LZ-Artikel vom 05.02.2013 - Diakonieverband Nordostniedersachsen

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LZ-Artikel vom 05.02.2013 - Diakonieverband Nordostniedersachsen
Dienstag, 5. Februar 2013 · Nr. 30
5
Lokales
Raus aus den Schulden
Ein Ehepaar, 80 000 Euro Miese und der Ausweg – Berater der Diakonie bieten Hilfe bei Geldsorgen
ben Lneburg. Wer im Bro
von Tina Stache mit der Sozialarbeiterin an dem runden Tisch
sitzt, dem lasten die Schulden
schwer auf den Schultern. Bei
Sonja und Marco Mller sind es
rund 80 000 Euro. „Jeder trgt
40 000 Euro, ein Teil sind gemeinsame Schulden“, sagt Tina
Stache whrend Sonja Mller
noch berlegt. „So oft sieht man
sich das ja nicht so gerne an“,
gesteht sie. Den meisten Menschen, die in die Schuldnerberatung der Diakonie kommen,
fllt es auch schwer, darber zu
reden. ber Geld spricht man
nicht in Deutschland, erst recht
nicht, wenn man keins hat. „Fr
viele ist das wie ein Stigma“,
sagt Tina Stache. „Aber das
Eingestndnis ,Ich habe Schulden und schaffe es allein nicht
mehr', ist der erste Schritt.“
Sonja und Marco Mller, die
eigentlich anders heißen, aber
anonym bleiben mchten, haben diesen Schritt vor knapp
einem Jahr gemacht. Mit einem
dicken Aktenordner seien sie in
die Schuldnerberatung gekommen, erinnert sich Sonja Mller.
„Auf den Termin haben wir fast
ein halbes Jahr gewartet.“ Denn
jhrlich kommen mehr als 300
Menschen in die Schuldnerberatung, Tendenz steigend.
Beim Amtsgericht Lneburg
haben im vorigen Jahr 417
Menschen Privatinsolvenz beantragt. „Die Privatinsolvenz ist
aber nur eine Mglichkeit bei
Seit 18 Jahren arbeitet Tina Stache als Schuldnerberaterin. Die 57-Jhrige findet „die Kombination aus
Mensch und Recht eine spannende Geschichte“.
Foto: t & w
berschuldung, deshalb spiegelt die Zahl nicht die Gesamtsituation wider“, sagt Tina Stache. Tatschlich waren 2012
bundesweit rund 6,6 Millionen
Menschen betroffen, gibt die
Auskunftei Creditreform an. In
Niedersachsen ist jeder Zehnte
berschuldet.
Die Grnde dafr sind so
unterschiedlich wie die Menschen, die ihre Unterlagen im
Bro von Tina Stacke auf dem
runden Tisch ausbreiten. Bei
Sonja und Marco Mller hat
der finanzielle Ruin seinen Ur-
sprung in einer persnlichen
Krise: 2005 diagnostizieren
rzte Krebs bei Malte, dem
ltesten ihrer vier Shne. Fr
lebensnotwendige
Knochenmarkspenden sollen die Eltern
sich rund um die Uhr bereit
halten. Die sozialpdagogische
Assistentin und der Elektriker
sorgen sich Tag und Nacht um
ihren Sohn. „Mit Arbeiten war
da nichts mehr“, sagt die Mutter. Ein halbes Jahr macht Marco Mllers Chef das mit, dann
kndigt er ihm. Kurz zuvor
hatte die Familie einen Kredit
ber 20 000 Euro aufgenommen, konnte jetzt die Raten
nicht mehr voll zahlen.
Die kleinen Betrge, die das
Paar abstottert, reichen nicht
mal, um die Zinsen zu tilgen.
Zu Hause stapeln sich Rechnungen, die teure Nachtspeicherheizung sorgt fr eine hohe
Stromnachzahlung,
andere
Mahnungen, die sie inzwischen
ber Inkassounternehmen erreichen, knnen die Schuldner
gar nicht mehr nachvollziehen,
geschweige denn begleichen.
Der Weg zum Briefkasten wird
gekndigt, als sie mit ihrem
fr Marco Mller zur Qual, die
jngsten Sohn schwanger war,
Situation zur Zerreißprobe fr
bezieht seither Hartz IV. Ihr
die Beziehung. Fr einige MoMann arbeitet heute als Kassienate zieht Marco Mller in eine
rer, doch die Supermarktkette
eigene Wohnung. Das verurstellt ausschließlich Vertrge
sacht noch mehr Kosten. Und
obwohl er jeden Job annimmt,
ber 16 Stunden pro Woche
als Containerpacker im Hafen
aus, sein Gehalt liegt bei 600
arbeitet oder ber eine Zeitarbis 700 Euro monatlich. „Er ist
beitsfirma im Paketdienst, das
fnf Familienmitgliedern zu UnGeld reicht nie.
terhalt verpflichtet“, sagt Tina
„Wir haben versucht, es alleiStache, schlgt einen Ordner
ne hinzukriegen. Aber letztlich
auf und zeigt auf die gesuchte
haben wir uns damit selbst
Spalte in der Lohnpfndungstabetrogen“, sagt Sonja Mller.
belle. „Ab einem Verdienst von
Im Winter 2011 ruft sie bei der
2280 Euro wren ihm zehn
Schuldnerberatung an. „Das
Cent pfndbar.“ Auf so viel
war gleich eine Befreiung, obGeld kommt die Familie nicht.
wohl noch nichts passiert war.“
„Abzglich Miete bleiben 800
Jetzt steht der
Euro zum Le„Null-Plan“
Ordner
des M
ben“, sagt Sonja
Paares im Regal
Das
ist der Ausweg M Mller.
bei Tina Stache
muss reichen fr
neben vielen anderen. Rund
Strom, Lebensmittel, Kleidung,
vier Monate hat die FinanzexSchulmaterial und das Auto,
pertin gebraucht, um sich einen
das Marco Mller braucht, um
berblick zu verschaffen: Sie
zur Arbeit zu kommen.
hat alle Glubiger angeschrieTrotzdem sind sie zuversichtben, geprft, ob deren Fordelich, seit sie Tina Stache an
rungen noch rechtsgltig sind,
ihrer Seite wissen. „Es geht
bei Gericht Einsicht ins Schuldbergauf“, sagt Marco Mller,
nerverzeichnis genommen. In
„Aber wir tun auch viel dafr.“
Krze werden dort die Antrge
Sie sind in eine gnstigere
auf Privatinsolvenz von Sonja
Wohnung gezogen, passen beim
und Marco Mller eingehen. In
Telefonieren auf, das Gesprche
sechs Jahren werden sie schulnicht lnger dauern als notwendenfrei sein, obwohl das Verdig und bestellen nichts mehr
fahren laut Tina Stache nach
im Internet. Mahnungen sta„Null-Plan“ luft. Das bedeutet,
peln sich seither nicht mehr bei
sie knnen ihren Glubigern
ihnen. Und Marco Mller kann
keinen Cent zahlen.
„endlich wieder guten GewisSonja Mller hat ihren Job
sens zum Briefkasten gehen“.
Neues Gesetz bringt Beratungsstellen in Not
Entwurf sieht schnelleres Verfahren fr Schuldner vor, wenn sie ein Viertel der ausstehenden Betrge tilgen knnen
ben Lneburg. Die Bundesregierung plant eine Neuregelung des Privatinsolvenzverfahrens: Schuldner sollen sich
knftig bereits nach drei statt
wie bisher nach sechs Jahren
von ihrer Last befreien knnen,
wenn sie whrend dieser Frist
ein Viertel der Forderungen abgezahlt haben und die Kosten
des Verfahrens bernehmen.
Durch die Verkrzung der sogenannten Restschuldbefreiung
„erhalten insolvente Existenzgrnder
und
Verbraucher
schneller als bisher eine zweite
Chance“, heißt es auf der Internetseite des Justizministeriums.
Das klingt positiv, doch der
Teufel steckt im Detail. Jrg
Hubert, Leiter der Schuldnerberatungsstelle
Lneburger
Heide, sagt: „Wir stehen vor
einem Gesetzesentwurf, der fr
sehr viele Menschen eine Verschlechterung bedeutet.“
Hubert und sein Dannenberger Kollege Dierk Hilterhaus
haben jetzt die grne Bundestagsabgeordnete Brigitte Pothmer um Untersttzung gebeten.
Jhrlich suchen rund 400 Menschen die Beratungsstelle auf.
Nur etwa ein Prozent davon
wre berhaupt in der Lage, die
25-Prozent-Forderung zu erfl-
len, schtzt Hubert. Und eben
diese Schuldner seien auch diejenigen, bei denen Geld zu
holen sei, sagt Hilterhaus: „Das
wre gegenber den Glubigern
ungerecht.“
Brigitte Pothmer wittert „die
Bevorzugung eines bestimmten
Schuldner-Klientels“. Da der
Entwurf aus einem FDP-gefhrten Ministerium komme, vermutet die Grnen-Politikerin:
„Frau Leutheusser-Schnarrenberger hat die ehemaligen
Selbststndigen im Blick.“ Hilterhaus nickt. „Bei der Verkrzung der Restschuldbefreiung
darf es keine Bedingungen ge-
ben, sie muss fr alle Schuldner
gleichermaßen gelten.“
Wie es berhaupt zum jetzigen Entwurf kommen konnte,
knnen die Experten nicht
nachvollziehen. Denn bereits
2011 hatten Vertreter von
Schuldnern, Glubigern, Inkassounternehmen, Anwlten und
Gerichten beim „Runden Tisch
Verbraucherinsolvenz“ ein Eckpunktepapier entwickelt. Diese
Empfehlungen hatten sich laut
Pothmer im ersten Referentenentwurf noch wiedergefunden,
der Vorschlag der Bundesregierung jetzt aber „weicht davon
exorbitant ab“.
Zwar sei gundstzlich positiv,
dass laut Entwurf Schuldnerberater keine außergerichtliche
Einigung mehr anstreben mssen, wenn diese aussichtslos ist.
Doch dass die stattdessen auszustellende Bescheinigung mit
einer Pauschale in Hhe von 60
Euro abgegolten werden soll,
„gefhrdet die Finanzierung aller niederschsischen Schuldnerberatungsstellen“,
glaubt
Hubert. Viele Menschen wrden mit einem Schuhkarton
voller Unterlagen in die Beratung kommen. Auch um feststellen zu knnen, dass eine
außergerichtliche Einigung aus-
sichtslos sei, „mssen wir jedes
Papier einzeln anfassen“. Bisher
sei nach Anzahl der Glubiger
abgerechnet worden. 244 bis
580 Euro haben die Berater pro
Verfahren eingenommen. Die
Pauschale htte fr die Beratungsstelle Lneburg ein Minus
von rund 80 000 Euro zur Folge,
schtzt Hubert: „Damit wre
der Betrieb mit vier Personen
nicht mehr zu erhalten.“
Mitte Januar war die zweite
Anhrung des Gesetzesentwurfs, jetzt wird in Fachausschssen und im Parlament beraten, bevor die Politiker endgltig abstimmen.
M Ansprechpartner M
D
ie Schuldnerberatungsteams der Diakonie und
der Schuldnerberatung Lneburger Heide zeigen berschuldeten Menschen Wege aus der
finanziellen Misere, beraten in
sozialrechtlichen Fragen und in
Fragen zur Sicherung des Lebensunterhaltes.
Die
Beraterinnen
der
Schuldnerberatung der Diakonie, im Haus der Kirche, An
den Reeperbahnen 1, sind fr
Terminvereinbarungen zu erreichen von Montag bis Freitag in
der Zeit von 8.30 bis 9 Uhr
sowie Dienstag bis Donnerstag
von 12.30 bis 13 Uhr unter v
74 92 15 (Tina Stache), 74 92 18
(Brigitte
Bestmann)
und
74 92 14 (Anke Gottwald). Weitere Infos unter www.viaduk.de.
Das Team der Schuldnerberatung Lneburger Heide in
Lneburg ist zu erreichen unter
v 70 91 92, fr Menschen aus
dem Raum Dannenberg ist
Dierk Hilterhaus Ansprechpartner, v (058 61) 3 39 99 92. Weitere Infos unter www.sblh.de im
Internet.
ben
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