Lectra White Paper Automotive Leather
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Produktion und Zuschnitt von LEDER FÜR DIE AUTOMOBILINDUSTRIE Produktion und Zuschnitt von LEDER FÜR DIE AUTOMOBILINDUSTRIE Vorwort Seit 2013 registriert die internationale Gerbereibranche eine starke Nachfrage nach Fertigleder für automobile Innenausstattungen. Die Automobilbranche ist seit langer Zeit ein ergiebiger Sektor für Lederhersteller. Allerdings ist die Bedeutung in diesem Jahrzehnt aufgrund des Nachfragerückgangs in anderen Branchen, insbesondere in der Schuhindustrie, noch bedeutender geworden. Die Produzenten der Automobilbranche sind als anspruchsvolle Kunden bekannt und insistieren, dass alle Lieferanten Jahr für Jahr große Fortschritte in Bezug auf die betriebliche Effizienz machen und automatisch einen Teil der Einsparungen direkt weiterleiten. Sie handeln nach Lean Prinzipien, verfolgen eine Supply Chain Excellence und bestehen darauf, dass Lieferanten – also auch Gerber – wichtige Produktionsdaten erfassen und teilen. Alle Zulieferer müssen hart arbeiten, um ihre Kunden weiter zufrieden zu stellen. Insbesondere Automobilfirmen in den Premium- und Luxussegmenten verbrauchen eine große Anzahl hochwertiger Rinderhäuter auf dem Markt und spielten eine immer größere Rolle bei der Aufrechterhaltung der Lederweiterverarbeitung. Die Automobilbranche hat derzeit einen Marktanteil, der zwischen 15 und 18% der Gesamtmenge der zu verarbeiteten Rinderhäute liegt. Diese Zahl soll bis 2020 auf mindestens 25% steigen. Neben der steigenden Nachfrage an Rinderhäuten, rechnen Experten weiterhin mit wachsenden Anforderungen von Automobilherstellern an Effizienz und Informationen in Bezug auf die Verarbeitung von Leder für den automobilen Innenaraum. Fortschrittliche Technologien, wie z.B. automatisierte Zuschnittsysteme können Gerbern helfen, die nötigen betrieblichen Verbesserungen zu erzielen und gleichzeitig die gewünschten Produktionsdaten zu generieren. Dies erfordert jedoch nicht nur eine Investition in die Technologie, sondern recht häufig auch tiefgreifende Änderungen der Arbeitsweise im gesamten Unternehmen. Veränderungen sind immer schwierig, aber viele Technologieunternehmen wissen heute was es bedeutet einen Wandel zu vollziehen, um angebotene Systemlösungen bestmöglich zu nutzen. Technologieunternehmen bieten außerdem ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und verpflichten sich, Gerbern bei der Umsetzung der organisatorischen und kulturellen Änderungen zu helfen, die für eine dauerhaft gewinnbringende Nutzung neuer Technologien erforderlich sind. Das ist das Angebot an die Gerbereien, näher an die Wirtschaft des einundzwanzigsten Jahrhunderts zu rücken. LECTRA Produktion und Zuschnitt von LEDER FÜR DIE AUTOMOBILINDUSTRIE 3 Produktion und Zuschnitt von LEDER FÜR DIE AUTOMOBILINDUSTRIE Inhalt Die wichtigsten Erkenntnisse 07 Allgemeine Situation der Lederindustrie 08 Besondere situation beim gerben von leder der automobilbranche 09 Bedeutung des Zuschnittverfahrens 10 Argumente für einen wechsel zur automatisierung 11 Change-Management als Schlüssel zum Erfolg 14 LECTRA Produktion und Zuschnitt von LEDER FÜR DIE AUTOMOBILINDUSTRIE 5 Produktion und Zuschnitt von LEDER FÜR DIE AUTOMOBILINDUSTRIE Die wichtigsten Erkenntnisse Der Automobilsektor wächst, wobei China und andere sich schnell entwickelnde Länder das höchste Wachstum verzeichnen und die USA sich im Wiederaufstieg befinden. Zusätzlich steigt die Nachfrage der Automobilhersteller (OEM´s) nach Leder für deren Innenausstattungen. Gerber sehen diesen Anstieg grundsätzlich als ein gutes Zeichen – allerdings ist für sie die Beziehung zwischen Lieferant und Kunde in der Automobilbranche ein Dorn im Auge. Sie sind meistens in direktem Kontakt mit den Autoherstellern, die dem Käufer direkt gegenüberstehen, wenn es darum geht die Liefermenge und Qualität von Leder festzulegen. Häufig jedoch müssen Gerber ihr Fertigleder oder ihre zugeschnittenen Teile, die sie in ihren eigenen Zuschnittwerken gefertigt haben, an spezialisierte Zulieferer für Sitze anstatt direkt an den Autohersteller liefern. Das führt zu natürlichen Spannungen, da viele Tier 1 Supplier ebenfalls Zuschnittdienstleistungen (teilweise inkl. Nähen) erbringen können und Gerber somit als direkte Konkurrenz ansehen. Hinzu kommt, dass einer der großen Tier 1 Supplier 2014 eine nicht unerhebliche Investition in die Lederherstellung gemacht hat, was in der gesamten Lieferkette für Automotive-Leder zu weiteren Spannungen geführt hat. Fortschrittliche automatisierte Zuschnittsysteme können die betriebliche Effizienz von Gerbereien erhöhen und diese somit Kundenanforderungen besser nachkommen. Selbst wenn die zusätzliche Marge für den Zuschnitt nur gering ist, ist das ein weiteres Argument in Gesprächen mit OEM´s, Leder als Angebotsvarianten für neue und bestehende Modelle mit anzubieten und somit den Marktanteil zu erhöhen. Diese Technologien sind ein Mittel sich schneller an Veränderungen anzupassen, die sich innerhalb des Angebotsportfolios der Hersteller ergeben. Immer dann wenn Produkte auf die Wünsche und Vorlieben verschiedener Märkte rund um die Welt angepasst werden. Für manche Gerbereien sind computergesteuerte Zuschnittmaschinen und -prozesse Neuland. Andere hingegen profitieren von der höheren Nutzungsrate und niedrigeren Abfallmenge, die die Technologie verspricht. Das wiederum ermöglicht ihnen neue Standards zu setzen und mit hochwertigen Häuten zu arbeiten. High-End-Technologien stellen außerdem eine wichtige Datenquelle dar. Generierte Daten liefern den OEM´s einen tieferen Einblick in die einzelnen Prozesse der Lederherstellung und den Gerbern im Falle eines Streits mit den Herstellern bzw. ihren Sitzlieferanten, möglicherweise wichtige Argumente und Beweise. Es scheint, als wolle ein Teil der Gerbereien die Zuschnittaktivitäten grundsätzlich weiter anbieten. Sie haben verstanden, dass eine Automatisierung grundsätzlich viele Vorteile mit sich bringt, lassen sich aber nur schwer davon überzeugen, alle den Zuschnitt beinflussenden Prozesse komplett umzustellen. LECTRA Produktion und Zuschnitt von LEDER FÜR DIE AUTOMOBILINDUSTRIE 7 Produktion und Zuschnitt von LEDER FÜR DIE AUTOMOBILINDUSTRIE Allgemeine Situation der Lederindustrie Leder wird unter Produzenten hochwertiger Fertigprodukte nach wie vor als attraktives, luxuriöses, natürliches und wertschöpfendes Oberflächenmaterial geschätzt. Allerdings hat der hohe Preis der Lederhäute in den letzten Jahren zu einer rückläufigen Nachfrage geführt – besonders innerhalb der Schuhindustrie. Durch den jüngsten rückläufigen Ölpreis, werden die meisten Kunststoffe, die Schuhhersteller als Lederersatz verwenden, noch günstiger. Das macht den Preisunterschied zwischen Ledererzeugnissen und Produkten synthetische Materialien noch größer als zuvor. Dieser Trend wird nur teilweise von der grundsätzlich ansteigenden Anzahl von Schuhen, die weltweit hergestellt und verkauft werden, ausgeglichen. Insider sind der Meinung, dass die Zeit, in der Sportschuhe aus Leder gefertigt wurden, vorbei ist und auch nicht zurückkommen wird. Andere halten es für sehr wahrscheinlich, dass dieser Trend auch in der Möbelbranche eintreten wird: synthetische Materialien, von welchen einige Hersteller glauben, es als Lederersatz verarbeiten zu können, ist beispielsweise für einen Drittel des Preises zu haben. Man muss zugeben, dass die Hersteller dieser Materialien Talent beim Imitieren von einigen Lederqualitäten bewiesen haben – was die Wahrscheinlichkeit natürlich vergrößert, dass der Lederanteil im gesamten Möbelsegment zurückgehen wird. 8 Verbraucher wollen Authentizität. Das ist die gute Nachricht für die Lederbranche. Hersteller, für die hochwertiges Leder ein Bestandteil ihrer Firmenphilosophie ist, wie Hersteller und Anbieter von Premium-Accessoires, -Schuhen, -Möbeln und -Automobilen, sind hiervon kaum betroffen. Das Gerücht, dass Verbraucher mehr und mehr Authentizität fordern, nimmt immer mehr Gestalt an. Sie legen großen Wert darauf, dass Hersteller, Marken und Einzelhändler wahrheitsgemäß angeben, aus welchem Material ihre Produkte bestehen und wo, wie und von wem die Produkte und das Material hergestellt wurden. Das sollten für die Lederindustrie grundsätzlich gute Nachrichten sein, wenn Gerber weiterhin innovativ bleiben, die Natürlichkeit des Produkts hervorheben und alle Informationen bereitstellen, die ihre Abnehmer und Endkunden möglicherweise über die Rückverfolgbarkeit der Rohmaterialien, die Nutzung von Chemikalien, das Umweltmanagement und die soziale Verantwortung von Unternehmen verlangen könnten. Es geht um eine Umgebung, in der nichts verborgen bleibt und der einzige Weg zum Erfolg der ist, die Wahrheit über sich selbst und seine Produkte offen zu kommunizieren. Es ist ganz normal, dass sich Hersteller, Markeninhaber und Verbraucher auf Kompromisse einiger oder aller oben genannten Punkte einlassen – schon alleine des Preises wegen. Manchmal spielen auch rechtliche Veränderungen oder negative Werbung eine entscheidende Rolle, gängige Methoden oder Praktiken zu ändern. Das führt zwangsweise zu einer Diskussion darüber, ob Lederlieferanten überhaupt versuchen sollten, Leder mit anderen Rohstoffen zu vergleichen und konkurrierend zu behandeln. Erfolgreiche Gerbereien könnten sich stattdessen weiter darauf fokussieren, feinstes Leder so effizient wie möglich herzustellen und aber auch stolz auf Ihre Produkte zu sein und einen fairen Preis dafür zu verlangen. LECTRA Produktion und Zuschnitt von LEDER FÜR DIE AUTOMOBILINDUSTRIE Produktion und Zuschnitt von LEDER FÜR DIE AUTOMOBILINDUSTRIE Besondere Situation beim Gerben von Leder der Automobilbranche Grade im Bezug auf das Leder, hat sich im Automobilbereich seit 2012 vieles verändert. Die Anzahl weltweit verkaufter Autos ist hauptsächlich dank der vielen mittelständischen und wohlhabenden Käufer in China und anderen sich schnell entwickelnden Ländern, sowie eines erholten amerikanischen Marktes, gestiegen. Laut Prognosen könnten Automobilhersteller bis 2020 insgesamt 30 Millionen Fahrzeuge in China verkaufen, da die Mittelschicht weiter wächst (Abbildung 1). Abbildung 1 Chinas Marktanteil am internationalen Wachstum der Automobilbranche bis 2020 China ROW 34% 42% 10% Europe Quelle: McKinsey 14% North America Interessant ist z.B., dass die vom Luxushersteller Rolls Royce produzierte Innenausstattung eines Fahrzeugs mindestens 10 ganze Rinderhäute umfasst – bei einigen Modellen sogar 15. BMW stellt momentan mehr als 2 Millionen Fahrzeuge pro Jahr her. Natürlich sind nicht alle davon innen komplett mit Leder ausgestattet, aber die Nachfrage ist natürlich sehr hoch. Anlässlich der Internationalen Ledermesse in Paris 2007 bestätigte die BMWGruppe, dass sie täglich 11.000 Häute verarbeitet. Trotzdem bleibt das Ledergeschäft schnelllebig und unvorhersehbar. Gerbereien wissen, dass sie kreativ und offen für Neues bleiben müssen. Aufgrund des starken Wettbewerbs ist der Druck auf die meisten Hersteller sehr hoch. Das kann große Herausforderungen und jede Menge Probleme für Gerber bedeuten. Ihre Konkurrenten sind Unternehmen, die Textilien oder Kunststoffe für automobile Innenausstattungen herstellen. Sie arbeiten hart daran, ihre Materialen in Sachen Preis-Leistung für die OEM´s und deren Tier 1 Supplier attraktiv zu gestalten. Trotzdem sind Gerber zuversichtlich, dass Leder noch stärker zur Differenzierung beitragen kann als bisher, insbesondere in Luxussegmenten der Automobilbranche, die Leder als Bezugsmaterial auswählen, gerade weil es teuer ist. Sie bezahlen an Gerbereien natürlich mehr als sie Lieferanten von alternativen Materialien für ihre KfzInnenausstattung zahlen würden. Allerdings sind sie Profis darin, die Extrakosten mit ordentlichen Margen auf ihre Endverbraucher umzulegen. Immer mehr Automarken folgen diesen Beispielen und bieten Leder zumindest als Option an. Die Gründe, warum auch die Nachfrage nach Leder für Kfz-Innenausstattungen stetig steigt, sind vielseitig. Einige Branchenbeobachter sind überzeugt davon, dass der Automobilsektor angesichts einer rückläufigen Nachfrage in der Schuhindustrie, die Rettung für die internationale Lederbranche sein kann. Laut Prognosen wird der Anteil der weltweit ABBILDUNG 2 INTERNATIONALE von Gerbern für die Automobilindustrie hergestellten VERFÜGBARKEIT VON RINDERHÄUTEN Häute, von derzeit 15% bis 18%, bis Ende dieses HÄUTE UND MARKTANTEIL VON KFZ-LEDER Jahrzehnts auf mindestens 25% steigen (Abbildung 2). Gesamtanzahl Häute In Mexiko hat dieser Wandel bereits begonnen. Laut 44.7 eines mexikanischen Industrieverbands sind mehr als million hides die Hälfte der 42.000 Lederhäute, die im wichtigsten Automotive Lederproduktionsgebiet des Landes Guanajuato 16.25% Other applications bearbeitet werden, das früher von der Schuhbranche (footwear, furniture, dominiert wurde, für die Automobilbranche bestimmt. leathergoods, 2014 aircraft interiors) In Guanajuato wird etwa 85% des mexikanischen 275 million Gesamtvolumens verarbeitet. 68.75 230.3 Einstimmig wird behauptet, dass die Nachfrage million million hides nach Neuwagen zumindest in nächster Zeit hoch 83.75% hides bleibt, was für Unternehmen, die zur Lederlieferung 25% für die Innenausstattung mindestens einiger dieser 2020 Fahrzeuge beitragen, gute Nachrichten sind. 275 million Nichtsdestotrotz muss man betonen, dass es sich 206.25 bezüglich der Lieferkette um ein besonders komplexes million 75% und anspruchsvolles Ökosystem handelt. Eines in hides dem die Besten Erfolg haben werden und das für ineffiziente Lieferanten eine riesige Herausforderung Quelle: FAO sein wird. Viele Autodesigner betrachten Leder als interessantes Arbeitsmaterial, mit dem man im Vergleich zu Polyurethan oder Stoff seiner Kreativität besser Ausdruck verleihen kann. LECTRA Produktion und Zuschnitt von LEDER FÜR DIE AUTOMOBILINDUSTRIE 9 Produktion und Zuschnitt von LEDER FÜR DIE AUTOMOBILINDUSTRIE Bedeutung des Zuschnittverfahrens Der Druck der Automobilhersteller hat viele Gerber dazu gebracht, den Zuschnitt als Service in ihr Angebot mit aufzunehmen. Ein kompletter Satz zugeschnittener Lederteile für eine KfzInnenausstattung kann aus bis zu 150 Teilen bestehen - alleine der Bezug des Lenkrads besteht aus vier separaten Lederteilen. Beim Zuschnitt handelt es sich um einen komplexen Prozess, den die Gerber richtig ausführen müssen, wenn sie den hohen Anforderungen ihrer OEM-Kunden gerecht werden wollen. Es scheint, als wäre 2015 das Jahr in dem Gerber dem Trend dieses Mehrwertdienstes wirklich folgen. Derzeit bleibt unwahrscheinlich, dass sie damit ihre Rentabilität steigern, aber die stark nachgefragte Dienstleistung an sich, intensiviert die Beziehung und Zusammenarbeit zwischen den Herstellern und den Lederlieferanten extrem. Gerber wissen, was es bedeutet echten Mehrwert zu liefern. Als Faustregel sagt man, dass der Bearbeitungsaufwand einer rohen Haut in Wetblue eine etwa 25%-ige Materialaufwertung bedeutet. Die Bearbeitung zum Fertigleder kann den Materialwert um weitere 75% - 80% steigern. In einigen Nischenanwendungen, wie Luxusautomobile oder Luftfahrt, kann sich dieser Wert auf fast 100% belaufen. Man ist sich bewusst, dass der Zuschnittprozess für Gerber keine große Mehrwert-Erweiterung ist, das Zusatzargument ein Komplettpaket anbieten zu können und damit als Lederlieferant zu überzeugen, ist entscheidend. „Beim Zuschneiden treffen wir auf Billig-Anbieter“, sagen Gerber. „Einige von ihnen setzen Preise fest, die erstaunlich niedrig sind. Es gibt Orte, an denen man sich nicht vorstellen kann, dass in Rohstoffe, Maschinen und Fachkräfte investiert wird, um hochwertiges natürliches Leder herzustellen aber schneiden kann man es überall.“ Die Fachleute, die Mängel auf den Häuten identifizieren und qualifizieren, entscheiden letztendlich über die Größe der Marge. Die Ausnutzung des Leders ist der Schlüssel zum Erfolg. Laut den Gerbern, liegen dort die Gewinnspannen. Die Lederexperten, die für die Erkennung und Qualifikation von Fehlern auf der Haut verantwortlich sind, legen automatisch die Gewinnspannen fest - egal ob bei einem Stanzsystem oder einem automatisierten Zuschnittverfahren. Sie wissen, wo welche und viele Mängel für jeden Bereich der Innenausstattung eines Modells, je nach Hersteller zulässig sind. Bevor eine Haut für den Zuschnitt bereit ist, wird sie unter verschiedener Lichteinflüssen und unter leichter Dehnung, um jegliche Mängel zu entdecken, kontrolliert. Dabei kann eine andere Qualität festgestellt werden, als die, die Kollegen während des Gerbverfahrens für diese Haut festgelegt haben, was kommuniziert werden muss. Die Tatsache, dass es schwierig sein kann, solche geschulten Leute zu finden, einzustellen und langfristig zu binden, verleiht den Argumenten von Technologieanbietern Nachdruck, dass Gerber mit einer Investition in Automatisierung besser da ständen. Wenn man mit Technologien zumindest das Nesting (Verfahren, bei dem festgelegt wird, wie die zu schneidenden Teile auf die vorhandene Haut platziert werden) und das Nutzungsmanagement einfacher und genauer durchführen könnte, wäre es bereits eine lohnenswerte Investition. Gerber wissen, dass sie das erforderliche Fachwissen haben, um Häute und deren Fehler korrekt zu qualifizieren. Aus diesem Grund sehen Automobilhersteller in logischer Konsequenz die Gerberei als optimalen Ort für diesen Arbeitsschritt - und wenn Gerber dieses Fachwissen ihrer Arbeitskräfte richtig einsetzen, um Häute zu qualifizieren, sollte das eigentliche Schneiden kein Problem mehr darstellen. Dieses Arrangement scheint allen Partnern der Lieferkette einzuleuchten; es darf aber nicht vergessen werden, dass mindestens 40% der fertigen Haut final nicht an die Hersteller und deren Sitzzulieferern versendet werden. Wer könnte besser als die Gerbereien einen Käufer finden, der die Lederreste weiterverarbeitet? 10 LECTRA Produktion und Zuschnitt von LEDER FÜR DIE AUTOMOBILINDUSTRIE Produktion und Zuschnitt von LEDER FÜR DIE AUTOMOBILINDUSTRIE Hersteller bestimmen häufig die Gewinnspanne und Qualität von Leder vorab und bestimmen erst im zweiten Schritt die Gerberei, die es ihnen beschaffen soll. Oft sind die Lieferanschriften der Bestellungen allerdings nicht direkt die bestellenden Montagewerke, sondern zwischengeschaltete spezialisierte Sitzproduzenten. Das macht diesen Teil der Lieferkette natürlich komplexer und schafft zusätzlich Spannungen. Die Tier-1-Zulieferer sind der Meinung, dass der Zuschnitt ganz klar in ihren Verantwortungsbereich fallen sollte und würden demnach schnell und sensibel auf Unstimmigkeiten der Gerber bzgl. Größenangaben von Häuten, der Fehlerqualifizierung oder der Angabe der Nutzfläche usw. reagieren. Wenn der Gerber als Leder- und Teilelieferant damit nicht einverstanden ist, kommt es unausweichlich zu einem Streitfall – die OEM´s stehen dann zwischen den beiden und müssen entscheiden, welcher ihrer Lieferanten recht behält. 2014 ging Lear Corporation noch einen Schritt weiter. Als erster global operierender Tier-1Zulieferer kaufte er mit Eagle Ottawa eine komplette Gerberei. Lear plant das Leder für die in den eigenen Produktionswerken hergestellten Sitze selbst zu produzieren und zuzuschneiden. Automobilhersteller sollen weltweit damit beliefert werden. Allerdings ist bis dato noch fraglich, ob genug Leder für die hauseigene Sitzproduktion hergestellt werden kann. Dazu kommt, dass Eagle Ottawa als Lieferant für Leder und zugeschnittene Teile derzeit auch mit anderen Sitzherstellern zusammenarbeitet. Die Wege, wie effektiv mit Konkurrenten und Rivalen zusammengearbeitet werden kann, um auch den Anforderungen der OEM´s gerecht zu werden, muss die kürzlich expandierte Unternehmenskooperation Lear erst noch finden. Es ist eine komplexe Situation und Streitfälle werden wohl nicht zu vermeiden sein. Gerber kommen der OEM-Nachfrage nach detaillierteren Daten gerne nach, um ein Urteil in besonderen Fällen zu erleichtern. Allerdings heißt es, dass eine Tendenz bestimmter Kunden besteht, die Verwendbarkeit dieser Daten zu weit zu treiben. „Sie verlangen kontinuierliche Verbesserungen und, dass die Vorteile dieser Verbesserungen zu 100% ihrem Geschäft zu gute kommen“, äußern sich Gerber über Hersteller. „Wir haben aber nur Einfluss auf etwa 35-40% der Kosten des Fertigleders. Egal, welche und wie viele kontinuierliche Verbesserungen wir in der Lage sind umzusetzen es gibt eine Menge Geschäftseinflüsse, die wir nicht beeinflussen können.“ Man vermutet, dass Hersteller die Produktion von Leder und anderen Materialien, die sie verarbeiten - wie z.B. Kunststoff oder Metall - vergleichen. Doch dieser Vergleich hinkt. Es gibt festgelegte Prozessschritte für die Herstellung von Kunststoff oder Metall. Es ist eine harte Aufgabe für Gerber, ihr komplettes Business zu verbessern, da sie nur 35% bis 40% der Kosten beeinflussen können. Sie wollen weiter die Verantwortung für die Qualität des von ihnen gefertigten Leders tragen, bemerken aber, dass hierzu sämtliche Verfahren erforderlich sind, um die von den Herstellern geforderte Qualität zu erzielen. „Kosteneffizienz ist wichtig“, sagen Gerber, „aber nicht, wenn es auf Kosten der Qualität geht.“ Argumente für einen Wechsel zur Automatisierung Der Automobilmarkt, der wie die meisten Märke direkt mit den Verbrauchern zu tun hat, unterliegt im zweiten Jahrzehnt des einundzwanzigsten Jahrhunderts einem größerem Wandel als je zuvor. Branchenexperten zitieren oftmals Henry Ford, dass Kunden ihre Autos in jeder gewünschten Farbe haben könnten, solange „es schwarz ist“. Damit wollen sie darstellen, wie unterschiedlich die Dinge heute sind. Jahrelang haben sie versucht ihre Lieferkette zu vereinfachen, doch heute sind Kfz-Hersteller der Meinung, dass sie ein immer größer werdendes globales Produktionsprofil kombiniert mit einem immer größer werdenden Beschaffungsnetz aufbauen müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Um dies zu erreichen, müssen sie ihr Angebot für alle bedeutenden Märkte lokal anpassen (siehe BMWBeispiel auf Abbildung 3). Niemand von ihnen würde nur daran denken, die Auswahl ihrer Kunden auf Henry Fords Art und Weise zu beschränken. Angesichts dessen sind Gerber wahrscheinlich besser in der Lage, sich an die sich verändernden Kundenwünsche anzupassen, wenn sie in allen Phasen der Produktion, einschließlich dem Zuschnitt, auf automatisierte Systeme umsteigen. Das ist zumindest eines der Argumente der Technologieanbieter. Typische Anlagen in Zuschnittwerken reichen von voll automatischen, voll digitalisierten, computergesteuerten Zuschnittsystemen bis hin zu traditionellen Maschinen, die Kombinationen aus Zuschnitttischen, Stanzsystemen und einer Presse oder Walztafel umfassen. Zu den jüngsten Beispielen wann Gerbern schnell auf Veränderungen reagieren müssen, gehört z.B. die einfach klingende Anfragen von Verbrauchern, dass Automobilhersteller ihnen einen Platz für ihre iPhones anbieten müssten. Das führt jedoch dazu, dass die gesamte Innenausstattung neu gestaltet werden muss. LECTRA Produktion und Zuschnitt von LEDER FÜR DIE AUTOMOBILINDUSTRIE 11 Produktion und Zuschnitt von LEDER FÜR DIE AUTOMOBILINDUSTRIE Zykluszeiten und Preise des Endproduktes können relativ leicht berechnet werden. Der Prozess ist transparent. Im Gegensatz dazu umfasst die Herstellung von Leder etwa 50 Produktionsschritte - jeder einzelne hat Auswirkung auf die Qualität des Fertigleders. Die Anzahl der Verfahrensschritte zu reduzieren, kommt einer Aufforderung gleich, die Verantwortung für die Qualität aufzugeben, was die Gerber natürlich verweigern. Dank der Flexibilität und Anpassungsfähigkeit neuer Technologien kann jede einzelne Haut in Echtzeit analysiert und schnell an die sich verändernden Kundenanforderungen angepasst werden. Technologieanbieter erkennen, dass langjährige Mitglieder der Zuschnittabteilung in Gerbereien und insbesondere die Personen, die Häute qualifizieren und Mängel markieren, über umfassende Fachkenntnisse verfügen. Trotzdem glauben sie, dass die Kombination dieser Fachkenntnisse mit automatisierten Zuschnittsystemen eine wirkungsvolle Methode ist, das verfügbare Knowhow in der Zuschnittabteilung zu optimieren. Automatisierte Systeme ermöglichen nicht nur den Service des Zuschneidens von Häuten in Einzelteile oder vollständige Kits, Sets für Autositze, Türverkleidungen, Lenkräder oder andere Teile einer Kfz-Innenausstattung, sondern bieten ebenfalls die Möglichkeit schneller auf Veränderungen zu reagieren und durch diese Anpassung einen größeren Marktanteil abzugreifen. Für andere kann es einfach nur darum gehen, ihren Kunden erstmalig einen Zuschnittdienst anzubieten. In ähnlicher Weise sind Technologieanbieter der Meinung, dass es auch Gerber gibt, die absichtlich nicht die teuersten Häute kaufen und verarbeiten, um die Qualität ihrer Produkte aufzuwerten - wahrscheinlich aus Angst, nicht in der Lage zu sein, genügend Erträge aus den Fertighäuten zu erzielen und schnell kostspielige Fehler zu machen. Die Zuschnittsysteme der neuen Generation erleichtern die Verarbeitung qualitativ hochwertiger Häute und ermöglicht eine Fokussierung auf spezielle Marktsegmente, z.B. After-Sales. Der vielleicht offensichtlichere Weg Margen zu optimieren ist Material zu sparen. Man muss maximalen Nutzen aus den Fähigkeiten erfahrener Lederfachkräfte ziehen und den optimalen Ertrag aus jeder einzelnen Haut herausholen – wobei Technologie Gerbern übrigens extrem weiterhelfen kann. Die Reduzierung der Menge an Fertigleder, das weggeworfen wird, führt bei den großen Gerbereine der Automobilbranche unmittelbar zu Einsparungen von mehreren Hunderttausend Euro jährlich. Stanzsysteme bleiben momentan noch eine effiziente Methode für viele Gerber und Zuschnittwerke und einige bleiben lieber bei dem, was sie am besten kennen. Technologieunternehmen, die daran arbeiten, Gerber zu überzeugen, in Automatisierung zu investieren, haben eine Reihe von Gründen feststellen können, warum Gerber sich gegen Veränderungen sträuben. Automatisierte Zuschnittsysteme sind seit etwa 20 Jahren auf dem Markt, aber die Technologieunternehmen erkennen heute, dass die automatisierten Zuschnittsysteme der älteren Generation häufig hinter den Erwartungen zurückblieben. Abbildung 3 BMW PRODUKTIONSSTANDORTE Regensburg Dingolfing Munich Leipzig Germany 4 2 Spartanburg United States Dadong Tiexi China San Luis Potosí Mexico from 2019 Araquari Brazil from 2015 12 Rosslyn South Africa LECTRA Produktion und Zuschnitt von LEDER FÜR DIE AUTOMOBILINDUSTRIE Produktion und Zuschnitt von LEDER FÜR DIE AUTOMOBILINDUSTRIE Gerbereien, die meistens noch im Familienbesitz sind und immer noch von Familien geführt werden, haben alte Erinnerungen und negative Erfahrungen, die sie mit den ursprünglichen Versionen der Technologie verbinden. Die Situation ist heute anders, behaupten die Technologieanbieter. Die Technik hat sich weiterentwickelt, die Systeme sind leistungsfähiger geworden und arbeiten präziser als zuvor. Natürlich gibt es eine Umgewöhnungsphase auf ein neues System, aber wenn die Haut erst einmal richtig aufgelegt ist, kann man den größten Teil der Arbeit mit nur einem Werkzeug ausführen : der Maus. Außerdem sollte man sich nicht ausschließlich auf den einen großen Vorteil der Stanzsysteme stürzen – nämlich die Produktivität. Das ist, als würde man nur einen Aspekt des kompletten Prozesses betrachten und die anderen komplett ignorieren. Nur der Blick auf den gesamten Prozess optimiert die Betriebskosten. Der Preis einer fortschrittlichen, automatisierten Zuschnitttechnologie ist so hoch, dass sich einige Gerber von der Investition abschrecken lassen, obgleich sich laut Technologieunternehmen der Return on Investment bereits nach ungefähr einem Jahr einstellt. Einige Gerber der Automobilbrachne haben weltweite Netzwerke mit anderen Gerbereien und Zuschnittwerken; die Automatisierung des gesamten Zuschnittverfahrens könnte für sie eine Investition in Maschinen an einer Reihe von Standorten bedeuten. Man kann argumentieren, dass diese Gemeinschaften diesen Schritt vor einigen Jahren für weniger Geld bereits hätten machen können, aber das ist ein schwaches Argument. Bei Netzwerken dieser Größe, ist das Verfahren für die Zustimmung zu einer solchen Investition und die finale Umsetzung häufig sehr langwierig. Außerdem sind die Verfahren mit Stanzsystemen inzwischen stabil Gerber und angegliederte Zuschnittdienstleister sind mit den Prozessen vertraut. Grundsätzlich besteh ein Verständnis dafür, dass neue Technologien mehr bieten können, allerdings fehlt die 100%ige Sicherheit, dass sie in der ‚realen Welt‘ die Versprechen in permanente Verbesserungen auch umwandeln können. Man muss erst noch Überzeugungsarbeit leisten und beweisen, dass Gerber die Ersparnisse und den Mehrwert erkennen können, die mit der heutigen Technologie möglich sind. Der Fokus liegt darauf, einflussreiche Personen innerhalb der Strukturen der Gerbereien zu finden, die die Möglichkeiten erkennen und bereit sind, den Wandel in ihren Unternehmen voranzutreiben. Anbieter neuer Technologien haben analysiert, dass die aktuelle Situation auf dem Ledermarkt der Automobilbranche derzeit neue Möglichkeiten bietet, um zumindest die Diskussion über neue Lösungen zu entfachen. Sie beschreiben einen Lernprozess, der Seminare, Workshops vor Ort, Machbarkeitsstudien und ein starkes Support- und Informationsnetzwerk beinhaltet. Sie wissen allerdings auch, dass die Initiative von ihnen selbst ausgehen muss. Warten, bis die Gerbereien von sich aus an die Technologieunternehmen herantreten, wäre Zeitverschwendung. Zu unter anderen genannten Vorteilen gehört die Möglichkeit mit neuen Maschinen Daten über jede einzelne Haut (bzgl. Nutzung, Kosten, Rückverfolgbarkeit, Qualität des Rohmaterials, Zuschnittzeit, Eignung für besondere Hersteller und Modelle usw.) zu erfassen. Die Automobilhersteller erwarten diese Daten immer mehr. Vielleicht werden sie diese Daten sogar bald Bedingung für eine fortführende oder neue Geschäftsbeziehung? Gerber und andere Lieferanten sind sich diesen Druckes durchaus bewusst. Wie oben bereits erwähnt, besteht ein Vorteil darin, dass die Daten, die durch die neue Technologie generiert werden, auch Gerber unterstützen können ihr Geschäft einfacher zu steuern. Verbindungen zum Auftragsmanagement, zur Ressourcenplanung (ERP) sowie zu einer breiten Vielfalt von Back-Office-Systemen und Analysetools sind klar strukturiert und benutzer-feundlich. Sie versorgen die Nutzer mit Echtzeitinformationen, die sie zur Verbesserung ihrer Produktivität und Effizienz nutzen können. Es geht nicht nur darum, die Daten zu besitzen, sondern darum sie richtig einzusetzen. Gerber können diese neuen Informationen für ihre kontinuierliche Verbesserung und Kostenkontrolle innerhalb des eigenen Unternehmens nutzen. Derzeit herrscht noch die Skepsis, dass die Automobilhersteller diese Daten in den letzten Jahren ausschließlich zu deren eigenen Vorteil gesammelt, analysiert und verwendet haben. Henry Ford würde das nicht gutheißen, aber der Verbrauchermarkt fragt immer mehr nach Abwechslung und individueller Gestaltung, insbesondere in Bezug auf Kfz-Innenausstattungen. Die Liste an Auswahlmöglichkeiten wird immer länger und länger. Wie jeder weiß, ist der Preis für Leder bereits seit vielen Monaten fortlaufend hoch. Hersteller haben natürlich ein starkes Interesse an Leder, um neue Käufer anzulocken und letztendlich zufriedenzustellen. Trotzdem verhandeln sie natürlich hart. Das führt dazu, dass insbesondere die Gerber innerhalb der Automobilbranche, unter extremen Druck stehen. Finanzielle Mittel sind bei vielen knapp und es ist klar, dass ein guter Zuschnittvorgang über Erfolg oder Misserfolg entscheidet. Ein den Spezifikationen der Hersteller oder ihrer Zulieferer entsprechender hoch qualitativer Zuschnitt sowie das Erreichen einer hohen Nutzungsrate und niedriger Abfallmenge, werden der Schlüssel zum Erfolg sein. Ist die Effektivität zu niedrig, entsteht automatisch noch größerer Druck. Einigen Technologieanbietern zufolge reagieren Gerber des europäischen Automobilsektror schneller auf diesen Druck als ihre Kollegen in Nordamerika. Gerber müssen sich außerdem dem Problem stellen, dass der Zustand der Rohware fortwährend schlechter wird – beeinflusst durch die grundsätzliche Behandlung während der Zucht und beim Schlachten. Auch Quellen, die bis dato Lederhäute besserer Qualität geliefert haben, können ihre hohen Standards nicht mehr halten. LECTRA Produktion und Zuschnitt von LEDER FÜR DIE AUTOMOBILINDUSTRIE 13 Produktion und Zuschnitt von LEDER FÜR DIE AUTOMOBILINDUSTRIE Die Schäden sind u.a. auf Insektenbisse zurückzuführen, weil Bauern und Mastparzellenbetreiber sich entschlossen haben, weniger in die Insektenbekämpfung und Reinigung der Tiere zu investieren. Trockenzeiten in Gebieten wie z.B. im Süden der USA sind ebenfalls ein Faktor, der zum Qualitätsverlust der Häute beiträgt. Noch ist unklar, ob diese Situation den Technologieanbietern helfen kann, für ihre automatisierten Zuschnittlösungen zu werben. Einerseits müsste eine Software, die präzises Nesting durchführen kann, von noch größerem Nutzen sein, wenn eine Haut viele Mängel aufweist. Das ist darauf zurückzuführen, dass die Herausforderung, das Nutzungsziel (das durchschnittlich bei ca. 60% einer kompletten Haut liegt) zu erreichen, für die Software im Regelfall einfacher ist als für jedes menschliche Expertenauge. Das Gegenargument dazu ist jedoch, dass man den Return on Investment durch einen prozentual kleineren Gewinn mit dem Verbrauch von qualitativ schlechteren Häuten machen müsste. Ebenso wenig handelt es sich nicht ausschließlich um eine Investition in automatische Zuschnittmaschinen, die nur für Gerber in teuren Produktionsländern mit hohen Rohmaterialkosten in Frage kommt. Technologieanbieter haben auch Kunden in Niedriglohnländern. Die Arbeitskosten sind niedriger als in Europa oder den USA, aber das macht es für Betreiber nicht automatisch leichter, Personal einzustellen und zu halten. Viele sind der Meinung, dass die Investitionen in neue Technologien nicht nur Arbeitskräften einspart, sondern auch angestelltes Personal zusätzlich motiviert und stolz macht für eine solche Firma zu arbeiten. Es gibt aber auch einen praktischen Vorteil. Unternehmen, die Stanzsysteme verwenden, haben berechnet, dass ein Bediener über den Tag verteilt ein Gewicht von über 1,5t bewegen muss. Das entspricht der Summe der Metallteile, die während des Vorgangs aufgelegt und wieder abgeräumt werden müssen. Einigen Technologieanbietern zufolge kann es überraschend dazu kommen, dass die Absatzzahlen in Asien die der etablierten Automobilherstellungländer, wie z.B. der USA, übersteigen. Asiatische Hersteller sind noch erfolgshungrig und wollen in diesem Wachstumsmarkt eine größere Rolle spielen. Sie haben das Gefühl, dass sie etwas hinterherhinken und sind bereit, alle notwendigen Investitionen und Änderungen in ihren Unternehmen zu unternehmen, um die bisher verlorene Zeit aufzuholen. Gleichzeitig sind Gerbereien in weiterentwickelteren Ländern immer noch gute Arbeitgeber. Die Einführung automatisierter Zuschnitttechnologien kann ihnen helfen, das gewünschte Top-Niveau zu erreichen und zu behalten. Gerade in diesen Teilen der Welt kann das auch die Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer verbessern. Damit Gerbereien auch an teuren Produktionsstandorten 14 wettbewerbsfähig bleiben können, muss jeder einzelne Mitarbeiter seinen Teil dazu beitragen, innerhalb seines Verantwortungsbereiches für das Unternehmen so effizient wie möglich und mit dem höchstmöglichen Serviceniveau zu arbeiten. Menschen neigen dazu, ihre Arbeit erfüllender zu finden, wenn sie sich als Teil eines Unternehmens fühlen, das auf Weltklasseniveau arbeitet. Gerbereien in wohlhabenden Ländern realisieren immer mehr, dass sie eine interessante Alternative zu Jobs im Dienstleistungsgewerbe bieten, das heute den größten Anteil der dortigen Beschäftigungsmöglichkeiten darstellt. Sogar die Länder ganz oben auf der Liste ziehen einen Nutzen aus der Herstellung handfester und gleichzeitig hochwertiger Produkte. In diese Kategorie fallen Leder und die Fertigprodukte, zu denen es verarbeitet wird. Gerbereien nutzen heutzutage bereits hochtechnologisierte Anlagen eines immer höher werdenderen Automatisierungsgrads. Insbesondere in den Herstellungsbereichen wo Chemikalien verarbeitet und große Mengen an Leder bewegt werden müssen. Es kommt vor, dass eine Haut innerhalb des kompletten Produktionsprozesses nicht ein einziges Mal von einem Mitarbeiter berührt wird. Für die Gerbereien großer Automobilkunden entsteht eine zusätzliche Motivation dadurch, dass die Automobilbranche immer schon zugänglicher für technische Innovation war als andere. Außerdem neigen die OEM´s dazu, jetzt auch ein besonderes Augenmerk auf den Technologiepark ihrer Lieferanten zu werfen. Das einundzwanzigste Jahrhundert ist das digitale Jahrhundert, und sich für digitale Zuschnitttsysteme zu entscheiden, bedeutet mit der Zeit zu gehen. Der digitale Aspekt ist der zusätzliche Bonus der Technologieanbieter. Ihre Tools ermöglichen die Überwachung des Maschinenzustands aus der Entfernung in Echtzeit sowie einen eventuellen Eingriff, um zu verhindern, dass es zu einem schwerwiegenden technischen Fehler kommt. Damit werden Ausfallzeiten reduziert, Kosten eingespart und möglichen Vertragsstrafen eines Herstellers vorgebeugt, die durch einen verspäteten Versand von Leder oder bereits zugeschnittenen Teilen entstehen könnte. Change-Management als Schlüssel zum Erfolg Die Einführung eines automatisierten Zuschnittsystems stellt wie alle größeren Technologieeinführungen eine große Veränderung dar. Änderungen in der Organisation, innerhalb von Prozessen oder Arbeitsabläufen können für Gerber, die eine weitreichendere Automatisierung in Betracht ziehen, abschreckend sein. Dies erfordert „eine ganz neue Logik“, wie ein Technologieexperte beschreibt. Die grundsätzliche Meinung der Technologieanbieter ist, dass es ein notwendiger, aber natürlich auch manchmal mühevoller Aufwand ist. LECTRA Produktion und Zuschnitt von LEDER FÜR DIE AUTOMOBILINDUSTRIE Produktion und Zuschnitt von LEDER FÜR DIE AUTOMOBILINDUSTRIE Sie geben zu, dass sie ebenfalls den Umfang der organisatorischen Veränderungen unterschätzt haben, die für die erfolgreiche Umsetzung derartiger Innovationsprojekte erforderlich sind. “Lean“ zu denken ist weit verbreitet, aber die Umsetzung der Denkweise in schlanke Methoden mit einer echten Bereitschaft zu kontinuierlicher Verbesserung bedeutet intensive Arbeit. Technologieunternehmen verweisen darauf, dass sie nicht nur Tools anbieten können, sondern auch das Fachwissen, das für diesen Wandel erforderlich ist. Nicht zu vergessen - andere Produzenten sind diesen Weg bereits erfolgreich gegangen. Wieder andere, die die erforderlichen kulturellen und betrieblichen Änderungen nicht umsetzen konnten, mussten ihr Geschäft letztendlich aufgeben. Bis ungefähr 2012 war die Landschaft der Polstermöbelproduzenten noch deutlich weiter, die sich allerdings gegen Veränderungen stellten und zögerten, ihre Arbeitsvorgänge auf Prozesse umzustellen. Sie wollten einfach nur die neuen Maschinen einschalten und damit anfangen, Geld zu sparen. In den letzten drei Jahren konnten auf dem Markt einige Veränderungen festgestellt werden: Unternehmen, die wettbewerbsfähig bleiben wollten, hatten keine andere Wahl als ihre Arbeitsweise anzupassen. Neuen Technologien haben ihnen ermöglicht, schnell auf Marktanforderungen zu reagieren und mit einer erhöhten Produktivität auf dem Markt bestehen zu bleiben. Dabei wurden sie auch von den Technologieanbietern tatkräftig unterstützt. Vor kurzem gab es ein Projekt mit einem bekannten mexikanischen Sitzsystemlieferanten von Nissan. Das Professional Serviceteam des Technologieanbieters stieß auf recht hohen Widerstand, als es erstmals seine neue Zuschnittlösung präsentierte. Dieser Widerstand war auf einen Vertrauensmangel aufgrund der Unzufriedenheit mit älteren Maschinenversionen des Unternehmens zurückzuführen. Erst nach einer Weile räumte das Sitzunternehmen den Zuschnittexperten zwei Tage Zeit ein, um aktuelle Methoden zu analysieren und neue Vorschläge zu unterbreiten. Der Fokus lag auf einer Produktionsstätte, die seit vier Jahren mit einem Stanzsystem arbeitete. Der Hersteller wollte seine Effizienz erhöhen und war fest entschlossen, in eine automatisierte Zuschnittmaschine zu investieren, sollte die Return-on-Investment-Kalkulation entsprechend positiv ausfallen. Um sicherzustellen, dass das Unternehmen die geforderte Rendite erreichen würde, verbrachte das Professional Serviceteam viel Zeit mit den Anwendern in der Fabrik und organisierte Workshops und Schulungen, um den Bedienern zu helfen, sich Kenntnisse über die neue Technologie anzueignen und diese voll nutzen zu können. Automobilhersteller neigen dazu, das Nutzungsverhalten von Technologien ihrer Lieferanten zu analysieren. Diese Bemühungen zahlten sich schnell und das Unternehmen analysierte, dass der Abstand zwischen den zugeschnittenen Teilen von zwischen sechs bis acht Millimeter im Durchschnitt auf zwischen vier bis sechs Millimeter gesunken war. Und da die Kosten des Polstermaterials sogar bei Textil mehr als die Hälfte der Gesamtkosten eines Sitzes darstellen, bedeutete dieser reduzierte Abstand zwischen den zugeschnittenen Teilen eine erhebliche Kostenersparnis. Wenig später eröffnete dasselbe Unternehmen ein weiteres Werk in Mexiko und lud mit weit höherem Vertrauen als vorher den Technologieanbieter und sein Professional Serviceteam ein, von Anfang an Teil des neuen Projekts zu sein. „Sie behandelten uns quasi als Teil der Unternehmensfamilie“, beschrieben Projektteilnehmer. Schnellere Reaktionszeiten, bessere Rückverfolgbarkeit und ein rundum verbesserter Service sind Werkzeuge für textilorientierte Unternehmen, um erfolgreich zu sein ihren Wettbewerbsvorsprung weiter auszubauen. Es ist für sie keine Kostenfrage, sondern vielmehr eine Überlebensfrage. Es geht nicht darum festzulegen, dass die Lederund Stoffverarbeitung für Kfz-Innenausstattungen genau gleich funktionieren, aber es gibt natürlich Parallelen. Unternehmen, die in neue Technologie und Change-Management investieren, können ihre Effizienz und Leistungsfähigkeit erheblich steigern, auf Anfragen der Kunden leichter reagieren und somit ihre Position in der Wertschöpfungskette sichern. Fortschrittliche und innovative Unternehmen haben eine größere Erfolgschance auf diesem anspruchsvollen Markt als diejenigen, die sich auf den Lorbeeren der Vergangenheit ausruhen, stillstehen und auf diese Weise ihrem Wettbewerb erlauben, sie zu überholen. Um die gleichen Argumente auf die Lederbranche anwendbar zu machen, müssen sich Gerber verändern um auf das vorbereitet sein, was morgen unausweichlich kommen wird. LECTRA Produktion und Zuschnitt von LEDER FÜR DIE AUTOMOBILINDUSTRIE 15 Die Nachfrage nach Kfz-Leder ist stetig hoch, aber dieser stark nachgefragte Markt bringt nicht nur die Verpflichtung mit sich, mehr Leder zu liefern, sondern auch danach reaktionsfähig, flexibel und präzise zu arbeiten und zu liefern. Ein intensiver Wettbewerb auf diesem Markt bedeutet auch, dass erfolgreiche Gerber so effizient wie möglich arbeiten müssen und Erträge sorgfältig und intelligent managen müssen, um ihre Gewinnspannen zu schützen. Technologieanbieter beteuern, dass ihre automatisierten Zuschnittlösungen nicht darauf abzielen, das Fachwissen der Experten in Gerbereien und Zuschnittwerken zu ersetzen, sondern deren Wissen zu ergänzen und einen optimalen Einsatz garantieren. Voll computergesteuerte Zuschnittsysteme sind außerdem ein effektives Mittel, Daten in Bezug auf Rohmaterial, Rückverfolgbarkeit des Leders, Nutzungsraten, Kosten, Zuschnittzeiten und andere Detailinformationen zu erfassen und mit den Kunden zu teilen. Der Automobilmarkt fordert kontinuierliche Verbesserungen und Investitionen in Bereichen wie Innovation und organisatorische Veränderungen, die häufig mit neuer Technologie Hand in Hand gehen und Gerbern helfen können, dieses Ziel zu erreichen. Über Lectra Lectra ist weltweit führend in integrierten Lösungen (Software, CAD/CAM und ergänzende Services) zur Automatisierung, Rationalisierung sowie Beschleunigung von Design-, Entwicklungs- und Fertigungsprozessen für Industriebereiche, die Materialien wie Stoffe, Leder, technische Textilien und Verbundstoffe verarbeiten. Lectra entwickelt innovativste industriespezifische Software und Zuschnittsysteme und bietet ergänzende Dienstleistungen für zahlreiche Märkte an, wie den Modesektor (Bekleidung, Accessoires, Schuhe), die Automobilindustrie (Autositze, Innenausstattung, Airbags), die Polstermöbelindustrie sowie für diverse technische Marktsegmente wie die Luft- und Schifffahrtindustrie, Windenergie und Arbeitsschutzausrüstungen. Lectra beliefert 23.000 Kunden in über 100 Ländern und beschäftigt 1.500 Mitarbeiter. Das Unternehmen ist an der Euronext Börse notiert. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Website www.lectra.com