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LOKAL
26.
"Die K-Frage lautet Kind oder Köter"
Esslin
Projekt Du bist Demographie an der Hochschule für Medien
Besucher sollen für gesellschaftliche Veränderungen sensibilisiert
werden
Rückr
Mitsp
Von Andrea Eisenmann
Stuttgart Ein Baby wickeln? Die Augen des jungen Mannes weiten sich. Ähm,
also eigentlich habe ich das noch nie gemacht, druckst er verlegen rum. Dann
werde es höchste Zeit, sagt Corinna Wirth lachend. Sie drückt dem 23-Jährigen
eine Säuglingspuppe in die Hand und zieht ihn am Ärmel zum Wickeltisch. Für
den Studenten gibt es kein Entrinnen mehr, unbeholfen folgt er den
Anweisungen, die Puppe obgleich geruchsneutral hält er in gebührendem
Abstand vom Körper entfernt. Ob er selbst einmal Kinder haben möchte, fragt
die Stuttgarter Mitarbeiterin des 'Haus der Familie'. Michael Werkmeister
überlegt kurz. Ich habe darüber nachgedacht, bin aber zu keiner Entscheidung
gekommen. Schließlich müsse man sich mit Nachwuchs einschränken, auch die
derzeitigen Betreuungsangebote seien unzureichend. Allerdings: Ein Kind kann
das Leben auch bereichern.
Don't worry, have kids, zu deutsch: 'Macht Euch keine Sorgen und setzt Kinder
in die Welt heißt diese Station, aus insgesamt sieben besteht der Parcours, den
24 Studierende der Hochschule für Medien aufgebaut haben. Allesamt sind sie
mit Experten besetzt und zeigen verschiedene Phasen des Lebens: Angefangen
von der Geburt über die Schule bis hin zu den Themen Rente und würdevolles
Sterben.
Wir geben unseren Studierenden ein sperriges Thema vor, mit dem sie am
Anfang oft nur wenig anfangen können, erklärt Professor Stephan Ferdinand,
der das Projekt mit betreut. Dieses gelte es dann auf fantasievolle Weise in eine
Erlebniswelt zu verwandeln. In diesem Jahr haben wir uns für den Begriff
Demographie entschieden.
Höhepunkt des Abends ist die prominent besetzte Diskussionsrunde, provokant
überschrieben mit den Worten Du bist Demographie!, zu der sich Adolf
Ahnefeld, Chefvolkswirt der Robert Bosch GmbH, Ex-Wirtschaftsminister Walter
Döring, Buchautor Max Schautzer sowie ZDF-Journalistin Saskia Schüring
eingefunden haben. Auch das Publikum meldet sich via Ted fleißig zu Wort,
Geräte für die Abstimmungen werden zu Beginn ausgeteilt. Kurze Filme,
gedreht von Studenten, werden zwischendurch eingespielt und greifen das
Thema auf witzige Weise auf.
Wachsende Probleme auf dem Arbeitsmarkt, kollabierende Sozialsysteme,
unsichere Renten, eine alternde Bevölkerung, Migration viele Aspekte des
demographischen Wandels werden thematisiert. Länger arbeiten ist das eine,
aber die älteren Menschen dürfen sich im Lauf der Zeit nicht aus Lernprozessen
ausklinken, fordert Ahnefeld. 42 Jahre sei derzeit das Durchschnittsalter in
seinem Unternehmen, im Jahr 2020 liege es bei 50 Jahren. Während lange Zeit
bei uns der Jugendwahn grassierte, wird heute die Erfahrung älterer Kollegen
mehr geschätzt als noch vor zehn Jahren. Als Opfer der Altersängste wähnt sich
mit einem Lächeln auch Walter Döring: Als ich mich vor nicht all zu langer Zeit
beruflich verändern musste, fanden es zwei Unternehmen zunächst schick, sich
mit einem 'Ex-Minister' zu schmücken. Als sie jedoch hörten, dass ich bereits
50 Jahre alt bin, erlosch das Interesse.
Am Ende des Abends steht eine junge Frau nachdenklich im Eingangsbereich.
Das war alles sehr interessant, aber letztlich vor die K-Frage 'Kind oder Köter'
gestellt, würde ich doch lieber den Hund nehmen.
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