Gabriele Hierlmeier

Transcription

Gabriele Hierlmeier
1. Reisevorbereitungen
Ich studiere Chemie an der Universität Regensburg und habe mich um ein RISE Stipendium für den
Zeitraum zwischen meinem Bachelor- und Masterstudium beworben. Für mich als Chemiestudentin
fand ich diesen Zeitraum sehr passend, da ich so einen guten Einblick in die Forschung bekam und mir
darüber klar wurde, auf welche Fächer ich mich in meinem Masterstudium spezialisieren will.
Die Zusage für mein DAAD Stipendium erhielt ich Anfang März diesen Jahres. Ich hatte mich um ein
Projekt am Departement of Chemistry der University of Alabama bei Prof. Dr. A. J. Arduengo, III,
beworben. Damit war mir klar, dass ich nicht nur eine gute Zeit in den USA verbringen, sondern diese
auch erst einmal vorbereiten durfte. Zuerst habe ich meinen Praktikumsleiter kontaktiert, um mich mit
ihm auf den genauen Zeitraum des Praktikums festzulegen. In meinem Fall war dies vom 7. August bis
3. Oktober 2015, also insgesamt acht Wochen. Prof. Arduengo hat sich bei den Reisevorbereitungen
gut um mich gekümmert und war mir stets eine große Hilfe.
1.2 US Visum
Als RISE Stipendiat muss man sich um ein J1-Visum bei der amerikanischen Botschaft bewerben. Dafür
benötigt man verschiedene Unterlagen. Der erste Schritt war für mich die Beantragung eines
Reisepasses, weil ich einen solchen vorher noch nie benötigt hatte. Dies dauert in etwa zwei Wochen,
wobei ich mich in diesem Zeitraum bereits um andere Unterlagen kümmern konnte. Prof. Arduengo
hatte bereits mehrere deutsche Studenten in seinem Arbeitskreis zu Gast, weswegen er sich gut mit
den benötigten Dokumenten auskannte. Von der amerikanischen Universität wurden mir zwei
Formulare, ein DS-2019 und ein DS-7002, per Post zugeschickt. Diese Unterlagen sind sehr wichtig für
den weiteren Bewerbungsprozess, da man darauf seine SEVIS Nummer und seine Exchange Visitor
Nummer findet. Mit diesen Nummern konnte ich dann ein DS-160 Online-Formular ausfüllen, was
anfangs sehr einfach erscheint, sich jedoch aufgrund der detaillierten Informationen, die die
amerikanische Botschaft hier von einem wissen will, als sehr aufwändig gestaltete. Mit der
ausgedruckten Confirmation Page dieses Formulars, der Bestätigung der SEVIS Fee Überweisung und
sämtlichen anderen Unterlagen, die ich im Laufe der Visums-Beantragung erhalten hatte, machte ich
mich auf den Weg zur amerikanischen Botschaft in München. Ich war an einem Freitag Morgen da und
insgesamt dauerte der Besuch 30 min, wobei ich davon nur etwa zwei Minuten mit einem
Konsularbeamten sprach. Obwohl auf sämtlichen Formularen darauf hingewiesen wird, welche
Unterlagen für den Visums-Termin benötigt werden, sollte ich hier nochmal erwähnen dass man vor
allem die Formulare und Bestätigungsschreiben mit sich haben sollte. Nach Dingen wie einer
Stipendienbestätigung, Auslandskrankenversicherung oder einer Rückkehrintention wurde ich nicht
gefragt. Den Reisepass mit Visum bekam ich innerhalb der nächsten Tage zugeschickt. Insgesamt
musste ich etwa 300 $ für die Beantragung des Visums bezahlen.
1.3 Flüge
Ich habe die beiden Interkontinentalflüge bereits im April gebucht und dafür auch den
Reisekostenzuschuss des DAADs komplett verbraucht. Da ich vorher in der Nähe von Berlin war, bot
es sich an, von dort aus zu fliegen. Meine Flugrouten waren Berlin-Brüssel-Chicago-Birmingham und
beim Rückflug Birmingham-Houston-München(-Berlin), wobei ich den letzten Flug verfallen ließ (habe
diesen nur gebucht, weil es dadurch günstiger wurde). Das Flughafenpersonal in Birmingham erzählte
mir, dass ich dafür Umbuchungsgebühren in Höhe von 300 $ bezahlen muss. Das habe ich zum Glück
nicht getan. In München angekommen konnte ich am Service Schalter der Lufthansa diese
Angelegenheit innerhalb von 5 min kostenlos regeln und erhielt mein Gepäck.
1.4 Unterkunft
Die Organisation einer Unterkunft in Tuscaloosa gestaltete sich als sehr schwierig. Da ich nur zwei
Monate blieb, wollte mir kein Studentenwohnheim ein Zimmer für einen so kurzen Zeitraum
vermieten. Über Seiten wie craigslist.org kontaktierte ich im Vorfeld einige Leute, die ihre Zimmer
untervermieten wollten, allerdings konnte ich so keine passende Unterkunft zu einem vernünftigen
Preis finden. Zum Glück erfuhr ich nur ein paar Tage vor meiner Ankunft von einem ChemieDoktoranden an der Fakultät, der für sechs Wochen nicht da war und mir in diesem Zeitraum und die
folgenden zwei Wochen sein Zimmer vermieten wollte. Alternativ hätte mir Prof. Arduengo die
Wohnung seines Post-docs oder ein Zimmer auf seiner Ranch angeboten.
1.5 Geld
Da man in den USA fast ausschließlich per Kreditkarte bezahlt, wollte ich mir vor meinem Aufenthalt
erstmals eine solche besorgen. Dabei achtete ich besonders darauf, dass keine Gebühren beim Geld
abheben oder bezahlen im Nicht-EU-Ausland anfallen. Meine Wahl fiel auf die Karte der Consorsbank,
mit der ich durchgehend sehr zufrieden war.
1.6 Kulturelles
Alabama gehört zu den Südstaaten Nordamerikas und hat ein dafür typisches Klima. Fast jeden Tag
hatten wir über 30 °C, was sich aufgrund der extrem hohen Luftfeuchtigkeit wesentlich wärmer
anfühlt. Alle Gebäude sind mit Klimaanlagen ausgestattet, die auf ca. 20 °C eingestellt sind. Deswegen
kann ich nur empfehlen auch genügend warme Kleidung mitzubringen.
Anfangs hatte ich gehofft, jeden Tag von meinem Apartment mit öffentlichen Verkehrsmitteln an die
Universität fahren zu können. In Tuscaloosa gibt es leider außer auf dem Campus selbst keine Buslinien.
Aufgrund des Klimas in Alabama kann ich Fahrradfahren auch nur bedingt empfehlen. Am sinnvollsten
ist es sicherlich, sich ein Auto für die Zeit dort zu besorgen, andernfalls ist man täglich auf Leute mit
Auto angewiesen.
Der Campus der University of Alabama war eine echte Attraktion für jeden Besucher. Abbildung 1 zeigt
das Chemie Gebäude, auch genannt Shelby Hall.
Abb. 1: Campus der University of Alabama
Wenn man an Essen in den USA denkt, dann kommen einem sofort Gerichte wie Burger, Spare Ribs
oder Cheesecake in den Sinn. In Tuscaloosa gibt es zahlreiche Restaurants mit allem was typisch für
Amerika ist. Neben traditionellen Burger-Küchen und dem für die Südstaaten typischen Barbecue
findet man aber auch mexikanische, chinesische oder italienische Küche in sämtlichen Formen. Ein
besonderes Highlight der US-amerikanischen Küche war für mich das Barbecue Dinner, zu dem Prof.
Arduengo seinen Arbeitskreis an meinem letzten Abend einlud. Da in den USA relativ wenig selbst
gekocht wird, sind frische Lebensmittel im Supermarkt sehr teuer.
Die Football-Saison in Tuscaloosa ist ein weiteres Highlight für jeden Einwohner dort. Das CollegeFootball Team vor Ort ist eines der besten Teams landesweit, weswegen die ganze Stadt an den Game
Days im Ausnahmezustand ist. Während meines Aufenthalts besuchte ich ein Spiel, wobei ein Ticket
ca. 60 $ kostete. Das Spiel war ein tolles Erlebnis, aber auch die Shows vor dem Spiel und in der Halbzeit
waren sehr beeindruckend.
2. Projekt
Carbene sind neutrale Verbindungen, die ein zweibindiges Kohlenstoffatom mit Elektronensextett
besitzen. N-heterocyclische Carbene (NHCs) sind Heterocyclen mit fünf oder mehr Atomen, in welchen
sich ein Singulett-Carbe i α-Position zu einem oder zwei Stickstoff-Atomen befindet.1 Der erste
Übergangsmetall-NHC-Komplex wurde 1968 von Wanzlicks Arbeitsgruppe synthetisiert (Schema 1).2
Es dauerte weitere 20 Jahre, bis das erste bei Raumtemperatur stabile, freie Carben, 1,3-Bis(1adamantyl)imidazol-2- yliden (IAd), durch Deproto ieru g des I idazoliu salzes IAd∙HCl vo
Arduengo synthetisiert und charakterisiert werden (Schema 1).3
Schema 1: Synthese des ersten Übergangsmetall-NHC-Komplexes (oben) und des ersten freien Carbens (unten)
In meinem Projekt ging es um Fluoroalkoxy-Carbene und deren Komplexe mit Elementen der IV.
Hauptgruppe und Thorium. Der erste Schritt bestand in der Synthese des entsprechenden
Benzimidazoliumsalzes 1 aus Benzimidazol und Isobutylenoxid.
Schema 2: Synthese des Benzimidazoliumzwitterions 1
Im Anschluss wurde dieses Zwitterion mit zwei Äquivalenten Kaliumtertbutanolat versetzt, um das
freie Carbendianion zu bilden. Lösungen dieses Anions wurden in situ mit verschiedenen Gruppe-IVchloriden versetzt. So wurde beispielsweise durch Reaktion des Carbendianions mit
Diphenyldichlorsilan der hypervalente Silizium-Komplex 2 synthetisiert (Schema 2).
Schema 2: Darstellung von Verbindung 2 durch Reaktion des Carbendianions mit Ph2SiCl2
Der Komplex konnte durch Abkühlen einer gesättigten Lösung in Toluol kristallisiert werden.
Einkristallröntgenstrukturanalyse ergab die in Abbildung 2 gezeigte Kristallstruktur.
Abb. 2: Kristallstruktur von Verbindung 2, H-Atome sind nicht gezeigt
Im Rahmen meines Projekts wurden analoge Reaktionen mit SiCl4, SnCl4, Pb(OAc)4 und ThF4
durchgeführt, wobei unterschiedliche Produkte erhalten wurden. Diese wurden hauptsächlich durch
NMR-Spektroskopie untersucht, wobei Heterokern-NMR (19F, 29Si) eine wichtige Rolle spielte.
Insgesamt durfte ich eine spannende Zeit in Alabama erleben. Mein Projekt war sehr interessant und
brachte einige neue Ergebnisse mit sich, die sogar in Zukunft publiziert werden sollen. Ich konnte
meine präparativen Fähigkeiten im Labor um einige neue Inertgastechniken erweitern und mehr über
NMR-Spektroskopie und Einkristallröntgenstrukturanalyse lernen.
1
M. N. Hopkinson, C. Richter, M. Schedler, F. Glorius, Nature 2014, 510, 485-496.
H. W. Wanzlick, H. J. Schönherr, Angew. Chem. Int. Ed. 1968, 7, 141-142; Angew. Chem. 1968, 80, 154.
3
A. J. Arduengo, III, R. L. Harlow, M. Kline, J. Am. Chem. Soc. 1991, 113, 361-363.
2