung und Entschädigungszahlungen) an verschiedenen Standorten mit unterschiedlichen
Nutzungsmöglichkeiten in China.
Mietrechtliche Aspekte
Das chinesische Mietrecht ist auf nationaler Ebene nur vage
geregelt und wird daher durch eine Vielzahl lokaler Verordnungen
ergänzt, die sowohl in der Rechtstheorie als auch in der gelebten
Rechtspraxis voneinander abweichen können. Grundsätzlich sind
Eigentümer von urbanen Liegenschaften zur Vermietung
respektive Verpachtung ihrer Grundstücke befugt, wenn sie von
offizieller Stelle autorisiert wurden, Gebäude zu betreiben und
hierfür ein Leasingzertifikat für Gebäude (building leasing
certificate) besitzen. Wie im deutschen Mietrecht ist die
Vermietung von Wohnraum in China aus Mieterschutzgründen
stärker reguliert als die Vermietung gewerblicher Flächen. Für
Letztere wird den Vertragsparteien eine größere Freiheit bei der
Gestaltung der Vertragsmodalitäten und Vereinbarung
individueller Vertragsoptionen eingeräumt. Die Gestaltung von
Mietverträgen für alle Nutzungsarten unterliegt dem Erfordernis
der Schriftform.
7
Brennpunkte
Gewerbliche Mietverträge werden typischerweise über einen
Zeitraum von zwei bis drei Jahren abgeschlossen, wobei die
Vermieter zunehmend auch längere Mietvertragslaufzeiten anstreben – meist mit Mieteranreizen (incentives), wie etwa mietfreie
Zeiten. Wegen der verhältnismäßig kurzen Vertragslaufzeiten
sind Mietanpassungen (rent reviews) die Ausnahme und werden
daher vor allem bei Verhandlungen zur Verlängerung von Mietverträgen vorgenommen. Solche Verlängerungen wiederum zeigt
der Mieter spätestens drei Monate vor Ablauf des Vertragsverhältnisses an, damit das Vertragsverhältnis schriftlich erneuert
wird. Bitte beachten Sie: Die Vereinbarungen von Verlängerungsoptionen, die dem Mieter eine verbindliche Sicherheit zur Fortführung des Vertragsverhältnisses gäben, sind eher unüblich.
Praxishinweis 3
Eine ungeklärte Rechtssituation kann sich ergeben, wenn der zur
Betreibung befugte Eigentümer ein Gebäude oder Teile davon
vermietet, das sich auf einem Allocated Land Use Right befindet, das
wegen seiner bereits beschriebenen rechtlichen Eigenschaften aber
weder vermietet noch übertragen werden darf. Der Vermieter kann
somit rein rechtlich zwar die baulichen Anlagen an Dritte vermieten,
nicht aber das darunter (und gegebenenfalls darum) liegende Grundstück, das in der Regel durch den Mieter überquert werden muss, um
sich Zugang zur Mietsache zu verschaffen (Überfahrrecht).
Die Mietsache wird in China in der Regel nach einem Wert
bemessen (gross area), der in etwa der deutschen Bruttogrundfläche entspricht. Ermittelt wird keine Nutzungs- oder Mietfläche
aus der Bruttofläche durch Abzug konstruktiver Bauteile oder
nicht nutzbarer Flächen (etwa Außenwände, nicht begehbare
Versorgungsschächte, Aufzüge, Treppenhäuser). Die chinesische
Bruttofläche wird jedenfalls den Berechnungen des Mietzinses
zugrunde gelegt.
Die vereinbarte Miete wird normalerweise monatlich oder
quartalsweise im Voraus entrichtet. In Mietverträgen für Gewerberäume in Neubauprojekten ist allerdings auch ein Vertragskonstrukt nicht unüblich, bei dem die Miete über einen längeren
Zeitraum – der bis zu mehrere Jahre betragen kann – im Voraus
bezahlt wird. Diese Vorauszahlung deckt dann die Baukosten für
das Projekt. Eine gesetzlich festgelegte Obergrenze, also eine
Deckelung für Gewerberaummieten, gibt es nicht. Hingegen
werden Wohnungen, die von Arbeitgebern an ihre Angestellten
vermietet werden, bisweilen unterhalb des Marktniveaus zu einem
fiktiv festgelegten Mietzins vermietet.
Instandhaltungsarbeiten bei der Wohnraumvermietung muss der
Vermieter bestreiten. Bei Gewerbemietverträgen lassen sich
davon abweichend individuelle Vereinbarungen treffen. So ist es
durchaus üblich, vertraglich festzuhalten, dass der Vermieter oder
die vom Vermieter eingesetzte Objektverwaltung Instandhaltung
und Reparaturen an den wesentlichen baulichen Anlagen (Dach
und Fach) übernimmt. Schönheitsreparaturen im Innenbereich
sowie die Instandhaltung von Mietereinbauten sind Aufgabe des
Mieters. Verbrauchsabhängige Bewirtschaftungskosten (darunter
Wasser, Elektrizität, Telekommunikation) sind vom Mieter
gesondert zu tragen. Bei Gewerbeimmobilien sind diese Kosten
mitunter bereits in der Verwaltungsgebühr (management fee)
enthalten, die bis zu zehn Prozent der Gesamtmiete ausmachen
kann.
Vermieter sind in China zunehmend bereit, ihren Mietern Untermietverträge mit Dritten zu bewilligen. Regelmäßig lassen sie sich
dabei anteilig an den Einkünften beteiligen, die der Mieter dadurch erzielt, dass er teurer untervermietet, als er selbst an Miete
zu zahlen hat. Das Vertragsverhältnis aber komplett an Dritte abzutreten wird dagegen zumeist nicht gewährt. Eine Ausnahme
Kategorie
Shanghai
Tier I
Pudong/CBD
sehr gut
Gewerbe/Büro
40 Jahre
8.755 EUR/m
2
Shanghai
Tier I
Hongqiao
gut
Wohnen
70 Jahre
5.811 EUR/m
2
Shanghai
Tier I
Nanjing Road
sehr gut
Gewerbe/Büro
40 Jahre
32.125 EUR/m
2
Shanghai
Tier I
Xinzhuang Industrial Zone
gut
Industrie
50 Jahre
74 EUR/m
2
Beijing
Tier I
Chaoyang District/CBD
sehr gut
Büro
40 Jahre
2.839 EUR/m
2
Beijing
Tier I
Chaoyang District Guangqu Road
sehr gut
Wohnen
70 Jahre
3.410 EUR/m
2
Beijing
Tier I
Beijing Economic-Technology Development Area
durchschnittlich
Industrie
50 Jahre
45 EUR/m
2
Tianjin
Tier II
Hedong District Xinkai Road
sehr gut
Wohnen
70 Jahre
2.275 EUR/m
2
Tianjin
Tier II
Hexi District Nanjing Road
sehr gut
Büro
40 Jahre
5.574 EUR/m
2
Tianjin
Tier II
Jinnan Economic Development Zone
durchschnittlich
Industrie
50 Jahre
34 EUR/m
2
Ningbo
Tier II
Jiangdong CBD
sehr gut
Wohnen
70 Jahre
2.266 EUR/m
2
Ningbo
Tier II
Industrial Zone
durchschnittlich
Industrie
50 Jahre
33 EUR/m
2
Changchun
Tier III
Country Side
durchschnittlich
Industrie
50 Jahre
53 EUR/m
2
Changchun
Tier III
Country Side
gut
Industrie
50 Jahre
11 EUR/m
2
1
Lagebeurteilung
Nutzung
Laufzeit
Preis
realisierte Transaktionspreise im Zeitraum 2007–2009
Tab. 3
8
Standort
1
Stadt
Preise, Nutzungsdauer und Lagebeurteilung ausgewählter Standorte
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Brennpunkte
hiervon ist die Weitergabe des Mietvertrags an verbundene Unternehmen.
Bestellung von Grundpfandrechten
Da Immobilien den besonderen Eigentumsstatus haben, über den
der Beitrag Sie informierte, kann Eigentum an Grund und Boden
im strengen Sinne nicht besichert werden. Nach Artikel 179 des
chinesischen Sachenrechts dürfen nur überlassene Landnutzungsrechte, Gebäude und Teileigentum (etwa Wohnungen),
im Bau befindliche Gebäude oder erworbene Bebauungsrechte
als Immobiliensicherheiten dienen und ähnlich der im deutschen
Recht normierten Hypothek durch ein Grundpfandrecht besichert
werden. Nach Artikel 183 des chinesischen Sachenrechts lassen
sich Landnutzungsrechte und darauf aufstehende Gebäude
allerdings nicht jeweils unabhängig belasten, sondern nur im
Verbund.
Grundsätzlich unterscheidet die chinesische Rechtsordnung
zwischen zwei verschiedenen Formen der Hypothek:
● Zum einen gibt es die Hypothek im Voraus (housing mortgage
in advance), bei welcher der Darlehensnehmer den Kauf einer
Immobilie plant und das zu erwerbende Objekt der Bank als
Sicherheit dient.
● Bei einer Hypothek für Bauvorhaben (mortgage for building
projects) leiht sich ein Projektentwickler Finanzmittel bei einem
Kreditinstitut, um das Projekt zu realisieren, wobei das Landnutzungsrecht als Sicherheit dient. Unklar ist hierbei jedoch, ob
die Hypothek auch bauliche Anlagen mit einschließt, die erst
nach der Bestellung einer Grundschuld auf dem Grundstück
errichtet wurden.
Die Hypothek wird durch einen schriftlich abgeschlossenen
Vertrag sowie die Eintragung im Landregister der zuständigen
Bodenbehörde wirksam. Voraussetzung für die behördliche
Genehmigung ist die Vorlage eines Wertgutachtens über die zu
beleihende Liegenschaft durch einen unabhängigen Sachverständigen.
Ist ein Gebäude mit mehr als einer Hypothek belastet, müssen die
anderen Darlehensgeber informiert werden, wobei die Beleihung
den Restwert des Gebäudes nach Abzug der bisherigen Hypotheken nicht überschreiten darf. Die Befriedigung aus der Hypothek verläuft dabei – vergleichbar der deutschen Regelung in
Abteilung drei des Grundbuchs – in der zeitlichen Reihenfolge
nach der Registrierung, wobei Verfahrenskosten und eventuell
auf dem Grundstück lastende Abgaben vorrangig befriedigt
werden müssen. Die Hypothek ist zu der Forderung streng
akzessorisch, also eng mit der Existenz und der Höhe der
Forderung verbunden. Die Laufzeit der Hypothek wird durch die
verbleibende Restlaufzeit des belasteten Landnutzungsrechts klar
begrenzt. Wie im Falle eines vorzeitigen Heimfalls, also der Rückforderung des Landnutzungsrechts durch den Staat aus Gründen
des allgemeinen Interesses, mit der verbleibenden Hypothek
verfahren wird, ist derzeit nicht klar geregelt.
pwc:china compass | Sommer 2010
Ausblick
Mit dem anhaltenden Aufstieg Chinas zu einer führenden Wirtschaftsnation ist weiterhin von einer kontinuierlichen Veränderung
des chinesischen Immobilienmarkts und einer zunehmenden
Übernahme westlicher Strukturen auszugehen. Der materielle
Wert chinesischer Gebäude wird weiter steigen. Flacht sich die
Wachstumskurve der chinesischen Wirtschaft aber in Zukunft ab,
sollte die Immobilie nicht mehr nur als kurzzeitig gehaltene
Kapitalanlage betrachtet werden, sondern als das, was sie ja
eigentlich auch ist: ein Bauwerk im Sinne eines langlebigen
Wirtschaftsguts.
Trotz aller politischen Entwicklungen ist eine vollständige
Privatisierung des Landes im Sinne eines echten Erwerbs von
Eigentum – aufgrund der regulatorischen Rahmenbedingungen –
derzeit nicht denkbar, weil die chinesische Regierung eine Landflucht vermeiden will. Sonst würden noch mehr Bauern ihre
Ländereien im rückständigen Hinterland aufgeben, um ihr Glück
in den Städten zu suchen.
Darüber hinaus kann die Regierung über die Verteilung von Landnutzungsrechten und die flexible Gestaltung von Regularien die
Entwicklung des Marktes unmittelbar beeinflussen, worauf Beijing
großen Wert legt. Der wirtschaftliche Boom und die vorgegebenen neun Prozent Wirtschaftswachstum wären ohne die
Immobilienindustrie nicht denkbar. Einen Großteil der chinesischen
Wanderarbeiter würde eine schwächelnde Bauindustrie um Brot
und Arbeit bringen. Ein Zusammenbruch des chinesischen
Immobilienmarkts hätte somit weitreichende Konsequenzen für
Chinas gesamte Wirtschaft. Die chinesische Regierung hat das
früh erkannt und eingegriffen.
Auch wenn lokale Übertreibungen und unnatürliche Marktentwicklungen in den letzten Jahren immer wieder Korrekturen
mit Preiseinbrüchen erfahren haben, konnte doch der viel
beschworene große Knall bisher vermieden werden. Die
Schreckensszenarien, die Teile der deutschen Presse entwerfen,
will die chinesische Regierung jedenfalls mit allen Kräften
verhindern. Die oft beklagte Einflussnahme des Staates in das
Marktgeschehen könnte sich an dieser Stelle sogar als sinnvolles
Regulativ herausstellen.
Sie haben Fragen oder sind an Details interessiert? – Bitte rufen
Sie Ihre Ansprechpartner an oder schicken ihnen einfach eine
E-Mail. Bitte beachten Sie auch den Hinweis auf die Dissertation
des Autors zum gleichen Thema in der Rubrik „Veröffentlichungen“
auf Seite 41 dieser Ausgabe.
Ihre Ansprechpartner
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Tel.: +49 30 2636-1166
[email protected]
Tel.: +49 30 2636-1118
9
Brennpunkte
Chancen und Motivationen ausländischer
Banken in China
Seit 2005 befragt PricewaterhouseCoopers alljährlich Führungskräfte ausländischer Banken in China nach ihrer Meinung zu den
Geschäftspotenzialen, Entwicklungsmöglichkeiten, Risiken und
Herausforderungen auf dem chinesischen Bankenmarkt. Das
allgemeine Feedback ist eindeutig: Die Möglichkeiten, sich auf
dem Markt zu entfalten, sind in jeder Hinsicht stark begrenzt und
der Wettbewerb ist groß. Strategisch, also langfristig, wird dem
chinesischen Markt dennoch eine sehr hohe Bedeutung beigemessen. – Einen Blick auf die Ergebnisse der Befragung wirft
folgender Beitrag.
An der etwa einstündigen Interviewbefragung nahmen 42 Leiter
von Banken teil. Die Ergebnisse fassen die folgenden Abschnitte
für Sie zusammen.
Die ausländischen Banken arbeiteten, das zeigten die Antworten,
im letzten Jahr hart daran, ihren kleinen Marktanteil in China von
insgesamt zwei Prozent zu halten oder zu vergrößern. Grundvoraussetzung für die Geschäftsentwicklung in China ist die
richtige Banklizenz. Die Zahl lokaler Firmierungen – einer Lizenz,
die zu erlangen mit am aufwendigsten ist, die dafür aber weitreichende Befugnisse enthält – wird im Jahr 2010 merklich zunehmen. Bisher haben 30 ausländische Banken solch eine Lizenz
und für 2011 werden insgesamt mehr als 50 solcher Lizenzen
erwartet. Damit steht die lokale Firmierung viel stärker im Fokus,
als es in früheren Jahren der Fall war.
Diese Entwicklung hat zwei Gründe: Mit der Niederlassung, der
nächstkleineren Banklizenz, können nur Geschäfte in
Auslandswährungen angeboten werden und jede Niederlassung
muss separat mit mindestens 200 Millionen Renminbi (RMB),
derzeit rund 24 Millionen Euro, Eigenkapital ausgestattet werden.
Andererseits wird ein Verhältnis von Krediten zu Einlagen (Loanto-Deposit) von 75 Prozent im Jahr 2011 als eine Anforderung der
chinesischen Bankenaufsicht (China Banking Regulatory
Commission, CBRC) gesehen, die ausländische Banken teilweise
davon abhält, lokal zu firmieren. Die Banken, die zu den Pionieren
der lokalen Firmierung gehören, haben in den letzten Jahren ihr
Filialnetz kontinuierlich ausgebaut. Ebenso wird die Zahl der
Niederlassungen und Partnerschaften, Allianzen und Kooperationen mit inländischen Banken, die das Ziel verfolgen, sich
einen besseren und breiteren Marktzugang zu verschaffen, zunehmen. Während die chinesischen Banken Investitionen in
andere Finanzdienstleister uneingeschränkt vornehmen, können
ausländische Banken nur zwei auf 20 Prozent des Aktienanteils
beschränkte Minderheitsbeteiligungen halten. Wenn auch viele
Banken solche Beteiligungen halten oder noch nach geeigneten
Investitionszielen unter den verbleibenden chinesischen
Geschäftsbanken suchen, so lässt sich ein Erfolg, welcher Art
auch immer, aus diesen Beteiligungen bisher nur selten feststellen.
10
In diesem Beitrag erfahren Sie …
● welchen Herausforderungen sich ausländische Banken in China
gegenübersehen.
● warum ausländische Banken ihr Geschäft in den nächsten Jahren
ausbauen wollen.
● welche Strategien angewendet werden, um die Herausforderungen
zu meistern.
Neben solchen Investments stehen die Finanzsparten
Vermögensverwaltung, Leasing, Konsumentenkreditgeschäft,
Private Equity und das Effektengeschäft als mögliches Investment
im Fokus. Immerhin acht ausländische Banken verfügen über
Beteiligungen an Wertpapierhäusern (Securities Companies). Die
Deutsche Bank etwa hält 30 Prozent an der Fondsgesellschaft
Harvest Fund Management Co Ltd. Dennoch ist organisches
Wachstum die dominante Strategie ausländischer Banken in
China, was 37 der 42 befragten Banken bestätigten.
Ausländische Banken konnten nicht vom Kreditvergabeboom
profitieren, der durch das Finanzpaket der Regierung angekurbelt
wurde, um die lokale Wirtschaft während und nach der Finanzkrise zu stützen. Im Gegenteil: In der ersten Hälfte 2009 war das
Neukreditgeschäft der ausländischen Banken sogar rückläufig.
Das lag einerseits daran, dass ausländische Unternehmen in
China ihre Kreditnachfrage drosselten, andererseits war der Wettbewerb durch die inländischen Banken in dieser Zeit sehr hoch.
Deren Kreditgeschäft wuchs um zusätzliche 26 Prozent erheblich,
was den ausländischen Banken einen sehr starken Konkurrenzdruck bescherte. Diese Wettbewerbssituation gehört zwar jetzt
schon wieder der Geschichte an, es ist aber ein deutliches Lehrstück, welche Wettbewerbskräfte die inländischen Banken im
Zusammenspiel mit dem Staat entwickeln können. Die
chinesischen Bankenriesen, gewissermaßen die Goliats, wurden
deshalb von den Davids aus dem Ausland erstmals im Jahr 2009
als ernsthafte Konkurrenten in ihren Nischen wahrgenommen.
Für die Zukunft befürchten viele, das Pendel könnte nach der
Kürzung der Kreditbudgets in der zweiten Hälfte von 2009 in den
Folgejahren in die andere Richtung ausschlagen und die Zahl der
Kreditausfälle steigen. Auch die CBRC hat in den letzten Monaten
davor immer wieder gewarnt und die heimischen Banken vorsorglich verpflichtet, ihr Kapital zu erhöhen. Möglich ist jedoch
auch, dass die Sorge zumindest in den nächsten zwei Jahren
unbegründet ist, da die immer wieder unterschätzte Kraft des
chinesischen Wirtschaftswachstums fast jedem Vorhaben eine
Chance gibt und damit signifikante Kreditausfälle ausbleiben.
Das regulatorische Umfeld wird von den ausländischen Banken
nach wie vor als problematisch angesehen und sie fühlen sich
den inländischen Banken gegenüber erheblich benachteiligt, das
machte die Befragung deutlich. Die regulatorischen Vorgaben
sind komplex und werden oft erneuert, was sich auf
Geschwindigkeit, Richtung und Umfang der bankeigenen
Entwicklung und Strategien einschneidend auswirkt. Allem
pwc:china compass | Sommer 2010
Brennpunkte
Anschein nach ergreift die CBRC aktiv Vorsichtsmaßnahmen, um
die heimische Wirtschaft und Anleger vor den weltweiten Risiken
und Folgen der Finanzkrise zu schützen. Erst kürzlich mahnte die
CBRC an, bei der Kreditvergabe an ausländische Unternehmen
besondere Vorsicht walten zu lassen. Diese Mahnung könnte
auch in die umgekehrte Richtung ausgelegt oder gar verkündet
werden: also als Hinweis, Vorsicht beim Anlegen von Geldern bei
ausländischen Banken walten zu lassen. Ein wesentlicher Faktor
dabei ist, dass das chinesische Netzwerk aus Banken, Staat und
Aufsicht in enger Abstimmung zusammenarbeitet. Ausländische
Banken dagegen entziehen sich meist dieser gewohnten,
historisch gebildeten und auch sozial stark vernetzten
Zusammenarbeit und können daher noch auf absehbare Zeit
kaum auf Gleichbehandlung hoffen. 33 der befragten
Führungskräfte erwarten wegen der Finanzkrise in der nächsten
Zeit sogar deutlich mehr regulatorische Vorgaben für
ausländische Banken in China. In der Vergangenheit waren
bereits neue Regeln umzusetzen für:
● Kontoeröffnung
● Saldenbestätigungen
● Währungsregularien
● Hypothekendarlehen für das Privatkundengeschäft
● Finanzierung von Geschäftskunden (Wholesale)
● Verhältnis von Kredit zu Einlagen (Loan to Deposit)
● Ausgabe neuer Produkte der Vermögensverwaltung (Wealth
Management) sowie
● Lokalisierung von Kernbank-(Core-Banking-)Systemen
Als eine Herausforderung ist auch die Anforderung der CBRC zu
sehen, den Nachweis zu erbringen, dass Gelder auch dem im
Kreditvertrag vereinbarten Verwendungszweck zugeführt wurden
und nicht in den überhitzten Immobilienmarkt fließen.
Ungeachtet all dieser Herausforderungen sind die ausländischen
Banken im Vergleich zum letzten Jahr viel optimistischer, was ihre
Zukunft in China angeht. Denn sie bekommen in der Regel starke
Unterstützung bei dem Ausbau ihrer Aktivitäten in China seitens
der Geschäftsführung im Heimatland und geben an, bis zu
48 Prozent mehr Mitarbeiter bis 2013 rekrutieren zu wollen.
Sie wissen, schnelles Wachstum führt zu starkem Wettbewerb um
gute Mitarbeiter. Für die nächsten Jahre sind sich die Banker
einig, dass die Personalkosten steigen werden, und zwar sowohl
beim Festgehalt als auch beim Bonus. Mehr Mitarbeiter werden
den Karrieresprung bei der Konkurrenz nutzen, weshalb auch die
Fluktuationsraten ansteigen dürften. Einige Banken erwarten
dafür Quoten von mehr als 20 Prozent. Das Kernpersonal sehen
ausländische Banken dem Geschäft entsprechend im Relationship Management für das Corporate Banking. Ebenso stark
umworbenes Personal sind die Risikomanager und ComplianceExperten, was sich aus dem regulatorischen Druck der
chinesischen Bankenaufsicht erklärt.
pwc:china compass | Sommer 2010
Mit Blick auf Serviceangebot, Produkte und Beratungsqualität
sehen sich ausländische Banken nach wie vor im Vorteil gegenüber den chinesischen Instituten. Doch was macht diesen Vorteil
aus? Produktentfaltungsmöglichkeiten sind durch Banklizenzen
und regulatorisch stark beschränkt und enthalten somit kaum
Potenzial, sich von der Konkurrenz abzuheben. Die Kunden und
Produkte, die im strategischen Fokus der ausländischen Banken
stehen, sind: vermögende Privatkundschaft (High Net Worth
Individuals) und Private Banking, Investmentprodukte und Wohnimmobilien. Services im Bereich Wealth Management werden
eine herausragende Rolle spielen. Hier erhoffen sich die ausländischen Banken, durch Beratungs-Know-how bei den eher
jungen und unerfahrenen chinesischen Anlegern punkten zu
können. Diese Strategie geht einher mit dem hohen Bedarf an
qualifiziertem Verkaufs- und Beratungspersonal. Produkte und
Personal sind jedoch nichts, auf das die chinesischen Banken
nicht auch setzen könnten, und die haben dann immerhin schon
eine langjährige Kundenbeziehung, die die ausländische Bank
erst noch aufbauen muss. Das Image dürfte hierbei hilfreich sein.
Im Bereich Corporate Banking erwarten die ausländischen
Banken mehr Geschäftspotenzial, weil die Regularien für den
Fremdkapitalmarkt flexibler geworden sind. Auch glauben sie,
strukturierte Produkte könnten langfristig eine höhere Akzeptanz
in China finden. Außerdem soll sich das Private-Equity-Geschäft
schnell weiterentwickeln. Die Unternehmen Blackstone Zhonghua
Development Investment Fund, die Carlyle-Gruppe zusammen
mit Fosun Group und andere wie SAIF Partners, Honz Capital,
Legend Capital und New Horizon Fund sammeln Geld ein für
RMB-Fonds, auch um das immer noch kleine Segment der
kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) bis zur Initial-PublicOffering-Reife zu finanzieren. Das allgemeine Verständnis eines
typischen chinesischen Unternehmers ist es, den Erfolg seines
Unternehmens durch eine schnelle Rekapitalisierung am Aktienmarkt finanziell abzusichern und weiteres schnelles Wachstum zu
ermöglichen. Diese Einstellung eröffnet demnach ein gigantisches
Geschäftspotenzial für Eigenkapitalgeber wie Private-EquityFonds. Banken schätzen das Kreditrisiko bei KMUs allerdings als
sehr hoch ein und bleiben daher eher skeptisch, was den voraussichtlichen Erfolg in diesem Segment angeht.
Besonders deutlich wird die geringe Schlagkraft ausländischer
Banken, wenn man sich ihren gemeinsamen Marktanteil von etwa
nur zwei Prozent verdeutlicht. Etwa die Hälfte aller Befragten ist
pessimistisch, dass sich dieser Anteil in der nächsten Zukunft
vergrößern lässt. Als Gründe werden die bereits genannten ungleichen Wettbewerbsbedingungen und ökonomische Faktoren
angegeben sowie Banklizenzen, die das Service- und Produktangebot erheblich beschränken. Die Konkurrenz durch inländische Banken wird zusätzlich stärker werden, weil diese ihr
Service- und Produktangebot ebenso merklich und schnell
verbessern, und zwar speziell in den Bereichen Wealth
Management, Kreditkarten und Internetbanking. Chinesische
Banken entwickeln sich zudem zu umfassenden Finanzdienst-
11
Brennpunkte
leistern, die durch Unternehmenskäufe nun auch Dienstleistungen
in den Sparten Versicherung und Vermögensverwaltung anbieten.
Ein langfristiger und nachhaltiger Wettbewerbsfaktor bleibt das
Image der ausländischen Banken. So ist die Finanzkrise zwar
nicht spurlos am Image der Auslandsbanken vorübergezogen.
Die Finanzwelt bleibt aber insgesamt dynamisch, weshalb es
durchaus möglich ist, dass gerade ausländische Banken eines
Tages in China als besonders attraktiv angesehen werden. Wenn
sich ausländische Banken aber alleine darauf verlassen, sind die
Erfolgsaussichten eher gering. Die Manager erkennen daher die
folgenden Punkte als die drei wichtigsten kritischen Erfolgsfaktoren, an denen permanent gearbeitet werden muss:
● herausragende Produkte
● erstklassige Berater
● ein global anerkannter Firmenname
Immer noch werden ausländische Banken stark von der Muttergesellschaft finanziert. Fast alle Banken haben mindestens
20 Prozent ihrer Kredite durch Gelder aus dem Heimatland
finanziert. Bei immerhin noch 14 von 42 Befragten liegt die Quote
bei über 50 Prozent! Damit wird deutlich, dass die ausländischen
Banken an ihren Zugängen zu chinesischen Finanzierungsmärkten arbeiten müssen. Mit der hohen ausländischen
Refinanzierung ist möglicherweise auch der Einfluss des
Heimatlandes stark und es bestehen Risiken, dass ausländische
Geschäftsmodelle einfach auf China übertragen werden, was die
Erfolgsaussichten erfahrungsgemäß erheblich verringert. Die
Schwierigkeiten werden dann offensichtlich in dem anders
gearteten Serviceverständnis der Chinesen wie auch in der
verhältnismäßig geringen Erfahrung der Kundschaft beim
Umgang mit sehr viel Geld. Möchte eine ausländische Bank in
China langfristig bestehen und profitabel sein, muss sie sich mit
den besonderen Gegebenheiten befassen und ein darauf abgestimmtes individuelles Geschäftskonzept entwickeln.
Haben Sie Fragen oder sind Sie an weiteren Details interessiert?
Dann rufen Sie Ihren Ansprechpartner an oder schicken Sie ihm
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Ihr Ansprechpartner
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Wussten Sie schon, was im kaiserlichen China
als ein Symbol der Weisheit galt?
Schwarze Perlen: Sie wurden zwischen den
Zähnen der Drachen bewacht. Die Chinesen
glaubten, schwarze Perlen entständen in den
Gehirnen der Drachen.
Quelle: Hans Hauenschield: China Take Away,
Ullstein Verlag
你
知
道
了
吗
Wenn auch die Entfaltungsmöglichkeiten in jeder Hinsicht stark
reglementiert und limitiert sind, so ist das Bekenntnis der
befragten ausländischen Banken, in China ihr Geschäft ausbauen
zu wollen, besonders stark. Amerikanische, europäische und
asiatische Banken, etwa solche aus Japan, unterscheiden sich
hier nicht in ihren Aussagen. Offensichtlich sind auch unter den
aktuellen schweren Bedingungen alle gerne dabei und wollen am
Ball bleiben. Ein Rückzug aus dem Markt, der von ausländischen
Banken unter dem Druck der Finanzkrise hier und da diskutiert
und sogar auch umgesetzt wurde, muss unter heutigen Gesichtspunkten wohl als strategischer Fehler angesehen werden.
Die Ergebnisse der Befragung finden Sie unter: www.pwccn.com/
home/eng/fs_foreign_banks_china_may2010.html auf der
Website von PricewaterhouseCoopers China.
12
pwc:china compass | Sommer 2010
Reporting & Controlling
Angabe der Gehälter der Geschäftsführung im Jahresabschluss
Die neuen Bilanzierungsvorschriften, die China Accounting
Standards 2006, die im Jahr 2006 bekannt gegeben wurden,
verlangen die Angabe von Geschäftsführervergütungen im
Anhang des Jahresabschlusses. Das leitet sich ab aus dem
Accounting Standard für nahestehende Personen. – Was Sie
dabei beachten sollten, darüber informiert Sie der aktuelle Beitrag
von Jens-Peter Otto.
Angaben zur Vergütung von Geschäftsführern verlangten auch
die alten Bilanzierungsstandards (die alten China Generally
Accepted Accounting Principles). Allerdings wurden dort noch
zwei Gruppen unterschieden. Auf der einen Seite standen die
börsennotierten Unternehmen. Sie hatten neben dem
Bilanzierungsstandard Accounting System for Business Enterprises (ASBE) auch noch 16 weitere spezifische Bilanzierungsstandards zu beachten, unter anderem den Standard zu nahestehenden Personen. Ihnen gegenüber standen die nicht börsennotierten Unternehmen, die als Mindeststandard nur den ASBE
anzuwenden hatten. Die Tochterunternehmen und Joint Ventures
ausländischer Konzerne gehören zu den Letzteren. Der ASBE
definierte zwar ebenfalls das Topmanagement als nahestehende
Personen, die Vergütungen an diesen Personenkreis wurden
aber nicht ausdrücklich erwähnt als angabepflichtiger Geschäftsvorfall im Jahresabschluss – im Gegensatz zu den spezifischen
Bilanzierungsstandards nach altem sowie nach neuem Recht.
Zum Topmanagement zählen Personen mit Schlüsselfunktionen
im Unternehmen. Dazu gehören also zumindest – aber nicht
unbedingt ausschließlich – das Board of Directors, der General
Manager sowie der Company Representative, wenn er nicht
identisch ist mit dem vorgenannten Personenkreis – der im
Folgenden zusammenfassend „Geschäftsführung“ genannt wird.
Die Vergütungen der Geschäftsführung werden, speziell im Falle
ausländischer Personen, bei ausländisch investierten Unternehmen in der Regel extrem vertraulich behandelt. Schließlich ist
das Vergütungsgefälle zwischen ausländischem und chinesischem
Personal häufig sehr groß, was die Besorgnis hervorruft, die
Kenntnis dieser Vergütungen könnte beim chinesischen Personal
Begehrlichkeiten wecken. Mögliche Sicherungsvorkehrungen
gegen eine ungewollte Informationsweitergabe sind unter
anderem die Auslagerung der Vergütungsabrechnung auf externe
Dienstleister in China oder auf eine Konzerngesellschaft im
Ausland mit Weiterbelastung von nicht näher definierten
„Managementleistungen“. Im Extremfall werden Vergütungen
auch von ausländischen Konzerngesellschaften gezahlt ohne
Weiterberechnung an die chinesische Einheit. Mögliche
steuerliche Konsequenzen aus diesen Gestaltungen für das
chinesische Unternehmen und die Geschäftsführung werden in
diesem Zusammenhang nicht erörtert.
pwc:china compass | Sommer 2010
In diesem Beitrag erfahren Sie …
● warum ausländische Unternehmen die Vergütung von Expatriates
in China gerne vertraulich behandeln.
● welche Rechnungslegung für ausländische Unternehmen gilt.
● was Sie angeben müssen, wenn Sie nach den Chinese Accounting
Standards 2006 bilanzieren.
Wie Sie bereits in den vorliegenden Ausgaben Ihres pwc:china
compass nachlesen können, sind die Chinese Accounting
Standards 2006 (CAS 2006) bisher von ausländisch investierten
Unternehmen nicht verpflichtend anzuwenden. Für sie gilt bis auf
Weiteres verpflichtend nur der ASBE. Daher sind Angaben zu
Geschäftsführungsvergütungen in den Jahresabschlüssen dieser
Unternehmen meist nicht zu finden. Überlegt ein deutsches
Tochterunternehmen oder ein Joint Venture mit deutscher
Beteiligung, auf die neuen Bilanzierungsstandards freiwillig umzustellen, sollte es dabei Folgendes beachten: Die Bilanzierungsregeln sind nur als Gesamtpaket erhältlich, sie selektiv anzuwenden („Cherry Picking“) ist nicht gestattet. Somit ist in
diesem Fall die Angabe von Geschäftsführungsvergütungen in
vollem Umfang verpflichtend.
Unter dem Begriff „Vergütung“ versteht der chinesische Gesetzgeber unter anderem:
● das Fixgehalt
● einen erfolgsabhängigen Bonus
● Beiträge zur Sozialversicherung
● Pensionszusagen oder Zahlungen aufgrund einer Pensionszusage
● aktienbasierte Vergütungen
● Abfindungen
Die Angabe der Vergütungen kann in einer Summe genannt
werden und braucht nicht für jede Einzelperson aufgegliedert zu
werden. Unter die Angabepflicht fallen Vergütungen, mit denen
das angabepflichtige Unternehmen belastet ist. Werden also die
Vergütungen von anderen Konzernunternehmen übernommen,
ohne dass diese weiterbelastet werden, kann eine Angabepflicht
vermieden werden.
Wenn Sie Fragen haben, rufen Sie bitte Ihren Ansprechpartner an
oder schicken Sie ihm einfach eine E-Mail.
Ihr Ansprechpartner
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Tel.: +86 21 2323-3350
13
Reporting & Controlling
Neue Standards der Rechnungslegung in
China: Auswirkungen auf deutsche
Unternehmen
Modernisierte China in der Vergangenheit die Standards der
Rechnungslegung nur behutsam, überschlagen sich im Moment
die Ereignisse. Denn die neuen Vorschriften zur Bilanzierung, die
bislang nur für einen ausgewählten Kreis an Wirtschaftsteilnehmer galten, sollen nun auch auf kleine und mittlere Unternehmen ausgedehnt werden. Welche Konsequenzen der Vorstoß
der Verwaltungen in Shanghai und Beijing voraussichtlich nach
sich ziehen wird, fasst der aktuelle Beitrag für Sie zusammen.
Die neuen chinesischen Bilanzierungsvorschriften (China
Accounting Standards, CAS) mussten, wie Sie vielleicht wissen,
bereits von börsennotierten Unternehmen, Finanzinstituten und
bestimmten Staatsunternehmen angewandt werden. Bisher war
unklar, ob und wann die anderen Wirtschaftsteilnehmer auf diese
neuen Standards verpflichtet würden. Aus diesem Grunde
existieren zurzeit parallel zwei unterschiedliche Systeme von
Bilanzierungsvorschriften in China.
Nun hat die Stadt Shanghai in dieser Frage einen Vorstoß unternommen: Nach einer Anweisung vom 26. Januar 2010 (Hu Cai
Kuai [2010] Nr. 8) müssen alle mittelgroßen und großen Unternehmen die neuen Standards ab dem Geschäftsjahr 2011 anwenden. Zusätzlich nennt das Schreiben ein Zwischenziel: Schon
im Jahr 2010 sollen mindestens 50 Prozent dieser Unternehmen
nach den neuen Vorschriften bilanzieren. Um das zu erreichen,
sollen Unternehmen von den nachgeordneten Behörden des
städtischen Finanzministeriums gezielt angesprochen werden.
Eine Arbeitsgruppe wurde eingerichtet, die auch auf Behördenseite dafür sorgen soll, die Kenntnisse in Sachen CAS zu
vertiefen. Da also die Anforderungen an eine Bilanzierung durch
die CAS deutlich steigen werden, wird sich das auch auf die
Prozesse in der Finanzabteilung sowie die damit verbundenen
Kosten auswirken.
Bei allen offenen Fragen in den Details macht die Initiative der
Stadt Shanghai eines deutlich: Die Bedeutung der CAS wird nicht
auf den bisherigen Anwendungskreis beschränkt bleiben. Vielmehr ist der Shanghaier Vorstoß ein Indiz dafür, dass die
Behörden offenbar in einem groß angelegten Feldversuch testen
wollen, ob die privat organisierte Wirtschaft bereit ist für die im
Vergleich zu den bisherigen Bilanzierungsvorschriften
komplexeren CAS. Das ist im Moment alles andere als sicher,
denn nach wie vor mangelt es China zum Beispiel an gut ausgebildeten Bilanzbuchhaltern, speziell außerhalb der großen
Ballungsgebiete um Shanghai und Beijing.
14
In diesem Beitrag erfahren Sie …
● warum es in China momentan zwei unterschiedliche
Bilanzierungsvorschriften gibt.
● warum sich der Kreis derer, die nach den neuen Vorgaben
bilanzieren, vergrößern wird.
● nach welchen Kriterien die neuen Vorgaben kleine und mittlere
Unternehmen von anderen Unternehmen abgrenzen.
An der Modernisierung des Bilanzrechts arbeitet derzeit auch eine
andere Institution: Das Finanzministerium in Beijing ist dabei,
einen eigenen Bilanzierungsstandard für kleine und mittelgroße
Unternehmen (KMU) zu entwerfen, der ebenfalls ab 2011 gelten
soll. Dieser Vorstoß spiegelt die internationale Entwicklung wider,
denn auch der International Accounting Standards Board (IASB)
arbeitet an einem KMU-Standard. Wie genau Klein-, Mittel- und
Großunternehmen voneinander abgegrenzt werden, ist aktuell
ebenso wenig geklärt wie die Frage, ob die Ministerien Shanghais
und Beijings sich bei ihrem Vorgehen absprechen werden.
Auf die Größe kommt es an
Während das Finanzministerium noch überlegt, die Kriterien zur
Abgrenzung von KMUs neu zu definieren, ist weiterhin eine
Verwaltungsanweisung aus dem Jahr 2003 in Kraft (Guo Jing
Mao Zhong Xiao Qi [2003] Nr. 143), die bestimmte Größenkriterien enthält. Die Größenkriterien variieren je nach Branche.
Alle Größenkriterien müssen dabei kumuliert erfüllt sein, um als
ein Unternehmen der nächsthöheren Größenklasse zu gelten. In
Tabelle 1 sehen Sie, wie die Größenklassen bestimmt werden.
Die Anweisung aus dem Jahr 2003 gibt folgende Erläuterungen
zu den Größenkriterien:
● Der Begriff „Industrie“ umfasst die folgende abschließende
Branchenaufzählung: Bergbau, verarbeitendes Gewerbe,
Energiegewinnung und -netze (Strom/Gas/Wasser). Andere,
nicht aufgeführte Branchen sollen gesondert geregelt werden.
● Die Anzahl der Mitarbeiter wird jeweils zum 31. Dezember
eines Jahres berechnet.
● Die Umsatzerlöse im Baugewerbe sollen berechnet werden auf
der Grundlage fertig gestellter Projekte (im Gegensatz zu den
neuen Bilanzierungsvorschriften, nach denen Umsatzerlöse
nach Baufortschritt gebucht werden).
pwc:china compass | Sommer 2010
Reporting & Controlling
Größe der Unternehmen
Branche
Kriterium
klein
mittelgroß
groß
Umsatzerlöse
< 30 Mio. RMB
30–300 Mio. RMB
> 300 Mio. RMB
Bilanzsumme
< 40 Mio. RMB
40–400 Mio. RMB
> 400 Mio. RMB
Mitarbeiterzahl
< 300
300–2.000
> 2.000
Umsatzerlöse
< 30 Mio. RMB
30–300 Mio. RMB
> 300 Mio. RMB
Bilanzsumme
< 40 Mio. RMB
40–400 Mio. RMB
> 400 Mio. RMB
Mitarbeiterzahl
< 600
600–3.000
> 3.000
Umsatzerlöse
< 10 Mio. RMB
10–150 Mio. RMB
> 150 Mio. RMB
Bilanzsumme
kein Kriterium
kein Kriterium
kein Kriterium
Mitarbeiterzahl
< 100
100–500
> 500
Umsatzerlöse
< 30 Mio. RMB
30–300 Mio. RMB
> 300 Mio. RMB
Bilanzsumme
kein Kriterium
kein Kriterium
kein Kriterium
Mitarbeiterzahl
< 100
100–200
> 200
Umsatzerlöse
< 30 Mio. RMB
30–300 Mio. RMB
> 300 Mio. RMB
Bilanzsumme
kein Kriterium
kein Kriterium
kein Kriterium
Mitarbeiterzahl
< 500
500–3.000
> 3.000
Umsatzerlöse
< 30 Mio. RMB
30–300 Mio. RMB
> 300 Mio. RMB
Bilanzsumme
kein Kriterium
kein Kriterium
kein Kriterium
Mitarbeiterzahl
< 400
400–1.000
> 1.000
Industrie (allgemein)
neu
Geschäfts- oder
Firmenwert
keine planmäßige
Abschreibung,
jährliche Überprüfung der Werthaltigkeit
Abschreibung über
längstens zehn
Jahre
Ingangsetzungskosten
keine Aktivierung
Rechnungsabgrenzung und
Erfassung als Aufwand zum Zeitpunkt, in dem die
Geschäfte erstmals
aufgenommen
werden
Ansatz von Entwicklungskosten als immaterieller
Vermögensgegenstand
ja
nein
Aktivierung von Zinsen als
Herstellungskosten
auch Zinsen aus
Betriebsmittelkrediten werden
anteilig als
Finanzierungskosten aktiviert
nur soweit das
Fremdkapital
ausdrücklich für die
Finanzierung der
Herstellung
bestimmt ist
Anlagevermögen: Wertaufholung nach Wegfall
des Grundes für außerplanmäßige Abschreibung
nein
ja
Bewertung von
Finanzinstrumenten
unter bestimmten
Bedingungen zum
Zeitwert
zu fortgeführten
Anschaffungskosten
Bewertung von derivativen
Finanzinstrumenten
Zeitwert
kein Ansatz
vorgeschrieben
Berücksichtigung von
Sicherungsbeziehungen
(Hedging)
möglich
in der Regel nicht
möglich
Abfindung von monetären
Vermögensgegenständen
und Schulden
ja
nicht
vorgeschrieben
Verlustbringende
schwebende Geschäfte
Rückstellungspflicht
keine Rückstellungspflicht
Restrukturierungsgewinne
als Gewinn in der
Gewinn-undVerlust-Rechnung
auszuweisen
direkt im Eigenkapital auszuweisen
Latente Steuern
zwingender Ansatz
Ansatzwahlrecht
Baugewerbe
Einzelhandel
Großhandel
Verkehr
Postdienst
Hotel- und Gaststättengewerbe
Umsatzerlöse
< 30 Mio. RMB
30–150 Mio. RMB
> 150 Mio. RMB
Bilanzsumme
kein Kriterium
kein Kriterium
kein Kriterium
Mitarbeiterzahl
< 400
400–800
> 800
Tab. 1
Kriterien zur Einteilung von Unternehmen in Größenklassen aus
dem Jahr 2003
China Accounting Standards: Was sich ändert
Über den Entwurf des Bilanzierungsstandards für KMUs wird Sie
Ihr pwc:china compass im Detail informieren, sobald er
veröffentlicht wird. Die CAS aber liegen vor und sollen deshalb
etwas genauer angeschaut werden. Sie sind ein großer Schritt in
Richtung International Financial Reporting Standards, unterscheiden sich allerdings immer noch wesentlich von diesen. Die
Unterschiede zwischen den bisherigen und den neuen
Bilanzierungsvorschriften im Ansatz und der Bewertung von
Vermögensgegenständen und Schulden sind zahlreich. Tabelle 2
verschafft Ihnen einen Überblick über typische wesentliche Ansatz- und Bewertungsunterschiede mit Auswirkung auf Einzelunternehmen, die aus dem Ausland investiert werden:
pwc:china compass | Sommer 2010
alt
Tab. 2
Wesentliche Ansatz- und Bewertungsunterschiede mit
Auswirkung auf auslandsinvestierte Einzelunternehmen
Zu den in Tabelle 2 bereits genannten kommen zahlreiche Unterschiede beim Ausweis von Posten in der Bilanz und der Gewinnund-Verlust-Rechnung hinzu. Die vorgeschriebenen Angaben im
Anhang nach CAS sind tendenziell umfangreicher als die nach
den bisherigen Bilanzierungsvorschriften. Ein neuer KMUBilanzierungsstandard wird sich sicherlich stärker an die CAS als
an die alten Bilanzierungsregeln anlehnen.
15
Reporting & Controlling
Bei der praktischen Umsetzung dieser neuen Richtlinie wird es
erfahrungsgemäß einige Schwierigkeiten geben. Unklar bleibt
zum Beispiel, welche Auswirkungen diese Vorschriften auf die
Pflicht zur Erstellung eines Konzernabschlusses haben. Während
die alten Bilanzierungsvorschriften die Erstellung eines Konzernabschlusses ausdrücklich nur für börsennotierte sowie Staatsunternehmen vorsahen, sind Ausnahmen in den neuen
Bilanzierungsregeln nicht vorgesehen. Danach müsste jedes
Unternehmen, das Mutterunternehmen im Sinne des neuen
Konsolidierungsstandards ist, einen Konzernabschluss aufstellen,
sobald es die Größenkriterien erfüllt. Das wiederum hätte wegen
des Postulats der Einheitlichkeit der Bewertungsmethoden im
Konzern zur Folge, dass alle Unternehmen im Konsolidierungskreis die neuen Bilanzierungsregeln anzuwenden hätten, und
zwar unabhängig von ihrem Sitz. Über diesen Umweg wären
auch Tochterunternehmen außerhalb Shanghais gezwungen, die
neuen Bilanzierungsvorschriften anzuwenden. Im Moment unklar
ist auch, ob die Größenkriterien auf das Einzelunternehmen oder
bereits auf den Konzern anzuwenden sind. Bitte vergessen Sie in
diesem Zusammenhang nicht: Auch Hongkong verlangt von allen
Konzernen die Aufstellung eines Konzernabschlusses – unabhängig von der Konzerngröße.
Umstellung der Rechnungslegung: Was ist zu tun?
Unternehmen in Shanghai, welche die Größenkriterien für mittelgroße Unternehmen überschreiten, sind gut beraten, sich unverzüglich mit den neuen Vorschriften zu beschäftigen, wenn sie
das noch nicht getan haben. Die folgenden Fragen sollten sie
dabei besonders beachten:
● Muss das Unternehmen die Rechnungslegung zwingend schon
im Jahr 2010 anwenden? – Die Regeln freiwillig früher anzuwenden als vorgeschrieben ist immer möglich.
● Sind Vollständigkeit und Richtigkeit der Rechnungslegung mit
Blick auf die Einführung der neuen Bilanzierungsvorschriften
gewährleistet? – Dazu sollte ein Projektplan aufgestellt werden.
● Welche zusätzlichen Anhangsangaben sind zu machen und
von welchen Stellen im Unternehmen sind die bereitzustellen?
● Ist eine Eröffnungsbilanz zu erstellen?
● Mit welchen Auswirkungen auf die Steuerbelastung ist zu
rechnen?
● Sind die IT-Systeme und die internen Abläufe im Unternehmen
in der Lage, die zusätzlich erforderlichen Informationen (dazu
gehören auch die Anhangsangaben) zu generieren?
● Ist das Rechnungswesen personell adäquat ausgestattet, um
die zusätzlich anfallenden Arbeiten bewältigen zu können, und
sind die entsprechenden fachlichen Kenntnisse vorhanden?
Für alle Betroffenen empfiehlt es sich, rasch zu handeln. Über die
weitere Entwicklung wird Sie Ihr pwc:china compass zeitnah auf
dem Laufenden halten.
Haben Sie Fragen oder möchten Sie beraten werden? – Dann
rufen Sie bitte Ihren Ansprechpartner an oder mailen ihm einfach.
Ihr Ansprechpartner
[email protected]
Tel.: +86 21 2323-3350
Wussten Sie schon, wie nach einer
chinesischen Weisheit Freundschaften
sein sollen?
Wie eine Tasse Tee: Sie müssen klar und
durchscheinend sein und man muss auf den
Grund schauen können.
Quelle: Hans Hauenschield: China Take Away,
Ullstein Verlag
你
知
道
了
吗
Um sich auf die Umstellung vorzubereiten, sollten Unternehmen
außerdem die beiden folgenden Maßnahmen in die Wege leiten:
● Erstellen einer Detailanalyse über die Unterschiede im Ansatz,
der Bewertung und dem Ausweis von Bilanzposten sowie
Posten der Gewinn-und-Verlust-Rechnung
● Erstellen eines Konzernbilanzhandbuchs für die chinesischen
Gesellschaften
16
pwc:china compass | Sommer 2010
Steuern und Recht
Förderung ausländischer Unternehmen in
China: Regionen werben um regionale
Unternehmenszentralen
Bis zur großen Reform der Unternehmensteuer im Jahr 2008
standen steuerliche Vorteile im Vordergrund, wenn ausländische
Investoren Standorte für die Ansiedlung ihrer Unternehmen
suchten. Neuerdings aber gibt es verstärkt andere finanzielle Anreize, welche die Ansiedlung oder eine Höherstufung (Upgrade)
ausländischer Unternehmen fördern sollen. Dabei geht der innerchinesische Wettbewerb um die Ansiedlung regionaler Unternehmenszentralen (Regional Headquarters) derzeit in die nächste
Runde. Welche Regionen sich dabei hervortun und was sie den
Unternehmen bieten, fasst der aktuelle Beitrag für Sie zusammen.
Was ist ein Regional Headquarters?
Regional Headquarters (RHQs) werden als Zentralgesellschaft für
eine Region mit mehreren Ländern oder Territorien verstanden,
die ein ausländisches multinationales Unternehmen in China
gegründet hat, um Management- und andere Dienstleistungen für
die Unternehmen der Gruppe zu erbringen. Innerhalb einer
solchen Unternehmensgruppe darf es nur ein RHQ geben. Ein
RHQ ist somit in der Regel oberste Management- und Servicegesellschaft einer Unternehmensgruppe mit mehreren rechtlich
selbstständigen Gesellschaften in China oder im asiatischpazifischen Raum, welche die Aktivitäten dieser Gesellschaften
koordinieren und steuern soll. Die Gründung eines RHQ bringt
praktische Erleichterungen mit sich und wird durch Gewährung
von Barzuschüssen, Steuervorteilen, Subventionen und visarechtlichen Erleichterungen gefördert.
Speziell Beijing und Shanghai konkurrieren um die Ansiedlung
und locken ansiedlungswillige Firmenzentralen mit attraktiven Angeboten. Dabei kommt die Schaffung eines RHQ bestimmungsgemäß nur für große Unternehmen infrage. Unternehmen, die
gegebenenfalls schon einige Jahre oder gar Jahrzehnte in China
aktiv sind und Restrukturierungen planen, sollten prüfen, ob sie
von den neuen Fördermöglichkeiten für RHQs profitieren können.
Historischer Hintergrund
Chinas attraktive Großstädte entlang des Speckgürtels an der
Ostküste haben bereits in den späten 90er-Jahren damit
begonnen, Ansiedlungsanreize für RHQs zu schaffen. 1999 war
Beijing die erste Stadt mit ortsrechtlichen Förderregeln, um
ausländisch investierten Investment- oder Holding-Unternehmen,
die zuvor auf Zentralstaatsebene genehmigt worden waren, die
Zulassung als RHQ schmackhaft zu machen. Im Vordergrund
standen Unternehmen, die gegründet wurden, um (teilweise eine
Vielzahl von) Beteiligungen an ausländisch investierten Unternehmen in China zu halten und zu verwalten. Shanghai folgte
2002 ebenfalls mit einem neuen Regelwerk, das ausländisch
investierten Investment-, Holding- oder ManagementGesellschaften ermunterte, den RHQ-Status mit geringeren
pwc:china compass | Sommer 2010
In diesem Beitrag erfahren Sie …
● welche Funktion ein Regional Headquarters hat.
● welche Voraussetzungen für die Gründung zu erfüllen sind.
● wie chinesische Kommunen Regional Headquarters fördern.
Eigenkapitalanforderungen zu beantragen. Gegen Ende 2009
haben diese Bestrebungen wieder Aufwind erhalten, da sowohl
Beijing als auch Shanghai ihre lokalen Bestimmungen erneut
überarbeitet haben, um im Ansiedlungswettbewerb größere
Fördermöglichkeiten anzubieten. Dass das Thema auch weiterhin
an Fahrt gewinnt, hat die oberste politische Führung Chinas
gerade zum Ausdruck gebracht, denn der chinesische Premier
Wen Jiabao hat in seiner Rede während der Eröffnungsveranstaltung des 11. Volkskongresses am 5. März 2010 in der
Großen Halle des Volkes in Beijing erneut betont, multinationale
Unternehmen bei der Gründung eines RHQ fördern zu wollen.
Gründung eines Regional Headquarters
Die Gründung eines RHQ setzt hohe Mindestanforderungen
voraus und ist damit nicht für jeden Investor interessant. Für
multinationale Unternehmen, die ihre Geschäftstätigkeit in China
ausweiten wollen, kann es sich dennoch lohnen, die zentralen
und städtischen Anreize, RHQs zu gründen, zu prüfen und
miteinander zu vergleichen. Das zur Verfügung stehende
Instrumentarium an Fördermöglichkeiten ist vielgestaltig und
differenziert. Dabei muss es nicht immer Beijing oder Shanghai
sein. Auch außerhalb dieser Zentren, etwa in Guangzhou, können
Unternehmen unter Umständen Vergünstigungen mit den lokalen
Behörden im Austausch mit der Gründung eines RHQ
verhandeln. Entscheidend ist: Art und Umfang finanzieller
Zuschüsse sind, anders als die grundsätzliche Frage der Voraussetzungen der Qualifizierung als RHQ, einzeln und von Fall zu
Fall verhandelbar.
Erlaubter Geschäftszweck (Business Scope) eines RHQ
Sinn und Zweck der Schaffung eines RHQ ist, übergeordnete
Management-Dienstleistungen für die Investitionen eines multinationalen Unternehmens in China oder auch in anderen Ländern
und Territorien zu erbringen. Dabei stehen die nachfolgend aufgezählten Tätigkeitsbereiche im Vordergrund:
● Entscheidungen über regionale Investitionen und die
Geschäftstätigkeit
● regionale Produktion und Geschäftsführung
● regionales Finanzmanagement, etwa Finanzdienstleistungen
für die Gruppe, und Beteiligungsmanagement
● Finanzierungsleasing
● Technologieunterstützung, Forschung und Entwicklung
● Marketing
● Import, Export und Vertrieb
● Logistikdienstleistungen
● Informationsbeschaffung und -verarbeitung
● Ausbildung und Training von Mitarbeitern
● Erbringung von sonstigen Dienstleistungen in der Gruppe
17
Steuern und Recht
Einer der wesentlichen Vorteile ist: Ein RHQ kann weitreichende
Treasury-Funktionen aus dem ansonsten so restriktiven China
heraus für die Region (also innerhalb und außerhalb Chinas)
übernehmen – beispielsweise die Planung, Steuerung und
Verwaltung liquider Mittel und Devisen im Sinne eines Cash
Pooling. RHQs haben somit mehr devisenrechtliche Freiheiten,
als das „normalen“ Unternehmen vergönnt ist.
Allgemeines Gründungsverfahren
Wie die Gründung eines RHQ üblicherweise abläuft und wie sich
China Hold Co. RHQ und Management Company RHQ dabei
unterscheiden, können Sie der Abbildung entnehmen.
Erscheinungsformen eines RHQ und grundlegende Voraussetzungen für einen Antrag
RHQs können durch eine ausschließlich ausländisch investierte
Holdinggesellschaft oder durch eine ausschließlich ausländisch
investierte Management-Gesellschaft etabliert werden. Abhängig
von der Höhe des Stammkapitals kann es die China-Holdinggesellschaft in der Form eines RHQ auf staatlicher oder lokaler
Ebene geben. Management-Gesellschaften können nur auf
städtischer Ebene registriert werden. Die an sie gerichteten
China Hold Co. RHQ
CHC
Genehmigungsantrag
bei dem MOC
Genehmigungsantrag bei dem
Municipal Administrative Bureau of
Industry and Commerce (ABIC)
Antrag bei der MCC
auf RHQ-Status
andere nachfolgende
Registrierungsakte, etwa bei
Public Security Bureau, Tax
Bureau, Finance Bureau etc.
Ausländisch investierte Holdinggesellschaft
Grundlage der China-Holdinggesellschaft sind die Vorschriften
über die Errichtung von Unternehmen durch ausländische Mutterund andere verbundene Unternehmen. Eine China Holding
Company kommt besonders dann in Betracht, wenn zukünftig
größere Akquisitionen geplant sind. Eine solche China Hold Co.
kann dann im Sinne eines „Upgrade“ in einem zweiten Schritt in
ein RHQ aufgewertet oder gleich als solches gegründet werden.
Die Voraussetzungen für Holdinggesellschaften sind dadurch
gekennzeichnet, dass die ausländische Muttergesellschaft der
Holdinggesellschaft ebenso wie diese selbst bestimmte vorgegebene Kriterien erfüllen muss. Außerdem bestehen Einschränkungen hinsichtlich der Verwendung des Stammkapitals.
Management Company RHQ
Validierung des Business Plan
Antrag bei Municipal Commission
of Commerce (MCC) auf
Genehmigung der Gründung
eines CHC RHQ
rechtlich
gegründet mit
Ausstellung
der Betriebserlaubnis
Anforderungen sind daher geringer. Was dabei zu beachten ist,
erfahren Sie in den folgenden Abschnitten.
Registrierung bei der State
Administration of Foreign
Exchange und Eröffnung eines
Bankkontos
Registrierung der Firma
Vorbereitung des Antragspakets
Antrag bei Municipal Commission
of Commerce (MCC) auf
Genehmigung der Gründung
eines MC-RHQ
rechtlich
Genehmigungsantrag bei dem
gegründet mit
Municipal Administrative Bureau of Ausstellung
der BetriebsIndustry and Commerce (ABIC)
erlaubnis
Antrag bei der MCC auf
RHQ-Status
andere nachfolgende
Registrierungsakte, etwa bei
Public Security Bureau, Tax
Bureau, Finance Bureau etc.
Registrierung bei der State
Administration of Foreign
Exchange und Eröffnung eines
Bankkontos
Einzahlung des Stammkapitals
und Gründungsbericht
Einzahlung des Stammkapitals
und Gründungsbericht
Erneuerung der
Betriebserlaubnis
Erneuerung der
Betriebserlaubnis
Gegenüberstellung China Hold Co. RHQ und Management Company RHQ
18
pwc:china compass | Sommer 2010
Steuern und Recht
Erwartungen an die ausländische Muttergesellschaft
Die ausländische Muttergesellschaft einer ausländisch
investierten Holdinggesellschaft (gleichgültig, ob auf staatlicher
oder lokaler Ebene) muss nach zentralstaatlichen Vorgaben
folgende Voraussetzungen erfüllen:
● Die ausländische Muttergesellschaft sollte im Jahr vor der
geplanten Errichtung des RHQ Vermögensgegenstände im
Wert von nicht weniger als 400 Millionen US-Dollar ihr Eigen
nennen und
● wenigstens bereits ein ausländisch investiertes Unternehmen in
China gegründet haben und dabei insgesamt mindestens zehn
Millionen US-Dollar durch einbezahltes Stammkapital in China
investiert haben oder
● bereits mindestens zehn ausländisch investierte Unternehmen
in China gegründet und dabei mindestens bereits 30 Millionen
US-Dollar einbezahltes Stammkapital investiert haben.
Diese Voraussetzungen werden für Gründung bzw. Höherstufung
zum RHQ teilweise modifiziert (sehen Sie Tabelle 2).
Mindestkapitalausstattung
Hinsichtlich der Mindestkapitalausstattung der China-Holdinggesellschaft selbst gilt für eine China Hold Co. auf staatlichem
Level:
● Das einbezahlte Stammkapital beträgt mindestens
100 Millionen US-Dollar oder
● folgende drei Bedingungen werden erfüllt:
– das Stammkapital beträgt mindestens 50 Millionen USDollar und
– der Wert der Vermögensgegenstände des Unternehmens
vor Einreichung des Antrags beträgt mindestens drei
Milliarden Renminbi (RMB) und
– die Gewinne betragen mindestens 100 Millionen RMB.
Die Unternehmen, die diese Voraussetzungen erfüllen, werden
auch als ausländisch investiertes Investment-Unternehmen
bezeichnet. Ihnen ermöglichte das Wirtschaftsministerium
(Ministry of Commerce, MOFCOM) erstmals 2004 die Antragstellung auf Zulassung eines RHQ.
Welche Voraussetzungen in Bezug auf das Stammkapital muss
eine China-Holdinggesellschaft auf lokaler Ebene erfüllen?
● Das Stammkapital muss mindestens 30 Millionen US-Dollar
betragen und wird innerhalb von zwei Jahren nach Erteilung
der Betriebserlaubnis eingezahlt.
● Das Stammkapital der Management-Gesellschaft muss
mindestens zwei Millionen US-Dollar betragen.
● Das Unternehmen, das die Zulassung oder die Höherstufung
als RHQ beantragt, muss die in der Unternehmenshierarchie
der Gruppe höchste Verwaltungs- und Entscheidungseinheit in
China darstellen.
pwc:china compass | Sommer 2010
Verwendung des Stammkapitals
Hinsichtlich der Verwendung des einbezahlten Stammkapitals gibt
es ebenfalls Vorschriften, denn der Bewerber auf den RHQStatus sollte mindestens 30 Millionen US-Dollar des einbezahlten
Stammkapitals dazu nutzen,
● neue ausländisch investierte Gesellschaften zu gründen oder
● die noch ausstehenden Stammkapitaleinlagen von bereits
durch die Muttergesellschaft oder verbundene Unternehmen
gegründeten anderen ausländisch investierten Unternehmen zu
erfüllen oder
● Kapitalerhöhungen bei bestehenden Gesellschaften durchzuführen oder
● Investitionen in Anteile an chinesischen Unternehmen oder an
ausländisch investierten Unternehmen der Muttergesellschaft
oder eines anderen verbundenen Unternehmens zu tätigen.
Schließlich muss der Antragsteller für ein RHQ mindestens eine
Forschungs- und Entwicklungseinrichtung (Research and
Development Center) in China gegründet haben.
Unternehmen, die diese Voraussetzungen erfüllen, können die für
RHQs geschaffenen Vorteile der Zentralregierung in Anspruch
nehmen. RHQs, welche das MOFCOM zugelassen hat, können
ein integriertes System für das Management ihrer Devisen (inneroder außerhalb Chinas) in Anspruch nehmen und dabei sämtliche
chinesische Gesellschafter einbeziehen, um damit die zentrale
Finanzsteuerung sowie Cash-Pool-Funktionen zu übernehmen,
auch unter Einsatz von Bankkonten außerhalb Chinas. RHQs
können auch Operations und Finance Leasing betreiben, weitere
Finanzierungsgesellschaften gründen und Finanzdienstleistungen
gegenüber den Unternehmen ihrer Gruppe erbringen. Da diese
RHQs auf zentralstaatlicher Ebene genehmigt worden sind,
können sie überall in China investieren, unabhängig von ihrem
registrierten Sitz.
Ausländisch investierte Management-Gesellschaft
Die Anforderungen an eine Management-Gesellschaft, die nur auf
städtischer Ebene zugelassen werden will, sind weniger vielgestaltig und anspruchsvoll. Hinsichtlich der Muttergesellschaft
der Management-Gesellschaft gilt: Der Wert der gesamten
Vermögensgegenstände im Jahr vor Einreichung des RHQAntrags muss mindestens 400 Millionen US-Dollar betragen
haben. Weiter gilt:
● Das eingezahlte Stammkapital bereits existierender
Investments der Muttergesellschaft in China muss zusammengenommen mindestens zehn Millionen US-Dollar betragen.
● Nicht weniger als drei Gesellschaften müssen durch die
Management-Gesellschaft verwaltet werden.
● Die ausländisch investierte Management-Gesellschaft selbst
muss hinsichtlich der vorgeschriebenen Eigenkapitalausstattung nur mindestens zwei Millionen US-Dollar Stammkapital
nachweisen und damit deutlich weniger als eine
Holdinggesellschaft auf staatlichem Level.
19
Steuern und Recht
Management-Gesellschaft-RHQ (städtische Ebene)
Nach Circular Hufufa (2008) Nr. 28 dürfen diese Unternehmen
Betriebsführung, Verwaltung und Dienstleistungen wie folgt
erbringen:
● Entscheidung über Investitionen und Geschäftstätigkeit
● Kapitalverwendung und Finanzkontrolle
● Forschung und Entwicklung, technische Unterstützung
● Binnenhandel, Einfuhr, Ausfuhr
● Merchandise und andere Logistikdienstleistungen
● Shared Services innerhalb der eigenen Gruppe und Vergabe
von Dienstleistungen an Unternehmen außerhalb Chinas
● Mitarbeiterfortbildung und Verwaltung
China Hold Co.
(lokale Ebene)
China Hold Co. RHQ
(staatliche Ebene)
Devisenmanagement (vorbehaltlich Genehmigung der State Administration of
Foreign Exchange)
ja
ja
Darlehensvergabe
ja
ja
Bürgschaften für Darlehen
ja
ja
Verwaltung liquider Mittel und Finanzen (Cash Pooling)
ja
ja
Operations Leasing von Maschinen und Büroausstattung an Unternehmen, in die
investiert wird
ja
ja
Durchführung von Finanzierungsleasing und Operations Leasing
–
ja
Zentralisierung der Devisen der investierten Unternehmen und Darlehensvergabe
an verbundene ausländische Unternehmen
–
ja
Gründung einer Konzernfinanzierungsgesellschaft und
Finanzierungsleasinggesellschaft unterhalb der China Hold Co.
–
ja
Rohstoffe für die Produktion in den investierten Unternehmen
ja
ja
Produkte für Systemintegration
ja
ja
Produkte der Muttergesellschaft
ja
ja
Produkte verbundener Unternehmen der Muttergesellschaft
ja
ja
Hilfsmaterialien und Teile im Zusammenhang mit After-Sales Services für
Produkte des investierten Unternehmens
ja
ja
Produkte investierter Unternehmen
ja
ja
Produkte Dritter (wenn nicht Exportquote oder Genehmigung unterliegend)
ja
ja
in China von Beschaffungszentren eingekaufte Güter
ja
ja
Produkte investierter Unternehmen
ja
ja
Produkte für Systemintegration
ja
ja
Produkte der Muttergesellschaft
ja
ja
Produkte verbundener Unternehmen der Muttergesellschaft
ja
ja
Einkauf von Betriebsausstattung und Rohstoffen für investierte Unternehmen
ja
ja
Produkte investierter Unternehmen
ja
ja
Zusammenarbeit mit lokalen Agenten, um im Ausland auf vertraglicher Grundlage
Ingenieurdienstleistungen durchzuführen
ja
ja
Ingenieurdienstleistungen im Ausland auf vertraglicher Grundlage
–
ja
Investitionsholding
ja
ja
Investitionsmanagement
ja
ja
Gründung von oder Investitionen in Aktiengesellschaften (nicht börsennotierte Anteile)
ja
ja
Erlaubte Aktivitäten
Treasury/Finance
In-house
Handel und Vertrieb
Import
Export
Binnenvertrieb
Agent
Investitionen
Tab. 1
20
Erlaubtes Tätigkeitsspektrum für staatliche und lokale Holdinggesellschaften (Teil 1)
pwc:china compass | Sommer 2010
Steuern und Recht
Erlaubte Aktivitäten
China Hold Co.
(lokale Ebene)
China Hold Co. RHQ
(staatliche Ebene)
Dienstleistungen
vertriebsorientiert
After-Sales Service
ja
ja
Shared Services
Marktentwicklung, Management und Investitionsberatungsdienstleistungen
ja
ja
Mitarbeiterrekrutierung
ja
ja
technisches Training
ja
ja
Transport- und Lagerdienstleistungen für investierte Unternehmen
ja
ja
IT-Dienstleistungen
ja
ja
Unterauftragsvergabe
ja
ja
Logistikdienste
ja
ja
nach außen verlagerte Dienstleistungen von heimischen und ausländischen
Unternehmen
ja
ja
Forschungs- und Entwicklungsleistungen
ja
ja
Gründung eines Forschungs- und Entwicklungszentrums
ja
ja
andere
Dienstleistungen
Forschung und Entwicklung
Tab. 1
Erlaubtes Tätigkeitsspektrum für staatliche und lokale Holdinggesellschaften (Teil 2)
Niedrigere Schwellenwerte auf lokaler Ebene
Um Gesellschaften zur Gründung eines RHQ zu motivieren und
dabei mehr RHQs in ihren Verwaltungsbezirk „anzulocken“, haben
Beijing, Guangzhou und Shanghai ihrerseits jeweils neue Vorschriften erlassen, die größere Vorteile versprechen. Alle durch
MOFCOM genehmigten Investment- oder Holdinggesellschaften
sind zur Zulassung als RHQ in Beijing, Guangzhou und Shanghai
berechtigt. Jede Stadt oder Provinz bietet jeweils andere Vorteile,
die das ökonomische Profil der Region widerspiegeln. Auch
Nanjing (Provinz Jiangsu), Shenzhen (Provinz Guangdong), die
regierungsunmittelbare Stadt Tianjin nahe Beijing und Xiamen
(Provinz Fujian) streben die Ansiedlung von RHQs an.
Als Reaktion auf die Bestrebungen Beijings und Shanghais um die
Ansiedlung ausländischer RHQs auf ihrem Gebiet erließ Guangzhou (das frühere Kanton) 2006 die Provisions for Encouraging
MNCs to Establish Regional Headquarters and Sub-Regional
Headquarters in Guangzhou. Unter den drei konkurrierenden
Städten hat Guangzhou die niedrigsten Hürden zur Gründung
eines RHQ aufgestellt. Investment- und Holdinggesellschaften,
Management-Gesellschaften, Forschungs- und Entwicklungszentren sowie bestimmte produzierende, ausländisch investierte
Unternehmen sind zum Antrag auf ein RHQ zugelassen, während
nur Investment- und Holding- sowie Management-Gesellschaften
RHQs in Beijing oder Shanghai werden können. Außerdem werden
kleinen „Sub-RHQs“, die nur einige der ausländisch investierten
Unternehmen eines Unternehmens in China verwalten, ebenfalls
zahlreiche der Vorteile eines RHQ in Guangzhou zugestanden.
Im Juni 2008 erließ Shanghai überarbeitete Bestimmungen
(Provisions for Encouraging MNCs to Establish Regional Headquarters in Shanghai), gefolgt von einer Einführungsvorschrift im
Dezember desselben Jahres. Als Reaktion darauf überarbeitete
pwc:china compass | Sommer 2010
Beijing seinerseits seine RHQ-Vorschriften im Mai 2009 (Several
Provisions to Encourage Multinational Companies to set up
Regional Headquarters in Beijing) und veröffentlichte die Einführungsvorschriften hierzu im Juni 2009 (Detailed Implementation
Rules of Several Provisions to Encourage Multinational
Companies to set up Regional Headquarters in Beijing). Die Einführungs- und Umsetzungsvorschriften haben die gewährten Vorteile weiter präzisiert: Das betrifft etwa reduzierte Schwellenwerte,
diverse Barvorteile und Möglichkeiten finanzieller Unterstützung
sowie die bevorzugte Behandlung für Beschäftigte. Beijing bietet
die größten Barzahlungen für RHQs an und entschärft die Zulassungsvoraussetzungen, wenn das beantragende Unternehmen
ein weltbekanntes multinationales Unternehmen ist (Details finden
Sie in den Tabellen 1 und 2). Auch wenn die überarbeiteten
Regularien die Attraktivität der Hauptstadt im Wettbewerb mit
anderen Regionen, inklusive Guangzhou, Hongkong, Shanghai
und Singapur, erhöhen – Beijing bleibt die einzige Stadt, die von
einem Beijing-RHQ erwartet, dass es in der Unternehmenshierarchie die höchste Verwaltungseinheit in China darstellt.
Auf städtischer Ebene kommen chinesische Beschäftigte eines
RHQ in den Genuss einer bevorzugten Behandlung bei der
Vergabe von Reisevisa nach Hongkong, Macao, Taiwan und ins
übrige Ausland. Chinesische Senior Manager und technische
Angestellte haben außerdem Vorteile bei der Beantragung der
permanenten Aufenthaltsgenehmigung (Hukou) für Beijing und
Shanghai. Ausländische RHQ-Mitarbeiter werden – je nach ihrem
Mitarbeiterstatus – ebenfalls bevorzugt bei der Beantragung eines
Multiple-Entry-F-Visums (eine spezielle Form eines Visums, das
zur wiederholten Ein- und Ausreise berechtigt), Arbeitsgenehmigungen oder sogar Aufenthaltsgenehmigungen für eine
längere Dauer. In Beijing oder Shanghai registrierte RHQs
können bei der Zolldeklaration und -inspektion Vorteile erlangen.
21
Steuern und Recht
Beijing
Shanghai
Guangzhou
Die Muttergesellschaft hat Vermögensgegenstände von mindestens 400 Millionen US-Dollar.
Die Muttergesellschaft hat Vermögensgegenstände von mindestens 400 Millionen US-Dollar.
Die Muttergesellschaft hat Vermögensgegenstände von mindestens
300 Millionen US-Dollar.
Die Muttergesellschaft verwaltet oder investiert in
mindestens sechs Gesellschaften oder verwaltet
oder investiert in mindestens drei Gesellschaften
und hat mindestens zehn Millionen US-Dollar
Stammkapital in China und
Die Muttergesellschaft verwaltet oder investiert in
mindestens sechs Gesellschaften oder verwaltet
oder investiert in mindestens drei Gesellschaften
und hat mindestens zehn Millionen US-Dollar
Stammkapital in China und
Die Muttergesellschaft verwaltet oder
investiert in mindestens drei
Gesellschaften und hat mindestens
30 Millionen US-Dollar Stammkapital in
China und
die Gesellschaft, welche die Zulassung beantragt,
hat ein Eigenkapital von mindestens zwei Millionen
US-Dollar und
die Gesellschaft, welche die Zulassung beantragt,
hat ein Eigenkapital von mindestens zwei Millionen
US-Dollar.
die Gesellschaft, welche die Zulassung
beantragt, hat ein Eigenkapital von
mindestens zwei Millionen US-Dollar.
das die Zulassung beantragende Unternehmen ist
das höchste Management-Unternehmen in der
Hierarchie der Gruppe für das China-Geschäft der
Muttergesellschaft.
Quellen: Stadtverwaltung Beijing, Stadtverwaltung Shanghai, Büro für Außenhandel und wirtschaftliche Zusammenarbeit der Stadt Guangzhou
Tab. 2
Lokale Voraussetzungen für die Zulassung eines RHQ
Die Stadtverwaltungen von Beijing, Guangzhou oder Shanghai
gewähren – eine häufig zu beobachtende Praxis – zugelassenen
RHQs daneben auch auf Bezirksebene in Einzelfällen, nämlich
nach Verhandlung, weitere Vorteile: darunter Steuer-
vergünstigungen wie etwa zeitlich begrenzte Steuerferien, Steuerrückerstattungen für den lokalen Anteil an Business Tax, Körperschaftsteuer und Einkommensteuer oder auch Anschaffungskosten- oder Mietkostenzuschüsse für Büros (vergleichen Sie
Beijing
Shanghai
Guangzhou
● einmalige Prämie, zahlbar in drei Jahresraten
● einmalige Prämie von zehn Millionen RMB in
Raten über drei Jahre (40 Prozent, 30 Prozent,
30 Prozent), sobald die Einkünfte eines Jahres
einer ausländisch investierten, als RHQ zugelassenen Investment-Gesellschaft erstmalig
eine Milliarde RMB übersteigen
● Nach den Vorschriften der Stadtregierung von Guangzhou werden
Prämien an RHQs und „Sub-RHQs“
vergeben, die einen bedeutsamen
Beitrag zur lokalen Wirtschaft leisten.
Genauere Kriterien oder die Höhe der
Prämien werden nicht benannt.
● eine Million RMB Prämie in dem Wirtschaftsjahr,
in dem das RHQ erstmalig die Einkünfteschwelle von 100 bis 500 Millionen RMB überschreitet
● fünf Millionen RMB Prämie in dem Wirtschaftsjahr, in dem das RHQ erstmalig die Einkünfteschwelle von 500 Millionen bis eine Milliarde
RMB überschreitet
● zehn Millionen RMB Prämie in dem Wirtschaftsjahr, in dem das RHQ erstmalig die Einkünfteschwelle von einer Milliarde RMB überschreitet
● einkommensteuerfreie Barprämie von bis zu
500.000 RMB für den höchsten ManagementVertreter des RHQ, Auszahlung in drei aufeinanderfolgenden Jahren, beginnend mit dem
Wirtschaftsjahr, das auf das Jahr der Gründung
folgt, gemessen an dem Beitrag, den der
Manager zum lokalen Steueraufkommen
beigetragen hat
● Es gilt jeweils die Hälfte der Gewinnschwelle
(500 Millionen RMB) und des Zuschusses
(fünf Millionen RMB) für ManagementGesellschaften.
● einmalige Prämie von fünf Millionen RMB in
Raten über drei Jahre ab dem Wirtschaftsjahr, in
dem das RHQ einer Management-Gesellschaft
erstmalig Einkünfte erzielt, die 500 Millionen
RMB übersteigen
● In verschiedenen Bezirken von
Guangzhou bestehen unterschiedliche
Vergünstigungen (etwa detaillierte
Prämienregelungen für RHQs, SubRHQs und leitende ManagementEbene).
● Barprämie in Höhe von 500.000 RMB für den
höchsten Management-Vertreter des RHQ,
wenn der Zuwachs an Steueraufkommen der
lokal einbehaltenen Ertragsteuern zu den Top
Ten der Steuern zahlenden Unternehmen der
Stadt gehört
● Barprämie von 300.000 RMB für einen Senior
Manager des RHQ (mindestens stellvertretender
Geschäftsführer) für zwei Jahre erfolgreicher
Tätigkeit
Quellen: Stadtverwaltung Beijing, Stadtverwaltung Shanghai, Büro für Außenhandel und wirtschaftliche Zusammenarbeit der Stadt Guangzhou
Tab. 3
22
Übersicht über lokale Betriebszuschüsse oder Prämien an ein RHQ
pwc:china compass | Sommer 2010
Steuern und Recht
Beijing
Shanghai
Guangzhou
● einmaliger Gründungszuschuss in drei Jahresraten für RHQs, die nach dem 1. Januar 2009 in
Beijing gegründet wurden
● Gründungszuschuss für neu gegründete oder
nach Shanghai umgezogene RHQs in Höhe von
fünf Millionen RMB in den folgenden drei Jahren
nach Gründung oder Sitzänderung (40 Prozent,
30 Prozent, 30 Prozent)
● Gründungszuschuss von zwei bis
fünf Millionen RMB für zugelassene
RHQs
● fünf Millionen RMB Zuschuss, wenn das Stammkapital des RHQ 100 bis 500 Millionen RMB
beträgt
● acht Millionen RMB Zuschuss, bei Stammkapital
des RHQ 500 Millionen bis einer Milliarde RMB
● zehn Millionen RMB Zuschuss, wenn Stammkapital des RHQ mehr als eine Milliarde RMB
● Mietzuschuss für selbst genutzte Büroflächen in
Höhe von 30 Prozent der Mietkosten, das heißt
von bis zu 2,628 Millionen RMB (max. 8 RMB/m2/
Tag x max. 1.000 m2 x 365 Tage x drei Jahre x
30 Prozent) für neu gegründete RHQs, die Büroflächen mieten
● einmaliger Zuschuss von 1.000 RMB pro m2
(max. 5.000 m2) für Büros von RHQs in Beijing,
die nach dem 1. Januar 2009 gegründet worden
sind
● einmaliger Anschaffungs- bzw. Herstellungskostenzuschuss bis max. 2.400 RMB/Tag
(Berechnung s. o.) für RHQs, die Büroflächen
kaufen oder errichten
● Anschaffungs- bzw. Herstellungskostenzuschuss von 1.000 RMB pro
m2 in drei Jahresraten für Büroflächen neu gegründeter RHQs
● RHQs, die Büroflächen im Chaoyang-Bezirk angemietet haben, sind berechtigt, über drei Jahre
einen Zuschuss von 30, 20 und zehn Prozent der
jeweiligen Jahresmiete zu erhalten.
● Zuschuss von fünf Millionen RMB in drei Jahresraten für ausländisch investierte InvestmentGesellschaften, die neu als RHQs zugelassen
worden sind
● Zuschuss von bis zu 30 Prozent der
marktüblichen Miete für Büroflächen
von neu gegründeten RHQs
Quellen: Stadtverwaltung Beijing, Stadtverwaltung Shanghai, Büro für Außenhandel und wirtschaftliche Zusammenarbeit der Stadt Guangzhou
Tab. 4
Lokale Zuschüsse an ein zugelassenes RHQ
dazu bitte Tabelle 4). Das liegt daran, dass diese Behörden
Ansiedlungsziele und Budgets vorgegeben bekommen, die
angesichts der bereits in China angesiedelten ausländischen
Unternehmen und in Zeiten der Wirtschaftskrise immer
schwieriger zu erfüllen sind. Darum decken sich ihre Interessen
nicht immer mit denen anderer beteiligter Behörden und der Wettbewerb unter den Bezirken, Städten und Provinzen wird auf
diesem Wege ausgefochten. Beijing hat dabei als Regierungssitz
naturgemäß einen Standortvorteil. Im dortigen Chaoyang-Bezirk
etwa, in dem sich mit rund 25 die meisten RHQs in der Hauptstadt befinden, gibt es beispielsweise eine Ansiedlungsprämie
zwischen 500.000 und 1.000.000 RMB für bestimmte neue Unternehmen. Außerdem sind Zuschüsse für Messeunternehmen,
Großhandels- und Einzelhandelsketten, weltbekannte internationale Marken (Mode und Ähnliches) sowie Unternehmen der
Dienstleistungsbranche vorgesehen. Umso mehr empfiehlt es
sich aber auch, den Ansiedlungswettbewerb für sich nutzbar zu
machen. In jedem Falle erfordern bindende Vereinbarungen stets
Verhandlungen mit den beteiligten Behörden im Einzelfall, eine
pauschale Aussage verbietet sich deshalb.
Sitzverlegung eines RHQ
Wer eine Sitzverlegung eines RHQ in eine vermeintlich
attraktivere Stadt in Betracht zieht, sollte bedenken: Die Behörden
des bisherigen Sitzes werden ein RHQ nur ungern ziehen lassen.
Außerdem muss die Migration ebenso genehmigt werden wie die
Ansiedlung in einer anderen Stadt. Daher sollte vermieden
werden, über eine Sitzverlegung zu entscheiden, bevor die Lage
mit den Behörden des bisherigen Sitzes geklärt wurde. Möglicherweise reicht ja schon der Hinweis auf bestehende Vorteile in
anderen Destinationen, um zu einer für beide Seiten verträglichen
Einigung zu gelangen.
pwc:china compass | Sommer 2010
Für die in Tabelle 3 und 4 dargestellten Zuschüsse gilt: Der Zuschuss
wird im Wesentlichen einem neu gegründeten RHQ gewährt. Der
Betriebszuschuss wird über drei Wirtschaftsjahre verteilt: im ersten
Jahr 40, im zweiten Jahr 30 und im dritten Jahr 30 Prozent. Der
Gesamtzuschuss darf zehn Millionen RMB nicht übersteigen.
Fazit
Die Anforderungen an die Kapitalausstattung der Muttergesellschaft und des RHQ sind zweifellos hoch, sodass die Gründung
nur für Unternehmen ab einer gewissen Größenordnung infrage
kommt. Werden die genannten Kriterien für die Größenklassen
überschritten, lohnt es sich aber, genauer hinzusehen und
Fördermöglichkeiten für RHQs ernsthaft zu prüfen. Das gilt
speziell bei Überlegungen, die bestehende Organisation zu
restrukturieren – mit Blick auf die asiatische Gesamtstrategie des
Unternehmens und die Rahmenbedingungen in China, die sich
möglicherweise seit dem ursprünglichen Markteintritt verändert
haben. Die Vorteile liegen auf der Hand: Unternehmensfunktionen
können vereinheitlicht und gestrafft werden. Die sicher
erstrebenswerten Folgen wären effizientere Abläufe, höhere
Kontrolldichte und niedrigere Kosten.
Haben Sie Fragen oder sind Sie an Details interessiert? – Dann
rufen Sie Ihre Ansprechpartner an oder schreiben ihnen einfach
eine E-Mail.
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23
Steuern und Recht
Alarmstufe zwei für nicht ansässige
Dienstleister: China verschärft Betriebsstätten-Besteuerung, Steuerverwaltung
und -erhebung
Der Kuschelkurs der chinesischen Steuerbehörden gegenüber
ausländisch investierten Unternehmen ist schon lange
Vergangenheit. Der Umgang miteinander normalisiert sich. Das
lässt sich sehr gut am Beispiel der beschränkt steuerpflichtigen
Einkünfte nicht ansässiger Unternehmen beobachten: Die
chinesische Finanzverwaltung hat seit Anfang 2009 insgesamt
14 Erlasse veröffentlicht, die ihre Besteuerung sowie ihre
Steuerverwaltung und -erhebung verschärfen.
Nicht ansässige Unternehmen und ihre Mitarbeiter, die für eine
Vielzahl von Projekten nach China entsandt werden – jüngst vor
allem anlässlich der Weltausstellung EXPO 2010 in Shanghai –,
können gegebenenfalls der Körperschaft-, der Geschäft- und der
Einkommensteuer in China unterliegen. Diese Unternehmen
sollten sich daher der Besteuerung bewusst sein, aber auch der
Anforderungen an ihre Steuerverwaltung und -erhebung in China
und deren Auswirkungen auf ihr Unternehmen. – Die erste Frage,
die in diesem Zusammenhang beantwortet werden sollte, lautet:
Wann unterliegt ein ausländischer Dienstleistungsanbieter der
Steuer in China? Um Ihnen die Einordnung Ihres Unternehmens
ein wenig zu erleichtern, informieren Sie die folgenden Absätze
über die wesentlichen Kriterien.
Körperschaftsteuer
Ist ein ausländisches Unternehmen in einer Steuerjurisdiktion
ansässig, die ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit
China abgeschlossen hat, unterliegt der Gewinn des
ausländischen Unternehmens nicht der Körperschaftsteuer
(Corporate Income Tax, CIT) in China. Es sei denn, das
ausländische Unternehmen unterhält eine Betriebsstätte in China,
die Gewinn erwirtschaftet.
Nach dem DBA Deutschland-China ist eine „Betriebsstätte“ eine
feste Geschäftseinrichtung, durch welche die Tätigkeit eines
Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird.
Das umfasst speziell:
● einen Ort der Leitung
● eine Zweigniederlassung
● eine Geschäftsstelle
● eine Fabrikationsstätte
● eine Werkstätte
● ein Bergwerk, ein Öl- oder Gasvorkommen, einen Steinbruch
oder eine andere Stätte der Ausbeutung von Bodenschätzen
24
In diesem Beitrag erfahren Sie …
● wann ein ausländischer Dienstleister der Steuer in China unterliegt.
● was ein „Quellensteueragent“ ist und welche Aufgaben er zu
erfüllen hat.
● wie sich die neuen Bestimmungen auswirken, wenn Vorteile aus
einem DBA in Anspruch genommen werden.
● dass auch Produktionsunternehmen der Dienstleistungsbesteuerung unterliegen können.
Eine „Betriebsstätte“ umfasst ferner eine Bauausführung oder
Montage oder eine damit zusammenhängende Aufsichtstätigkeit,
wenn die Dauer der Bauausführung, Montage oder Aufsichtstätigkeit sechs Monate überschreitet.
Der Begriff „Betriebsstätte“ umfasst im Übrigen auch das
Erbringen von Dienstleistungen, einschließlich von Leistungen auf
dem Gebiet der Beratung, durch Angestellte oder anderes
Personal, welches das ausländische Unternehmen für diesen
Zweck beauftragt. Weitere Voraussetzung ist auch hier: Diese
Tätigkeiten in China (für das gleiche oder ein damit zusammenhängendes Projekt) dauern länger als insgesamt sechs Monate
innerhalb eines beliebigen Zeitraums von zwölf Monaten.
Ob ein ausländischer Dienstleistungsanbieter letztendlich der
chinesischen CIT unterliegt, hängt, wie Sie sehen, von der Art
der Dienstleistung und gegebenenfalls der in China verbrachten
Zeit ab.
Unterhält ein ausländischer Dienstleistungsanbieter eine
Betriebsstätte in China, unterliegt der durch die Betriebsstätte
erwirtschaftete Gewinn einem Körperschaftsteuersatz von
25 Prozent.
Neue steuerliche Bestimmungen für Betriebsstätten: Guoshuifa
(2010) Nummer 19
Am 20. Februar 2010 hat die State Administration of Taxation
(SAT) den Erlass Guoshuifa (2010) Nr.19 (im Folgenden Erlass
19/2010) veröffentlicht, der die Verwaltungsanweisungen zur
Besteuerung von Betriebsstätten umfassend überarbeitet.
Einige der wichtigsten Neuerungen betreffen die Methoden zur
Ermittlung des in China steuerbaren Gewinns und der erwarteten
Gewinnmargen sowie die Aufteilung der Einnahmen in einen
Inlands- und Auslandsanteil.
Grundsätzlich soll der Besteuerung eine tatsächliche Gewinnermittlung zugrunde gelegt werden, sofern die Bücher ordnungsgemäß und auf Basis von gültigen Belegen geführt werden und
das steuerpflichtige Einkommen den Funktionen und Risiken der
Betriebsstätte entspricht. Ist es einem ausländischen Dienstleistungsanbieter aufgrund nicht ordnungsgemäß geführter
Bücher oder aus anderen Gründen nicht möglich, das steuerpflichtige Einkommen korrekt zu ermitteln, kann das Finanzamt
eine der folgenden Schätzmethoden (deemed profit methods)
anwenden:
pwc:china compass | Sommer 2010
Steuern und Recht
Methode der
Gewinnermittlung
Anwendungsbereich
Formel für die
Ermittlung des Gewinns
Actual-RevenueDeemed-ProfitMethode
Die zurechenbaren
Erträge sind hinreichend
genau bestimmbar, nicht
dagegen Kosten und
Aufwendungen.
Steuerpflichtiges Einkommen = Einnahmen
x unterstellte Gewinnmarge
Cost-plusMethode
Die zurechenbaren
Erträge sind nicht hinreichend bestimmbar,
jedoch die Kosten.
Steuerpflichtiges Einkommen = Kosten : (1 –
unterstellte Gewinnmarge) x unterstellte
Gewinnmarge
Expenditure-plusMethode
Die zurechenbaren
Erträge und Kosten sind
nicht hinreichend
bestimmbar, jedoch die
Aufwendungen.
Steuerpflichtiges Einkommen = Aufwendungen : (1 – unterstellte Gewinnmarge –
Geschäftsteuersatz) x
unterstellte Gewinnmarge
Tab. 1
Gewinnermittlungsmethoden: Anwendung und Berechnung des
Gewinns
Ferner legt Erlass 19/2010, abhängig von der Art der Dienstleistung, Gewinnmargen fest, die im Durchschnitt fünf bis
20 Prozent höher sind als unter dem alten System der Körperschaftsteuer für Unternehmen mit ausländischen Gesellschaftern
(Foreign Enterprise Income Tax, FEIT).
Tabelle 2 vergleicht altes (FEIT) und neues System (CIT):
Industrie
CIT (Erlass 19/2010)
FEIT
Ingenieur-, Designund Beratungsdienstleistungen
15 bis 30 Prozent
nicht weniger als
10 Prozent für
Ingenieur-, 15 Prozent
für Designdienstleistungen
Dienstleistungen in
den Bereichen
Administration und
Verwaltung
30 bis 50 Prozent
20 bis 40 Prozent
Sonstige Leistungen
mindestens 15 Prozent
10 Prozent
Tab. 2
Vergleich zwischen CIT und FEIT
Die chinesischen Finanzämter auf der Ebene der Provinzen sind
befugt, die Bandbreite für ihre Region innerhalb der oben vorgegebenen Prozentgrenzen selbst zu bestimmen.
Die Finanzämter sind ferner berechtigt, Gewinnmargen oberhalb
der in der Tabelle genannten heranzuziehen, wenn sie eine
höhere Marge tatsächlich nachweisen können. Wenn die
steuerliche Bemessungsgrundlage nicht separat aufgezeichnet
wird, kann darüber hinaus die jeweils höhere Gewinnmarge auf
die jeweilige Dienstleistung angewandt werden, wenn Steuerpflichtige gleichzeitig Dienstleistungen mit unterschiedlichen
Gewinnmargen erbringen.
pwc:china compass | Sommer 2010
Ausländische Unternehmen, die technisch komplexe Produkte
nach China liefern, sollten besonders achtsam sein. Nach Erlass
19/2010 kann das Finanzamt anhand geeigneter Vergleiche mit
ähnlichen oder gleichen Dienstleistungen einen Teil des Gesamtentgelts unter folgender Voraussetzung als Dienstleistungsentgelt
qualifizieren: Ein ausländisches Unternehmen verkauft Maschinen
an ein chinesisches Unternehmen und erbringt zur gleichen Zeit
Kundendienstleistungen (wie etwa Installation, technisches
Training oder Überwachung), ohne dass hierzu im Verkaufsvertrag eine angemessene Aufteilung von Verkaufspreis und
Dienstleistungsentgelt bestimmt ist. Liegen keine geeigneten
Vergleichsdaten vor, kann das Finanzamt annehmen, dass nicht
mehr als zehn Prozent des Gesamtentgelts auf Dienstleistungen
entfallen, die in China als erbracht gelten und damit der CIT
unterliegen.
Wie Sie vielleicht wissen, gab es bereits unter dem FEIT-Regime
eine ähnliche Politik. Der Prozentsatz betrug allerdings nur fünf
Prozent.
Aufteilung des Dienstleistungsentgelts in Inlands- und
Auslandsanteil
Ausländische Dienstleister unterliegen nur für die Dienstleistungen der CIT, die im Inland erbracht wurden. Erbringt ein
ausländischer Anbieter Dienstleistungen sowohl innerhalb als
auch außerhalb Chinas, müssen die Einnahmen aus den Dienstleistungen in einen Inlands- und einen Auslandsanteil aufgeteilt
werden. Hegt das Finanzamt Zweifel, ob die Aufteilung angemessen und wahrheitsgetreu ist, liegt die Nachweispflicht dafür
beim ausländischen Anbieter. Kann ein entsprechender Nachweis
nicht erbracht werden, ist das Finanzamt im Extremfall berechtigt,
zu unterstellen, dass sämtliche Leistungen in China erbracht
worden sind und somit der CIT unterliegen.
Unter dem alten FEIT-Regime (Erlass Guoshuifa [2000] Nr. 82)
galt für Dienstleistungen folgender Grundsatz – unabhängig
davon, ob sie im In- oder im Ausland erbracht wurden:
Mindestens 60 Prozent des Entgelts sind den im Inland
erbrachten Dienstleistungen zuzurechnen, auch wenn der
tatsächliche Auslandsanteil geringer war. Erlass 19/2010 sieht
eine solche zwingend erforderliche Aufteilung nicht mehr vor.
Gleichwohl ist jedoch davon auszugehen, dass in der Praxis –
und zumindest in naher Zukunft – einige Finanzämter weiterhin
die 60-40-Aufteilung anwenden werden, allein um ihre
Steuereinnahmen zu sichern.
Geschäftsteuer
Laut den Vorschriften zur Geschäftsteuer (Business Tax, BT), die
grundsätzlich seit dem 1. Januar 2009 gelten, unterliegen der BT
sowohl Dienstleistungen, die von chinesischen Unternehmen
erbracht wurden, als auch solche, die chinesische Unternehmen
erhalten haben. Die Dienstleistungen eines ausländischen Unternehmens an einem in China ansässigen Kunden unterliegen
damit der BT, unabhängig davon, ob eine Betriebsstätte in China
25
Steuern und Recht
begründet wird. Der Geschäftsteuersatz beträgt für die meisten
Dienstleistungen fünf Prozent des Bruttodienstleistungsentgelts.
Ein reduzierter Geschäftsteuersatz von drei Prozent wird angewandt auf Dienstleistungen im Transport-, Telekommunikationsund Sportwesen sowie im Anlagenbau und Bereich Kultur.
Erlass 19/2010 enthält keine Ausführungen zur BT-Behandlung
von Entgelten, die von ausländischen Dienstleistern durch deren
Betriebsstätte in China erzielt werden. Sie unterliegen also mit
großer Sicherheit auch den genannten Vorschriften.
Einkommensteuer
Wie im DBA Deutschland-China vereinbart, hat China erst dann
das Recht, Einkünfte deutscher Arbeitnehmer zu besteuern, wenn
sie sich mehr als 183 Tage in einem Kalenderjahr in China aufhalten und ihr Gehalt von einem chinesischen Unternehmen oder
einer chinesischen Betriebsstätte getragen wird.
Erbringt ein Arbeitnehmer jedoch Leistungen, die einer Betriebsstätte zuzurechnen sind, wird unterstellt: Sein Gehalt wird wirtschaftlich von der Betriebsstätte getragen und der Arbeitnehmer
ist deshalb vom ersten Tag seiner Anwesenheit in China an in
China einkommensteuerpflichtig. Wie lange er sich im Land
aufhält, spielt in diesem Fall keine Rolle mehr.
Literatur zum Vertiefen
● Entsendung nach China: Steuerfallen für Unternehmen und
Mitarbeiter ausweichen. pwc:china compass, Winter 2009/2010,
Seiten 17 bis 19.
● Steuerliche Präsenz in China: Varianten und Anwendung in der
Praxis. pwc:china compass, Sommer 2009, Seiten 39 bis 41.
● Neue Entwicklungen zur Besteuerung von Personengesellschaften.
pwc:china compass, Frühjahr 2009, Seiten 26 bis 28.
Registrierungspflichten für ausländische Dienstleistungsanbieter
Erlass Guoshuifa (2009) Nr. 19 (im Folgenden Erlass 19/2009),
der am 1. März 2009 in Kraft getreten ist, legt das Verfahren zur
Registrierung von ausländischen Unternehmen dar, die in China
Ingenieur- oder andere Dienstleistungen erbringen. Der Erlass
umfasst Vorschriften zur CIT, BT und Umsatzsteuer (Value Added
Tax, VAT) und gilt für ausländische Unternehmen wie für
natürliche Personen gleichermaßen. Laut dem Erlass muss sich
ein ausländischer Dienstleister seit dem 1. März 2009, wenn er
die oben genannten Leistungen in China erbringt, innerhalb von
30 Tagen nach Vertragsabschluss bei den zuständigen Steuerbehörden registrieren.
Zu Ingenieurleistungen zählen: Bau, Installation, Montage,
Ausgestaltung, Erschließung und sonstige Ingenieurleistungen.
Sonstige Dienstleistungen schließen ein: Verarbeitung, Reparatur
und Montage, Transport, Beratung, Design, Lagerhaltung, Kultur
und Sport, Ausbildung und Trainings, Unterhaltung, Tourismus,
technische Dienstleistungen und andere sonstige Leistungen. Die
26
weit gefasste Definition von „Ingenieurleistungen“ sowie von
„anderen Dienstleistungen“ umfasst grundsätzlich alle von ausländischen Anbietern in China erbrachten Dienstleistungen. Das
bedeutet im Klartext: Alle ausländischen Dienstleister sind, wenn
sie in China Dienstleistungen erbringen, verpflichtet, sich
steuerlich zu registrieren. Diese Pflicht bürdet ausländischen
Dienstleistern eine erhebliche Verwaltungslast auf, die besonders
jene Unternehmen mit kleineren Aufträgen treffen wird. Ferner
muss sich ein ausländischer Dienstleister, der Ingenieurleistungen in China erbringt, innerhalb von 15 Tagen nach
Abschluss des Projekts beim Finanzamt abmelden.
Was bei Steuererklärungen und bei der Abführung der Steuer zu
beachten ist, erfahren Sie in den folgenden Abschnitten.
CIT
Die Pflicht zur Abgabe von Steuererklärungen sowie zur Zahlung
der CIT obliegt in erster Linie dem ausländischen Dienstleistungsanbieter. Der ausländische Dienstleistungsanbieter ist verpflichtet,
vorläufige vierteljährliche Körperschaftsteuererklärungen sowie
eine allumfassende jährliche Körperschaftsteuererklärung abzugeben und seine Steuerverbindlichkeiten nach Beendigung des
Projekts zu begleichen. Es sei denn, das Finanzamt erlegt dem
im chinesischen Inland ansässigen Entgeltzahler die Pflicht zum
Abzug der Quellensteuer auf.
Der ausländische Dienstleistungsanbieter ist von der Pflicht
befreit, eine jährliche Körperschaftsteuererklärung abzugeben,
wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:
● Das Projekt in China dauert kürzer als ein Jahr und wird vor
dem Ende des Jahres beendet.
● Die Steuerabmeldung wird beim Finanzamt vor dem
Erklärungsstichtag durchgeführt.
● Das Finanzamt hat die Nichtabgabe der jährlichen Körperschaftsteuererklärung genehmigt.
Obwohl die Pflicht zur Abgabe der Erklärungen in erster Linie
beim ausländischen Dienstleister liegt, kann das Finanzamt den
Entgeltzahler zum „Agenten für Quellensteuer“ ernennen, wenn
einer der drei folgenden Fälle vorliegt:
● Die erwartete Leitungsdauer eines Projekts beträgt weniger als
ein Steuerjahr und der ausländische Dienstleister erfüllt die
Bedingungen für Steuerzahlungen nicht.
● Der ausländische Dienstleister hat die Steuerregistrierung nicht
durchgeführt.
● Der ausländische Dienstleister ist der Abgabepflicht der vierteljährlichen oder jährlichen Körperschaftsteuererklärungen nicht
innerhalb der gesetzten Frist nachgekommen.
In den oben genannten Fällen sollte das Finanzamt den vorgesehenen Quellensteueragenten über seine zukünftigen
Pflichten in angemessener Form per Bescheid informieren.
pwc:china compass | Sommer 2010
Steuern und Recht
BT/VAT
Unterhält ein ausländischer Dienstleister kein Unternehmen in
China und hat auch keinen Quellensteueragenten bestellt, so ist
der Leistungsempfänger Quellensteueragent für BT und VAT.
Nach den Erfahrungen der Autorin wird Erlass 19/2009 in der
Praxis noch nicht angewandt, da die lokalen Finanzämter mit der
praktischen Umsetzung und den damit einhergehenden
administrativen Tätigkeiten überfordert sind. Es wird jedoch im
Einzelfall eine Abstimmung mit dem zuständigen lokalen Finanzamt empfohlen, um etwaige Säumnis- und Verspätungszuschläge
zu vermeiden.
Inanspruchnahme von Vorteilen aus einem DBA
Am 24. August 2009 wurde Erlass Guoshuifa (2009) Nr. 124 (im
Folgenden Erlass 124/2009) durch die SAT veröffentlicht, der
ausländische Unternehmer verpflichtet, vor Inanspruchnahme von
Vorteilen aus einem DBA dem zuständigen Finanzamt einen
Antrag auf Genehmigung für Vorteile aus einem DBA bezüglich
passiver Einkünfte zukommen zu lassen. Dazu zählen unter
anderem Dividenden, Zinsen, Lizenzen und Veräußerungsgewinne oder eine Anmeldung für Vorteile bezüglich anderer
Einkünfte wie gewerbliche Einkünfte aus Betriebsstätten oder
Dienstleistungen. Um eine Genehmigung zu erhalten, müssen
dem Antrag oder der Anmeldung umfangreiche Dokumente und
Informationen wie etwa Verträge, steuerliche Ansässigkeitsbescheinigung und anderes mehr beigefügt werden. Nach
Genehmigung kann das Finanzamt bis zu drei Jahre nach
Zahlung der Steuer Überschussbeträge zurückfordern.
Entsprechend dieser Definition wird Erlass 124/2009 auch angewandt mit Blick auf die im DBA Deutschland-China genannte
sechsmonatige Schonfrist, da diese einen Vorteil aus der
Anwendung des DBA darstellt und ihre Inanspruchnahme somit
eine Anmeldung voraussetzt. Um Säumnis- und
Verspätungszuschläge zu vermeiden, ist eine Abstimmung mit
dem Finanzamt im Einzelfall zu empfehlen, obwohl auch Erlass
124/2009 in der Praxis noch nicht angewandt wird.
Fazit
Angesichts der neuen administrativen und steuerlichen
Regelungen für Betriebsstätten in China sind Unternehmen auf
jeden Fall gut beraten, ihre derzeitigen und zukünftigen Projekte
besonders auch hinsichtlich der zukünftigen Handhabung und
Anwendung von Erlass 19/2010 durch die lokalen Steuerbehörden auf den Prüfstand zu stellen und gegebenenfalls den
neuen Bedingungen anzupassen.
Wenn Sie Fragen haben, an Details interessiert sind oder beraten
werden möchten, rufen Sie bitte Ihre Ansprechpartnerin an oder
schicken ihr einfach eine E-Mail.
Ihre Ansprechpartnerin
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pwc:china compass | Sommer 2010
Abwicklung von Handelsgeschäften in
Renminbi ab sofort weltweit möglich
Die Chinesische Zentralbank hat am 22. Juni 2010 verkündet, ein
Pilotprojekt aus dem Jahr 2009 mit sofortiger Wirkung von einem
kleinen Wirtschaftsgebiet auf die ganze Welt auszuweiten.
Die Ausgabe Winter 2009/2010 Ihres pwc:china compass (Seiten
36 bis 38) informierte Sie über eines der typischen chinesischen
Pilotkonzepte: Der chinesische Staatsrat hatte im April 2009 das
Projekt zur Abwicklung von Handelsgeschäften in Renminbi
verkündet. Teilnehmen an diesem Projekt konnten „Pilotunternehmen“ an fünf Versuchsstandorten innerhalb Chinas,
namentlich in Shanghai, Guangzhou, Shenzhen, Zhuhai und
Dongguan. Diese „Piloten“ durften wählen, ob sie ihren grenzüberschreitenden Handel in Renminbi (RMB) oder in einer
anderen Währung abwickeln wollten. Erlaubt waren Geschäfte mit
ausländischen Unternehmen in Hongkong, Macao und dem
Verband Südostasiatischer Nationen (Association of Southeast
Asian Nations). Am 22. Juni nun hat die Chinesische Zentralbank
(People’s Bank of China) den Radius der Geschäfte auf die ganze
Welt erweitert. Auch der Kreis der Pilotunternehmen wurde kräftig
ausgedehnt. Beteiligt sind ab sofort auch die folgenden
18 Provinzen und Regionen: Beijing, Tianjin, die Innere Mongolei,
Liaoning, Jiangsu, Zhejiang, Fujian, Shandong, Hubei, Hainan,
Chongqing, Yunnan, Sichuan, Jilin, Heilongjiang sowie die autonomen Regionen Guangxi Zhuang, Tibet und Xinjiang. Hinter der
Ausweitung stehen nach Ansicht von Beobachtern Bemühungen
der chinesischen Regierung, ihre Abhängigkeit vom US-Dollar zu
reduzieren, um Devisenkursschwankungen zu verhindern und
das internationale Ansehen des Yuan zu stärken. Nach den
Informationen, welche die Chinesische Zentralbank veröffentlicht
hat, betrug der Gesamtwert der Yuan-Transaktionen zwischen
Juli 2009 und Mai 2010 44,55 Milliarden RMB (knapp
5,4 Milliarden Euro). In einem Onlinestatement hat die
Chinesische Zentralbank ferner mitgeteilt, die Zahl der in Yuan
abgewickelten Transaktionen sei stark angestiegen, sodass die
Ausweitung des Pilotprojekts zur rechten Zeit stattfinde.
Wie Sie in der Ausgabe Winter 2009/2010 nachlesen können,
erstreckt sich das Pilotprojekt seinerzeit nur auf die Abwicklung
von Handelsgeschäften in RMB. Eine schrittweise Ausweitung auf
andere grenzüberschreitende, nicht handelsbezogene Transaktionen wie Dienstleistungsgeschäfte oder ausländische Direktinvestitionen wird zwar langfristig erwartet, wurde aber von der
Chinesischen Zentralbank am 22. Juni 2010 nicht verkündet. Es
bleibt daher abzuwarten, wann die Chinesische Zentralbank
diesen Schritt gehen wird. – Ihr pwc:china compass wird Sie auf
dem Laufenden halten.
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27
Investition und Finanzierung
Erneuerbare Energien: Strategien dreier
deutscher Unternehmen in China
Chinas Ziele bei der Reduktion des Ausstoßes von Kohlendioxid
sind sehr ehrgeizig. Eine besondere Rolle kommt dabei den
erneuerbaren Energien zu. Die Wachstumsquoten in diesem
Markt sind beträchtlich und werden aller Voraussicht nach weiter
rasant steigen. Das eröffnet ausländischen Investoren große
Chancen. Allerdings ist der Markteintritt auch mit Risiken
verbunden. Die Chinesen sind zu vielen Kompromissen bereit,
um sich einen Zugang zu westlichem Know-how zu sichern. Nach
wie vor bestehen jedoch starke Bestrebungen, dominante lokale
Player aufzubauen. Auf der Grundlage der Erfahrungen, die
Unternehmen der Branche in China schon gemacht haben,
informiert Sie der Beitrag von Roland Spahr über Erfolg
versprechende Strategien.
China hat sich für den Kampf gegen den Klimawandel ehrgeizige
Ziele gesetzt. Ab dem Jahr 2020 soll der Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) merklich gebremst und 2030 der Höhepunkt erreicht
werden. Bis 2050 will China die Emissionen sogar wieder auf den
Stand von 2005 absenken. Dabei rechnet die Regierung in Beijing
fest mit einem fortgesetzten Wirtschaftswachstum, das mit einem
weiterhin steigenden Energiebedarf einhergehen wird. Für 2010
wird ein Anstieg von etwa zehn Prozent erwartet. Um die CO2Ziele zu erreichen, ohne dabei die wachsende Nachfrage nach
Energie zu vernachlässigen, plant, initiiert und fördert China
massiv den Einsatz erneuerbarer Energien.
Bis zum Jahr 2007 wurden in China etwa zwölf Milliarden USDollar in erneuerbare Energien investiert. Vom laufenden
Konjunkturprogramm in Höhe von 586 Milliarden Dollar sollen
220 Milliarden für die grünen Technologien verwendet werden, zu
denen auch die erneuerbaren Energien wie Windkraft, Solarenergie und Biogas gehören. Die Initiative Grüne Technologie für
China (China Greentech Initiative) schätzt den chinesischen
Markt für grüne Energien auf 500 Milliarden bis eine Billion Dollar.
Die Ziele im Bereich der erneuerbaren Energien schreibt die
Nationale Entwicklungs- und Reformkommission (National
Development and Reform Commission, NDRC) fest und es
werden politische und marktwirtschaftliche Mittel eingesetzt, um
diese Pläne auch umzusetzen. In der Vergangenheit wurden die
Ziele durch schnell wachsende Märkte, die von optimistischen
Investoren und Unternehmern beherrscht werden, oft nach oben
korrigiert. Der Anteil der erneuerbaren Energien soll von sieben
Prozent im Jahr 2005 auf 20 im Jahr 2020 steigen. Niemand hegt
Zweifel an der Erreichbarkeit dieser Vorgaben.
28
In diesem Beitrag erfahren Sie …
● warum China für die Produzenten erneuerbarer Energien ein
wichtiger Markt jetzt und in der Zukunft ist.
● auf welche besonderen Bedingungen sich ausländische Investoren
in China einstellen müssen.
● mit welchen Strategien deutsche Firmen sich heute schon auf dem
chinesischen Markt behaupten.
Die Vorgaben lauten wie folgt:
● Die Kapazitäten zur Erzeugung von Energie durch Windkraft
betrugen im Jahr 2005 nur 1,3 Gigawatt (GW). Sie sollen aber
bis zum Jahr 2020 auf 30 GW wachsen. Produktion und
Installierung von Anlagen lagen 2008 und 2009 bereits im Plan.
Inoffiziell hat die NDRC für 2020 daher eine Kapazität zwischen
100 und 150 GW als Ziel herausgegeben.
● Die Energieerzeugung durch Fotovoltaik betrug im Jahr 2005
lediglich 0,07 GW und soll bis zum Jahr 2020 auf 1,8 GW
steigen. Auch hier gibt es inoffizielle Informationen über
geplante Anpassungen auf 20 GW.
● Die Energieerzeugung durch Biomasse betrug im Jahr 2005
zwei GW und soll bis zum Jahr 2020 30 GW betragen.
Chinas Ambitionen, den zukünftigen Energiebedarf in einer stark
wachsenden Volkswirtschaft wesentlich mit erneuerbaren
Energien abzudecken, birgt enorme Geschäftspotenziale in sich.
Diese scheinen wie geschaffen für deutsche Unternehmen, die
wie kaum andere schon über jahrelange Erfahrung und technologisches Know-how in dem Segment der erneuerbaren Energien
verfügen. Viele Unternehmen sind bereits in China aktiv. Doch
immer noch scheuen viele Unternehmen den Gang nach China.
Die Potenziale – in China für andere Märkte kostengünstig zu
produzieren oder in China selbst die Produkte zu verkaufen und
Beratungsaktivitäten im Bereich erneuerbare Energien anzubieten – bleiben vielfach ungenutzt und scheitern oft schon an
der Andersartigkeit der Bedingungen, die China an einen ausländischen Unternehmer stellt.
Damit Sie sich selbst ein Bild machen können, stellt Ihnen der
Artikel im Folgenden drei Unternehmen und deren ChinaStrategien vor. Anhand dieser Beispiele lassen sich die Chancen
und auch die Herausforderungen herausarbeiten, die von
deutschen Unternehmen in China gesehen werden. Für die
Einblicke in das strategisch-operative China-Geschäft und die
detaillierten Informationen bedankt sich der Autor herzlich bei den
in Beijing tätigen Experten und ihren Unternehmen. Der Dank gilt
namentlich: Dieter Launert, Head of Renewable Energy Division,
Siemens AG; Sven Mantwill, CFO der Nordex SE in Asien; und
Martin Dilger, CDM Technical Director und CIM Integrated Expert
der OASIS Science and Technology (Beijing) Co. Ltd., in enger
Kooperation mit der Umwelt-Projekt-Management GmbH (kurz:
OASIS mit UPM).
pwc:china compass | Sommer 2010
Investition und Finanzierung
Siemens AG
Die Siemens AG kann schon auf eine lange Tradition in China
zurückblicken. Im Jahr 1872 installierte das Unternehmen die
ersten Telegrafenmasten für Kaiser Tongzhi und verkaufte andere
Produkte nach China. Heute ist Siemens mit etwa 45.000 Mitarbeitern in China vertreten und in die drei Sektoren Energie,
Industrie und Health Care gegliedert. Der Bereich Industrie bietet
Lösungen auf der Seite des Energieverbrauchs, darunter für die
Gebäudeautomatisierung, die Energieeinsparung und die
Steigerung des Wirkungsgrads von Turbinen. Der Bereich
Energie entwickelt Produkte für die primäre Energieerzeugung
und beliefert damit die fünf großen chinesischen Energiekonzerne
China Huaneng, China Datang, China Huadian, Guodian Power
und China Power Investment.
Im Sektor Windkraft war Siemens in der Vergangenheit aufgrund
der großen Nachfrage primär in den USA und in der Europäischen Union vertreten. Da China aber der weltweit größte
Hersteller von Offshore-Windkraftanlagen ist, gewinnt der dortige
Markt zunehmend an Bedeutung. Siemens’ Produktportfolio im
Bereich der Windkraft umfasst zurzeit Anlagen, die zwischen
2,3 und 3,6 Megawatt (MW) erzeugen.
Ein weiterer Kompetenzbereich von Siemens ist die Solarthermik,
auch Concentrated Solar Power genannt. Mithilfe von Parabolspiegeln wird dabei ein Thermoöl- oder Salzgemisch erhitzt und
über einen Wärmetauscher Wasser verdampft. Der Dampf treibt
dann eine Turbine an. Diese relativ neue Technik wird bisher
beispielsweise in Spanien und den USA genutzt. Während diese
Anlagen bisher eine Leistung von circa 50 bis 60 GW hatten, sind
in chinesischen Projekten Größenordnungen von 200 GW
anvisiert.
Für die Installationen dieser Technologien baut Siemens auch auf
lokale Zulieferer. Während die Kerntechnologie von Siemens
gestellt wird und es keine lokalen Wettbewerber gibt, können
jedoch etwa das Betonfundament für eine solche Anlage oder
auch die Stahlrahmen für Spiegel in Zusammenarbeit mit lokalen
chinesischen Partnern gestellt werden. Gerade diese Zusammenarbeit auf der lokalen Ebene ist einer der entscheidenden Erfolgsfaktoren auf dem chinesischen Markt!
Seiner langen Erfahrungen wegen konnte Siemens schon viele
Projekte in China erfolgreich durchführen. Besonders wichtig ist
dabei nach Angaben des Unternehmens, sich die chinesische
Denk- und Arbeitsweise anzueignen. Denn den Verflechtungen
zwischen Firmen, Behörden und Universitäten kommt in China
eine besondere Bedeutung zu, deren vorteilhafte Nutzung ausländische Firmen meist erst erlernen müssen. Diese Netzwerke
sind um ein Vielfaches größer und bedeutender als etwa in
Deutschland. Um im Markt bestehen zu können, müssen alle
Interessengruppen eingebunden werden. Weiterhin stellen die
Dimensionen der Aufträge und das Wachstum eine Herausforderung für das Management eines jeden Unternehmens dar: In
pwc:china compass | Sommer 2010
China werden momentan in nur einem Jahr so viele neue
Energiekapazitäten geschaffen, wie sie dem gesamten derzeitigen deutschen Energiebedarf entsprechen. Wer wesentliche
Marktanteile halten möchte, muss Investitionen gut planen und
durchführen, um Konzentrationsrisiken zu vermeiden.
Nordex SE
Die Nordex SE stellt Windkraftanlagen her und hat weltweit mehr
als 2.000 Mitarbeiter. Als Hersteller von Onshore-Anlagen bietet
Nordex sowohl 1,5-MW- als auch 2,5-MW-Anlagen und kann auf
die Erfahrung von über 4.000 installierten Windrädern mit einer
Leistung von insgesamt 5,7 GW zurückblicken.
Mit dem Blick darauf, dass in den führenden europäischen
Ländern wie Deutschland, Spanien und Dänemark die Märkte für
Windkraftanlagen annähernd gesättigt sind, hat Nordex den
Schritt in den rasant wachsenden chinesischen Markt gewagt. Die
ersten Windkraftanlagen wurden bereits im Jahr 1998 installiert.
Insgesamt errichtete das Unternehmen in China schon über
400 Anlagen mit einer Gesamtleistung von mehr als 400 MW. Die
Volksrepublik China zählt damit neben Europa und Nordamerika
zu den wichtigsten Märkten der Nordex SE.
Nordex produziert sowohl in Deutschland (Rostock) als auch in
China (Yinchuan und Dongying). Für den chinesischen Markt
werden derzeit rund 80 Prozent der benötigten Komponenten aus
chinesischer Produktion bezogen, in der Zukunft strebt man
100 Prozent an. Der Preiswettbewerb und die hohen Logistikkosten sowie die Vermeidung von Wechselkursrisiken erfordern
eine möglichst hohe lokale Wertschöpfung. Vermieden werden
dadurch auch Wechselkursrisiken. Die lokale Produktion und
lokale Zulieferer bringen erhebliche Kosteneinsparungen mit sich,
dank derer Nordex dem Preisdruck auf dem chinesischen Markt
trotzen und zugleich einen hohen Qualitätsstandard wahren kann.
Die Windenergiesparte in China profitiert von einer Direktive der
NDRC, die einen festen Stromeinspeisepreis je Kilowatt und je
nach Region festgelegt hat und dadurch das Investment in
Windparks profitabel macht. Nordex sieht sich wegen seiner
lokalen Produktionsstätten in China nicht mehr als ausländisches
Unternehmen. Dennoch hat es das Unternehmen wie alle
anderen ausländischen Anbieter schwer, sich bei den großen
Vergabeprozessen gegen lokale Anbieter zu behaupten.
Besonders die großen lokalen Hersteller Xinjiang Goldwind,
Dongfang Electric und Sinovel Wind profitieren mit ihrem guten
sozialen Netzwerk von den Vergabeprozessen. Lokale Unternehmen sind etwa fünf bis zehn Prozent billiger, können internationale technische Standards aber oftmals noch nicht einhalten.
Die weitgehende Kontrolle des chinesischen Marktes durch die
NDRC gehört daher zu den besonderen Herausforderungen, die
sich in China stellen. Die Vergabe einer Ausschreibung von
fünf GW im April 2009 durch die NDRC wurde rein preislich
begründet und ging ausschließlich an die drei großen
chinesischen Produzenten von Windenergieanlagen.
29
Investition und Finanzierung
In den letzten Jahren wurden die Ziele der NDRC stets übererfüllt
und der Markt wuchs schneller als erwartet. Im Jahr 2008 gab es
bereits Neuinstallationen von 6,25 GW und 2009 löste China die
USA als größten Markt der Welt ab. Die beeindruckenden
Wachstumsraten der letzten Jahre von durchschnittlich über
100 Prozent werden zwar nicht mehr erreicht, aber die Zahl der
Neuinstallationen wird langfristig acht GW im Jahr übersteigen.
Beschränken sich die Windparks bisher meist auf den Norden
und Nordwesten, sollen in Zukunft auch im Süden, im Osten und
auf dem Meer Windparks errichtet werden.
Durch die preisbestimmten Vergabeprozesse der NDRC haben
die internationalen Hersteller in den letzten Jahren Marktanteile in
China verloren. Bei den lokalen Anbietern führten hohe Skaleneffekte (Economies of Scale) zu schnell fallenden Produktionskosten und auch die Qualität der chinesischen Windkraftanlagen
steigt stetig. Ausländischen Anbietern bleibt das Marktsegment
von Investoren, die an hoher Produktqualität und Verlässlichkeit
interessiert und bereit sind, dafür etwas mehr zu zahlen und
dementsprechend die Lebenszykluskosten in ihre Bewertungen
und Entscheidungen einbeziehen. In dem rasant wachsenden
Markt konnten auf diese Weise auch die ausländischen
Produzenten den absoluten Absatz an Windkraftanlagen erhöhen.
In der Vergangenheit mussten wegen der Local-ContentRegelung 70 Prozent der Fertigung in China erfolgen. Diese
Regelung wurde kürzlich außer Kraft gesetzt. Marktbeobachter
vermuten, dass die Regierung die großen chinesischen Hersteller
Sinovel, Dongfang und Goldwind, die etwa 75 Prozent des
Gesamtmarkts unter sich aufteilen, für voll konkurrenzfähig hält
und das Ziel erfüllt wurde, eine Zulieferindustrie anzusiedeln. So
hatte die Aufhebung dieser Regelung nur eine marginale Auswirkung auf ausländische Produzenten, die bereits in China
produzieren.
Local Content
Länder legen fest, wie hoch der Anteil der Wertschöpfung im Inland
mindestens sein muss. Erst wenn dieser Wert erreicht ist, sind Transaktionen oder Auslandsengagements möglich. Unternehmen, die
direkt investieren, sind dadurch gehalten, heimische Vorleistungen in
Anspruch zu nehmen. Hohe Qualitätsansprüche werden durch
Zertifizierungen der Zulieferer gesichert. Dabei wird viel Know-how
übertragen, das dann wiederum auch der Konkurrenz angeboten wird.
Die Local-Content-Regelung erzwingt also einen Technologietransfer.
Trotz der vielen Herausforderungen, sich gegen die lokalen Anbieter und Behörden zu behaupten, erwartet die Nordex SE langfristig einen Marktanteil von zehn bis 20 Prozent in China für internationale Hersteller. Da die Nachfrage rasant wächst, bieten sich
gute Chancen, sich auf dem chinesischen Markt weiterhin zu
etablieren.
30
OASIS mit UPM
Die UPM ist seit etwa 2006 in China vertreten und betreibt seit
2008 eine Beratungsfirma mit einer eigenen Niederlassung (UPM
Environment Project Financing and Management Co., Ltd.). Sie
berät in finanziellen und technischen Projekten zum Clean
Development Mechanism (CDM, Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung) sowie beim Kauf und Verkauf von
Zertifikaten für Certified-Emission-Reduction (CER). CDM ist ein
flexibles System des Kioto-Protokolls, mit dem die Industrieländer
ihre Emissionen reduzieren können, indem sie in Projekte in
Entwicklungsländern investieren, welche die CO2-Emissionen
senken können. Das Ergebnis solcher Projekte sind Gutschriften
zur Reduktion von Emissionen, die anschließend gehandelt
werden können. Der besondere Fokus der UPM liegt auf
Beratung, Finanzierung und Entwicklung von Biogasanlagen in
China.
Die UPM arbeitet mit dem chinesischen Unternehmen OASIS
zusammen. Dabei ging UPM bewusst kein Joint Venture ein,
sondern vereinbarte lediglich eine enge Zusammenarbeit, die sich
in gemeinsamen Büroräumen und somit kurzen Wegen und
Teamarbeit manifestiert. Rücken an Rücken ermöglicht diese
Konzeption beiden Unternehmen eine flexible Handhabung, ohne
dabei auf das nötige Know-how und das Netzwerk des jeweils
anderen Partners zu verzichten. Während die deutsche Seite sich
auf das Know-how und Consulting konzentriert, arrangiert der
chinesische Partner den Marktzugang.
CDM-Projekte sind einem hohen Risiko ausgesetzt. Dass die
CER-Preise äußerst volatil sind und das Kioto-Protokoll 2012
ausläuft, birgt Unsicherheiten für die Realisierung der CDMProjekte, da sie nicht profitabel wären ohne die Generierung von
Zertifikaten. Komplex und aufwendig sind besonders die Regularien
und Anforderungen, damit ein CDM-Projekt als solches durch das
CDM Executive Board der United Nations Framework Convention
on Climate Change (UNFCCC) anerkannt wird.
Ein potenzieller Investor muss sich mit den regulativen Anforderungen und Herausforderungen befassen, die sich von den
deutschen deutlich unterscheiden, deshalb aber nicht schlechter
sein müssen. So wird etwa im Rahmen eines CDM-Projekts bei
Biogasanlagen eine Anhörung aller Stakeholder und speziell der
Landbevölkerung verlangt, und hier speziell der urbanen
Bevölkerung. Ohne deren Zustimmung kann das Projekt nicht
realisiert werden. Außerdem werden genau ausformulierte
Verträge, wie in Deutschland meist üblich, in China oft misstrauisch betrachtet. Chinesische Unternehmen bevorzugen eher
„lockere“ Formulierungen. Undurchsichtige ManagementStrukturen und Verantwortlichkeiten der verschiedenen
chinesischen Behörden sind weitere Probleme, denen sich die
UPM stellen muss. Bei kleineren Geschäftspartnern beschränkt
oft viel zu geringes Eigenkapital die Entwicklungsmöglichkeiten
des Geschäfts.
pwc:china compass | Sommer 2010
Investition und Finanzierung
Trotz der Herausforderungen und unterschiedlichen Vorgehensweisen in China profitieren sowohl die UPM selbst als auch die
Investoren und mögliche deutsche Technologielieferanten von der
Beratung durch die UPM. Die Zusammenarbeit mit dem
chinesischen Partner ermöglicht es ihr, Projekte erfolgreich umzusetzen. Ohne eine Beratung würden solche Vorhaben in vielen
Fällen wegen fehlenden technischen Know-hows misslingen.
Besonders die Einbindung von CDM-Projekten durch lokale
Investoren erfordert umfangreiche und international ausgerichtete
Erfahrung, über die ländliche Projekteigner in aller Regel nicht
verfügen. Geringe Effizienz in der Gasproduktion der Biogasanlagen, mangelnde Standardisierung und Kommunikationsprobleme auf internationaler Ebene führen oft zum Scheitern von
Projekten. Der technische Vorsprung und das auf deutscher Seite
vorhandene Know-how in Sachen Biogastechnologie bieten somit
beste Voraussetzungen, um auf dem chinesischen Markt zu
agieren und am stark wachsenden Energiebedarf allgemein sowie
am Bedarf an Energie aus Biogasanlagen im Speziellen teilzuhaben. Auch das Wachstum der lokalen Industrie bietet Marktchancen. Die UPM sieht die Volksrepublik China generell nicht
nur als den Markt der Zukunft, sondern auch als Türöffner für
weitere Asiengeschäfte.
Fazit
Aus dem, was Sie gelesen haben, lässt sich folgern: Potenzielle
Investoren müssen sich sorgfältig mit dem chinesischen Markt
und seinen Eigenarten beschäftigen. In den letzten Jahren baute
China viele Handelshemmnisse und Regularien ab, während
gleichzeitig enorme Geschäftspotenziale im Sektor erneuerbare
Energien entstanden. Dennoch sollten Sie beachten: Die
Volksrepublik China ist keine freie Marktwirtschaft und die
Entscheidungsprozesse sind oftmals undurchsichtig und
bevorzugen chinesische Wettbewerber. Die China Greentech
Initiative hat insgesamt 19 verschiedene national verantwortliche
Entscheidungsträger für die grünen Technologien identifiziert,
wobei diese durchaus nochmals in lokale Einheiten unterteilt sein
können.
Aufgrund der unterschiedlichen Regelungen, Anforderungen und
Fördermöglichkeiten in den verschiedenen Wirtschaftszonen und
Städten sollten Investoren die Vor- und Nachteile jeweils
gründlich abwägen. So veröffentlichten vier lokale Beijinger
Regierungsbehörden zum Beispiel am 4. Januar 2010 einen
Bericht mit Maßnahmen zur Schaffung von ausländischen
Private-Equity-Gesellschaften in der Stadt: The Interim Measures
on Establishment of Foreign-Invested Private Equity Investment
Fund Management Enterprises. – Details zu dem Maßnahmenkatalog finden Sie in dem Beitrag „Private-Equity-Fonds: Beijing
fördert die Ansiedlung ausländischer Kapitalgesellschaften“ in der
Ausgabe Frühjahr 2010 Ihrer Fachnachrichten pwc:china
compass, ab Seite 38. Ausländische Investoren können nach den
Neuregelungen unter bestimmten Voraussetzungen PrivateEquity-Gesellschaften als Joint Venture mit einem chinesischen
Partner oder aber auch als vollständig ausländische Gesellschaft
pwc:china compass | Sommer 2010
gründen. Eine entsprechende Regelung, jedoch unter anderen
Voraussetzungen, besteht für Shanghai seit Mitte 2009.
Die wachsende Investitionssicherheit in Kombination mit immer
mehr gut ausgebildeten Fachkräften bietet aufgrund der
staatlichen Unterstützung und der lokalen Gegebenheiten gute
Grundvoraussetzungen, dass die Qualität der Produkte in der
Umwelttechnik in China schnell einen hohen Standard erreicht.
Die staatliche Unterstützung kann dabei in vielfacher Weise
erfolgen, etwa durch feste Einspeisprämien der NDRC und
steuerliche Sondervorschriften aufgrund des Gesetzes zur
Förderung erneuerbarer Energien.
Das Wachstum im Bereich der erneuerbaren Energien bietet auch
für deutsche Firmen – und hier speziell auch kleine und mittelständische Unternehmen – große Möglichkeiten, aber auch
Risiken, und zwar in aktiver wie passiver Hinsicht: Entschließt
sich ein Unternehmen dazu, in China zu produzieren, stellt es
sich dem Wettbewerb und den lokalen Gegebenheiten. Die
bessere Technik westlicher Firmen kann zur entscheidenden
Komponente des Erfolgs werden, vorausgesetzt: Die eigene
Technologie wird über die Jahre hinweg konstant weiterentwickelt. Da die Chinesen dabei sind, schnellen Schrittes
technologische Schwächen ihrer eigenen Produkte zu beheben,
schrumpft der technologische Vorteil, wenn ausländische
Investoren nicht ihrerseits die Entwicklung vorantreiben. Bereits
etablierte Produktionsstandorte und -verfahren können Kostenund somit Wettbewerbsvorteile für die Weltmärkte schaffen. Es
zeichnet sich ab, dass Unternehmen, die sich dem Wettbewerb
aus China gegenüber passiv verhalten, schließlich qualitativ
gleichwertigen, aber günstigeren Produkten gegenüberstehen
und damit die Grundlage ihres Geschäfts verlieren können.
Eine Zusammenarbeit oder strategische Allianz bis hin zum Joint
Venture mit einem chinesischen Partner, der über einen bereits
etablierten Marktzugang verfügt, kann, das haben die Erfahrungsberichte gezeigt, von erheblichem Vorteil sein. Mittel- bis langfristig kann sich die deutsche technologische Hochburg für
erneuerbare Energien dem chinesischen Markt nicht entziehen,
denn der noch vorhandene Qualitätsvorteil in vielen Bereichen
schwindet zunehmend und auch auf den heimischen Märkten
wird es zum Wettbewerb mit chinesischen Herstellern kommen.
Im Bereich der Windkraft beispielsweise exportieren die ersten
chinesischen Hersteller heute schon Windenergieanlagen nach
Nordamerika. Umgekehrt bemühen sich auch amerikanische
Unternehmen um die Zusammenarbeit mit chinesischen
Herstellern.
Bis zum Jahr 2012 sollen die erneuerbaren Energien zwölf
Prozent des gesamten chinesischen Energieverbrauchs decken.
Das entspricht 120 GW installierter Leistung und ist ungefähr das
Fünffache der bisher in Deutschland eingespeisten Leistung. Die
Neuinstallationen in China belaufen sich jedes Jahr auf die
insgesamt in Deutschland installierte Leistung. Neue Projekte
31
Investition und Finanzierung
sind oftmals um ein Vielfaches größer als vergleichbare Anlagen
in Europa oder in den USA. So wurde in China im Jahr 2009 ein
Paket von Windparks mit einem Gesamtvolumen von fünf GW
ausgeschrieben. Diese Vergleiche zeigen die enormen
Möglichkeiten, die der Markt in China auch deutschen Herstellern
und Zulieferern bietet, denn ihr Know-how ist hier gefragt.
Die typischen Probleme und Risiken, die mit Investitionen in
China einhergehen, schrecken nach wie vor viele potenzielle
Investoren ab. Zusätzlich wächst der Markt und damit auch der
Konkurrenzdruck aus China auf internationalen Märkten. Eine
Basis, die zu Erfolgen und langfristig zu nachhaltigen Geschäftsmöglichkeiten führen kann, schaffen nur die Unternehmen, die
sich den besonderen Bedingungen des chinesischen Marktes
bereits heute stellen.
Haben Sie Fragen oder möchten Sie beraten werden? – Dann
rufen Sie sich Ihren Ansprechpartner an oder schicken ihm
einfach eine E-Mail.
Ihr Ansprechpartner
[email protected]
Tel.: +86 10 6533-7124
Wussten Sie schon, dass fast jedes Tier in
China etwas symbolisiert?
Wenn Ihnen kein passendes Geschenk für
eine Hochzeit einfällt, nehmen Sie einfach eine
Gans mit. Sie symbolisiert in der chinesischen
Kultur Eheglück. Zu einer bestandenen Prüfung
wäre ein Glühwurm die richtige Wahl. Er steht
für Schönheit, Beharrlichkeit – und bestandene
Prüfung. Bleibt nur die Frage: Wo bekommt
man heutzutage schicke Glühwürmchen?
Quelle: Hans Hauenschield: China Take Away,
Ullstein Verlag
32
你
知
道
了
吗
Private-Equity-Fonds in China: aktuelle
Rahmenbedingungen und steuerliche
Aspekte für deutsche Investoren
Zur Umsetzung des Gesetzes über Personengesellschaften
(Partnership Enterprise Law) aus dem Jahr 2007 traten in China
im März 2010 neue Verwaltungsbestimmungen in Kraft. Danach
können nunmehr auch ausländische Investoren eine Personengesellschaft in China zusammen mit ausländischen Gesellschaftern gründen. Dies sollte ausländischen Investoren
prinzipiell auch die Gründung chinesischer Private-Equity-Fonds
als Personengesellschaften ermöglichen. Der aktuelle Beitrag
fasst für Sie kurz zusammen, wie Private-Equity-Fonds als
Personengesellschaften üblicherweise aufgebaut sind, und
skizziert die mögliche Gründung chinesischer Private-EquityFonds für ausländische Investoren vor dem Hintergrund des
aktuellen Maßnahmenkatalogs. Abschließend erhalten Sie noch
einen Überblick über die wichtigsten steuerlichen Aspekte, die
deutsche Investoren bei Beteiligungen an ausländischen
Personengesellschaften beachten sollten.
In diesem Beitrag erfahren Sie …
● welche Besonderheiten für Private-Equity-Fonds in China
bestehen.
● welche Pflichten deutsche Investoren bei Beteiligungen an
ausländischen Private-Equity-Fonds im Rahmen der Tax
Compliance erfüllen müssen.
● welche steuerlichen Mindestanforderungen deutsche Investoren in
einem „Side Letter“ regeln sollten.
Übliche Konstruktion eines Private-Equity-Fonds
Bei Private-Equity-Gesellschaften schließen sich Kapitalgeber in
der Absicht zusammen, sich mit Eigenkapital oder eigenkapitalähnlichen Instrumenten an nicht börsennotierten Unternehmen
(Portfolio-Gesellschaften) zu beteiligen. Durch spätere
Veräußerung der Beteiligungen soll dabei regelmäßig an der
Wertsteigerung der Portfolio-Gesellschaften partizipiert werden.
Private-Equity-Fonds werden meist als Limited Partnership
(vergleichbar mit einer deutschen Kommanditgesellschaft)
gegründet. Die Geschäftsführung des Fonds übernimmt üblicherweise der General Partner (Komplementär). Die Investoren sind
meist als Limited Partner (Kommanditisten) an der Gesellschaft
beteiligt; ihre Haftung ist in der Regel auf die Einlage beschränkt.
Eine Befugnis zur Geschäftsführung wird den Limited Partners
üblicherweise nicht gewährt. Daneben gibt es Fondsinitiatoren,
welche die Konzeption des Fonds übernehmen, und Investment
Manager, deren Aufgabe unter anderem darin besteht,
Investments auszuwählen und den Fondsbetrieb zu koordinieren.
Dem Fondsinitiator wird wirtschaftlich ein Anteil an der Fondsgesellschaft eingeräumt, der zugrunde liegende Kapitalanteil wird
jedoch ganz oder überwiegend von den Investoren getragen. Die
Fondsinitiatoren erhalten dabei in der Regel eine erfolgsabhängige Vergütung in Form von so genannten Carried Interests.
pwc:china compass | Sommer 2010
Investition und Finanzierung
Der Investment Manager erhält üblicherweise eine erfolgsunabhängige Vergütungen in Form von Managementgebühren
(Management Fee).
Grundlage für den Zusammenschluss ist das Limited Partnership
Agreement (Gesellschaftsvertrag). Zwischen dem Private-EquityFonds und den einzelnen Investoren werden daneben üblicherweise im Rahmen einer Vertragsergänzung, dem sogenannten
Side Letter, weitere individuelle Vereinbarungen getroffen. Die
Side Letters für deutsche Investoren enthalten meist auch Ausführungen zur Übernahme von Informations- und Erklärungspflichten im Zusammenhang mit der Tax Compliance in
Deutschland.
Private-Equity-Fonds in China
Das Interesse ausländischer Investoren am chinesischen Markt
ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Nach einer
aktuellen Umfrage von PricewaterhouseCoopers befindet sich
China auf Platz zwei der Standorte, die in den kommenden fünf
Jahren an Attraktivität für Private-Equity-Investments gewinnen
werden (Private Equity Trend Report 2010, Februar 2010, Seite
31). Damit hat China die Möglichkeit, den positiven Trend der
vergangenen Jahre fortzusetzen und sich gegen die traditionellen
Märkte in den USA und Europa zu behaupten.
Private-Equity-Engagements in China sind dabei im Wesentlichen
auf zwei Arten möglich: Zum einen können sich ausländische
Private-Equity-Fonds (direkt oder indirekt) an chinesischen Portfolio-Gesellschaften beteiligen; zum anderen kommt die Auflage
von Private-Equity-Gesellschaften in China für ausländische
Anleger als Investitionsmöglichkeit in Betracht.
Ausländische Private-Equity-Fonds haben bereits seit einigen
Jahren die Möglichkeit, sich an chinesischen Unternehmen zu
beteiligen. In der Praxis finden sich zahlreiche Private-EquityFonds, die außerhalb von China (offshore) aufgelegt wurden und
in chinesische Portfolio-Gesellschaften investieren. Im Einzelfall
kann dabei auch das Management des Fonds aus dem
chinesischen Raum (etwa Hongkong) erfolgen. Deutsche
Investoren können sich an diesen Private-Equity-Fonds, die meist
als Limited Partnerships ausgestaltet sind, als Gesellschafter
beteiligen und so am chinesischen Markt partizipieren.
Daneben haben lokale Regierungsbehörden in letzter Zeit
ausländischen Private-Equity-Gesellschaften verstärkt Anreize
gegeben, sich in China niederzulassen.
Zur positiven Entwicklung der alternativen Anlageform für ausländische Investoren beachten Sie bitte den Beitrag „Private-EquityFonds: Beijing fördert die Ansiedlung ausländischer Kapitalgesellschaften“ in der Ausgabe Frühjahr 2010 Ihres pwc:china compass.
Die Gründung eines chinesischen Private-Equity-Fonds als
Personengesellschaft mit Beteiligung ausländischer Investoren
pwc:china compass | Sommer 2010
war jedoch in der Vergangenheit grundsätzlich nicht möglich. Das
Gesetz über Personengesellschaften in China aus dem Jahr 2007
sah die Beteiligung an chinesischen Personengesellschaften
vielmehr explizit nur für chinesische Investoren vor.
Mit dem Maßnahmenkatalog (Administrative Measures for
Foreign Corporations and Individuals to Establish Partnership in
China), der am 1. März 2010 in Kraft trat, erlaubt China nun auch
ausländischen Unternehmen und Privatpersonen die Gründung
einer Personengesellschaft (Foreign Invested Partnership, FIP).
Dabei können ausländische Investoren zusammen mit einem
anderen ausländischen Investor eine FIP gründen bzw. sich an
einer bereits bestehenden FIP beteiligen. Zulässig ist auch die
Gründung einer FIP von ausländischen Investoren gemeinsam
mit chinesischen Unternehmen bzw. Privatpersonen. Ausländische Kapitalgeber haben so die Möglichkeit, gemeinsam mit
einem regionalen Partner, der die Besonderheiten des
chinesischen Marktes kennt und über die entsprechenden
Beziehungen zu Regierungsstellen und chinesischen Investoren
verfügt, in China zu investieren.
Sofern die geplante Tätigkeit der FIP der Genehmigung einer
Regulierungsbehörde bedarf, ist diese zunächst einzuholen. Im
Weiteren erfordert die Gründung einer FIP lediglich die Erlaubnis
(Geschäftslizenz) der örtlichen Behörde für Industrie und Handel
(State Administration for Industry and Commerce); eine
Genehmigung des chinesischen Handelsministeriums (Ministry of
Commerce) ist hingegen grundsätzlich nicht erforderlich.
Mit den Neuregelungen öffnet sich der chinesische Markt weiter
für ausländische Kapitalgeber. Für diese sollte damit auch die
Grundlage für die Gründung von Private-Equity-Fonds in der
international üblichen Form (als Personengesellschaften) in China
geschaffen sein. Allerdings sind viele Einzelfragen hierzu noch
nicht geklärt. So sieht der Maßnahmenkatalog vor, dass FIPs, die
hauptsächlich Investment-Geschäfte betreiben, was bei PrivateEquity-Fonds der Fall sein sollte, weiteren Regularien unterliegen,
die derzeit noch nicht genauer spezifiziert sind.
In der Praxis wurde bereits ein Private-Equity-Fonds als FIP mit
Beteiligung chinesischer und ausländischer Investoren gegründet.
Es bleibt abzuwarten, ob sich die FIPs in China für ausländische
Investoren allgemein als Anlagevehikel für Private EquityInvestments durchsetzen werden.
Steuerliche Aspekte für deutsche Investoren
Die Besteuerung der FIPs in China ist derzeit noch nicht abschließend geregelt. Nach den allgemeinen Grundsätzen zur
Besteuerung von chinesischen Personengesellschaften unterliegen Personengesellschaften selbst keiner Besteuerung, diese
findet grundsätzlich auf Ebene der Gesellschafter statt. Inwieweit
ausländische Beteiligte an FIPs der Besteuerung in China unterliegen, bleibt abzuwarten.
33
Investition und Finanzierung
Deutsche Investoren, die sich an FIPs beteiligen, sollten jedoch
die steuerlichen Vorschriften beachten, die sich in Deutschland
generell bei Beteiligungen an ausländischen Personengesellschaften ergeben. Über die wichtigsten Pflichten informieren Sie
die folgenden Absätze. Diese gehen von dem Regelfall aus, dass
der ausländische Private-Equity-Fonds einer deutschen
Personengesellschaft vergleichbar ist und nicht unter das
deutsche Investmentsteuergesetz fällt.
Mitwirkungspflicht und erweiterte Mitwirkungspflicht bei
Auslandssachverhalten
Der im Inland Steuerpflichtige hat bei der Sachverhaltsermittlung
mitzuwirken. Bei Auslandssachverhalten, mithin auch bei der
Beteiligung an ausländischen Private-Equity-Gesellschaften,
besteht eine erweiterte Mitwirkungspflicht. Verletzt der Steuerpflichtige seine erweiterte Mitwirkungspflicht, etwa dadurch, dass
er nicht alle ihm zustehenden rechtlichen und tatsächlichen
Möglichkeiten zur Sachverhaltsermittlung ausschöpft, kann die
Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlage schätzen. Alle
erforderlichen Informationen zu beschaffen ist in der Regel sehr
zeitaufwendig und stößt aufgrund der mehrstufigen Beteiligungsstruktur häufig an praktische Grenzen.
Vor diesem Hintergrund ist deutschen Investoren in der Praxis zu
empfehlen, den Private-Equity-Fonds im Side Letter zu
verpflichten, die nach deutschem Recht erforderlichen Steuererklärungen beim Finanzamt einzureichen bzw. dem deutschen
Investor die zur Erstellung erforderlichen Informationen und
Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
Meldung der Beteiligung an einem ausländischen Private-EquityFonds
In Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtige haben die
Beteiligung an einer ausländischen Personengesellschaft sowie
deren Aufgabe und Änderung (meldepflichtiges Ereignis) gegenüber dem zuständigen Finanzamt bekannt zu machen. Die Mitteilung muss innerhalb eines Monats nach dem meldepflichtigen
Ereignis im dafür vorgesehenen Formular erfolgen. Wer seiner
Mitteilungspflicht nicht nachkommt, handelt ordnungswidrig und
kann mit einer Geldbuße belegt werden.
Gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte
Wenn an einem ausländischen Private-Equity-Fonds mehr als ein
im Inland steuerpflichtiger Gesellschafter beteiligt ist, haben diese
Gesellschafter grundsätzlich eine Steuererklärung (einheitliche
und gesonderte Feststellungserklärung nach §§ 179, 180 Abs. 1
Nr. 2 a Abgabenordnung) bei dem Finanzamt einzureichen, in
dessen Bezirk die Beteiligten mit den insgesamt höchsten Anteilen ansässig sind. Grundsätzlich muss die Erklärung fünf Monate
nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entsteht, eingereicht werden. Bei nicht fristgerechter Einreichung der Erklärung
können die Finanzbehörden unter anderem einen Verspätungszuschlag festsetzen oder die Besteuerungsgrundlagen schätzen.
Steuernachzahlungen sind gegebenenfalls zu verzinsen.
34
Erklärung von Hinzurechnungsbeträgen nach dem
Außensteuergesetz
Soweit im Einzelfall die Hinzurechnungsbesteuerung nach dem
Außensteuergesetz (AStG) auf Körperschaften innerhalb der
Fondsstruktur anwendbar ist, ergeben sich für die im Inland unbeschränkt Steuerpflichtigen hieraus weitere Erklärungspflichten.
Die Prüfung des Anwendungsbereichs des AStG sowie eventuell
die Ermittlung eines Hinzurechnungsbetrags erfordern üblicherweise eine Vielzahl von Informationen, die beizubringen in der
Praxis häufig großen Aufwand verursacht.
Anträge auf Einlagenrückgewähr
Neben den genannten Pflichten sollte der Investor für ausländische Körperschaften innerhalb der Fondsstruktur auch die
Möglichkeit eines Antrags auf Feststellung der Leistung nach § 27
Abs. 8 Körperschaftsteuergesetz (Einlagenrückgewähr) zur
Sicherstellung der Steuerneutralität von Kapitalrückzahlungen
berücksichtigen. Inwieweit dieses Antragsverfahren auch bei
Kapitalrückzahlungen von Körperschaften aus Drittstaaten
(außerhalb der Europäischen Union) in Betracht kommt, ist
derzeit umstritten. In der Praxis nimmt das Bundeszentralamt für
Steuern Anträge für Drittstaaten erfahrungsgemäß nicht an.
Fazit
Die neuen Verwaltungsvorschriften in China ermöglichen grundsätzlich auch ausländischen Investoren die Gründung eines
Private-Equity-Fonds als Personengesellschaft (FIP) in China.
Einzelheiten zu FIPs, die überwiegend Investmentgeschäfte
betreiben, werden jedoch separaten Bestimmungen unterliegen,
die derzeit noch nicht genauer benannt sind. Ungeklärt ist auch
die Besteuerung von chinesischen Personengesellschaften und
deren ausländischen Beteiligten. Deutsche Investoren sollten bei
Beteiligungen an FIPs jedoch die allgemein bei Beteiligung an
ausländischen Personengesellschaften steuerlichen Pflichten
berücksichtigen. Detaillierte Regelungen zur Übernahme von
Erklärungspflichten und Beschaffung von Informationen sollten in
dem zwischen dem deutschen Investor und dem Fonds abzuschließenden Side Letter getroffen werden. Ob sich die
Personengesellschaft als Investitionsform für chinesische PrivateEquity-Fonds mit ausländischen Investoren durchsetzen wird,
bleibt abzuwarten.
Wenn Sie Fragen zur Besteuerung chinesischer oder anderer
Private-Equity-Fonds haben, rufen Sie bitte Ihre Ansprechpartner
an oder schicken ihnen einfach eine E-Mail.
Ihre Ansprechpartner
[email protected]
Tel.: +49 89 5790-6760
[email protected]
Tel.: +49 89 5790-6270
pwc:china compass | Sommer 2010
Wirtschaftsregion Asien
China und Japan: ihre wirtschaftlichen
Beziehungen und deren Bedeutung für
Deutschland
China schickt sich an, Japan den Rang als zweitgrößte Volkswirtschaft hinter den USA streitig zu machen. Gleichzeitig war
China 2009 erstmals der größte Exportmarkt für Produkte aus
Japan, was die japanisch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen
weiter stärken wird. Aber auch für deutsche Unternehmen wird
diese Entwicklung nicht folgenlos bleiben. Grund genug, Japan
als lange etablierten Wirtschaftsfaktor im asiatischen Raum unter
die Lupe zu nehmen.
Japan: das „Deutschland“ Ostasiens
Viele Menschen, die keine Erfahrung mit Asien haben, machen
zwischen Asiaten verschiedener Länder keine Unterschiede.
Diese Gleichsetzung „der Asiaten“ ist – das liegt ja auf der Hand –
so unzutreffend, wie alle Europäer über einen Kamm zu scheren.
Zu differenzieren ist speziell zwischen Japan und China, die
unterschiedlicher nicht sein könnten und deren Verhältnis
teilweise noch immer von der konfliktreichen gemeinsamen
Geschichte geprägt ist. Doch auch der wirtschaftliche Vergleich
der beiden Big Player in Fernost zeigt die Unterschiede deutlich.
China und Japan sind geografisch lediglich durch einen schmalen
Streifen des Ostchinesischen Meeres getrennt, was bis in die
Gegenwart zu Diskussionen darüber führt, wer das Hoheitsrecht
über etliche kleinere Inseln dort ausübt. Der aus der räumlichen
Nähe folgende wechselseitige Einfluss über die Jahrtausende
hinweg zeigt sich auch darin, dass eine der drei japanischen
Schriften (Kanji) auf den chinesischen Schriftzeichen basiert. Die
wirtschaftliche Entwicklung beider Länder jedoch gestaltet sich
gegenläufig: Der Siegeszug der chinesischen Marktwirtschaft
begann in der Neuzeit erst mit der Öffnung unter Deng Xiaoping
Mitte der 70er-Jahre. Nach aktuellen Schätzungen des Internationalen Währungsfonds wird sich diese Erfolgsgeschichte
2010 wieder in zweistelligen Wachstumsraten manifestieren.
Die japanische Wirtschaft dagegen, die nach Ende des Zweiten
Weltkriegs kriegsbedingt am Boden lag, erlebte in den 60erJahren schon ihren ersten Aufschwung. Er beruhte teilweise auf
Faktoren, die japanische Entwicklungsprozesse und Produkte
noch heute auszeichnen. Einer wird mit dem Begriff „Kaizen“
umschrieben und zeichnet sich dadurch aus, dass ausländische
Schlüsseltechnologien nicht nur übernommen, sondern durch
stetige Analyse der Herstellungsprozesse kontinuierlich optimiert
werden.
Der dadurch erlangte Vorsprung in der Prozessautomation
brachte Japan schon in den 80er-Jahren den Ruf ein, ein
günstiger Standort für Hochtechnologie zu sein. Immobilien- und
Aktienspekulationen in dieser Hochphase führten allerdings zu
einer Blase, die Anfang der 90er-Jahre platzte und in einer
pwc:china compass | Sommer 2010
In diesem Beitrag erfahren Sie …
● was die Wirtschaft Japans von der chinesischen unterscheidet.
● warum Japan und China sich trotz aller Vorbehalte weiter einander
annähern.
● warum das World Financial Center in Shanghai an der Spitze eine
quadratische Öffnung hat – und keine runde.
Deflationsspirale endete. Erst nach einem – in gewisser Weise –
verlorenen Jahrzehnt wies Japan 2003 erstmals wieder ein
positives Wirtschaftswachstum auf, was teilweise sicherlich auch
auf den günstigen Einfluss zurückzuführen war, den der einsetzende China-Boom auf die Gesamtregion (Ost-)Asien ausübte.
Doch anders als China, Indien oder den meisten der in der
Association of Southeast Asian Nations (ASEAN) verbundenen
südostasiatischen Staaten (vergleichen Sie bitte die Infobox)
handelt es sich bei Japan nicht um ein Schwellenland. Als
etablierte Industrienation sind die wirtschaftlichen Herausforderungen Japans eher mit denen Deutschlands zu vergleichen.
So bewegen sich die Wachstumsprognosen für 2010/2011 in
einem Bereich zwischen einem und zwei Prozent, was in etwa
den Erwartungen für die Gesamtheit der Eurozone entspricht
(China erwartet dagegen knapp zehn, Indien acht bis neun und
die ASEAN-Staaten insgesamt immerhin noch fünf bis
sechs Prozent).
ASEAN
Die Association of Southeast Asian Nations (ASEAN) ist eine
Organisation, in der sich zehn Länder Südostasiens zusammengeschlossen haben. Ihr Sitz ist Jakarta in Indonesien. Ursprünglich
gegründet, um die wirtschaftliche, politische und soziale Zusammenarbeit zu fördern, widmet sich die ASEAN inzwischen auch Fragen
der Sicherheit, der Kultur und des Umweltschutzes.
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Japan und China
Ausgangspunkt der heutigen wirtschaftlichen Beziehungen
zwischen Japan und China war die Idee vom billigen Produktionsstandort: Niedrige Arbeitslöhne und kurze logistische Wege boten
eine attraktive Alternative zur immer teurer werdenden Produktion
in Japan. Hieraus entwickelte sich bis heute eine weitreichende
wirtschaftliche Verflechtung.
China war im Jahre 2009 mit 18,9 Prozent Hauptzielort
japanischer Exporte, vor den USA und Europa. Im selben Zeitraum stammten 22,2 Prozent der japanischen Importe aus China.
Japan importiert und exportiert damit etwa doppelt so viel aus
dem bzw. ins Reich der Mitte wie Deutschland.
Bei den Direktinvestitionen japanischer Unternehmen im Ausland
stand China (inklusive Hongkong) 2009 mit 11,4 Prozent auf Platz
drei hinter den Cayman Islands und den USA. Insgesamt
investierten japanische Unternehmen 2009 fast viermal soviel in
China wie deutsche Unternehmen (ohne Berücksichtigung von
Finanzinstituten).
35
Wirtschaftsregion Asien
Laut einer groß angelegten Umfrage der japanischen Außenhandelsorganisation JETRO im Dezember 2009 waren
74,9 Prozent der befragten japanischen Unternehmen mit
Investitionen im Ausland in China aktiv. Für das Jahr 2010
planten 60,6 Prozent der Unternehmen eine Ausweitung bzw.
ein erstmaliges wirtschaftliches Engagement in China.
Auch die chinesischen Direktinvestitionen in Japan nehmen
deutlich zu: Der Wert der Unternehmenszusammenschlüsse und
-verschmelzungen im Jahr 2009 lag bei 28,5 Milliarden Yen (etwa
260 Millionen Euro), was einer Vervierfachung gegenüber dem
Vorjahr entspricht.
Auch wenn die Prognosen die Annahme nahelegen, dass die
Zukunft den Schwellenländern gehört, darf nicht vergessen
werden: Die wirtschaftliche Entwicklung der Gesamtregion ist
geprägt von wechselseitigen Abhängigkeiten. Einerseits war
China in der jüngsten Weltwirtschaftskrise unzweifelhaft – nicht
zuletzt aufgrund der Maßnahmen, die Beijing ergriff, um die
Konjunktur anzukurbeln (Stimulusprogramm), und einer relativ
stabilen Binnennachfrage – ein Motor der Weltwirtschaft. Andererseits ist China nach wie vor abhängig vom Import innovativer
Technologien aus dem Ausland, um die neuen Herausforderungen im Bereich Umwelt- und Ressourcenschutz, Infrastruktur und Nachhaltigkeit zu meistern, die mit seinem rapiden
Wachstum einhergehen. Neben Europa und den USA leistet
besonders Japan dazu einen wichtigen Beitrag. Entsprechend
fließen mehr als 50 Prozent des japanischen Außenhandels in die
Region Asien – Tendenz: steigend. Oder, um es mit den Worten
des ehemaligen Leiters des wichtigen japanischen Außenhandelsverbands Nippon Keidanren zu formulieren: „Die Krise hat
das globale Wachstum von West nach Ost verlagert.“ Von diesem
Trend profitiert Japan in zweierlei Hinsicht: Zum einen bietet die
geografische Nähe zu diesen Märkten der Zukunft logistische
Vorteile. Zum anderen gibt es bei allen Differenzen und Unterschieden zumindest ein gewisses panasiatisches Einvernehmen.
Der – mit gewissen Einschränkungen – bestehende Vorrang der
wirtschaftlichen Interessen gegenüber den Ressentiments aufgrund der schwierigen japanisch-chinesischen Vorgeschichte
schlägt sich nicht nur in Wirtschaftszahlen nieder, er hat auch in
der Skyline Shanghais Spuren hinterlassen. So steht hinter dem
Shanghai World Financial Center, dem gegenwärtig höchsten
Gebäude Chinas, mit der Mori-Gruppe ein japanischer Investor.
Auch die Kaufhauskette Takashimaya wird ab 2012 mit einem
achtstöckigen Konsumtempel prominent in der Stadt vertreten
sein. Doch auch im Alltagsleben der Metropole am Huangpu sind
Restaurants, die Sushi oder Teppanyaki (japanische Gerichte, die
auf Stahlplatten direkt am Tisch zubereitet werden) anbieten,
ebenso wenig wegzudenken wie bekannte japanische Lebensmittelmarken, welche nicht nur die zahlreichen hier lebenden
Japaner (2008 waren die Japaner mit etwa 33.500 Personen oder
22,64 Prozent die größte Gruppe der offiziell in Shanghai
lebenden Ausländer, während der Anteil der Deutschen bei unter
36
5 Prozent oder 7.300 Personen lag), sondern auch die
wachsende chinesische Mittelschicht gerne in ihren
Einkaufswagen legt.
Rote Sonne auf weißem Grund in Shanghai? – Undenkbar!
Auch wenn Shanghai großes Interesse an Japan und japanischen
Investoren hat, wenn Elemente einer Gebäudearchitektur als
nationale Symbole Japans verstanden werden könnten, hört für viele
Chinesen irgendwann der Spaß auf! Das verdeutlicht eine Anekdote,
die sich um den Bau des World Financial Centers rankt.
Ursprünglich war, so wird berichtet, für den oberen Teil des von der
japanischen Investmentgesellschaft finanzierten höchsten Wolkenkratzers eine kreisrunde Öffnung geplant. Manche behaupteten
daraufhin, im Abendlicht der untergehenden Sonne könnte das als
Andeutung der japanischen Flagge verstanden werden, zu der
manche Chinesen aus historischen Gründen ein – vorsichtig
formuliert – etwas zwiespältiges Verhältnis haben. Der Legende nach
ist dies der Grund, warum die Öffnung heute quadratisch ist und nicht
mehr rund. – Ob diese Anekdote wahr ist, darüber gehen die
Ansichten auseinander. Aber Sie sehen: Ressentiments bestehen
mancherorts immer noch.
Gleichzeitig entwickelt sich Japan zu einem beliebten Reiseziel
chinesischer Touristen. Nach Angaben der Japan National
Tourism Organization lagen Touristen aus Festland-China im
Jahre 2009 mit 1,006 Millionen Besuchern nur knapp auf Rang
drei hinter Besuchern aus Südkorea (1,587 Millionen) und Taiwan
(1,024 Millionen). Aufenthalte im „Land der aufgehenden Sonne“
werden vor allem auch gerne genutzt, um Elektroprodukte (hier
besonders Reiskocher!) sowie hochwertige Luxusartikel und
Kosmetika zu erwerben.
Japan als Wettbewerber Deutschlands
Die wirtschaftliche Ausgangssituation Japans ist, wie Sie gelesen
haben, mit Deutschland vergleichbar, was beide gleichzeitig zu
Wettbewerbern in der dynamischen Wachstumsregion Fernost
macht. Dem Vorteil Japans aufgrund der geografischen wie
kulturhistorischen Nähe steht die nach wie vor geltende
Beliebtheit der Marke „Made in Germany“ entgegen.
Um sich in der Wachstumsregion Asien noch besser aufzustellen,
strebt Japan aktiv danach, bi- und multilaterale Freihandelsabkommen abzuschließen. Eine wichtige Rolle kommt hierbei der
ASEAN zu. Auf deren 15. Gipfeltreffen 2009 verabredeten die
Mitglieder die Schaffung eines gemeinsamen Wirtschaftsraums
nach dem Vorbild der Europäischen Union. Sowohl China als
auch Japan haben Freihandelsabkommen mit dem ASEAN-Block
geschlossen. Speziell von der in den Verträgen getroffenen
Verabredung, innerhalb von zehn Jahren wesentliche Handelsbarrieren (vor allem von Zöllen auf 90 Prozent der gehandelten
Waren!) abzuschaffen, erhoffen sich beide Länder erhebliche
Vorteile. Eine weitere Verbesserung der Handelsbeziehungen
versprechen sich die beteiligten Länder von den so genannten
ASEAN+6-Verhandlungen. Hierzu lud die ASEAN China, Indien,
pwc:china compass | Sommer 2010
Wirtschaftsregion Asien
Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland ein. Bei den
Verhandlungen soll die Möglichkeit eines erweiterten Wirtschaftsraums erörtert werden. Auch wenn eine zeitnahe Realisierung der
ASEAN+6-Verhandlungen mancherorts angezweifelt wird, zeigt
das zumindest eine Tendenz auf, die einen zunehmenden Wettbewerb für deutsche Unternehmen in der Region erwarten lässt.
Andererseits mag eine verstärkte strategische Ausrichtung in der
Region diesen Wettbewerbsnachteil (teilweise) ausgleichen, da
die Handelserleichterungen auch für japanische Tochtergesellschaften multinational tätiger Unternehmen gelten sollten.
Auch für den Sektor Hochtechnologie gilt inzwischen: Der Wettbewerb um Marktanteile in China betrifft nicht mehr allein ausländische Wettbewerber. Der gesamten Automobilsparte kommt
hier eine Vorreiterrolle zu, doch auch im Sektor Infrastruktur (vor
allem Kraftwerksbau und Eisenbahn) ist mit einer Verschärfung
des lokalen Wettbewerbs zu rechnen. Schon in der Vergangenheit nutzten chinesische Abnehmer den Wettbewerb zwischen
ausländischen Anbietern geschickt, um in Verhandlungen Zugeständnisse zu erzielen, vor allem beim Technologietransfer.
Wohin das führen kann, belegt ein Beispiel aus der Bahntechnologie: Konkurrierten in der Vergangenheit unter anderem die
deutsche ICE-Technologie mit dem japanischen ShinkansenSystem, nutzte China die gewonnenen Erkenntnisse, um eigene
Hochgeschwindigkeitszüge der Marke Hexie („Harmonie“) zu
entwickeln. Diese sollen zunächst innerhalb Chinas zum Einsatz
kommen, doch der Export speziell im asiatischen Raum ist bereits
geplant.
Zusammenfassung
Trotz der geografischen Nähe zu China und anderen asiatischen
Schwellenländern unterscheidet sich Japan in seiner wirtschaftlichen Situation, wie Sie gesehen haben, gänzlich von
diesen und ist gegenwärtig eher mit Deutschland zu vergleichen.
Als hoch entwickelte Industrienation steht Japan im Wettbewerb
mit Deutschland um Marktanteile in China und anderen aufstrebenden asiatischen Ländern. Neben logistischen und kulturhistorischen Vorteilen verspricht sich Japan einen Wettbewerbsvorteil durch den Abschluss von Freihandelsabkommen (unter
anderem mit ASEAN und ASEAN+6). Der Wettbewerb mit Japan
und vergleichbaren Industrienationen kann neben dem kurzfristigen Kosten- und Margendruck mittelfristig zu einem erhöhten
Technologietransfer und in der Konsequenz zum Aufbau lokaler
chinesischer Wettbewerber führen. Dadurch wird sich der Kampf
um Marktanteile einerseits aller Voraussicht nach weiter
verschärfen. Andererseits eröffnen sich durch eine gezielte
strategische Ausrichtung in diese Staaten Optionen, um gleichfalls von den Wettbewerbsvorteilen zu profitieren.
pwc:china compass | Sommer 2010
Wenn Sie Fragen haben oder beraten werden möchten, rufen Sie
bitte Ihre Ansprechpartner an oder schicken ihnen einfach eine
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Ihre Ansprechpartner
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Wussten Sie schon, wie symbolträchtig
Naturphänomene in China sind?
Die Sonne steht für Osten, Männlichkeit,
Geburt und Frühling. Der Regen symbolisiert
Fruchtbarkeit und Zeugung. Schnee ist das
Symbol für hohes Alter, Wind für das Gerücht
und die Eifersucht. Die Wolken sind das
Zeichen für Glück und Frieden sowie die
Vereinigung von Yin und Yang. – Sie sehen:
Mit chinesischen Symbolen kann man sich so
ziemlich über jedes Wetter freuen.
Quelle: Hans Hauenschield: China Take Away,
Ullstein Verlag
你
知
道
了
吗
37
Wirtschaftsregion Asien
Japan 2010: wichtige Änderungen in der
Steuergesetzgebung
Wie andere Länder auch überprüft Japan regelmäßig seine
Steuergesetzgebung, passt sie der Praxis an oder schließt
Regelungslücken. Diese routinemäßige Überarbeitung findet in
Japan jährlich statt und wird als „Steuerreform“ (Tax Reform)
bezeichnet. Allerdings führt sie regelmäßig nicht zu grundlegenden Systemwechseln wie etwa die große Unternehmensteuerreform in China im Jahr 2008. Gleichwohl sind diese
Regelungen – die man besser als Steueränderungsgesetze
bezeichnen würde – auch für ausländische Investoren von
erheblicher Bedeutung. Die Steuerreform 2010 wurde am
31. März dieses Jahres verkündet und der überwiegende Teil
der Regelungen tritt am 1. Oktober 2010 in Kraft. Der Artikel
fasst einige der wichtigsten Änderungen für Sie zusammen.
Gruppenbesteuerung (Group Taxation)
Mit der Steuerreform 2010 wurde eine neue Form der Gruppenbesteuerung eingeführt, die auf japanische Gesellschaften anwendbar ist, wenn sie zu 100 Prozent zu einer Unternehmensgruppe gehören. Das gilt für eine japanische ebenso wie für eine
ausländische Konzernstruktur. Auch auf Individuen mit
entsprechendem Beteiligungsvermögen ist die Regelung
anwendbar sowie auf japanische Gruppengesellschaften mit
ausländischer Holdinggesellschaft.
Die erstmals eingeführte Gruppenbesteuerung regelt die
verpflichtende nachgelagerte Besteuerung der stillen Reserven
bei konzerninternen Übertragungen.
Vor der Steuerreform 2010 waren stille Reserven im Regelfall im
Jahr der Übertragung aufzudecken und zu versteuern (ausgenommen war eine qualifizierte und damit steuerfreie Reorganisation). In Zukunft sind Gewinne oder Verluste aus der
konzerninternen Übertragung von Wirtschaftsgütern grundsätzlich
erst steuerlich zu realisieren, wenn diese Wirtschaftsgüter aus der
Gruppe heraus veräußert oder übertragen werden.
Sobald die Steuerreform 2010 in Kraft getreten ist, entfällt die
Verpflichtung, bei nicht qualifizierten Umwandlungen auf Ebene
des übernehmenden Rechtsträgers die mit übertragenen stillen
Reserven aufzudecken und zu versteuern. Außerdem hat der
Steuerpflichtige, anders als bislang, kein Wahlrecht mehr. Damit
entfällt also die Möglichkeit, durch Aufdeckung stiller Reserven
erhöhtes Abschreibungspotenzial auf Ebene des übernehmenden
Rechtsträgers zu schaffen.
Nicht zu verwechseln ist die Gruppenbesteuerung mit der
japanischen Form der Organschaft (Tax Consolidation). Ähnlich
wie Deutschland und abweichend von China erlaubt Japan unter
bestimmten Voraussetzungen eine konsolidierte Besteuerung auf
Gruppenebene. Der Steuerpflichtige hat das Recht zu wählen.
38
In diesem Beitrag erfahren Sie …
● was unter dem neu eingeführten System der Gruppenbesteuerung
zu verstehen ist.
● was sich bei der Dokumentation von Verrechnungspreisen ändert.
● warum sich Investoren in Japan mit den Neuregelungen möglichst
frühzeitig befassen sollten.
Die Gruppenbesteuerung dagegen erfolgt zwingend, wenn die
Voraussetzungen vorliegen.
Zuwendungen unter verbundenen Unternehmen
Unter „Zuwendung“ ist die Differenz zwischen Drittvergleichspreis
und dem tatsächlich für ein Wirtschaftsgut oder eine Dienstleistung aufgewandten Preis zu verstehen. Eine Zuwendung kann
sich aus einem überhöhten oder zu niedrigen Preis ergeben. Bis
zur Steuerreform 2010 wurden Zuwendungen (Donation) unter
verbundenen Unternehmen wie folgt behandelt:
● Zuwendende Gesellschaft: Die Zuwendung ist eine steuerlich
nicht abzugsfähige Betriebsausgabe.
● Empfangende Gesellschaft: Die Zuwendung ist steuerpflichtiges Einkommen.
Eine Ausnahme bestand für Zuwendungen innerhalb einer
steuerlichen Organschaft (Tax Consolidation).
Zukünftig werden konzerninterne Zuwendungen (mit Ausnahme
von Konzernen im Besitz von natürlichen Personen) als neutral
behandelt. Das bedeutet: Die Zuwendung ist auf Ebene der zuwendenden Gesellschaft als nicht abzugsfähige Betriebsausgabe
zu behandeln und auf Ebene der empfangenden Gesellschaft als
nicht steuerpflichtige Betriebseinnahme. Diese Neuregelung gilt in
Zukunft auch für Organschaften.
Sonderbehandlung kleiner und mittlerer Unternehmen
Das japanische Steuersystem gewährt Unternehmen, deren
eingezahltes Eigenkapital nicht mehr als 100 Millionen Yen (etwa
892.000 Euro) beträgt (Small and Medium Sized Enterprises,
SME) gewisse Vorteile, darunter ein geringerer Körperschaftsteuersatz von 18 Prozent auf zu versteuernde Einkommen bis
acht Millionen Yen anstelle des allgemein üblichen Satzes von
30 Prozent oder die Möglichkeit des Verlustrücktrags. Die Prüfung,
ob die Voraussetzung für ein SME vorliegt, erfolgte bislang auf
Basis der einzelnen Unternehmenseinheit. Das ändert sich nun.
Zukünftig gilt bei Konzerngesellschaften eine erweiterte Prüfungsfolge. Demnach kommen Gesellschaften, deren Eigenkapital die
Voraussetzung erfüllt, dann nicht mehr in den Genuss der SMEBehandlung, wenn das eingezahlte Eigenkapital der Muttergesellschaft 500 Millionen Yen (etwa 4.459.500 Euro) oder mehr
beträgt. Nach Ansicht der Autoren sind in diesem Zusammenhang
sämtliche Gesellschaften kumulativ bei der Ermittlung des
Schwellenwerts zu betrachten, einschließlich der ausländischen
Obergesellschaften. Möglicherweise gelangt aber die Finanzverwaltung auch zu der Auffassung, zu berücksichtigen sei
lediglich das Eigenkapital der unmittelbaren Muttergesellschaft.
pwc:china compass | Sommer 2010
Wirtschaftsregion Asien
Diese Neuregelung ist bereits seit dem 1. April 2010 in Kraft.
Dokumentation der Verrechnungspreise
Im Gegensatz zu Schwellenländern wie China hat Japan über
viele Jahre Erfahrungen gesammelt in der Prüfung und
Behandlung von Sachverhalten, die Verrechnungspreise
zwischen verbundenen Unternehmen betreffen. Hierzu gehört
eine langjährige Praxis in der Durchführung der Außenprüfung
von Verrechnungspreisen. Anders als Deutschland und China
besteht in Japan für Steuerpflichtige mit Sachverhalten, die
Verrechnungspreise betreffen, allerdings keine ausdrückliche
Dokumentationspflicht über die Transaktionen und die Methodik
bei der Festlegung der Verrechnungspreise. Vor allem sind keine
speziellen Strafzuschläge bei unvollständiger oder nicht vorhandener Dokumentation zu befürchten.
Die Motivation zur Dokumentation liegt in Japan im Aufbau einer
Strategie für den Fall einer Betriebsprüfung. Mit dem Steueränderungsgesetz 2010 wurden zwei Bereiche als Dokumentation
für den Fall eine Betriebsprüfung gesetzlich festgeschrieben: Ist
der Steuerpflichtige im Rahmen der Betriebsprüfung nicht in der
Lage, entweder seine Transaktionen mit ausländischen
verbundenen Unternehmen oder die Methode zur Festsetzung
des Verrechnungspreises zu dokumentieren, ist die Betriebsprüfung befugt, Anpassungen im Schätzungswege durchzuführen. Dabei darf sie unveröffentlichte Informationen von
anderen Marktteilnehmern in vergleichbaren Geschäftsbereichen
nutzen. Besonders letztere Informationsquellen, auch „Secret
Comparables“ genannt, können sich wegen fehlender Transparenz und Kontrolle der tatsächlichen Vergleichbarkeit zum
Nachteil des Steuerpflichtigen auswirken. Bislang wurde seitens
der japanischen Finanzbehörden nicht ausgeführt, was konkret
unter einer ausreichenden Dokumentation zu den beiden Themen
zu verstehen ist. Deshalb sahen sich Steuerpflichtige bei einer
Betriebsprüfung stets einer Rechtsunsicherheit ausgesetzt, ob die
„Secret Comparables“ herangezogen werden können oder nicht.
Mit der Steuerreform 2010 wurden die entsprechenden Richtlinien
ergänzt und um einen detaillierten Anforderungskatalog für die
Dokumentation der beiden Fragestellungen erweitert. Das umfasst unter anderem (!) übliche Informationen wie:
● einen Überblick über die Funktions- und Risikoverteilung
zwischen Steuerpflichtigem und verbundenen Unternehmen
● Informationen zur Verrechnungspreismethodik hinsichtlich der
gezahlten und empfangenen Beträge und Details zu den
Preisverhandlungen zwischen dem Steuerpflichtigen und
verbundenen Unternehmen
● Erläuterungen zur Auswahl der Verrechnungspreismethodik
und andere Dokumente, die im Zusammenhang mit der
Ermittlung des Drittvergleichspreises erstellt wurden
● die Begründung für Anpassungen der Berechnung der
Verrechnungspreise und die bei der Anpassung angewandte
Methodik
Beachten Sie bitte: Diese Liste ist nicht abschließend!
pwc:china compass | Sommer 2010
Vor allem werden in dem neu eingeführten Katalog auch
Informationen zur Gewinn-und-Verlust-Situation der japanischen
sowie der ausländischen beteiligten Gesellschaften aufgeführt,
die sich auf die konkreten grenzüberschreitenden Transaktionen
beziehen. Da es sich hierbei um sensible Informationen handelt,
die sich tatsächlich oft nicht in der Verfügungsmacht der
japanischen geprüften Gesellschaft befinden, bleibt abzuwarten,
wie die japanischen Steuerbehörden mit Fällen vorgehen wird, in
denen diese Informationen nicht zur Verfügung gestellt werden.
Bereits in der Vergangenheit waren solche Informationen ohne
Verzögerung (without delay) bereitzustellen, wobei auch im
Rahmen der Reform keine konkrete zeitliche Vorgabe hierzu
erfolgte. In der Praxis sahen die Steuerbehörden die Bereitstellung innerhalb eines Monats häufig als ausreichend an.
Liegen besondere Umstände vor, sind auch kürzere Fristen
möglich.
Ein Steuerpflichtiger in China wird – anders als in Deutschland –
nicht unmittelbar haftbar gemacht, wenn er es versäumt, eine
Dokumentation im angegebenen Umfang und Zeitrahmen zu
leisten – in Unterschied etwa zu China, wo dem Steuerpflichtigen
ein um fünf Prozent erhöhter Zinssatz auf mögliche Festsetzungen droht, wenn er seine Pflicht zur Dokumentation nicht
rechtzeitig erfüllt. Steueranpassungen aufgrund von Korrekturen
bei den Verrechnungspreisen unterliegen jedoch auch in Japan
den allgemeinen Zins- und Strafzuschlägen. Hierdurch kann sich,
je nach Einzelfall, ein Zuschlag von bis zu 15 Prozent der zu
zahlenden Steuern ergeben. Wird jedoch der Steuerbehörde
hierdurch die Möglichkeit eröffnet, Anpassungen unter
Anwendung von „Secret Comparables“ zu treffen, ergibt sich in
Japan das Risiko einer potenziellen Benachteiligung durch
willkürliche Wahl der Vergleichsunternehmen. Um diese Situation
zu vermeiden, empfehlen sich eine vorbereitende Dokumentation
und kooperative Durchführung der Betriebsprüfung. Die mit der
Steuerreform konkretisierten Informationen stehen teilweise auf
Ebene der japanischen Tochtergesellschaft nicht zur Verfügung.
Zum Beispiel dürfte für viele multinationale Unternehmen die
Frage schwierig zu beantworten sein, wo im Rahmen einer global
geltenden Verrechnungspreispolitik Raum für Preisverhandlungen
mit der japanischen Gesellschaft bleibt und wie diese zu
dokumentieren sind. Investoren sind daher gut beraten, sich mit
den Anforderungen des Katalogs frühzeitig zu befassen.
Haben Sie Fragen oder sind Sie an Details interessiert? – Dann
rufen Sie bitte Ihre Ansprechpartner an oder schicken ihnen
einfach eine E-Mail.
Ihre Ansprechpartner
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Tel.: +81 3 5251-2225
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Porträt
Ralph Dreher: von Shanghai nach Tokio
Ralph Dreher begann seine Laufbahn bei
PricewaterhouseCoopers (PwC) 2001 als Rechtsanwalt in der
Steuerabteilung der Niederlassung Köln. Um sich auf seinen
Auslandseinsatz vorzubereiten, wechselte er 2005, nach
bestandenem Steuerberaterexamen, zur Asia Tax Group nach
Düsseldorf. Seit Februar 2006 wirkte er dann als Senior Manager
der China Business Group in Shanghai. Er war dort Ansprechpartner für deutschsprachige Mandanten und arbeitete in diesem
Zusammenhang vor allem sehr eng mit der Außenhandelskammer zusammen. Dort leitete er seit 2008 auch den Controlling
Workshop.
Zwei Höhepunkte seiner an Ereignissen reichen Zeit in China
waren für ihn die Olympiade in Beijing 2008 und die aktuelle
EXPO in Shanghai. Als fachlich herausfordernd bezeichnet er vor
allem die zum Teil geradezu eruptiven steuerlichen
Veränderungen während seines nach deutschen Steuermaßstäben relativ kurzen Aufenthalts in China.
Noch gut erinnert sich Ralph Dreher an einen seiner ersten
Mandanten, als er im Februar 2006 seine Tätigkeit in Shanghai
begann. Es war ein älterer Herr aus dem Süden, ein gestandener
Geschäftsmann und Macher, der zur Einführung und mit Gründerstolz aus einem mitgebrachten Rollcontainer verschiedene seiner
Produkte vorführte. Leider hatte der liebenswerte Herr bei der
Gründung seiner chinesischen Tochtergesellschaft nahezu alles
falsch gemacht, was man falsch machen kann. Das blinde
Vertrauen in einen flüchtigen chinesischen Bekannten, den er
zum Geschäftsführer ernannte, mangelnde Kontrolle und der
Verzicht auf die Übersetzung selbst solcher zentralen Dokumente
wie der Geschäftslizenz. Die Bilanz nach dem ersten Beratungsgespräch war ernüchternd, aber notwendig für einen
konsolidierten Neuanfang.
Auch wenn solche Fälle glücklicherweise seltener werden,
kommen sie immer noch vor. Grundsätzlich aber haben auch die
meisten neuen Investoren inzwischen, so die Erfahrung von
Ralph Dreher, ihre Hausaufgaben gemacht und dabei gelernt,
dass die Praxis in China in vielen Dingen von den heimatlichen
Gepflogenheiten abweicht und gänzlich andere Risiken birgt.
Allerdings wandeln sich auch die steuerlichen Rahmenbedingungen mit hoher Geschwindigkeit. Die große Reform des
Unternehmensteuerrechts mit all ihren Herausforderungen ist nur
ein Beispiel dafür. Ergänzt wurden die regulatorischen Umbrüche
durch eine deutlich verbesserte Ausbildung der Finanzbeamten
(vor allem auf Ebene der State Administration of Taxation und im
Bereich der Verrechnungspreise). Das stellt Unternehmen sicher
vor neue steuerliche Herausforderungen, macht andererseits aber
auch manche Maßnahme wesentlich nachvollziehbarer.
40
In der Finanzkrise hat China, so die Einschätzung Ralph Drehers,
seine Rolle als Motor der Weltwirtschaft bereits unter Beweis
gestellt. Nach seiner Überzeugung wird China diese Rolle auch in
nächster Zukunft beibehalten.
Nach viereinhalb Jahren in Shanghai ist Ralph Dreher vor Kurzem
zu neuen Ufern aufgebrochen: über das Ostchinesische Meer
nach Tokio, wo er zukünftig bei PwC Japan die steuerliche
Beratung der deutschen Mandanten verantwortet.
Obwohl ein Flug von Shanghai nach Tokio nur etwas mehr als
zweieinhalb Stunden dauert, unterliegt der Investitionsstandort
Japan gänzlich anderen Bedingungen und stellt neue Herausforderungen. Ralph Dreher jedenfalls freut sich auf seine neue
Rolle in Tokio und wird Sie ab sofort tatkräftig unterstützen, wenn
Sie Fragen rund um das japanische Steuersystem haben.
Ralph Drehers Nachfolger in Shanghai wird Ulrich Reuter, den
Sie ja bereits als Autor des pwc:china compass kennen. Ulrich
Reuter war Steuerberater in der Niederlassung Düsseldorf,
spricht selbst chinesisch und ist seit 2005 in der China Business
Group aktiv. – Näheres über Ulrich Reuter erfahren Sie an dieser
Stelle in der nächsten Ausgabe Ihrer Fachnachrichten für
Experten.
Personalia
Ralph Dreher ist Rechtsanwalt und Steuerberater. Er arbeitet seit
2001 für PricewaterhouseCoopers (Köln, Düsseldorf, Shanghai
und ab 1. Juni 2010 in Tokio). In seiner Freizeit betreibt er Ausdauersport und arbeitet daran, nach Shanghaier Vorbild nun auch
einen Tatort-Club Tokio zu gründen.
Wussten Sie schon, vor welchen Männern Sie
sich nach einer chinesischen Weisheit hüten
sollten?
Meiden Sie die, deren Bauch beim Lachen
nicht wackelt.
Quelle: Hans Hauenschield: China Take Away,
Ullstein Verlag
你
知
道
了
吗
pwc:china compass | Sommer 2010
Veröffentlichungen
China drittgrößter
Medienmarkt
Crash oder Boom? – Analyse des
chinesischen Immobilienmarkts
Noch bremst eine moderate Konjunkturerholung in den Industriestaaten den Aufwärtstrend: Die Erlöse in der Medienbranche
gehen aber eindeutig nach oben. Nach einem Rückgang um drei
Prozent auf gut 1,32 Billionen US-Dollar im Jahr 2009 dürften die
weltweiten Einnahmen in der Branche im laufenden Jahr um
2,6 Prozent auf knapp 1,36 Billionen Dollar steigen.
Obwohl sich der chinesische Immobilienmarkt verstärkt an marktwirtschaftlichen Strukturen orientiert, ist er von einem freien Markt
nach westlichen Maßstäben noch weit entfernt. Welche wirtschaftlichen, regulatorischen und materiellen Rahmenbedingungen bestimmen ihn? Welchen Einfluss haben diese
Faktoren auf die Wertermittlung und wie können sie adäquat
berücksichtigt werden? Welche zukünftigen Entwicklungen sind
zu erwarten? Wird es zum großen Krach kommen oder wird der
Markt weiter boomen?
Das anhaltend starke Wirtschaftswachstum in den Schwellenländern verschiebt auch die Gewichte in der Medienbranche.
Denn China wird schon 2011 mit einem Branchenumsatz von
voraussichtlich fast 95 Milliarden Dollar zum drittgrößten Medienmarkt hinter den USA (446 Milliarden) und Japan (171 Milliarden)
aufsteigen und damit Deutschland (92 Milliarden) auf den vierten
Rang verweisen.
Diese Entwicklung hat der Global Entertainment and Media
Outlook: 2010–2014 von PricewaterhouseCoopers ausfindig
gemacht. Diese Feststellung ist eines der zahlreichen
interessanten Ergebnisse der Studie, die weltweite Schlüsseltrends der Unterhaltungs- und Medienbranche untersucht und
Umsatzprognosen zu 13 Teilbranchen in 48 Ländern für die
kommenden fünf Jahre daraus ableitet. Zu den analysierten
Segmenten zählen: Internet (Werbeeinnahmen und Zugangsentgelte), Fernsehen (unter anderem Werbung und Gebühren),
Musik, Filme, Videospiele und Radio sowie auch die klassischen
und überwiegend nicht elektronischen Medien (Zeitungen, Fachund Publikumszeitschriften) und die Außenwerbung. – Die
deutsche Ausgabe des Outlooks erscheint Mitte Oktober 2010
und wird auf den Medientagen München (13. bis
15. Oktober 2010) vorgestellt.
Global Entertainment and Media Outlook: 2010–2014
Hrsg. von PricewaterhouseCoopers USA
Diesen Fragen ist der Autor in seiner Dissertation (verfügbar ab
August 2010) nachgegangen. Die empirische Basis für seine
Analyse lieferte dabei eine Befragung von Immobilienexperten in
China, aus deren Ergebnissen der Autor Handlungsempfehlungen ableitet. Das Werk verbindet eine bewertungstheoretische Diskussion mit einer praktischen Bewertung des
chinesischen Immobilienmarkts.
Der Autor, Dr.-Ing. Florian Hackelberg M. Sc., ist Prokurist bei der
PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im
Bereich Valuation & Strategy. Er berät nationale und internationale Mandanten in immobilienwirtschaftlichen Fragen und
war mehrere Jahre in China tätig.
Immobilienbewertung in China – unter besonderer Berücksichtigung der wirtschaftlichen, regulatorischen und materiellen
Einflussfaktoren
Hrsg. von IZ Verlag edition
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Weitere Informationen und Hinweise zur Bestellung
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