Das Mitarbeitergespräch
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Das Mitarbeitergespräch
Einleitung Mitbestimmung am Arbeitsplatz, Mitgestaltung der Arbeitsbedingungen, Mitarbeiter als Partner: all dies sind gängige Schlagworte, die jeder kennt. Das Mitarbeitergespräch ist dabei ein Personalentwicklungsinstrument, das obigen Forderungen Rechnung tragen soll. Mitbestimmung am Arbeitsplatz Ziel dieser Broschüre ist es, Informationen über das Mitarbeitergespräch unter folgenden Gesichtspunkten aufzubereiten: Erstens geht es um den Rahmen, in den jedes Mitarbeitergespräch eingebettet ist. Weiters werden Grundsätze, Ziele und Nutzen dieses Instrumentes behandelt. Inhalte und der mögliche Ablauf eines Mitarbeitergespräches werden dargestellt. Einen weiteren wichtigen Punkt der Broschüre stellt die Abgrenzung zur Mitarbeiterbeurteilung dar. Es wird auch der Frage nachgegangen, was bei einer Einführung des Mitarbeitergespräches im Unternehmen zu beachten ist. Ein wesentlicher Teil widmet sich schließlich der Rolle des Betriebsrates und seinen Handlungsmöglichkeiten bei der Entwicklung/Einführung des Mitarbeitergespräches im Betrieb. Ziele der Broschüre Grundsätze und Ziele des Mitarbeitergespräches Gespräche zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern werden täglich geführt und beeinflussen die Arbeit in einer Organisation ganz wesentlich. Diese Gespräche dienen jedoch vorwiegend dem sachlichen, geschäftsbezogenen Informationsaustausch im Arbeitsablauf. Ziele und Ergebnisse der Arbeit, besonders jedoch mit dem Aufgabengebiet verbundene Probleme, Fragen der Zusammenarbeit sowie der beruflichen Entwicklung bleiben oft unbesprochen. Nicht jede Besprechung ist ein Mitarbeitergespräch Der Behandlung dieser Themen soll das systematische Mitarbeitergespräch dienen. Es wird einmal jährlich zwischen jedem Vorgesetzten und seinen direkt unterstellten Mitarbeitern abgehalten und geht über die Anliegen im Tagesgeschäft hinaus. Dieses periodisch stattfindende, strukturierte Gespräch dient folgenden grundlegenden Zielen: Þ Þ 1 Förderung einer vertrauensvollen Gesprächsbasis und Zusammenarbeit Steigerung der Motivation und Arbeitszufriedenheit. Gesprächsziele sind klar definiert Das Mitarbeitergespräch stellt die Weichen für eine ergebnisfördernde Zusammenarbeit, sollte notwendige Weiterbildungsmaßnahmen auch schriftlich festhalten und helfen, das Vertrauen und die Kommunikation systematisch zu verbessern. unterschiedliche Gesprächshaltungen Die Gesprächshaltung des Vorgesetzten ist dabei eine beratende und fördernde. Die Rolle des Mitarbeiters ist eine mitgestaltende: eigene Interessen und Ziele werden in das Gespräch eingebracht. Zusammengefasst hat das Mitarbeitergespräch folgende Merkmale: Merkmale des Mitarbeitergespräches · · · · · · Es findet zwischen Gesprächspartnern unterschiedlicher Hierarchieebnen statt. Das Mitarbeitergespräch findet periodisch statt (meist einmal jährlich). Das Mitarbeitergespräch ist ein Beratungs- und Fördergespräch, kein Beförderungsgespräch - es verzichtet auf Benotung und Beurteilung Das Mitarbeitergespräch zeichnet sich durch bestimmte Form aus: mit Abstand zum Tagesgeschehen werden festgelegte Inhalte systematisch besprochen. Das Mitarbeitergespräch bedarf einer beiderseitigen Vorbereitung. Es gibt klare Spielregeln über den inhaltlichen Ablauf und den Umgang mit Gesprächsergebnissen. Unternehmenskultur als notwendiger Rahmen „The way how things are done here“ Führungsgrundsatz „Zusammenarbeit“ als Basis Unternehmenskultur ist ein in den letzten Jahren vielfach benutzter und strapazierter Begriff in der Literatur und der betrieblichen Praxis. Man versteht darunter den typischen und unverwechselbaren Charakter und Stil eines Unternehmens, der sich in bestimmten Werten, Normen und Verhaltensweisen niederschlägt. Diese Kultur - „the way how things are done here“ - beeinflusst ganz wesentlich den Umgang bzw. die Kommunikation miteinander im Unternehmen. Schriftlich findet Unternehmenskultur im Leitbild einer Firma ihren Niederschlag, in etwaigen Unternehmensleitlinien und daraus abgeleiteten Führungsgrundsätzen. Ein Schwerpunkt der Führungsgrundsätze gilt dem Zusammenspiel zwischen Führungskraft und Mitarbeiter. Die Inhalte zu diesem Punkt lassen sich durch folgendes Beispiel aus der Praxis verdeutlichen: 2 Die Führungsgrundsätze der AVU-Aktiengesellschaft für Versorgungsunternehmen in Gevelsberg zum „Prinzip der Zusammenarbeit“ behandeln folgende Aspekte: Þ Þ Þ Þ Þ Þ Beispiel AVU-AG für Versorgungsunternehmen Wahrnehmung der Personalverantwortung durch die Vorgesetzten Förderung der beiderseitigen Information und Kommunikation Vereinbarung von Zielen Übertragung von Aufgaben und Verantwortung Bereitschaft zu positivem Wandel durch Veränderung Vorgesetzte sind für die Förderung der ihnen zugeordneten Mitarbeiter verantwortlich Damit diese Aspekte nicht zu bloßen Lippenbekenntnissen werden und auch in der betrieblichen Praxis umgesetzt werden, wurde im obigen Unternehmen das Instrument „Mitarbeitergespräch“ entwickelt. Der Nutzen des Mitarbeitergespräches Der Mitarbeiter kann beim Mitarbeitergespräch sein Selbstbild und seine Selbsteinschätzung analysieren. Daneben bietet es Chancen zu eigenverantwortlicher Aufgabenerfüllung und Mitbestimmung. Nicht jede Besprechung ist ein Mitarbeitergespräch Konkret dient das Mitarbeitergespräch dem Mitarbeiter dazu, · · · · · · · 3 sich mit den Zielen der Abteilung auseinanderzusetzen; zu erfahren, inwieweit die Aufgabenerfüllung aus der Sicht des Vorgesetzten gegeben ist und welche Maßstäbe angewendet werden; Stärken/Schwächen aus der Sicht des Vorgesetzten zu erfahren und zu besprechen; durch die Vereinbarung zukünftiger Aufgaben Klarheit über Arbeitsschwerpunkte und Handlungsspielräume zu erhalten; die eigene berufliche Weiterentwicklung mitzugestalten; eigene Vorstellungen und Interessen einzubringen; durch den Gedankenaustausch mit dem Vorgesetzten Informationsfluss und Zusammenarbeit zu fördern. Gesprächsziele sind klar definiert Nutzen für Vorgesetzte Den Vorgesetzten unterstützt das Mitarbeitergespräch vor allem bei der Aufgabe der Personalführung. Er erhält die Chance, Interessen und Erwartungen des Mitarbeiters kennen zu lernen, um dessen Verhalten in der Praxis besser verstehen zu können. Gleichzeitig können Ursachen für Probleme bei der Zusammenarbeit sowie Lösungsmöglichkeiten in Ruhe besprochen werden. Die Bedeutung des Mitarbeitergespräches für den Vorgesetzten liegt darin, · · · · · · · mit dem Mitarbeiter über dessen erbrachte Leistungen zu sprechen; durch die Aufgabenvereinbarung die Ausrichtung des Mitarbeiters an Organisationszielen zu fördern; die Aufgabenplanung an den Stärken/Schwächen des Mitarbeiters auszurichten; den offenen Dialog, Kooperation und gegenseitiges Verständnis zu fördern; die Identifikation des Mitarbeiters mit der Aufgabe durch die Einbeziehung seines Wissens zu erhöhen; Rückmeldungen über die Führungsarbeit zu erhalten; Hinweise über die Motivation der Mitarbeiter zu erhalten. Nutzen für das Unternehmen: Dem Unternehmen dienen Mitarbeitergespräche typischerweise als Instrument für Personalführung, Personalentwicklung und strategische Orientierung. Personalführung Der Nutzen für die Personalführung liegt darin, dass durch den Austausch der Sichtweisen von Vorgesetztem und Mitarbeiter die Möglichkeit entsteht, verbindliche Vereinbarungen über Aufgaben und Arbeitsweisen zu treffen. Personalentwicklung Bei der Personalentwicklung geht es in erster Linie darum, dass ein Mitarbeiter über seine eigene Weiterbildung und Förderung nachdenkt, mit seinem Vorgesetzten darüber spricht und beide schließlich zu konkreten Vereinbarungen kommen. Der Vorgesetzte ist aufgefordert, im Sinne seiner Führungsverantwortung praktische Wege der Entwicklung seiner Mitarbeiter zu überlegen. Können bestimmte Potentiale oder der Weiterbildungsbedarf nicht vom Vorgesetzten genutzt/abgedeckt werden, sind die Gesprächsergebnisse in eine übergeordnete, unternehmensweite Personalplanung einzubringen. strategische Orientierung Die strategische Orientierung soll dazu dienen, Unternehmensziele im Mitarbeitergespräch in Aufgabenschwerpunkte für bestimmte Stellen umzusetzen. Das Mitarbeitergespräch stellt eine unerläßliche Vorbedingung für die Einführung des MbO (Management by Objectives - Führen durch Zielvereinbarung) dar, ist jedoch nicht mit diesem Führungsinstrument gleichzusetzen. 4 Wie man daraus ersieht, hat das Instrument Mitarbeitergespräch auch sehr viel mit Führungsverständnis zu tun: es bietet die Möglichkeit, Mitarbeiter in die Gestaltung ihrer Arbeits- und Berufssituation miteinzubeziehen, es erfordert von der Unternehmensleitung die Bereitschaft, Verantwortung zu delegieren, Kooperationen zu verbessern und Mitarbeiter zur Mitarbeit zu motivieren. Mitarbeitergespräch und Führungsverständnis Inhalte des Mitarbeitergespräches Die Inhalte leiten sich aus dem Nutzen ab, der mit dem Mitarbeitergespräch erreicht werden soll. Typischerweise kristallisieren sich dabei folgende Bereiche heraus: · · · · · · Ziele und Aufgabenerfüllung in der abgelaufenen Periode Eignungsschwerpunkte, Stärken und Schwächen des Mitarbeiters Qualität von Leitung und Zusammenarbeit zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter Ziele und Aufgabenschwerpunkte für die kommende Periode Weitere persönliche und berufliche Entwicklung des Mitarbeiters Vereinbarung über Gesprächsergebnisse Im ersten Abschnitt besprechen Vorgesetzter und Mitarbeiter strukturiert die abgelaufene Periode. Dabei werden verschiedenste Themen wie Arbeitsschwerpunkte, Arbeitsorganisation, Qualität der Arbeitsdurchführung, Eigeninitiative etc. besprochen. Die abgelaufene Periode Im nächsten Abschnitt werden arbeitsrelevante Kenntnisse und Fähigkeiten des Mitarbeiters aufgelistet. Das Gespräch konzentriert sich sowohl auf fachliche, als auch auf soziale Kompetenzen und Schwächen. Das daraus resultierende Mitarbeiterprofil dient als Grundlage für die weitere Entwicklungsplanung des Mitarbeiters. Stärken und Schwächen des Mitarbeiters Anschließend werden die gegenseitigen Wahrnehmungen und Erwartungen hinsichtlich Zusammenarbeit behandelt. Punkte wie Kommunikation, fachliche Beratung, Rückmeldung und Kritik, Umgang mit Konflikten werden besonders berücksichtigt. Zusammenarbeit Mitarbeiter Vorgesetzter Ausgehend von den ersten drei Bereichen lassen sich konkrete Arbeitsschwerpunkte für die nächste Periode vereinbaren. Im Hintergrund steht dabei das Führungsprinzip MbO (Management by Objectives, Management durch Ziel- Die kommende Periode 5 vereinbarung), wo für den Mitarbeiter quantitative und qualitative Ziele festgelegt werden. Berufliche Entwicklung des Mitarbeiters Ergebnisvereinbarung Im vorletzten Abschnitt werden durch den Vergleich zwischen Anforderungen des Arbeitsplatzes mit den derzeitigen Fähigkeiten des Mitarbeiters Bereiche für Förder- und Weiterbildungsmaßnahmen festgelegt. Der Mitarbeiter bekommt Gelegenheit, über seine Vorstellungen hinsichtlich seiner beruflichen Entwicklung zu sprechen. Abschließend werden die wesentlichen Ergebnisse des Gespräches bzw. die von den Gesprächspartnern getroffenen Vereinbarungen schriftlich festgehalten. Ablauf des Mitarbeitergespräches Vorbereitung auf das Gespräch Leitfaden Die Basis für ein erfolgreiches Gespräch bildet eine intensive Vorbereitung. Mit Hilfe von Vorbereitungsunterlagen (Gesprächsleitfaden oder Checkliste) machen sich sowohl Vorgesetzte als auch Mitarbeiter vorab Gedanken über die wichtigsten Aufgabenschwerpunkte und deren Erfüllung seitens des Mitarbeiters, dessen Stärken bzw. Defizite, zukünftige Ziele bzw. Fördermaßnahmen, sowie die Qualität der Zusammenarbeit. Mitarbeitergespräch ist kein Gehaltsgespräch Es darf auch über andere Themen gesprochen werden. Das Mitarbeitergespräch eignet sich jedoch nicht als Gehalts- oder Beförderungsgespräch. Für diese Punkte sollte ein gesonderter Termin vereinbart werden. Da sich Mitarbeiter und Vorgesetzter unabhängig voneinander auf das Gespräch vorbereiten, liegen für das Gespräch damit sowohl die Selbsteinschätzung des Mitarbeiters als auch die Sichtweise des Vorgesetzten vor. Vereinbarung des Gesprächstermins Der Vorgesetzte vereinbart ca. 1-2 Wochen vor der Gesprächsdurchführung Termin, Zeit und Ort mit dem jeweiligen Mitarbeiter. Dabei erhält der Mitarbeiter eine Vorbereitungsunterlage mit einer Erklärung über Ziele, Rahmenbedingungen, Inhalte und Rollen des Gespräches. Als Zeitrahmen für das Gespräch plant man in etwa störungsfreie 1-2 Stunden, damit alle Fragen in Ruhe durchgesprochen werden können. 6 Durchführung des Gespräches Zum vereinbarten Termin treffen sich Vorgesetzter und Mitarbeiter an einem möglichst neutralen, vor allem aber störungsfreien Ort. Vorgesetzter und Mitarbeiter sollten sich als gleichwertige Partner gegenübersitzen. Mitarbeiter und Vorgesetzter als gleichwertige Gesprächspartner Die Gesprächspartner stellen gegenseitig ihre eigene Einschätzung dar. Vorgesetzter und Mitarbeiter sollen dabei gleichermaßen zu Wort kommen und sich zur späteren Erinnerung Notizen machen. Durch die Gliederung des Gespräches in verschiedene Abschnitte wird sichergestellt, dass nichts Wesentliches vergessen wird. Ein Gesprächsablauf könnte wie folgt aussehen: · Einleitung und Auflockerung Gerade die Anfangssituation ist für beide Gesprächspartner schwierig. Ziel dieser Phase ist es, eine offene und einladende Gesprächsatmosphäre zu schaffen. · Strukturiertes Gespräch über die abgelaufene Periode Anhand eines Leitfadens werden einzelne Punkte angesprochen. Neben einem gezielten Feedback und Meinungsaustausch dient der Abschnitt dem Auffinden von Verbesserungsmöglichkeiten. · Feststellen der Stärken und Schwächen des Mitarbeiters Auf Grundlage der Anforderungen des Arbeitsplatzes werden Berufskenntnisse und Fähigkeiten des Mitarbeiters besprochen. Abwertungen, Anschuldigungen und Rechtfertigungen sollen tunlichst vermieden werden. · Qualität von Leitung und Zusammenarbeit Bei der Darstellung der gegenseitigen Wahrnehmungen ist es wichtig, die Aussagen des Gesprächspartners nicht zu beurteilen, sondern versuchen, sie zu verstehen. Es geht bei der Beurteilung der Zusammenarbeit nicht um größtmögliche Übereinstimmung. Gerade aus Unterschieden können wichtige Schlüsse gezogen werden. · Zukünftige Arbeitsschwerpunkte planen Vorgesetzter und Mitarbeiter sollten in diesem Abschnitt zu Vereinbarungen über zukünftige Arbeitsschwerpunkte kommen. Vereinbarungen erhöhen die Verbindlichkeit. 7 Gesprächsablauf · Entwicklung des Mitarbeiters In diesem Abschnitt erhält speziell der Mitarbeiter die Gelegenheit, über seine Erwartungen hinsichtlich seiner beruflichen Entwicklung zu sprechen. Durch einen Vergleich der Anforderungen des Arbeitsplatzes mit den IST-Qualifikationen des Mitarbeiters können Weiterbildungsmaßnahmen gefunden werden. · Ergebnisprotokoll Wesentliche Ergebnisse des Gespräches sollten in einem schriftlichen Protokoll zusammengefasst und von beiden Gesprächspartnern unterschrieben werden. Dieses vertrauliche Gesprächsdokument verbleibt bei Vorgesetztem und Mitarbeiter. Lediglich vereinbarte Entwicklungsmaßnahmen gehen an die Personalabteilung. Umsetzung der vereinbarten Weiterbildungsmaßnahmen Die konkreten Schulungsmaßnahmen werden in der Folge von der im Unternehmen dafür zuständigen Stelle (Personalabteilung) koordiniert bzw. durchgeführt. Regelung bei Unstimmigkeiten Höhere Vorgesetzte oder Betriebsrat beiziehen Sollten Unstimmigkeiten im Gespräch entstehen und sich Vorgesetzter und Mitarbeiter nicht auf ein Ergebnis einigen können, kann als erster Schritt z.B. der nächsthöhere Vorgesetzte oder der Betriebsrat beigezogen werden. Abgrenzung zur Mitarbeiterbeurteilung Offene Gespräche sind erwünscht Soweit zur Theorie. Nun stellt sich die Frage nach Sinn und Zweck der Einführung eines solchen Instrumentes in Unternehmen: Auf den ersten Blick wird wohl niemand die Selbstverständlichkeit und Notwendigkeit eines offenen Gespräches zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten anzweifeln: Mitarbeiter möchten von Zeit zu Zeit wissen, wo sie stehen und Vorgesetzte begrüßen die Gelegenheit zu einer periodischen Gesamtschau. 8 In der Realität trifft man oft auf Bedenken, was die Sinnhaftigkeit eines Mitarbeitergespräches betrifft. Einerseits rühren sie aus dem Verständnis von Kommunikation und Kooperation her, andererseits aus Missverständnissen über die Zielsetzung des Mitarbeitergespräches. Kooperative Gespräche erfordern ein hohes Maß an Fähigkeit zum Zuhören, Eingehen aufeinander und klare Aussagen über heikle Themen. Bedeutsam ist auch, dass zwei Partner unterschiedlicher hierarchischer Ebenen gleichberechtigt Argumente austauschen. Oft wird das Mitarbeitergespräch auch mit der althergebrachten Personalbeurteilung verwechselt, bei der Mitarbeiter Empfänger einer Beurteilung waren. Mitarbeitergespräch bedeutet nicht Mitarbeiterbeurteilung Deshalb soll das Instrument Mitarbeitergespräch im folgenden klar von der Mitarbeiterbeurteilung abgegrenzt werden. Das Mitarbeitergespräch ist schwerpunktmäßig ein Förder- und Beratungsgespräch und kein Beurteilungsgespräch. Ziel ist die Förderung der Leistung des Mitarbeiters und die Gestaltung der Zusammenarbeit zwischen Mitarbeiter und Vorgesetztem. Es geht im weitesten Sinn um Entwicklung und ein gemeinsames Verständnis von Leistung. Mitarbeitergespräch ist ein Förder- und Beratungsgespräch Die Funktionen der Mitarbeiterbeurteilung liegen in der Vorbereitung von Personalentscheidungen, sie ist die Basis für die Lohn- und Gehaltsfindung und ist eher quantitativ orientiert. Es geht um Verteilung knapper betrieblicher Ressourcen wie Geld und Aufstiegsmöglichkeiten. Mitarbeiterbeurteilung ist quantitativ orientiert Folgende Übersicht soll die Unterschiede zwischen Mitarbeitergespräch und Mitarbeiterbeurteilung verdeutlichen: Ausgangspunkt Mittelpunkt Schwerpunkt Standpunkt MITARBEITERGESPRÄCH MITARBEITERBEURTEILUNG Zielvereinbarung Stellenbeschreibung (Effektivität; was soll herauskommen?) (Aufgaben, Aktivitäten) Aufgabe Person (Arbeitsergebnisse) (Verhaltensbeobachtung, Einstufung) Personalführung Personalauslese (Motivation, Leistungsverbesserung) (Vergleich mit anderen, Ermittlung der Besten) Vorgesetzter « Mitarbeiter Vorgesetzter (Feedback in beide Richtungen, Beratung, partnerschaftliches Gespräch) ¯ Mitarbeiter (Beurteilung von oben nach unten) 9 Systematische Einführung des Mitarbeitergespräches Ein wichtiger Grundsatz für jede Art von Organisationsentwicklungsprojekten lautet, dass eine möglichst breite Beteiligung der Betroffenen die Voraussetzung für Erfolg ist. Die Einführung des Instrumentes Mitarbeitergespräch lässt sich im Unternehmen am ehesten als Projekt durchführen. Schritte bei der Einführung des Mitarbeitergespräches als Projekt Voraussetzungen Schritte Nach dem Startschuss („Wir brauchen Mitarbeitergespräche!“) müssen folgende zwei Voraussetzungen den Rahmen für die Erarbeitung einer Struktur für Mitarbeitergespräche bilden: · Definition von Unternehmensleitlinien, Führungsgrundsätzen und Zielen mit dem Schwerpunkt Zusammenspiel zwischen Führungskraft und Mitarbeiter · Auftraggeber des Projektes ist die Unternehmensleitung 1. Projektplanung setzt sich zusammen aus: · Einrichtung einer Projektgruppe · Schaffung eines gemeinsamen Verständnisses über das Projektziel · Ablaufplanung 2. Modellentwicklung umfasst: · Analyse der Situation des eigenen Unternehmens · Erstellung eines firmenspezifischen Modells mit Behandlung der typischen Fragen wie z.B.: Soll es rein um eine Rückschau gehen oder soll auch eine vorausschauende Zielsetzung vorgenommen werden? Sollen Leistungen oder Qualifikationen und Verhalten von Mitarbeitern behandelt werden? 3. Umsetzungsphase · Erstellung einer Informationsbroschüre über Inhalt und Ablauf des Mitarbeitergespräches, sowie über dazugehörige Themen (z.B. Kommunikationsregeln, Beurteilungs- und Wahrnehmungsfehler) · Pilot-Mitarbeitergespräche führen · Erfahrungsaustausch in Form einer „Auswertungsveranstaltung“ 10 4. Information und Training beinhaltet: · Information an die Mitarbeiter über das Projektergebnis · Vorgesetztentraining über Ziel, Kommunikation, Rolle und Haltung des/im Mitarbeitergespräch/-es 5. Durchführung der ersten Mitarbeitergespräche 6. Nachbereitungsphase · Verbesserungsvorschläge und Änderung der Unterlagen 7. Eventuell Begleitung durch kompetente Berater Was soll der Betriebsrat tun? Sieht es auf den ersten Blick so aus, als berühre die Ein-/Durchführung von Mitarbeitergesprächen kaum die betriebsrätliche Arbeit, so ergeben sich bei näherer Betrachtung eine Reihe von Anknüpfungspunkten. Die Unternehmensleitung ermöglicht mittels Mitarbeitergesprächen den Arbeitnehmern darüber nachzudenken, wie sich Arbeitsleistung und die Qualität der Zusammenarbeit verbessern/verändern könnte. Unternehmen „lassen nachdenken“ Arbeitnehmer fühlen sich durch diese Art der Beteiligung am betrieblichen Geschehen aufgewertet bzw. ernst genommen und verfallen schnell in das Urteil: „Wozu ein Betriebsrat, wenn wir die Probleme selbst in die Hand nehmen können?“ Betriebsräte sind daher gut beraten, sich der Chancen und Risiken des Mitarbeitergespräches bewusst zu werden, bevor sie diese ablehnen oder vorbehaltlos unterstützen. Chancen und Risiken aus der Sicht des Betriebsrates Chancen · Möglichkeit zur Verbesserung der Zusammenarbeit · Aufweichung starrer hierarchischer Führung · Feedback auch für den Vorgesetzten · Möglichkeit zur Mitgestaltung der eigenen Arbeitssituation · Beachtung des persönlichen Weiterbildungsbedürfnisses der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer 11 Chancen Risiken Risiken · Mitarbeitergespräche werden zur Personalbeurteilung missbraucht · Mitarbeitergespräche dienen versteckt der Lohn-/Gehaltsfindung · Mitarbeitergespräche erzeugen Angst und Druck in der Belegschaft · Arbeitnehmer werden ausgehorcht und gegeneinander ausgespielt · Über Mitarbeitergespräche wird versucht, die Betriebsratsarbeit auszuhöhlen Chancen für den Betriebsrat entstehen dort, wo es gelingt, für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer echte Gestaltungsspielräume am Arbeitsplatz durch Mitarbeitergespräche zu ermöglichen. Mitwirkung des Betriebsrates Beteiligung des Betriebsrates von Beginn an Die Mitgestaltungsmöglichkeiten, die sich durch die Einführung von Mitarbeitergesprächen bieten, gilt es zu nutzen. Dies gelingt, indem sich der Betriebsrat von Beginn an am Vorhaben Mitarbeitergespräch beteiligt: durch die Teilnahme in der Projektgruppe, Einflussnahme auf die Gestaltung eines Gesprächsleitfadens, Mitarbeiterinformation, Abschluss einer Betriebsvereinbarung, etc. Dies bedeutet jedoch, viel Zeit und Energie zu investieren und es bedarf einer entsprechenden Qualifizierung bzw. umfassender Informationen. Informationsquellen Unternehmensleitung Ohne Information geht nichts! Die naheliegendste Informationsquelle ist die Unternehmensleitung, die die Initiative zur Einführung des Mitarbeitergespräches gesetzt hat. gezielte Fragen Die durch gezieltes Fragen erhaltenen Informationen bilden die Basis für die Erarbeitung der eigenen Arbeitsschritte des Betriebsrates. Fragen an die Unternehmensleitung führen auch zu einer stärkeren Beachtung und dadurch Stärkung des Betriebsrates zum Thema Mitarbeitergespräch. Arbeiterkammer / Gewerkschaften Unternehmen ziehen bei der Einführung von Organisations- bzw. Personalentwicklungsmaßnahmen oft externe Berater bei. Dies kann (soll) auch der Betriebsrat tun und sich an die Experten der Gewerkschaft bzw. der Arbeiterkammer wenden. 12 Arbeitsrechtliche Ansatzpunkte Selbstverständlich gehört zu einer offenen Unternehmenskultur auch - unabhängig von den Bestimmungen des ArbVG - eine möglichst frühe und umfassende Beteiligung des Betriebsrates am Projekt zur Einführung von Mitarbeitergesprächen in Unternehmen. ArbVG Dennoch sind die formellen Beteiligungsrechte des ArbVG als Quellen des betriebsrätlichen Einflusses zu sehen. Zum Thema Mitarbeitergespräch lässt sich folgendes ableiten: Das ArbVG kennt im Bereich der qualitativen Arbeitsgestaltung allgemeine Überwachungs- und Interventionsrechte nach §§ 89 + 90. Verstärkt wird die Position des Betriebsrates durch § 94 (1-3), wo Mitwirkungsrechte bei betrieblichen Bildungsmaßnahmen vorgesehen sind. Weiters beinhaltet § 97 ArbVG die Möglichkeit zum Abschluss einer freiwilligen Betriebsvereinbarung. Betriebsvereinbarungen Der Abschluss einer Betriebsvereinbarung bei der Einführung von Mitarbeitergesprächen ist unbedingt anzustreben. Betriebsräte können sich damit auf Regeln berufen, die mit der Unternehmensleitung direkt vereinbart wurden. Das macht die Einhaltung wahrscheinlicher und die Kontrolle leichter. Der § 97 ArbVG liefert dazu die Anhaltspunkte. freiwillige Betriebsvereinbarung Inhaltlich soll dabei in einer Einleitung (Präambel) auf die wesentlichen Leitlinien, sowie Ziel und Zweck des Mitarbeitergespräches eingegangen werden. Weiters müssen die Gesprächsschwerpunkte erläutert werden. Daneben sollte eine Betriebsvereinbarung zum Mitarbeitergespräch die wichtigsten Durchführungs- und Organisationshinweise enthalten, wie z.B. das Prinzip der Vertraulichkeit und ein eventuelles Prozedere bei Unstimmigkeiten. Inhalt der Betriebsvereinbarung Schlussbemerkung Diese Broschüre verdeutlicht folgendes zum Thema Mitarbeitergespräch: Þ 13 Bei der Einführung von Mitarbeitergesprächen steht die individuelle Vorgesetzten-Mitarbeiter-Beziehung im Mittelpunkt der Betrachtung. Þ Mitarbeitergespräche dienen der Stärkung der Verantwortung von Mitarbeitern bezogen auf die eigene Arbeitssituation. Als Zusammenfassung seien hier nochmals die wichtigsten Einflussfaktoren auf das Mitarbeitergespräch dargestellt: Mitarbeiter Vorgesetzte Mitarbeitergespräch Unternehmensleitung Personalabteilung Betriebsrat Unternehmenskultur Abschließend bleibt noch festzuhalten, dass eine konstruktive Nutzung des Instrumentes Mitarbeitergespräch folgende Möglichkeiten für den Betriebsrat bietet: Þ Þ In der konkreten betrieblichen Situation sind alle relevanten Einflussfaktoren auf das Mitarbeitergespräch durch den Betriebsrat zu überprüfen und zu bewerten. Darauf aufbauend sind eigene Positionen zu beziehen. Expertenwissen erhöht das Aktionsfeld des Betriebsrates. Sollten Sie Fragen zum Mitarbeitergespräch haben, wenden Sie sich an: Beratung Mag. Doris Formann AK-Consult Tel.: 0732/6906-2421 14