Integralrechnung: unbestimmte und bestimmte Integrale • f (x) dx ist

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Integralrechnung: unbestimmte und bestimmte Integrale • f (x) dx ist
Integralrechnung: unbestimmte und bestimmte Integrale
• ∫ f (x) dx ist ein unbestimmtes Integral (Stichwort: Stammfunktion)
b
• ∫ f (x) dx ist ein bestimmtes Integral (Stichwort: orientierter Flächeninhalt)
a
Diese beiden Integral-Konzepte und ihr Zusammenhang werden im Folgenden erläutert.
Das unbestimmte Integral ∫ f (x) dx
Hier geht es um Integration als Umkehrung der Differentiation.
Gegeben ist eine Funktion f (x). Gesucht ist eine Stammfunktion F (x) von f (x), d.h.
eine Funktion F (x) mit F ′ (x) = f (x).
Ist beispielsweise f (x) = 2 x, so ist eine Stammfunktion z.B. F (x) = x2 . Weil aber die Ableitung einer additiven Konstante Null ergibt, ist auch F (x) = x2 + C mit einer beliebigen
Konstanten C eine Stammfunktion.
Ganz generell: die Stammfunktion F (x) einer gegebenen Funktion f (x) ist nur bis auf
eine additive Konstante eindeutig.
Das unbestimmte Integral einer Funktion f (x) ist
∫ f (x) dx = F (x) + C
mit einer Stammfunktion F (x) von f (x), also: F ′ (x) = f (x),
und einer beliebigen Konstanten C, der sog. Integrationskonstanten.
Beispiele einfacher unbestimmter Integrale
1
• ∫ (sin (x) + ) dx = − cos (x) + ln ∣x∣ + C
x
1
⋅ xa+1 + C falls a ≠ −1 ist – sonst haben wir nämlich:
• ∫ xa dx = a+1
• ∫ x−1 dx = ln ∣x∣ + C
Jede Ableitungsregel ergibt, umgekehrt gelesen, also eine Integrationsregel. Es folgt eine
Übersicht elementarer Stammfunktionen, die sich auf diese Weise aus den Ableitungen
elementarer Funktionen ergeben.
Alle Winkel im Bogenmaß!!
1
dx = − cot x + C
∫
sin2 x
1
∫ cos2 x dx = tan x + C
∫ cos x dx = sin x + C
(a ≠ 1)
(a ≠ −1)
∫ sin x dx = − cos x + C
ax
x
a
dx
=
+C
∫
ln a
x
x
∫ e dx = e + C
−1
∫ x dx = ln ∣x∣ + C
xa+1
a
+C
x
dx
=
∫
a+1
Einige elementare Integrale
−1
ln 1+x
1−x + C1 = tanh x + C1
−1
ln x+1
x−1 + C2 = coth x + C2
1
2
1
2
⎧
cosh−1 (x) + C
⎪
√
⎪
⎪
dx = ln ∣x + x2 − 1∣ + C = ⎨
∫ √ 2
⎪
−1
x −1
⎪
⎪
⎩ cosh ( x)+ C
1
√
1
√
dx
=
ln
∣x
+
x2 + 1∣ + C = sinh−1 x + C
∫
2
x +1
1
dx = sin−1 x + C
∫ √
1 − x2
⎧
⎪
⎪
1
⎪
dx
=
⎨
∫ 1 − x2
⎪
⎪
⎪
⎩
1
−1
∫ 1 + x2 dx = tan x + C
(x < −1)
(x > 1)
(∣x∣ < 1)
(∣x∣ > 1)
(∣x∣ < 1)
b
Das bestimmte Integral ∫ f (x) dx
a
Hier geht es um einen („orientierten“, d.h. vorzeichenbehafteten) Flächeninhalt.
y
y=f(x)
b
f(x)dx
a
a
b
x
Das bestimmte Integral einer Funktion f (x) von a bis b
b
∫a f (x) dx
ist der Flächeninhalt der von der Funktionskurve und der x-Achse berandeten
Fläche zwischen x = a und x = b.
(Je nach Vorzeichen der Funktion und Integrationsrichtung trägt dieser Flächeninhalt ein positives oder negatives Vorzeichen: orientierter Flächeninhalt.)
Indem man die infrage stehende krummlinig berandete Fläche durch eine Reihe schmaler
Rechteckstreifen approximiert, läss sich das bestimmte Integral als eine Art Grenzwert
dieser Näherungsflächen definieren, der sich ergibt, wenn man die Streifenbreite gegen
Null gehen lässt.
y
y
y=f(x)
y=f(x)
a
b
x
a
Annäherung von unten
b
x
Annäherung von oben
Zusammenhang dieser beiden Integralkonzepte
Um diesen Zusammenhang zu erkennen, untersuchen wir, wie sich (bei einer stetigen
Funktion f (x)) der durch das bestimmte Integral gegebene Flächeninhalt ändert, wenn
man die obere Grenze variiert. Dazu definieren wir die Flächenfunktion
X
A (X) = ∫
f (x) dx
a
lassen also die obere Integrationsgrenze variabel.
y
f(X+h).h
f(X).h
y=f(x)
a
X
X+h
x
X
Uns interessiert der Unterschied, der sich ergibt zwischen der Fläche A (X) = ∫a f (x) dx
X+h
und der etwas größeren Fläche A (X + h) = ∫a
f (x) dx, die wir erhalten, wenn wir die
Obergrenze des Integrals um den kleinen Betrag h vergrößern, d.h. also die Differenzfläche
A (X + h) − A (X)
Nehmen wir einmal der Einfachheit halber an, dass der Integrand f (x), wie im Diagramm
gezeichnet, eine monoton steigende Funktion ist. Dann liegt die gesuchte Differenzfläche größenmäßig jedenfalls zwischen dem dort hellblau schraffierten Rechteck der Fläche
f (X) ⋅ h und dem dunkler blau schraffierten Rechteck der Fläche f (X + h) ⋅ h. Es gilt
also:
f (X) ⋅ h ≤ A (X + h) − A (X) ≤ f (X + h) ⋅ h
oder, wenn wir durch h dividieren:
f (X) ≤
A (X + h) − A (X)
≤ f (X + h)
h
Wenn wir nun h gegen Null gehen lassen:
A (X + h) − A (X)
≤ f (X)
h→0
h
f (X) ≤ lim
Der Grenzwert in der Mitte ist aber die Ableitung A′ (X) der Flächenfunktion A (X)!
Wir haben also
f (X) = A′ (X)
Hauptsatz der Infinitesimalrechnung für stetige Funktionen f (x)
Die Flächenfunktion ist eine Stammfunktion:
X
F (X) = ∫
f (x) dx ⇒ F ′ (X) = f (X)
a
Als eine unmittelbare Folgerung aus diesem Hauptsatz ergibt sich nun eine Möglichkeit,
bestimmte Integrale stetiger Funktionen mithilfe von Stammfunktionen zu berechnen:
Ist F (x) eine beliebige Stammfunktion der stetigen Funktion f (x), d.h. gilt
F ′ (x) = f (x), so ist
b
x=b
∫a f (x) dx = F (b) − F (a) = [F (x)]x=a
Beispiel
π
y
1
y=sin(x)
x=π
∫0 sin (x) dx = [− cos (x)]x=0
= − cos (π) − (− cos (0))
= 1 − (−1)
=2
0
Beispiel
2π
∫π
y=sin(x)
x=2π
sin (x) dx = [− cos (x)]x=π
0
2π x
π
Beispiel
∫π/2
x
π
y
1
= − cos (2π) − (− cos (π))
= −1 − (− (−1))
= −2
3π/2
0
y
1
x=3π/2
y=sin(x)
sin (x) dx = [− cos (x)]x=π/2
= − cos (3π/2) − (− cos (π/2))
=0−0
=0
3π/2
0
π /2
π
b
x
Diese Beispiele illustrieren, inwiefern beim bestimmten Integral ∫a f (x) dx Flächenteile
links vom Integrationsweg a . . . b längs der x-Achse positiv zählen und Flächenteile rechts
vom Integrationsweg negativ. Dabei können sich positive und negative Teile wie im letzten
Beispiel auch gegenseitig wegheben.
Ich spreche hier von links und rechts bezüglich der Integrationsrichtung (und nicht etwa
von oberhalb bzw. unterhalb der x-Achse), weil man oft auch die Integrationsrichtung
umkehrt und sich dann die beteiligten Vorzeichen ebenfalls umkehren:
a
b
∫b f (x) dx = − ∫a f (x) dx
.
Elementare Eigenschaften des Integrals
Linearität (konstante Faktoren und Summen)
b
b
∫a A ⋅ f (x) dx = A ⋅ ∫a f (x) dx
∫a
b
b
b
(f (x) + g (x)) dx = ∫
a
f (x) dx + ∫
g (x) dx
a
Obergrenze = Untergrenze
a
∫a f (x) dx = 0
Umkehrung der Integrationsrichtung
a
b
∫a f (x) dx = − ∫b f (x) dx
Unterteilung des Integrationsintervalls
b
c
c
∫a f (x) dx + ∫b f (x) dx = ∫a f (x) dx
√
⎧
⎪
⎪ x
Beispiel f (x) = ⎨
2
⎪
⎪
⎩(x − 2)
falls 0 ≤ x ≤ 1
falls 1 < x ≤ 2
1
2
1
2
∫0 f (x) dx = ∫0 f (x) dx + ∫1 f (x) dx
2
1√
2
x dx + ∫ (x − 2) dx
=∫
1
0
3
3
= [ 23 ⋅ x /2 ]x=0 + [ 31 ⋅ (x − 2) ]x=1
x=1
= ( 23 − 0) + (0 − 31 ⋅ (−1))
=1
x=2
0
0
1
2
Tatsächlich sieht man auch an der Grafik: die beiden durch Parabelbögen begrenzten
Teilflächen – die linke hat einen Flächeninhalt von 2/3 und die rechte von 1/3 – ergänzen
einander zu einem Einheitsquadrat.