Economic Research Allianz Group and Dresdner Bank

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Economic Research Allianz Group and Dresdner Bank
Economic Research
Allianz Group
Dresdner Bank
Working Paper
No.: 36, 17.03.2005
Autor:
Thomas Hofmann, Dr. Arne Holzhausen
Der Weg der japanischen Banken aus der Krise
Nach dem Platzen der Aktien- und Immobilienpreisblase zu Beginn der neunziger Jahre schlidderte
Japan in eine „verlorene Dekade“ des wirtschaftlichen Stillstands. Den Kristallisationspunkt
dieser Zeit bildete die Krise der japanischen Banken. In der Überladung der Bankbilanzen mit
Problemkrediten manifestierte sich eine grundsätzliche Störung der Intermediationsfunktion der
Banken. Die notwendige Anpassung nach dem Ende der bubble economy fand kaum statt. Die
lange Zeit zu beobachtende Zurückhaltung der Banken bei der Bereinigung ihrer Bilanzen führte
vielmehr dazu, dass viele nicht mehr wettbewerbsfähige Unternehmen am Leben blieben und ein
Dasein als sogenannte corporate zombies fristen konnten. Der notwendige Abbau der Kapazitäten
in der Realwirtschaft erfolgte weder im erforderlichen Maße noch gebotenen Tempo. Die Effizienz
der japanischen Wirtschaft ließ nach, die Nachfrage-Lücke wurde immer größer und deflationäre
Tendenzen verstärkten sich. Gleichzeitig war der angeschlagene Bankensektor nicht in der Lage,
die monetären Impulse der Notenbank in die Realwirtschaft zu übertragen.
Deflation ist jedoch nicht nur eine Folge der Bankenkrise; sie war zugleich auch die Hauptursache
für das fortgesetzte Entstehen neuer fauler Kredite – und damit für eine weitere Schwächung der
Banken. Auf diese doppelte Weise ist das Phänomen der Deflation eng mit der Bankenkrise
verbunden. Essentiell für die Überwindung des wirtschaftlichen Stillstands ist daher der Ausbruch
aus diesem Teufelskreis aus schwachen Banken und zunehmenden Deflationsdruck, in dem die
japanische Wirtschaft spätestens seit der offenen Finanzkrise 1997/98 gefangen war.
Mit dem Finanzreformplan, den Staatsminister Takenaka im Oktober 2002 als neu gekürter Chef
der japanischen Finanzaufsichtsbehörde (Financial Servies Agency, FSA) vorstellte, nahm sich die
Regierung Koizumi endlich dieser Aufgabe an. Knapp drei Jahre später – kurz vor Ende der selbst
gesetzten Frist zur „Normalisierung“ des Bankensektors – ist die Zeit für eine Bewertung der unternommenen Anstrengungen gekommen.
1
Teufelskreislauf aus Bankenkrise und Deflation
Bankenkrise
neue Problemkredite
Wirkungslose Geldpolitik und
zögerliche Restrukturierung
Deflation
Exkurs: Deutsche und japanische Bankenkrise
„Turning Japanese“ oder „next Japan“: Der Vergleich zwischen Deutschland und Japan war
eine Zeit lang en vogue, insbesonders in Bezug auf die deutschen und japanischen Bankenprobleme. Auf den ersten Blick gibt es tatsächlich Parallelen: Fallende Aktienpreise, enttäuschendes
Wirtschaftswachstum und steigende Unternehmensinsolvenzen belasteten die Bankbilanzen in
beiden Ländern. Flüchtige Parallelen sind jedoch noch kein Beleg für eine identische Lage. Zwischen der Struktur- und Ertragskrise, mit der die deutschen Banken konfrontiert sind, und der japanischen Bankenkrise bestehen nicht nur diametrale Unterschiede bei der Ursache und im
Ausmaß der Probleme, sondern vor allem auch in der Reaktion der betroffenen Banken.
Die allgemeinen Rahmenbedingungen mögen sich in Deutschland und Japan ähneln. Beide Länder haben sich in den vergangenen Jahren schwer getan, die notwendigen strukturellen Reformen
durchzuführen, die Globalisierung und demographischer Wandel von ihnen verlangen. Die Rolle
der Banken in diesem „Reformdrama“ könnte unterschiedlicher jedoch nicht sein. Auf der
einen Seite die japanischen Banken, die die notwendigen Veränderungen lange Zeit hinauszögerten und erst unter erheblichem staatlichen Druck konsequente Maßnahmen ergriffen; auf der anderen Seite die deutschen Banken, denen der zunehmende europäische Wettbewerb keine andere
Wahl ließ, als sich der Restrukturierungsaufgabe zu stellen.
Kritik an deutschen und japanischen Banken beruht auf sehr unterschiedlichen Gründen. In
Japan wurde den Banken immer wieder ihre Zögerlichkeit im Umgang mit ihren Problemen und
das Festhalten an alten Geschäftsmodellen vorgeworfen. Japanische Banken galten lange Zeit als
Besitzstandwahrer, die sich den notwendigen Strukturveränderungen entgegenstellten.
Die Vorwürfe an die Banken in Deutschland richten sich dagegen letztendlich gegen ihre konsequenten Aufräumarbeiten – auch über Kostensenkungen –, ihre Reaktion auf sich verändernde
2
Rahmenbedingungen (Basel II) und ihr Bemühen, international wieder Anschluss zu finden. In der
Diskussion um eine vermeintliche „Kreditklemme“ in Deutschland – dem unterstellten Rückzug der
großen Privatbanken aus dem Mittelstandsgeschäft – wird der rückwärtsgerichtete Charakter dieser Kritik deutlich. An Stelle der Gründe, die bei einer Risikoberücksichtigung zu einer Einschränkung der Kreditvergabe führen können – vor allem die Eigenkapitalschwäche der betroffenen Unternehmen – wird die risikoadäquate Kreditvergabe selbst als das zentrale Problem dargestellt.
Abbau der Problemkredite
Die Phase des „Durchmogelns“, in der der Druck auf den maroden Bankensektor gerade so
groß war, dass einschneidende Veränderungen vermieden werden konnten, endete am 18. September 2002 mit dem überraschenden Entschluss der Bank of Japan (BoJ), einen Teil des umfangreichen Aktienbesitzes der japanischen Banken direkt zu übernehmen. Nach diesem für eine
Notenbank ungewöhnlichen Schritt zur Unterstützung der Geschäftsbanken ließen sich die Zweifel
an der Stabilität des japanischen Finanzsystems sowie die Untätigkeit der FSA nicht länger verbergen. Die Regierung Koizumi reagierte auf dieses „Mißtrauensvotum“ der BoJ mit einer Kabinettsumbildung. Der bisherige FSA-Chef Yanagisawa verlor seinen Posten und an seine Stelle rückte
Heizo Takenaka, ein ausgewiesener Reformer.
Ausdruck des Kurswechsels in der Bankenpolitik war der wenig später vorgestellte Finanzreformplan. Damit definierte die FSA ihre Rolle gegenüber den Banken neu – mehr Aufsicht, weniger
Nachsicht. Zentrale Inhalte der neuen Maßnahmen waren strengere Kreditprüfungen und die geforderte Neubewertung der Kredite nach der „DCF-Methode“ (discounted cash flow). Die Banken
wurden dadurch gezwungen, erheblich höhere Rückstellungen für die Risikovorsorge zu bilden.
Zusätzlich verstärkten ein enger Zeitrahmen von drei Jahren, in dem das Volumen der Problemkredite halbiert werden sollte, sowie eine Rechenschaftspflicht der Banken gegenüber der FSA
hinsichtlich der Realisierung von Geschäfts- und Gewinnzielen den Druck auf die Banken.
Neben der Peitsche gab es aber auch Zuckerbrot: Die Regeln für den Einsatz öffentlicher Gelder wurden weiter gefasst, kleineren Banken wurde eine großzügige Unterstützung ihrer Restrukturierungsbemühungen – vor allem im Falle des Zusammenschlusses mit anderen Banken – zugesagt. Darüber hinaus gab es indirekte Hilfen: Der Aufkauf von Problemkrediten durch die öffentliche Resolution and Collection Corporation (RCC) wurde forciert und mit der Industrial Revitalization Corporation of Japan (IRCJ) wurde ein neues Vehikel geschaffen, um die Restrukturierung der
Schuldner voranzutreiben.
Bei der Bekanntgabe des Finanzreformplans überwogen die skeptischen Stimmen. Einigen waren
die geplanten Maßgaben nicht radikal genug – so wurde beispielsweise die Problematik der mehr
oder weniger fiktiven Steuergutschriften im Eigenkapital der Banken ausgeklammert. Andere befürchteten dagegen, der beschleunigte Abbau von Problemkrediten könnte die labile japanische
Wirtschaft noch tiefer in die Deflationsspirale stürzen.
3
Nonperforming Loans
in Prozent der Gesamtkredite
10
9
Großbanken
8
Regionalbanken
7
6
5
4
1999,3
2000,3
2001,3
2002,3
2003,3
2004,3
2004,9
.
Quelle: FSA; eigene Berechnungen.
Zum 30. September 2004 – den letzten offiziell verfügbaren Daten – beliefen sich die notleidenden
Kredite (non-performing loans, NPLs) für alle japanischen Banken auf „nur“ noch 23,8 Bill. JPY
(etwa 180 Mrd. EUR). Dies entspricht einem Rückgang von 45 % seit März 2002, als die NPLs auf
ihren Höchststand geklettert waren. Besonders eindrucksvoll sind dabei die Fortschritte der Großbanken, die eine Reduzierung von knapp 60 % erreichten. Ihre NPL-Quote ist dadurch auf 4,6 %
gefallen, bei einigen Instituten liegt sie sogar bereits deutlich darunter. Demgegenüber ist das
Tempo der Regionalbanken beim Abbau ihrer Problemkredite langsamer: Sie reduzierten ihre
NPLs nur um gut ein Fünftel und ihre NPL-Quote liegt noch über 6 %. Mittlerweile entfällt daher
beinahe die Hälfte aller Problemkredite auf diese Bankengruppe. Die Gesamtquote für die NPLs
aller japanischer Banken liegt bei 5,3 %.
Auch bei Berücksichtigung der bisher geleisteten direkten Abschreibungen der Banken auf ihre
Problemkredite wird deutlich, dass die Krise ihren Zenit überschritten hat. Die Belastungen der
japanischen Wirtschaft und Banken aus dem abrupten Ende der bubble economy nehmen allmählich ab. Darin spiegelt sich nicht nur die bessere Konjunktur der letzten Jahre wider, sondern vor
allem die rigorosere Politik der Banken: Unter dem Druck der FSA werden corporate zombies nicht
mehr länger mit frischen Krediten am Leben erhalten, sondern als hoffnungslose Fälle aus der
Bilanz entsorgt. Das Entstehen immer neuer Problemkredite aus den alten Fehlern ist so endlich
unterbunden worden.
4
Nonperforming Loans
in Prozent des nominalen BIPs
16
12
Kummulierte direkte
Abschreibungen
8
4
Risk Management
Loans
0
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
.
Quelle: FSA, Cabinet Office; eigene Berechnungen.
Diese konsequentere Haltung der Banken zeigt sich auch daran, dass die Kredite in der Kreditklasse der „Schuldner unter besonderen Beobachtung“ deutlich zurückgehen. Dagegen legen die
Kredite in den schlechtesten beiden Bonitätsstufen wieder leicht zu. Ein ähnliches Ergebnis förderte bereits die letzte Sonderuntersuchung der FSA zu den Halbjahresabschlüssen der Großbanken
im September 2004 zu Tage. Bei den geprüften Schuldnern nimmt – neben der Zahl der gesunden
– vor allem die Zahl der nahezu bankrotten Unternehmen zu: Sie hat sich gegenüber der vorangegangenen Untersuchung mehr als verdoppelt. Die Zahl der Unternehmen „im Purgatorium“ ist dagegen von drei Viertel der untersuchten Fälle auf etwa 50 % gefallen. Offensichtlich sind die
Banken heute, nach zwei Wachstumsjahren, nicht mehr bereit, ausbleibende Restrukturierungserfolge fortwährend zu tolerieren, sondern quittieren sie mit einer entsprechenden Bonitätseinstufung – mit entsprechenden Konsequenzen für die betroffenen Unternehmen.
Insgesamt belegen diese Zahlen, dass der japanische Bankensektor endlich seiner Problemkredite Herr geworden ist. Der Finanzreformplan der Regierung Koizumi hat die erhoffte Wirkung
gezeigt. Sein wichtigstes Ziel, die Halbierung der NPLs, kann als bereits erreicht angesehen werden. Die NPL-Gesamtquote liegt zwar ein halbes Jahr vor dem Stichtag 31. März 2005 noch über 5
%, dürfte aber in den verbleibenden Monaten wie geplant den Zielwert von 4 plus x % erreichen.
Damit befände sich dann auch Japan wieder auf einem Niveau, das der IWF beispielsweise für den
gesamten Bankensektor in Deutschland oder Frankreich unterstellt. Der für den 1. April geplanten
Beschränkung der Einlagensicherung steht daher nichts mehr entgegen. Es ist sicherlich keine
Übertreibung, die neue Bankenpolitik unter Takenaka als das erfolgreichste Stück Reformpolitik
der Regierung Koizumi zu betrachten.1
1
Dieser Sicht scheint auch Regierungschef Koizumi selbst anzuhängen: Ihr Architekt Takenaka „darf“ sich
jedenfalls nun einer neuen, ebenso prestigeträchtigen Reformaufgabe widmen: Der Privatisierung des Postsystems. Dessen Bedeutung kann kaum überschätzt werden. Das Postsystem, auf das etwa ein Viertel des
privaten Geldvermögens entfällt, bildet nach wie vor das Herzstück im Finanzsystem à la Japonaise, in dem
der Staat eine entscheidende Rolle in der Lenkung der Kapitalströme spielt. Nach der Normalisierung im Bankensektor ist seine Privatisierung – durch die damit einhergehende Stärkung der direkten, marktbasierten
Finanzierung – der Schlüssel für eine effizientere Kapitalallokation in Japan.
5
Allerdings wurde dieser Erfolg auch teuer erkauft. Allein die direkten Finanzhilfen des Staates
für den angeschlagenen Bankensektor – Kapitaleinlagen in „gesunde“ Banken oder die Sanierungskosten von bankrotten Instituten – summieren sich bisher auf knapp 40 Bill. JPY (etwa 300
Mrd. EUR ). Angesichts der noch möglichen Verluste aus dem Aufkauf von Problemkrediten durch
die staatlichen Vehikel RCC und IRCJ könnte die endgültige Rechnung für den japanischen Steuerzahler diese Summe deutlich übersteigen.
Fallende Kredite, steigende Rentenkäufe
Mit der Bereinigung ihrer Bankbilanzen von Altlasten haben sich die japanischen Banken zumindest theoretisch wieder den Spielraum zurückerobert, neue Kreditrisiken einzugehen. Tatsächlich sind in einigen Bereichen durchaus positive Entwicklungen zu sehen. So nehmen die Wohnungsbaukredite an Privatpersonen kräftig zu. Diese Entwicklung ist allerdings in erster Linie auf
die „Reprivatisierung“ des Hypothekengeschäfts mit Haushalten zurückzuführen, da die bisher
dominierende staatliche Housing Loan Corporation dieses Geschäft aufgibt. Darüber hinaus
scheinen die Ausleihungen an kleinere Unternehmen sowie an Auslandsgesellschaften in den letzten Monaten wieder zu steigen.
Entwicklung der Bankkredite seit 2002
20
02
.
2 0 01
02
.
2 0 03
02
.0
20 5
02
.
2 0 07
02
.
2 0 09
02
.
2 0 11
03
.
2 0 01
03
.
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03
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.
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03
.
2 0 09
03
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2 0 11
04
.
2 0 01
04
.
2 0 03
04
.0
20 5
04
.
2 0 07
04
.
2 0 09
04
.1
1
Bereinigte Veränderungsrate gegenüber Vorjahr in %
0
-0 ,5
-1
-1 ,5
-2
-2 ,5
-3
.
Quelle: BoJ; eigene Berechnungen.
Insgesamt aber gehen seit 1997 die Kredite zurück. Immerhin hat sich der Rückgang in den
letzten drei Jahren deutlich verlangsamt, Licht am Ende des langen Tunnels scheint also erkennbar. Angesichts eines Finanzierungsüberschusses der privaten Unternehmen in der Größenordnung von etwa 30 Bill. JPY besteht aber für allzu voreilige Hoffnungen kein Anlass.2 Denn die
über Jahre rückläufige Kreditvergabe ist nicht mehr allein der erhöhten Risikoaversion der Banken
zuzuschreiben, sondern ist ebenso Ausdruck der Konsolidierungsbemühungen japanischer Unternehmen.
2
In den letzten Jahren sind parallel zu den „Sparbemühungen“ des Unternehmenssektors – Umkehrung seines Finanzierungsdefizits in einen -überschuss – die Finanzierungsüberschüsse der privaten Haushalte im
Einklang mit dem Fall der Sparquote zurückgegangen. Die Zusammensetzung der inländischen Nettoersparnis hat sich auf diese Weise markant verändert: Japans Position als Nettokapitalexporteur (= positive Leistungsbilanz) stützt sich heute nicht mehr auf die Sparleistung der privaten Haushalte, sondern auf die Konsolidierungsanstrengungen der Unternehmen. (Ausführlich dazu: „Wirtschaft & Märkte“ 12, 2003)
6
Sparsame Unternehmen
Entwicklung des Finanzierungssaldos der privaten nicht-finanziellen
Unternehmen und Haushalte in % des BIP (Fiskaljahr)
10
8
priv. Unternehmen
Haushalte
6
4
2
0
20
03
20
02
20
01
20
00
19
99
19
98
19
97
19
95
19
96
-2
Quelle: BoJ.
Viele Unternehmen haben in den vergangenen Jahren ihre Gewinne vornehmlich für die
Schuldenrückzahlung verwendet. Der Vergleich mit den Vor-Bubble-Zeiten Mitte der achtziger
Jahre deutet darauf hin, dass dieser Prozess der Schuldenrückführung in der Gesamtwirtschaft
möglicherweise noch nicht abgeschlossen ist – ein weiteres Indiz, dass mit einem zügigen Anstieg
der Gesamtkreditnachfrage vorerst noch nicht zu rechnen ist.
Schuldenabbau Unternehmen
Entwicklung der lang- und kurzfristigen Schulden der nicht-finanziellen
Unternehmen in % des BIP
120
110
100
90
80
70
03
02
01
rz
rz
M
M
99
00
rz
M
98
rz
rz
M
M
97
rz
96
rz
rz
M
M
M
95
rz
rz
93
94
M
rz
M
M
91
92
rz
rz
M
M
90
M
rz
89
88
rz
rz
M
M
87
M
rz
86
85
rz
M
83
84
rz
rz
rz
M
M
M
82
81
rz
rz
M
M
M
rz
80
60
Quelle: BoJ; eigene Berechnungen.
Spiegelbild der fallenden Kredite sind die steigenden Käufe von japanischen Staatsanleihen
durch Banken. Mit dem Rückgang der Kredite an den privaten Sektor sind Staatsanleihen zu einem bevorzugten Investmentvehikel geworden. Diese Assetsubstitution ist vor allem auch deshalb
möglich, weil die Entwicklungen auf den beiden Seiten der Bankbilanzen durchaus nicht parallel
verliefen. Während die Kredite zurückgingen, verzeichneten die Banken in der Summe weiter steigende Einlagen. Sie verfügen daher über wachsende freie Mittel.
7
Mittelüberschuss bei Banken
Verhältnis von Krediten zu Einlagen japanischer Banken (%)
110
105
100
95
90
85
80
3
2
1
0
9
4
20
0
20
0
20
0
20
0
20
0
7
6
5
4
3
2
8
19
9
19
9
19
9
19
9
19
9
19
9
19
9
19
9
19
9
1
75
Quelle: BoJ; eigene Berechnungen.
Der Reduzierung des Kreditportfolios steht daher ein Bestandszuwachs bei den Staatsanleihen in
fast gleichem Ausmaß gegenüber. Zur Beliebtheit von Staatsanleihen trägt darüber hinaus bei,
dass ihnen in der Berechnung der regulatorischen Eigenkapitalquote ein Gewicht von Null zugewiesen wird.
Assetsubstitution
Veränderung im Bestand von Krediten und japanischen Staatsanleihen seit
Ende 1997 bei japanischen Banken (Mrd. Yen)
100000
80000
60000
Staatsanleihen
40000
20000
0
-20000
-40000
-60000
-80000
Kredite
19
98
.0
19 1
98
.0
19 5
98
.0
19 9
99
.0
19 1
99
.0
19 5
99
.0
20 9
00
.0
20 1
00
.0
20 5
00
.0
20 9
01
.0
20 1
01
.0
20 5
01
.0
20 9
02
.0
20 1
02
.0
20 5
02
.0
20 9
03
.0
20 1
03
.0
20 5
03
.0
20 9
04
.0
20 1
04
.0
20 5
04
.0
9
-100000
Quelle: BoJ; eigene Berechnungen.
Auf diese Weise hat die Bankenkrise in den vergangenen Jahren nicht nur auf die Realwirtschaft, sondern auch auf den japanischen Rentenmarkt ausgestrahlt: Im Markt für japanische
Staatsanleihen ist es offenbar zu einer erheblichen Konzentration von Liquidität gekommen. Unser
Zinsmodell für die japanischen Langfristzinsen (s. „Wirtschaft & Märkte“ 01, 2005) zeigt als Folge
der Finanzkrise 1997/98 eine Niveauverschiebung von reichlich 50 Basispunkten nach unten an.
Dieser Niveaueffekt kann im Kontext der Assetsubstitution der Banken gesehen werden, darüber
hinaus sind auch Änderungen in der Durchführung der Geldpolitik zu berücksichtigen: Neben
dem Ziel der Deflationsbekämpfung spielte die Eindämmung von Liquiditätsrisiken eine große Rolle
bei der Entscheidung der Bank of Japan (BoJ), Anfang 1999 zu einer Nullzinspolitik überzugehen.
Nach dem letztlich gescheiterten Versuch einer Normalisierung der Geldpolitik im Sommer 2000
8
wurden Nullzinsen seit Anfang 2001 durch die quantitative Lockerungspolitik erreicht (Steuerung
der Bankguthaben bei der Notenbank). Im Rahmen dieser Politik absorbiert die BoJ derzeit jährlich
Staatsanleihen im Volumen von 14 Bill. JPY und finanziert damit rund ein Drittel des gesamtstaatlichen Budgetdefizits.
Rückkehr zur Profitabilität
Nach der Vergangenheitsbewältigung steht jetzt wieder die Frage nach der Rückkehr in die
Gewinnzone im Vordergrund. Die letzten Jahre haben tiefe Spuren in der Gewinn- und Verlustrechnung der Banken hinterlassen. Seit dem Geschäftsjahr 1995, als die japanischen Banken
erstmals tiefrote Zahlen schrieben, haben sich ihre Verluste auf knapp 30 Bill. JPY (etwa 200 Mrd.
EUR) kumuliert. Ohne die Hilfe des Staates läge die Zahl der großen und spektakulären Bankenzusammenbrüche in Japan ohne Frage weit höher. Denn wie der Vergleich zwischen den einzelnen Bankengruppen zeigt, konzentrieren sich die Verluste hauptsächlich bei den japanischen
Großbanken, d.h. den City-, Trust- und Longterm-Banken.
Gewinne und Verluste der japanischen Banken
Jahresüberschuss japanischer Banken in Mrd. Yen
4000
2000
0
-2000
Großbanken
Alle Banken
-4000
-6000
02
03
20
20
00
01
20
20
98
97
96
95
99
19
19
19
19
19
94
93
19
19
91
90
92
19
19
19
19
89
-8000
Quelle: BoJ; Zenginkyô.
Angesichts dieser Zahlen ist es kaum verwunderlich, dass japanische Banken derzeit auch international weit abgeschlagen sind – und in den letzten Jahren noch schlechter abschnitten als
die deutschen Banken.
9
Rentabilität großer Banken
Gewinn vor Steuern in Prozent der durchschnittlichen Aktiva
3
2
2002
2003
2001
1
0
-1
Japan
Deutschland
USA
UK
Frankreich
Italien
Spanien
.
Quelle:Fitch Ratings (BIZ).
Auf ihrem Weg zurück zu schwarzen Zahlen ist die schwache Kreditnachfrage eine nicht
unbeträchtliche Hürde für die japanischen Banken. Der harte Wettkampf um die guten Bonitäten hat dazu geführt, dass Japan – neben Deutschland – das Land mit der niedrigsten Nettozinsspanne ist. Die bisherigen Versuche insbesondere der Großbanken, die Margen zu erhöhen, sind
in diesem Umfeld noch ohne Erfolg geblieben.
Rentabilität großer Banken
Nettozinsspanne in Prozent der durchschnittlichen Aktiva
4
2002
3
2003
2001
2
1
0
Japan
Deutschland
USA
UK
Frankreich
Italien
Spanien
.
Quelle:Fitch Ratings (BIZ).
In anderer Hinsicht machen die japanischen Banken dagegen Fortschritte. So ist es den
Großbanken in den letzten fünf Jahren gelungen, den Anteil der Nicht-Zinserträge an den Gesamterträgen deutlich um zehn Prozentpunkte auf 33 % zu steigern. Dahinter stehen nicht nur die Bemühungen der Banken, verstärkt auch Produkte des Investmentbanking wie syndizierte Kredite,
Emission von Bonds oder Derivate anzubieten. Vor allem tragen auch Deregulierungsmaßnahmen
dazu bei, die den Banken den Verkauf von Investmentfonds und Versicherungen erleichtern.
Auch in Japan wandeln sich die Banken auf diese Weise allmählich zu kompletten Finanzdienstleistern, die ihren Kunden eine Vielzahl von Produkten offerieren. Augenfällig wird diese Entwicklung in der immer noch nicht abgeschlossenen Konzentration der Branche, die zu der
10
Herausbildung mehrerer sogenannter Mega-Banken bzw. Finanzholdings führt, die unter einem
Dach die früher getrennten Bereiche Commercial Banking, Investment Banking und Asset Management vereinen.
Ein weiterer Trend, der das langsam wieder wachsende Zutrauen der japanischen Banken in die
eigene Stärke dokumentiert, ist die Wiederentdeckung des Auslands. Nachdem die Banken die
meiste Zeit der zurückliegenden Dekade damit verbrachten, ihre Auslandsengagements zurückzufahren, hat sich seit dem letzten Jahr die Stoßrichtung umgekehrt. Japans Banken stärken ihre
bestehenden Niederlassungen, bauen neue Stützpunkte auf und steigern ihre Kreditvergabe im
Ausland. Allerdings steht dabei vorerst nur Asien, vor allem China und auch Korea, im Blickpunkt.
Im Gegensatz zu früheren Episoden sind die Banken diesmal auch nicht die Speerspitze der Auslandsexpansion, sondern folgen ihren japanischen Kunden. Insofern scheint die gegenwärtige Expansion auch weniger einer originären Auslandsstrategie zur Eroberung neuer Märkte, sondern
vielmehr der auch auf dem Heimatmarkt erkennbaren stärkeren Kundenfokussierung zu entspringen.
Der Weg zurück zur Profitabilität ist für Japans Banken noch nicht zu Ende. Mit Blick auf die
zurückliegenden Jahre der Krise ist es jedoch bereits ein Erfolg, dass sie sich jetzt wieder von der
Vergangenheit ab- und der Aufgabe der Zukunftsgestaltung zuwenden können. In diesem Sinne
hat sich die Situation des japanischen Bankensektors tatsächlich „normalisiert“: Die Krise ist überwunden und zumindest die japanischen Großbanken sind wieder „normale Banken“, die alte (Kosten-)Strukturen über Bord werfen und neue Geschäftsmodelle implementieren. In Punkto Wachstum und Profitabilität stehen sie im internationalen Maßstab nach wie vor weit hinten. Sie sind aber
heute kein Mühlstein mehr am Halse der japanischen Wirtschaft. Der Teufelskreislauf aus Bankenkrise und deflationärem Druck ist an dieser Stelle endlich durchbrochen worden.
11

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