Editorial - Rumänien
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Editorial - Rumänien
Editorial I Hubertus Godeysen m Osten geht die Sonne auf! – Viertausend österreichische Unternehmen haben in Rumänien Niederlassungen gegründet oder Firmen übernommen. Die Reaktionen sind positiv, denn die Investitionen werfen nicht nur langfristig hohe Gewinne ab, sondern lassen bereits in kürzester Zeit die heimischen Bilanzen nach oben schnellen. Vor allem die Banken und Versicherungen verdienen in den neuen Märkten Südosteuropas bereits mehr als Zuhause. Wie alle Länder des ehemaligen Ostblocks mussten auch die beiden neuen EU-Mitglieder Rumänien und Bulgarien in kürzester Zeit nicht nur die Marktwirtschaft des ehemaligen Klassenfeindes übernehmen, sondern den Zusammenbruch des politischen und gesellschaftlichen Systems verkraften und einen Neuaufbau wagen. Mit hohen Blutopfern erkämpfte sich das rumänische Volk den Sturz der CeauşescuDiktatur und besiegte in Straßenschlachten mit Hunderten von Toten die Geheimpolizei Securitate. Rückblickend sind die erbrachten Leistungen, die 2007 zur EU-Reife führten, gewaltig, auch wenn es Rückschläge gab, Korruption sich ausbreitete und Menschen plötzlich nach oben gespült wurden, die den Wandel nutzten, um die noch nicht funktionierenden neuen demokratischen Institutionen hemmungslos auszutricksen. Rumäniens Aufbauleistung und die gelungene Demokratisierung führten zur gleichberechtigten EU-Partnerschaft und Österreich konnte Rumänien auf diesem Weg tatkräftig begleiten. Ein Grund mehr, stolz auf das gemeinsame Europa zu sein und sich über die offenen Grenzen zu freuen, die Österreichs Randlage für immer beendeten. Es ist deshalb charakterlos, wie einige Parteien mit billigen Emotionen und Ängsten neue Grenzen errichten wollen. Auch ist es unglaubwürdig, wenn Medien sich ihre Kampagnen gegen die Grenzöffnung durch die Hersteller von Alarmanlagen und Sicherheitstüren finanzieren lassen oder gegen den Menschenhandel der „Ostbanden“ wettern, um dann einige Seiten später mit den Sex-Anzeigen genau dieser Menschenhändler Profit zu machen. Die AußenSeiten wollen mit der Schwerpunktausgabe Rumänien über ein altes europäisches Land mit großer Zukunft informieren, dass nach einem langen und schweren Weg nun im modernen Europa angekommen ist. Die österreichischen EU-Pessimisten sollten sich vom europäischen Geist der Rumänen und vom Mut und Schwung der rumänischen Jugend anstecken lassen, statt an überholten Vorurteilen festzuhalten. Die österreichische Wirtschaft macht es vor – mit Gewinn!!! Inhalte Wirtschaft Im Gespräch mit Ronald Kaltenbäck: „Wir wollen den Unternehmen den AEO nicht aufschwatzen!“ ........................................... 4 Im Gespräch mit GD Dr. Ruttenstorfer: „Mit der Petrom führt die OMV in Mitteleuropa“ .......................................................... 24 „Prince Stirbey“ lernt fliegen ..................... 28 Schwerpunkt: Rumänien Ein Land ist angekommen ............................. 9 Adriana Stănescu Geschäftsträgerin der Botschaft Rumäniens: „Der beste Kämpfer für die Zukunft ist die Jugend!“ ..................................................... 12 Mit Optimismus zum EURO............................ 14 „Ein sehr attraktives Land“ .......................... 16 Die Wirtschaft boomt! ....................................... 18 Dracula – Blutsauger oder Held?............... 20 Wussten, Sie dass … ...................................... 22 Rumänien auf einen Blick.............................. 23 Europa Mehrwertsteuerbetrugsbekämpfung ..... 27 Scanning für Container in die USA........... 27 In eigener Sache „Die Innenseiten der AußenSeiten“ ..... 29 ............................................................ 30 ................................................................ 30 Rubriken AußenBlicke Impressum Herzlichst, Das Titelbild zeigt die Kirchenburg Prejmer. Redaktionsleitung AußenSeiten AußenSeiten 1 | 2008 Für die freundliche Überlassung der Rumänien-Fotos danken wir dem Rumänischen Touristenamt in Wien. 3 Länderschwerpunkt Rumänien Ein Land ist angekommen Von Hubertus Godeysen R umäniens erster Auftritt auf der Weltbühne erfolgte eher zufällig und war die Folge eines Skandals im fernen Rom. Im Jahr 8 n. Chr. beherrschte der mächtige römische Kaiser Augustus zwar die damalige Welt, aber nicht seine liebestolle Enkelin. Und weil der berühmte Dichter Ovid zufällig Mitwisser eines anstößigen Liebesabenteuers dieser jungen Dame wurde, verlor er nicht nur die Gunst des Kaisers, sondern auch seine römische Heimat. Um zu verhindern, dass er sein Wissen ausplaudern konnte, verbannte ihn der Kaiser an den Rand seines Reiches nach Tomis, dem heutigen rumänischen Hafen Konstanza. Der 43 v. Chr. geborene Ovid entstammRumänen lieben ihre Künstler - das George-Enescu-Festival in Bukarest. te dem wohlhabenden römischen Adel und lebte, von zahlreichen Mäzenen Der „Vater der Weltraumfahrt“, Herstoff, baute zur Verteidigung seiner und Kaiser Augustus gefördert, ein bemann Oberth (1884 – 1989), träumte Stadt den ersten Raketenwerfer und die hagliches Leben, bis ihn im 51. Lebensals Knabe im rumänischen Hermannersten Nebelkerzen. jahr unerwartet der Bannstrahl traf. stadt vom Weltraum. 1922 wurde seine Alle Begnadigungsgesuche blieben ererste Doktorarbeit „Die Rakete zu den Doch wie entstand das rumänische folglos und so starb er 17 n. Chr. zwar Planetenräumen“ noch als zu fantasVolk? Spuren einer ersten Besiedelung als Ehrenbürger der Stadt Tomis, durftisch abgelehnt, aber er ließ sich nicht gibt es bereits aus der Altsteinzeit, aber te aber sein geliebtes beirren und zündetet die eigentlichen Vorfahren sind die Viele rumänische Rom nie wieder sehen. 1929 an der TU Berindoeuropäischen Daker, die mit den In dieser Exilzeit entlin den ersten RakeThrakern verwandt sind und im Gebiet Künstler tragen die standen viele elegische europäische Kultur in die tenmotor. Mit seinem zwischen Donau, Theiß und dem Karund von resignativer Schüler Wernher von patenbogen seit dem 2. Jh. v. Chr. lebten. Welt hinaus. Melancholie getragene Braun baute er zuerst In der Mitte des 1. Jh. v. Chr. einte KöWerke, die erstmals in Peenemünde und nig Burebista erstmals diese Stämme zu die rumänische Schwarzmeerregion dann in den USA Raketen und schuf einem Volk, das dann viele Kleinkriege weltweit bekannt machten. die Grundlagen für die moderne Raumgegen Rom führte, bis es Kaiser Trajan fahrt und die erste Mondlandung. zwischen 101 und 106 n. Chr. unterwarf Es folgten noch viele rumänische Beund als Provinz Dacia seinem Reich rühmtheiten, die europäische Kultur in 400 Jahre früher lebte in Hermannstadt eingliederte. Dieser Sieg ist auf der Tradie Welt hinaustrugen, vor allem großarein weiterer Raketenpionier, der Büchjanssäule in Rom verewigt. tige Musiker und Dichter. Dramaturgen sen- und Zeugmeister Conrad Haas wie Eugen Ionescu; der Komponist Béla (1509 – 1579). In seiner Heimatstadt Obwohl die Römer die neue Provinz Bartók; Wunderkind, Geigenvirtuose schoss er 1555 die erste dreistufige Ragegen Überfälle durch eine große und Komponist George Enescu und kete in den Himmel, entwickelte mit Mauer sicherten, die vom Hafen KonsDirigent Sergiu Celibidache. einem Gemisch aus Schwarzpulver und tanza durch die Region Dobrudscha Branntwein den ersten flüssigen Treibbis zur Donau reichte, konnten sie Da- 8 AußenSeiten 1 | 2008 Länderschwerpunkt kien nur 170 Jahre halten. 256 n. Chr. vertrieben die Goten die Römer und 271 gab Kaiser Aurelian die Provinz vollständig auf. Dennoch hatte der römische Einfluss die Daker stark geprägt und ließ im ersten Jahrtausend das rumänische Volk entstehen, das dann später noch durch slawische Einflüsse seinen unverwechselbaren Charakter erhielt. Mit Zähigkeit verteidigten die Menschen ihr romanisches Erbe und bewahrten es trotz Völkerwanderung, Eroberungen durch Ungarn, Mongolen und Türken. Im 5. Jh. nahmen sie das Christentum an und überdauerten als einzige Nachfahren der östlichen Romanität alle Fremdeinflüsse. Mit ihrem romanischen Temperament, ihrer Kultur und Lebensfreude Die Karpaten bildeten schon immer das Rückgrat des Landes. gelten die Rumänen zu Recht als die „Italiener“ Südosteuropas und sie sind d´arte, vissi d´amore“ extra kompokeit dauerte nur gut 100 Jahre, dann stolz darauf. Diese romanische Seelenniert, mit der Hariclea Darclée die Welt musste sich das Land gegen die osmaverwandtschaft verbegeisterte. nische Fremdherrschaft wehren. Zu körperte niemand bes- Das Temperament macht den Kämpfern gehörte auch der zeitser als die berühmte Der Weg bis zu einem weilige Herrscher der Walachei Vlad Rumänen zu den „Italierumänische Sängerin unabhängigen ruIII. Draculea, der als türkische Geisel nern“ Südosteuropas. Hariclea Darclée (1860 mänischen Staat war die Praxis des Pfählens erlernt hatte, – 1939), die am 14. schwer, zuerst erfolgte womit er während seiner RegierungsJänner 1900 Puccinis „Tosca“ erstmalig ein langer Befreiungskampf, der im zeit Gegner wie Kriminelle tötete. Der sang und das Opernpublikum vor Be14. Jh. zur Gründung der Walachei Vatikan lobte ihn für seinen heldengeisterung zum Rasen brachte. Nur für und des Fürstentums Moldau führte. haften Kampf gegen die Türken und sie hatte Puccini die große Arie „Vissi Die mühsam errungene Unabhängigseine Landsleute sehnten sich später nach seiner Regierung zurück, in der es weder Diebstahl noch Korruption gegeben hatte. 1526 besiegten die Osmanen unter Süleiman II. in der Schlacht von Mohács das ungarische Heer und die rumänischen Länder kamen nun vollständig unter das türkische Joch. Mehrere Befreiungsversuche wurden blutig niedergeschlagen und jeder Widerstand im Keim erstickt. Vier Jahre nach der Befreiung Wiens besiegten 1687 kaiserliche Truppen unter Karl V. von Lothringen und Maximilian II. das osmanische Heer und Siebenbürgen konnte aufatmen. Prinz Eugen drängte die Türken weiter zurück und befreite das Banat und die Kleine Walachei, um es für die österreichische Krone zu annektieren. Auch während Fremdherrschaft und Kriegen, stets bewahrten die Klöster das nationale Kulturerbe. AußenSeiten 1 | 2008 Durch den weiteren Niedergang des Osmanischen Reiches wurde Ru- 9 Länderschwerpunkt Als Kulturhauptstadt feierte Sibiu (Hermannstadt) 2007 mit Besuchern aus aller Welt ein großes Fest. mänien nun zum Spielball habsburgischer und russischer Interessen, deren Rivalität in Südosteuropa später den Ersten Weltkrieg auslöste. Aber es war noch ein langer und blutiger Weg bis die türkische Herrschaft endgültig beendet war und sich ein selbständiger Staat bilden konnte. Das neue Rumänien entsteht 1859 vereinigten sich Walachei und Moldau und wählten Alexandru Ion Cuza zum gemeinsamen Fürsten, der 1862 das Fürstentum Rumänien proklamierte. Er führte eine Bodenreform durch, schaffte die Leibeigenschaft ab und wurde durch oppositionelle Kräfte 1866 zur Abdankung gezwungen. Eine Übergangsregierung wählte daraufhin Karl Eitel Friedrich von Hohenzollern-Sigmaringen als Karl I. zum Fürsten. Er beteiligte sich als Verbündeter Russlands am RussischTürkischen Krieg (1877/78) und erklärte 1878 die völlige Unabhängigkeit Rumäniens, die der Berliner Kongress am 13. Juli 1878 anerkannte. 1881 ernannte sich Karl I. zum König von Rumänien. Wenige Jahre später verbündete sich Rumänien mit dem Dreibund (Deutschland, Österreich-Ungarn, Italien) gegen die Expansionspolitik Russlands. 10 Im 1. Balkankrieg gegen die Türkei wahrte Rumänien 1912 seine Neutralität, griff 1913 auf der Seite von Serbien und Griechenland in den 2. Balkankrieg gegen Bulgarien siegreich ein und erhielt die südliche Dobrudscha. Damit war Rumänien die stärkste Macht auf der Balkanhalbinsel geworden. nutzten und den Ministerpräsidenten ermordeten. Um dem Faschismus einzudämmen, verbot Karl II. 1938 die Eisernen Garden und errichtete eine Königsdiktatur. Im 2. Weltkrieg besetzten Deutsche Truppen Rumänien, um die Erdölfelder vor Großbritannien zu sichern. Die hierdurch entstandenen Unruhen Als neutrales Land ging Rumänien in nutzte der faschistische Marschall Ion den 1. Weltkrieg und als König Karl I. Antonescu, um den König abzusetim Oktober 1914 starb, folgte ihm sein zen, überließ seinem Sohn Michael Neffe als Ferdinand I. auf den Thron. repräsentativ den Thron und errichteRumänien erklärte 1916 Österreichte eine Militärdiktatur. VolksaufstänUngarn den Krieg, wurde jedoch von de schlug die Eiserne Garde blutig der österreichisch-deutschen und der nieder und ermordete Politiker und bulgarischen Armee Intellektuelle. Rubesiegt. In den Parimänien trat im Juni Rumänien wurde Spiel- 1941 als Partner des ser Friedensverhandlungen konnte Rumä- ball habsburgischer und Deutschen Reiches nien sein Staatsgebiet russischer Interessen. in den Krieg gegen mehr als verdoppeln die Sowjetunion ein, und eine neue Vererklärte den USA den fassung annehmen. 1930 bestieg Karl Krieg und stieß mit seinen Truppen II. den Thron, obwohl er wegen einer bis nach Odessa vor. Im Frühling Affäre mit seiner Mätresse Magda Lu1944 rückte die Rote Armee in das pescu zeitweilig im Pariser Exil lebte rumänische Territorium ein. König und sein minderjähriger Sohn kurz als Michael I. verhaftete mit einigen loyKönig eingesetzt war. Karls autoritärer alen Generälen am 23. August 1944 Führungsstil führte zu Differenzen die Regierung Antonescu und erklärmit seinen Ministerpräsidenten, wähte die Kapitulation Rumäniens. Am rend faschistische Gruppen unter 12. September wurde ein WaffenstillFührung der Eisernen Garde die Wirtstand unterzeichnet, der den Krieg schaftsprobleme für ihren Aufstieg um 200 Tage verkürzte. AußenSeiten 1 | 2008 Länderschwerpunkt Rumänien geriet nun unter den EinWährend Ceauşescu sich außenpolifluss der Sowjetunion, die wichtige tisch öffnete, errichtete er im eigenen Ämter mit Kommunisten besetzte Land eine Diktatur, bekämpfte jegliund das Wahlergebnis vom 19. Noche Opposition und stützte sich auf vember 1946 nicht akzeptierte. Am die Geheimpolizei Securitate. Ohne 30. Dezember 1947 wurde die AbdanRücksicht auf die Bevölkerung trieb er kung König Michaels die Wirtschaft voran, erzwungen und die Ceauşescu öffnete sich um elf Milliarden USVolksrepublik Rumäaußen und errichtete Dollar Auslandsschulnien ausgerufen. Poliden zurückzuzahlen. innen eine Diktatur. tische Gegner wurden Die Versorgung mit verhaftet, erschossen Nahr ungsmitteln, oder verschwanden in sowjetischen Brennstoffen und Energie brach ein. Arbeitlagern. Im November 1950 beTrotzdem setzte Ceauşescu noch ein stätigte die Generalversammlung der „Siedlungsbereinigungsprogramm“ UN eine systematische Verletzung der durch, bei dem 8.000 Dörfer zerstört Menschenrechte. wurden, und baute in Bukarest einen Präsidentenpalast, der das zweitgrößDavon unberührt verstaatlichte die te Gebäude der Welt ist und ein hisrumänische Regierung Industrie und torisch gewachsenes Stadtviertel verWirtschaft und schuf mit 12% eine der nichtete. höchsten Wachstumsraten in Osteuropa. 1950 wurde mit Österreich als Mitte Dezember 1989 entlud sich der erstem westlichem Land ein HandelsVolkszorn. Demonstranten und die abkommen abgeschlossen. Von 1949 Securitate lieferten sich tagelange Strabis 1962 erfolgte die Zwangskollektißenschlachten, Hunderte von Toten vierung der Landwirtschaft, lediglich 2.000 qm Privatland durften die Bauern behalten. ren setzten sich Demokratie, ein Mehrparteiensystem und die Marktwirtschaft mühsam durch. Ideologische und ethnische Gegensätze brachen auf. Demonstranten und Bergarbeiter kämpften mit sechs Toten und Hunderten Verletzten gegen kommunistische Sicherheitskräfte, es gab einen Generalstreik, gewalttätige Übergriffe auf Roma, die dann 1991 nach Deutschland und Österreich flüchteten, und Konflikte zwischen der ungarischen Minderheit und rumänischen Nationalisten in Siebenbürgen; doch die neue Freiheit blieb Sieger. Drei friedliche Regierungswechsel folgten, der wirtschaftliche Aufstieg begann und setzte ungeahnte Kräfte frei um das Land zu modernisieren und ein stabiles EURecht zu installieren. Oberstes Ziel der Außenpolitik wurde die Mitgliedschaft in EU und NATO. Am 15. Februar 2000 begannen in Brüssel die EU-Beitrittsverhandlungen und nach einem harten Reformweg er- 1955 wurde Rumänien vollständig in den Ostblock integriert. Erst 1965 lockerte der neue Generalsekretär der KP und spätere Staatspräsident Nicolae Ceauşescu die Bindung an die Sowjetunion und begann eine eigenständigere nationale Politik. Da der kommunistische Führungsanspruch und die Mitgliedschaft im Warschauer Militärpakt nie in Frage gestellt wurden, tolerierte die Sowjetunion Rumäniens unabhängigeren Weg - anders als in Ungarn, der Tschechoslowakei oder in Polen. Ceauşescu setzte eine „Öffnung nach allen Seiten“ durch, unterstützte den Prager Frühling, traf sich mehrmals mit US-Präsident Richard Nixon und sein Land erhielt 1975 den Status einer „most favoured nation“. 1972 trat Ceauşescu dem Internationalen Währungsfonds und der Weltbank bei, förderte 1977 den Freundschaftsbesuch des ägyptischen Präsidenten Anwar as-Sadat in Israel und besuchte die Volksrepublik China. AußenSeiten 1 | 2008 Das zweitgrößte Gebäude nach dem Pentagon, Symbol Ceauşescus Größenwahn. Heute Sitz des Parlalments, auch die NATO tagte im April 2008 hier. blieben liegen. Die Armee stellte sich auf die Seite der Demonstranten und kämpfte gegen die Geheimpolizei. Am 22. Dezember floh Ceauşescu mit seiner Frau Elena, beide wurden verhaftet und am 25. Dezember hingerichtet. Die Revolution beendete nicht nur eine 24-jährige Diktatur, sondern auch den Kommunis-mus. In den folgenden Jah- folgte am 1. Jänner 2007 die Aufnahme als vollwertiges EU-Mitglied. Seit dem 29. März 2004 ist Rumänien Mitglied der NATO und Anfang April 2008 Gastgeber des NATO-Gipfeltreffens in Bukarest. Rumänien ist nach langer Zeit der Unterdrückungen, Krisen und Konflikte endlich angekommen und wird sich als Stabilitätsfaktor in der Zukunftsregion Südosteuropa bewähren. 11 Länderschwerpunkt „Der beste Kämpfer für die Zukunft ist die Jugend!“ Im Gespräch mit Adriana Stǎnescu, Geschäftsträgerin a.i. der Botschaft von Rumänien. A ußenSeiten: Rumänien ist nun über ein Jahr vollwertiges Mitglied der EU - was hat sich verändert? Stănescu: Unser Land ist seit dem 1. 1. 2007 EU-Mitglied, doch die Veränderungen begannen sofort nach der Wende. Seit dem Beginn der Beitrittsverhandlungen im Jahre 2000 befindet sich Rumänien in einem rasanten Aufholprozess, allein zur Anpassung an das EU-Recht mussten 3000 rechtliche Bestimmungen beschlossen und durchgeführt werden. Verändert hat sich der neue politische Status, wir werden nun als Mitglied der europäischen Familie akzeptiert, können aktiv in den EU-Gremien mitarbeiten, lernen die Anwendung europäischer Regeln und sind Teil einer stabilen Partnerschaft, die es in der wechselvollen Geschichte Rumäniens so noch nie gegeben hat. AußenSeiten: Mit welchen Erwartungen hat die rumänische Bevölkerung für den EU-Beitritt gestimmt? Stănescu: Rumänien hat den EU-Beitritt freudig herbeigesehnt, der von über 70% der Rumänen befürwortet wurde. Diese hohe Zustimmung hat sich auch weiter erhalten, was nicht nur den rumänischen Enthusiasmus verdeutlicht, sondern auch ganz handfeste Gründe hat. Die Rumänen erhoffen sich durch die EU-Mitgliedschaft mehr Transparenz, mehr Demokratie, effizientere Institutionen und insgesamt bessere Lebensbedingungen und Wohlstand. Aber sie sind sich auch bewusst, dass diese Erwartungen nicht über Nacht erfüllt werden können, 12 sondern nur mit Ehrgeiz, Arbeit und Geduld zu erreichen sind. AußenSeiten: Rumänien hatte nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ besonders unter alten „Seilschaften“ zu leiden, die Reformen und einen wirksamen Kampf gegen Korruption behinderten. Welchen Einfluss haben diese Kräfte heute und wie erfolgreich ist die Korrupti-onsbekämpfung? Stănescu: Wenn Sie unter „Seilschaften“ das Netzwerk der ehemaligen kommunistischen Eliten verstehen, so gebe ich Ihnen Recht, denn wie in allen postkommunistischen Ländern war dies nach der Wende ein Problem. In Rumänien versuchten sie anfänglich noch aktiv zu werden, doch sind sie allmählich aus dem System verdrängt und verfügen nicht mehr über politische Macht, auch wenn einige damals schnell sehr reich wurden. Adriana Stănescu bei einigen viel beachteten Gerichtsverfahren. Herbert Stepic, der Vorstandsvorsitzende der Raiffeisen International, hat gesagt: „Es ist eine Mähr, dass man in Osteuropa nur mit Bestechung Geschäfte machen kann.“ Die Ru-mänen empfinden die Korruption als Die Korruption entstand durch den Unrecht und erfahren zunehmend, schnellen Zusammenbruch des alten dass man auch ohne Bestechung sein Systems und den langsamen Aufbau Ziel erreicht, auch wenn dies manchneuer Strukturen. Anfänglich konnmal beschwerlicher erscheint. Es gibt ten wir die Korruption eine große Informanoch nicht einmal be- „Es wächst ein gesunder tionskampagne und kämpfen, weil es keine Wohlstand und wirtschaft- das Justizministerium rechtlichen Grundlabietet Hilfe und Belicher Erfolg heran.“ gen gab und die alten ratung an. Doch der kommunistischen Gebeste Kämpfer für Rusetze niemand anwenden wollte. Wir mäniens Zukunft ist die Jugend, denn mussten den Kampf stufenweise aufsie will ohne Korruption leben. nehmen und auch präventiv vorgehen. 2005 und 2006 wurden die nationalen AußenSeiten: In den alten EU-MitAntikorruptionsbehörden umstrukgliedsländern ist die große bürgerlituriert. Sie arbeiten jetzt noch effiziche Mitte der Garant für Demokratie enter und ermitteln sehr intensiv. Dass und einen stabilen Wohlstand. Im in einem Rechtsstaat die gerichtliche Kommunismus wurden die alten EliAufarbeitung ihre Zeit braucht, erleten und das Bürgertum weitgehend ben wir überall, derzeit auch in Wien zerstört. Wann wird Rumänien wie- AußenSeiten 1 | 2008 Länderschwerpunkt der über einen breiten bürgerlichen Mittelstand verfügen? Stănescu: Auch hier befinden wir uns in einem Nachholprozess. Ein starker Mittelstand setzt in einer Gesellschaft einen breiten Wohlstand voraus, der nur durch gute Ausbildung und wirtschaftlichen Erfolg möglich ist. Nun war Rumänien im Kommunismus keine Wüste und nicht alle Eliten haben sich ins Ausland abgesetzt, aber wir haben gute Landsleute verloren. Doch jetzt kommen viele Rumänen zurück oder bauen starke Verbindungen zu ihrer alten Heimat auf. Es wächst bereits ein gesunder Wohlstand heran, der durch den wirtschaftlichen Erfolg erste Früchte trägt, denn vom wirtschaftlichen Wachstum der Unternehmen profitieren auch die Mitarbeiter und deren Familien. Rumänien hat den stärksten Vermögenszuwachs in Europa und liegt beim Wachstum nach Russland und Bulgarien an dritter Stelle in Zentral- und Osteuropa. Das Lohnniveau in der Bevölkerung ist ebenfalls stark gestiegen, seit 2004 sogar um mehr als 70%. In Rumänien beträgt das Bruttoeinkommen zurzeit fast 400 €, netto ca. 300 €. Im Vergleich mit Österreich ist das gering, aber das Einkommen hat sich in den letzten drei Jahren bereits verdoppelt und wächst stetig weiter. Ein gesunder Mittelstand misst sich jedoch nicht nur am Einkommen, sondern auch am Engagement im öffentlichen Leben und einem großen Bedürfnis nach Bildung. Hier holen wir ebenfalls stark auf. Das Interesse für Studium und Weiterbildung ist rasant gestiegen, in Österreich befinden sich über 600 rumänische Studenten, in Deutschland, anderen EU-Ländern und den USA studieren mehrere tausend. Die rumänischen Universitäten platzen aus allen Nähten und die Weiterbildung boomt. Ein anderer Indikator für den Wohlstand ist der Tourismus. Aus Osteuropa liegt der Anteil rumänischer Touristen in Österreich von ca. 220.000 nach Russen und Ukrainer an 3. Stelle und im Jahr 2007 besuchten ca. 120.000 Rumänen Wien. AußenSeiten 1 | 2008 AußenSeiten: In Österreich hat Rumänien ein Imageproblem. Teile der Bevölkerung fühlen sich durch Kriminalität bedroht und durch organisierte Bettlerstrukturen belästigt, die mehrheitlich rumänischen Staatsbürgern angelastet werden. Empfinden Sie diese Vorwürfe als gerechtfertigt? Stănescu: Nein! - Das Bild Rumäniens kann nicht in erster Linie durch Kriminalität und Bettlerei bestimmt werden, hier möchte ich entschieden widersprechen. Das Image prägen vor allem die jungen fleißigen Rumänen, die als ehrgeizige und sprachbegabte Arbeitnehmer sehr gefragt sind. Auch Künstler bestimmen das Ansehen Rumäniens, wie in der Staatsoper oder der Volksoper - und der bekannteste Vertreter Rumäniens in Österreich ist sicherlich Staatsoperndirektor Ioan Holender. Die Zahl der in Wien lebenden Rumänen ist in 2 Jahren von 4.800 auf 8.000 gestiegen und sie sind hier anerkannt. Österreicher denken bei Rumänien vorrangig an die gemeinsame Geschichte, das Donaudelta, die Moldauklöster, Siebenbürgen und sogar an Dracula. Leider wird auch viel über rumänische Kriminalität gesprochen und berichtet. Wir arbeiten sehr erfolgreich mit dem österreichischen Innenministerium zusammen und die Polizei in beiden Ländern unterstützt sich gegenseitig bei der Verbrechensbekämpfung in Südosteuropa. Seit 2002 haben wir in unserer Botschaft zwei Attachés für Innere Angelegenheiten, die das rumänische Innenministerium vertreten. Klar ist jedoch, der Durchschnittsrumäne ist nicht krimineller als Bürger aus anderen Staaten und die rumänische Kriminellenstatistik ist nicht höher als die entsprechende Statistik z.B. in Österreich. Der falsche Eindruck entsteht, weil man Fälle mit rumänischen Straftätern ausführlich in den Medien darstellt und die Menschen dann diese Fälle mit unserem Land assoziieren. Kriminalität ist leider überall und hat keine Nationalität oder Grenzen! AußenSeiten: Wie sehen Sie kurz- und mittelfristig die politische und die wirt- schaftliche Entwicklung in Rumänien? Stănescu: Die politischen Reformen werden konsequent weitergeführt und der Fortschritt bei der Justizreform wird von der EU-Kommission intensiv begleitet. Dass unsere noch junge Demokratie bereits stabil ist, haben „Das Image prägen vor allem die jungen Rumänen“. drei Regierungswechsel bewiesen, die trotz des lebhaften romanischen Temperaments problemlos verlaufen sind. Wir gehen davon aus, dass Rumänien 2012 dem Schengen-Raum beitreten wird und 2014 die Euro-Einführung stattfinden kann. Die wirtschaftliche Entwicklung weist eine konstante Aufwärtsbewegung auf: Im Jahr 2000 lag das Wachstum bei 6%, 2004 erreichten wir 8%, 2006 dann 7,5% und 2007 waren es über 6%. Die internationalen Banken gehen davon aus, dass dieses hohe Wachstumsniveau beibehalten wird und mittelfristig nicht unter 5% sinkt. Durch die Strukturund Kohäsionsfonds, in Höhe von 30 Milliarden € zwischen 2007 und 2013, unterstützt die EU den rumänischen Aufholprozess, denn diese Förderprogramme bewirken einen erheblichen Investitionsschub und setzen eine Fülle wirtschaftlicher Aktivitäten frei. Adriana Stănescu arbeitete im Zentrum für Europ. Sicherheitsstudien (NL) und in Bukarest im Verteidigungsund Außenministerium, bevor sie von 1988 – 2002 und wieder ab 2003 nach Wien kam. Seit September 2007 leitet Frau Stănescu die Botschaft von Rumänien als Geschäftsträgerin. 13 Länderschwerpunkt Mit Optimismus zum EURO Von Mag. Elisabeth Löffler-Tüchler Die Handelskammer in Bukarest fördert engagiert den Aufschwung der rumänischen Wirtschaft. W er die Auswirkungen der von den USA ausgehenden internationalen Kreditkrise betrachtet, muss feststellen, dass sich die osteuropäischen Volkswirtschaften bislang noch als recht robust erwiesen haben. Der Optimismus überwiegt und es gilt als sicher, dass die zehn osteuropäischen EU-Staaten beim Bruttoinlandsprodukt auch 2008 mit einem durchschnittlichen Plus zwischen 6,5% und 5,5% rechnen können. Dabei hat Rumänien in Europa den stärksten Vermögenszuwachs und so klingt es durchaus realistisch, wenn Rumäniens Wirtschafts- und Finanzminister Varujan Vosganian 2014 den Euro einführen und bis 2010 die Kriterien erfüllen will, um in den Wechselkursmechanismus zu kommen. Gefährdet wird dieses Ziel sicherlich auch nicht durch eine sinkende Konjunktur, eher durch das Gegenteil – einer konjunkturellen Überhitzung. Darum soll 1 die Inflation, die jetzt noch bei 6,5 % liegt auf 5,5 % bis 5% sinken. und Forschung. Wo soll deshalb gespart werden? Vosganian nennt „Services, Güter und die Beamtengehälter“, doch gerade das Sparen bei den Staatsdienern könnte die großen Erfolge in der Korruptionsbekämpfung wieder gefährden. Erreichen will der Wirtschafts- und Finanzminister dies durch strengere Effizienzkriterien, eine konsequente Kontrolle der öffentlichen Ausgaben und eine Senkung des Budgetdefizits. Doch Kontrolle alleine kann die LöEine weitere Riesenaufgabe will Misung nicht sein, denn nister Vosganian noch viele amtliche rumäheuer anpacken - die „Wir werden 2014 den Weiterführung der nische Stellen stöhnen jetzt schon über EURO einführen und 2012 Privatisierung im Eneine starke zentralisergiesektor. Während dem Schengen-Raum tische Gängelung, die für 2,2 Milliarden € der beitreten.“ freie Entscheidungen Bau von zwei Reaktorblockiert und Eigenblöcken in Cernavoda verantwortlichkeit behindert. begonnen wird, soll der rumänische Atomkraftwerksbetreiber „NucleareDa der wirtschaftliche Aufschwung lectrica“ möglichst noch 2008 an die überall greift, darf bei den InvestiBörse. Wenn österreichische Manationen auch nicht gekürzt werden ger sich hier nicht beteiligen wollen, und die Lissabon-Strategie verlangt weil sie mit einer breiten Abwehr in von Rumänien erhebliche Zusatzder heimischen Bevölkerung rechnen, ausgaben für Bildung, Gesundheit so warten auch klassische Energieun- AußenSeiten 1 | 2008 Länderschwerpunkt ternehmen wie Wasser- und Wärmekraftwerke auf ausländische Investoren und bei der Gewinnung von Alternativenergien besteht in Rumänien noch ein großer Nachholbedarf. Im Bereich Transport steht eine Privatisierung bei den rumänischen Staatsbahnen an, so soll möglichst bald für die Cargo-Sparte der CFR Mafra ein Investor gefunden werden. Zusätzliche Impulse rechnet sich die rumänische Regierung auch durch den Beitritt zum Schengen-Raum aus und ist fest davon überzeugt, dieses Ziel bis 2012 zu erreichen nächsten fünf Jahre vermutlich noch 12.000 Arbeitsplätze besetzen muss. Im Rathaus von Klausenburg gibt Stadtmanager Sorin Apostu bekannt, dass auch Mercedes sich bereits ein Grundstück im neuen Industriepark „Tetarom III“ sehr intensiv angeschaut und über Konditionen verhandelt habe, um hier ein Werk zu errichten. Die große Nachfrage führt bereits zu Gegenreaktionen und Überlegungen ob die Ansiedlung weiterer Investoren unterstützt werden soll. „Je mehr Firmen kommen“, fürchtet Günther Wotsch, der Obmann des deutschsprachigen Wirtschaftsclubs, „desto härter wird der Wettbewerb.“ Der sicherste Beweis für den Boom Der Arbeitsmarkt in Rumänien ist der rumänischen Wirtschaft ist der in fast leergefegt, vor allem in der Regivielen Regionen feststellbare Mangel on Cluj mit einer Arbeitslosenquote an verfügbaren Arbeitskräften. Dies von 3%. Dennoch wandern viele der zeigt sich besonders höher Qualifizierten in Rumäniens zweit„Je mehr Firmen kom- und die bestens ausgegrößter Stadt Cluj-Namen, desto härter wird bildeten Absolventen poca (Klausenburg) der Universitäten, vor der Wettbewerb.“ und lässt Daniel Don, allem Techniker und den Leiter des ArComputerfachleute, beitsamtes, schier verzweifeln. Er muss nach Spanien und Italien ab. Die ausnoch dringend 500 Stellen für Nokia ländischen Investoren suchen Arbeiter besetzen, die, trotz großer Proteste, das und Angestellte, die monatlich mit 300 deutsche Bochum verlassen hat, um € auskommen können, Nokia zahlt zurnach Rumänien zu gehen. Doch dies ist zeit sogar nur 200 €, denn um Handys nicht sein einziges Problem, denn für zusammenzuschrauben, braucht man die Grundstücke neben der Produktikein Hochschuldiplom. onshalle des finnischen Handyherstellers zeigen der Logistikkonzern UPS Rund 4 Mio. der gut ausgebildeten und der amerikanische AutomobilRumänen sind ausgewandert – jeder bauer General Motors großes Interesse. Fünfte! Wenn die Wohnung bereits „Wir suchen derzeit 5.000 Leute“ mel200 € kostet und die Preise weiter steidet Don verzweifelt nach Bukarest und gen, wird es eng in der privaten Hausweist daraufhin, dass er innerhalb der haltskasse, auch wenn die Löhne stän- dig weiterwachsen werden. Da hilft es dann wenig, wenn Arbeitsdirektor Don mit einer Jobmesse in Italien seine Landsleute zurückholen will. Doch nicht nur die niedrigen Löhne, die ein Zehntel des EU-Durchschnitts betragen, ziehen Investoren magnetisch an. Die Stadtväter von Cluj stecken Millionen in die Infrastruktur, verlegen für 33 Mio. € Gas-, Strom- und Wasserleitungen, bauen für 90 Mio. € den Provinzflughafen aus und planen eine Autobahn. Ein weiterer großer Anreiz ist das finanzielle Entgegenkommen, nicht nur bei Steuererleichterungen, denn Nokia wurden auf 30 Jahre die Immobilien- und Grundstücksabgaben erlassen, hochgerechnet 18 Mio. €, und das Grundstück bekamen sie zum Sonderpreis. Mit ähnlichen Bedingungen werden auch die anderen Großunternehmen gelockt, denn 90 % Prozent der verfügbaren Grundstücke gehören dem Staat und den Kommunen. Wenn dann in gut zwei Jahrzehnten die rumänischen Löhne sich dem EUStandard angepasst haben und die staatlichen Geschenke aufgebraucht sind, wird die Karawane der Produzenten, die ungelernte billige Arbeitskräfte benötigen, weiter nach Osten ziehen, wie das Beispiel Nokia in Bochum gezeigt hat. Doch dann wird Rumäniens Wirtschaft europäisches Niveau erreicht haben und die gut Qualifizierten können in ihrer Heimat genug anspruchsvolle Arbeit finden, die ihnen ein sicheres und gutes Auskommen sichert. Ihr österreichischer Partner für Geschäftsreisen und touristischen Leistungen in Rumänien! Nutzen Sie Ihre VORTEILE: Wir verfügen über Hotels (Drei- Vier- Fünfsterne Kategorie) in allen Städten und Regionen Rumäniens. Unsere Angebote werden maßgeschneidert auf die Wünsche von Firmen, Verbänden, Klubs, Kleingruppen oder Individual-Reisenden. Sie können auch Programm-Angebote nach anderen Destinationen oder Kombinationen in verschiedene Länder Osteuropas bei uns bestellen. Reisebüro ROMANIA TOURISTIK / Mihail Bobocel KEG Starhembergstr. 44, A-4020 Linz Tel. 0043 732 94 44 48, Fax: 0043 732 94 55 58 offi[email protected] www.romaniatouristik.at AußenSeiten 1 | 2008 > > > > > > > Faires Preis-Leistung Verhältnis Keine Sprachprobleme Österreichisches und rumänisches Know-How Gute Kontakte vor Ort in verschiedene Großstädte und Regionen Geprüfte Qualität der rumänischen Leistungen Zwischenübernachtungen in Österreich und / oder Ungarn Alle Leistungen aus einer Hand (Hotel, Mietwagen, Transfers und Transport, Flugtickets, Reiseführer, Dolmetscher- und Übersetzungsdienste, Beratung und Informationen, u.v.m.) > Wir organisieren Workshops, Seminare, Treffen, Events oder Incentives vor Ort. 15 Länderschwerpunkt Rumänien „Ein sehr attraktives Land“ Im Gespräch mit Rolf Hauer Rolf Hauer D ie Panalpina Gruppe ist einer der weltweit führenden Anbieter von Transport- und Logistikdienstleistungen. Das Unternehmen konzentriert sich schwerpunktmäßig auf interkontinentale Luft- und Seefrachtspedition sowie damit verbundene Supply-Chain-Management-Lösungen. Hauer: Einerseits gingen wir bereits 2004 nach Oradea um unsere Dienstleistung einem be-stehenden Großkunden, der eine Produktionsstätte verlagerte, lokal anzubieten. Anderer-seits konnten wir in den letzten Jahren eine massive Produktionsverlagerung, speziell bei Lohnfertigern, von Westeuropa nach Rumänien beobachten. Da die Hi-tech/Telecom Branche eine unserer Schlüsselbranchen ist, wollten wir unsere Dienstleistung lokal zur Verfügung stellen. Zudem möchten wir am lokalen Markt bei mittelständischen Industrieund Importfirmen Fuß fassen. AußenSeiten: Sie eröffneten in kürzester Zeit weitere vier Niederlassungen. Was waren Ihre Beweggründe, genau in diesen Städten Ihre Niederlassungen zu eröffnen? Hauer: Bukarest ergibt sich von selbst als Headquarter, da die meisten Airlines/Reedereien dort ansässig sind. Timisoara als Ausgangsbasis für unsere Verkaufsaktivitäten im Nordwesten; Die CEE-Zentrale, mit Sitz in Wien, Oradea und Cluj als Betreuungsstelle ist verantwortlich für für die dort ansässigen das Konzerngeschäft „Es locken gute Rahmen- Großkonzerne; Consin 9 Ländern, daruntanza, da wir auch am bedingung, Steuervor- größten Hafen des ter auch Rumänien. teile, Lohnkosten.“ Panalpina gründete Schwarzen Meers prä2004 eine Niederlassent sein wollen. Jeder sung in Oradea und schon heute ist Standort betreut bestehende Großkundas Unternehmen mit 5 Standorten den, so wie jeder für die lokale Kunin Rumänien vertreten: Der Hauptdenakquisition vor Ort zuständig ist. sitz ist in Bukarest, es folgen Cluj, Oradea, Constanza und seit Februar AußenSeiten: Wie stellt sich Rumänien 2008 Timisoara. im Vergleich zu den anderen CEE Ländern für Sie, wie auch für die IndusWir fragten Rolf Hauer, Panalpina´s triebranche, dar? Managing Director CEE, nach seinen Erfahrungen im rumänischen Markt. Hauer: Rumänien ist aus mehreren Gründen sehr attraktiv. Einerseits ist AußenSeiten: Was veranlasste Sie in durch den EU-Beitritt „RechtssicherRumänien tätig zu werden? heit“ garantiert. Die meisten größeren 1 Städte sind an das internationale Flugnetz angeschlossen. Wir sehen zunehmend Ansiedlung von Betriebsstätten von globalen Konzernen, die die relativ guten Rahmenbedingungen von Rumänien nutzen. Zudem gibt es interessante Steuervorteile für Industrieunternehmen und im Vergleich zu Westeuropa noch immer niedrige Lohnkosten. „Die meisten rumänischen Großstädte sind an das internationale Flugnetz angeschlossen“. AußenSeiten: Wo sehen Sie Panalpina Rumänien in fünf Jahren? Hauer: Panalpina wird mit Gewissheit einer der Top-Logistiker im Bereich Luftfracht, Seefracht und Logistik im rumänischen Markt sein. Wir streben einen Marktanteil an, den wir in den meisten europäischen Ländern bereits besitzen. AußenSeiten: Was sind die größten Hürden für Sie in Rumänien? Hauer: Noch immer herrschen in Rumänien restriktive Verwaltungsvorschriften (Bürokratie, Steuerrecht) und zudem ist der Arbeitsmarkt derartig gesättigt, dass es heute schon schwierig ist zu vernünftigen Bedingungen geeignetes Personal zu bekommen. AußenSeiten 1 | 2008 Länderschwerpunkt Rumänien Die Wirtschaft boomt! Ein Situationsbericht von Mag. Gregor J. Vogrin J ahrelang galt das Armenhaus Europas als ein Land, aus dem Bettler, Prostituierte und Einbrecher kommen. Das hat sich Gott sei Dank in den letzten Jahren massiv geändert. Rumänien zählt heute zu einem der attraktivsten Investitionsmärkte in Europa und kann seit Jahren mit einem überdurchschnittlichen Wachstum in nahezu jeder Branche aufwarten. in etwas mehr als 30 Minuten schaffte, heute bis zu 90 Minuten braucht. Außer es regnet - dann viel mehr! Geografisch teilt man das Land, das sehr Hauptstadt-zentriert ist, in insgesamt 4 große Regionen: Transsylvanien (Siebenbürgen) im Nordwesten, das Banat im Westen, die Walachei im Süden und Moldawien im Osten. Wenn man es eilig hat, erreicht man das Banat aus Und das rumänische Wachstum ist Wien mit dem Auto in ca. 5 Stunden. dermaßen schnell, dass man es richHier haben sich auch die ersten internatig anfassen kann: Kommt man im tionalen Investoren (z.B. Conti oder der Abstand von einem Monat nach BuKremser Automobil-Zulieferer Eybl) karest und fährt die Schnellstraße angesiedelt. Vollbeschäftigung ist das von Otopeni, dem nördlichen Vorort, Schlagwort im Banat. Es ist mittlerweiin dem der Flughafen liegt, über den le schwierig geworden, sich mit einem Triumphbogen zur Piata Romana in Greenfield-Investment in das Banat zu der Innenstadt, sieht man jedes Mal setzen, da man Schwierigkeiten haben entweder neue Outlets von IKEA, Mewird, genug Arbeitskräfte zu finden. tro, Auchan, Brico-Store und Romstal Vollbeschäftigung herrscht mittlerweioder z. B. einen neuen Büroturm von le in weiten Teilen des Landes. Die starPetrom oder Rompetrol; vielleicht hat ke Flucht von Arbeitsnehmern vor und aber auch die Straße plötzlich eine Spur speziell nach dem EU-Beitritt Rumämehr, als noch beim letzten Besuch … niens führt zu wirklich außergewöhnlichen Auswüchsen: An S-Bahn-StaWas in Bukarest baulich in den letztionen in Spanien stehen rumänische ten Jahren geschehen Regierungsteams, die ist, könnte man mit „Knappe Ressourcen, dort tätige rumänische einem detaillierten Gastarbeiter mit Präviele Spieler, viel Hektik, mienzahlungen zu Vergleich von Büround viele Chancen.“ und Kommerz-Imeiner Rückkehr in die mobilien-Flächen soHeimat bewegen solwie der Anzahl von neu entstandenen len. Rumänien boomt! Das merkt man Logistik- und Businessparks bis zur nicht nur an der Schwierigkeit, qualifiletzten Kommastelle belegen. Oder zierte Arbeitskräfte zu bekommen. Inman drückt es einfacher aus: gewalternationale Investoren drängen schon tig! Gewaltig gestiegen ist aber auch seit längerem in den Markt mit 21 Mio. der Verkehr. Die Rumänen lieben ihre Konsumenten. 15 Städten mit mehr als Autos und wollen zeigen, dass sie di150 Tsd. Einwohnern steht nur eine ese auch bewegen können. Gekoppelt Millionenmetropole gegenüber. Bumit einer schlecht ausgebauten öffentkarest hat lt. letzter Zählung knapp 2 lichen Verkehrsinfrastruktur führt das Mio. Einwohner, inoffiziell werden bis dazu, dass man für die Strecke Otopezu 3 Mio. gehandelt. Die Hauptstadt ni - Piata Romana, die man vor zwei zieht an. Diese Anziehungskraft spiegelt bis drei Jahren auch in der Rushhour sich in dem oben erwähnten Verkehrs- 18 Mag. Gregor J. Vogrin chaos wider: Der schlecht ausgebaute öffentliche Verkehr kombiniert sich gut mit der Vorliebe des Rumänen, seinen fahrbaren Untersatz in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Vollkommen zum Erliegen gekommener Verkehr ist oft das finale Ergebnis. „Locals“ rechnen bis zu 90 Minuten Transferzeit innerhalb Bukarest ein, für Strecken, die in anderen europäischen Metropolen in 20 Minuten zu schaffen sind. Also, kurz zusammengefasst: In Rumänien findet man alles, was boomende Wirtschaften mit sich bringen. Also knappe Ressourcen, viele Spieler, viel Hektik, aber eben auch viele Chancen in einem großen Markt mit langfristig viel Entwicklungspotenzial. Als Österreicher fühlt man sich heimisch. Altbekannte Logos stechen an allen Ecken und Enden ins Auge. Kein Wunder: Das größte Unternehmen des Landes, die Öl- und Gasgesellschaft Petrom gehört der OMV; die mit Abstand größte Bank, Banca Commericiala Romana, gehört der Erste Bank. Die drittgrößte Bank ist Raiffeisen, Uniqua und Wiener Städtische spielen auch vorne mit. Das kleine Österreich ist in AußenSeiten 1 | 2008 Länderschwerpunkt Rumänien absolut der größte Investor. Und nun denkt auch die Voest darüber nach, ein Stahlwerk, groß wie das in Linz, nach Rumänien zu setzen. Also hier muss irgendetwas Interessantes sein. Wie sind denn die Rumänen so? Ihr Selbstbild ist das der „Italiener des Ostens“. Die Rumänen und die Italiener verbinden ihre romanische Sprache und das Kulturerbe. Italiener können rumänische Zeitungen lesen. Sie verstehen zwar nicht jedes Wort, aber können dem Sinn folgen. Rumänen ähneln auch den Italienern in ihrer Extrovertiertheit. Sie lieben es, mit Gesten und großen Worten ihrem Tun die notwendige Wichtigkeit zu verleihen. Meetings dauern eher länger und zeitliche und inhaltliche Zusagen können - müssen aber nicht manchmal gedehnt werden. der operativen Geschäftstätigkeit geht, dann hapert es mit Englisch. Viele mittelständische Firmen wagen heute bereits den Markteintritt über die Beteiligung an einem rumänischen Partner-Unternehmen. Was sollte man beachten? Vorbereitung zählt und zahlt doppelt: Man sollte sich lieber ein Unternehmen mehr ansehen und ein Meeting mehr durchführen als vorschnell kaufen. Aktuell denken die Rumänen oft, dass alles Gold ist, was (manchmal nicht mal) glänzt. Durch die Übernahmen und Privatisierungen, die in den letzten Jahren medienwirksam stattgefunden haben, sind die Preisvorstel- erfolgreichen Firmen dadurch, dass sie ihre Internationalisierung in Ressourcenbindung vor Ort betreiben, d.h. sie haben eine (manchmal auch nur kleine) Niederlassung aufgebaut oder einen (bisweilen auch nur kleinen) rumänischen Betrieb gekauft. Das dadurch verstärkt entstehende interne Committment für die Internationalisierung ließ diese Projekte langfristig erfolgreicher sein. Fazit: Rumänien ist ein sehr interessanter Markt mit langfristig viel Wachstumspotenzial. Bauen Sie Ihre eigenen Ressourcen vor Ort auf und Sie werden statistisch gesehen erfolgreicher sein, als Der Rumäne erwartet aber von seinem westlichen Partner stets Pünktlichkeit und Einhaltung aller jemals andiskutierten möglichen Übereinstimmungspunkte. Für welche Unternehmen zahlt es sich nun aus, nach Rumänien zu gehen? Die Milchmädchenrechnung abseits von detaillierten Marktanalysen sagt, dass es in eigentlich allen Industrien / Sektoren / Branchen interessant ist, nach Rumänien zu gehen. Klarerweise laden Bau- und bauverwandte Branchen ein. Hier sind die großen Companies schon alle da, aber im Handwerk / Professionisten- sowie Zulieferer-Bereich ist noch viel Platz. Der Einzelhandel wächst sehr stark, hier gibt es schon „Billas, Plusse, Spars“ und die anderen internationalen Marktbegleiter, dennoch schießen die neuen Outlets wie Pilze aus dem Boden. Die neu gewonnene Kaufkraft will ja verteilt werden. lungen von rumänischen Verkäufern speziell im Mittelstand oft überzogen unrealistisch. Da gilt es dann, mit Geduld und Spucke den rumänischen Partner von realistischen Preisen zu überzeugen. Das klappt oft, aber nicht immer. Greenfield-Investments, also der Eigenaufbau eines Unternehmens, ist eine Alternative. Was diesen Aufbau oft schwierig macht, ist der Bedarf an Mitarbeitern. Was ist für einen erfolgreichen Markteintritt notwendig? Ganz profan aber immanent wichtig: die Sprache sprechen. Ohne die Sprache zu sprechen ist es in der Regel schwierig. Man kann mit Englisch recht weit kommen, aber Verträge werden dann eben in Rumänisch aufgesetzt. Als Ausländer kann man ganz einfach und schnell eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung gründen, aber wenn es dann um die Aufnahme Wir haben 2007 eine Studie zum ‚Internationalisierungsverhalten von österreichischen Mittelstandsunternehmen nach Osteuropa’ gemacht. Wesentliche Erfolgsfaktoren für eine gut funktionierende Internationalisierung waren professionelle Vorbereitung, Marktanalyse und Strategiedefinition, gefolgt von genug Budget und langem Atem. Erfolgreiche Unternehmen unterscheiden sich von weniger AußenSeiten 1 | 2008 Im Rathaus von Bukarest wird vorbereitet, was den alten Glanz der Stadt wiederherstellen soll. wenn Sie Waren oder Dienstleistungen nach Rumänien exportieren. Lernen Sie die Sprache und respektieren Sie, dass Ihr Verhalten als „Wessi“ mit anderen Maßstäben gemessen wird als Rumänen ihr eigenes messen. Und bringen Sie etwas Lust an Abenteuern mit, das kann in Rumänien nie schaden! Wenn Sie mit dieser Einstellung an den Start gehen, Ihre Aufgaben vernünftig und ohne übermäßige unrealistische Verklärtheit in Bezug auf „das schnelle Geld“ machen, dann haben Sie gute Chancen, in diesem sehr attraktiven Markt willkommen geheißen zu werden und nachhaltig, langfristig erfolgreich zu sein. Mag. Gregor J. Vogrin ist Unternehmensberater für Zentral- und Osteuropa in der Wiener GCI Management GmbH & Co KG. [email protected] 19 Länderschwerpunkt Rumänien Dracula - Blutsauger oder Held? Von Felicitas F. Buchholz kenden Legenden dienten als Vorlage für Bram Stokers Roman „Dracula“. Doch gehören die sagenumwobenen Blutsaugergeschichten, die „Graf Dracula“ mit Vlad Draculea in Verbindung bringen, nicht alle in das Reich der Fantasien, denn Vlad Draculea war ein typischer Herrscher seiner Zeit. V Vlad III. Draculea lad III. Draculea (Sohn des Drachen) wurde 1431 geboren. Sein Name wird oft fälschlicherweise als „Sohn des Teufels“ übersetzt, da das rumänische Wort „Drac“ im modernen Sprachgebrauch zwar „Teufel“ bedeutet, im Mittelalter aber ein Synonym von Dragon = Drache war. Später gaben ihm seine Feinde, die Türken, den Beinamen Vlad Tepes (der Pfähler). Nationalkommunistische Lokalhistoriker in den 1970er Jahren stellten, auf politischen Befehl, die unbelegte Behauptung auf, dass Vlad Draculea in der Stadt Schäßburg (Sighisoara) geboren sei. So muss man sich nicht wundern, wenn diese Auskunft noch heute in so manchem Reiseführer zu finden ist. Man kann diese Behauptung zwar auch nicht ganz von der Hand weisen, da sich sein Vater, Vlad II. Dracul, der dem Drachenorden angehörte, etwa um 1431 kurz in Schäßburg aufgehalten haben soll - doch wurde das angebliche Geburtshaus erst nach dem großen Stadtbrand im Jahre 1676 errichtet. Vlad III. Draculea war in den Jahren 1448, 1456-1462 und 1476 Herrscher der Walachei und die sich um ihn ran- 20 delt es sich um eine Zeile aus einem polemischen Gedicht des Dichters Mihai Eminescu (1850-1889), in dem das nationalpolitische Desinteresse der rumänischen Oberschicht angegriffen wird. Eminescu forderte seinen imaginären Ansprechpartner Dracula auf, die Hälfte der Oberschicht wie einst die Bojaren zu pfählen und die andere Hälfte, wie einst die Bettler und Herumtreiber in einer Festhalle zu verbrennen. Das Pfählen hatte Vlad als Geisel bei der türkischen Besatzungsmacht kennen gelernt, die so Feinde und Kriminelle töteten. Zur Abschreckung ließ man Gepfählte in der Stadt anprangern, Der 1989 gestürzte rumänische Diktadamit jeder sehen konnte, was ihm tor Nicolae Ceauşescu entwickelte seit drohte, sollte er stehlen, lügen oder gar den 1970er Jahren eine besondere Vortöten. Überzeugt von der Wirksamkeit liebe für Vlad Draculea und gab einen dieser Strafen, platzierte Vlad auf dem Monumentalfilm über den „Pfähler“ Marktplatz Targovistes eine goldene in Auftrag, der Vlad Draculea wie eiSchale, die von jedermann benutzt nen direkten Vorläufer oder geistigen werden durfte, um den Durst zu stillen, Ahnen des Diktators erscheinen ließ. aber auf dem Marktplatz verbleiben Obwohl sich Ansätze zu einer Hochmusste. Die vorhandenen historischen stilisierung des Wojwoden zum NatioQuellen berichten, dass zu Vlads Herrnalhelden bereits im 19. und vor allem schaftszeiten diese Schale nie gestohlen im frühen 20. Jahrhundert nachweisen wurde, Verbrechen lassen, wurde Vlad und Korruption weitunter Ceauşescu zu eigehend verschwunden „Wo bist du, Tepes, Herr“ ner allgegenwärtigen waren, sowie Handel fragen noch heute Bürger, Figur in der Literatur, und Kultur florierten. in der Geschichtswenn sie sich ärgern. Viele Rumänen sahen schreibung und nicht in Vlad Draculea zu zuletzt in den Schulihrer Zeit einen Helden, weil er sich büchern. Die rumänischen Historiker mit unerbittlicher Härte für Ehrlichkeit waren angehalten, die angeblichen und Ordnung einsetzte. Grausamkeiten entweder zu bagatellisieren oder als Beweis für die strenge, Selbst heute zeigt sich diese Verehaber gerechte Herrschaft Draculeas rung noch, wenn Vlad Draculea als zu preisen. Schließlich sollte sogar gerechter Widersacher gegen Korrupder Name „Dracul(a)“ umgedeutet tion und Unordnung mit den Worten werden, weil er im modernen Rumä„Wo bist du, Tepes, Herr?“ angerufen nisch „Teufel“ und nicht „Drache“ wird, weil Bürger aus dem Geburtsbedeutet. Mit einer unter sprachland „Vlad Tepes“ sich über regelwidwissenschaftlichen Gesichtspunkten riges Verhalten oder Desinteresse in höchst abenteuerlichen Etymologie der öffentlichen Verwaltung, über sowurde der Name nun von einer slawiziale Missstände oder Untätigkeit von schen Wortwurzel „drag-“ abgeleitet, Politikern ärgern. Bei dem Zitat handie etwa auch im serbischen Vorna- AußenSeiten 1 | 2008 Länderschwerpunkt men Dragan erscheint und so viel wie „Liebling“ heißt. Dracula war also der „kleine Liebling“ seiner getreuen Untertanen - eine Argumentation ganz im Sinne von Nicolae Ceauşescu, der sich im Rahmen des um seine Person zelebrierten Personenkults gern als „der geliebte Sohn des rumänischen Volkes“ feiern ließ. Bei seiner Flucht aus Bukarest im Dezember 1989 soll er zuerst das Kloster Snagov, wo Dracula angeblich begraben liegt, angesteuert haben, als ob er vom „Pfähler“ Rat und Hilfe erwartete. Gefasst wurde für ihn. Er arbeitete sieben Jahre an der Vampirsaga „Dracula“, die am 18. Mai 1897 veröffentlicht wurde. Dafür studierte er die Kultur auf der Balkanhalbinsel und die historische Person Vlad. Als Unterlagen dienten ihm Militärkarten, Vampirsagen und Berichte englischer Reisender. Quellen waren unter anderem die Sammlung von Balkankarten im British Museum, „The Land beyond the Forest“ (Emily Gerard, 1888), „The Golden Bough“ (James Frazer, London, 1890), „The Book of Were- Landschaft düsterer, als sie in Wirklichkeit ist. Wie Karl May ist auch Stoker niemals an den „exotischen“ Orten seines Romans gewesen. Dracula ist ein Unterhaltungsroman, der sich verschiedener literarischer Elemente aus Abenteuerbericht, Liebeserzählung, Horrorgeschichte und Detektivroman bedient und erstmals den untoten Vampir nicht seelenlos darstellt. Durch eine für das prüde Viktorianische Zeitalter ungekannte deutliche Erotik und Sexualität verknüpfte Stoker Ob „Dracula“ wirklich im Schloss Bran gewohnt hat ist fraglich - der Streit um die Burg zwischen Rumänischem Parlament und Familie Habsburg ist jedoch real. das Ehepaar Ceauşescu schließlich in Targoviste, wo der Fürst einst Hof gehalten hatte. Dort wurden Elena und Nicolae Ceauşescu am 25. Dezember 1989 nach kurzem Prozess standrechtlich erschossen. Der irische Schriftsteller Abraham „Bram“ Stoker, geboren am 8. November 1847 bei Dublin, traf 1890 den ungarischen Professor Arminius Vámbéry (1832 - 1913), der ihm von der Legende des rumänischen Fürsten Vlad III. Draculea erzählte. Daraus entwickelte Stoker die Figur des Vampirs Dracula und aus Vámbéry wurde der Forscher van Helsing. Bram Stoker war das dritte von sieben Kindern, bis zu seinem achten Lebensjahr krank, und konnte alleine weder stehen noch gehen. Diese traumatische Erfahrung spiegelt sich in seiner literarischen Arbeit wider. Ewiger Schlaf und die Wiederauferstehung der Toten, das zentrale Thema von Dracula, waren deshalb von großer Bedeutung AußenSeiten 1 | 2008 wolves“ (Sabine Baring-Gould), „Epos die Begriffe Vampir und Liebe, die inüber den Blutfürsten Vlad“ (Michael zwischen untrennbar geworden sind. Beheim, Straßburger Druck, 1500), Was Stoker ganz zeitgemäß nur andeu„Die histori von dem posen Dracol“ tet, zeigen die Verfilmungen deutlicher. (der früheste Druck entstand 1488 bei In Coppolas Film „Bram Stoker´s Marcus Ayrer in NürnDracula“ werden die berg) und die Legende Liebesgeschichte und Wie Karl May ist auch der Gräfin Elisabeth die erotischen BezieBathory (1560 – 1614), Stoker nicht an den „exo- hungen zwischen den die 1610 als „Blutgräzur zentischen“ Orten gewesen. Charakteren fin“ wegen angeblichen tralen Motivation und Vampirismus festzum Mittelpunkt der genommen und in einen Raum ihres Handlung. Die Detektivelemente treten Schlosses eingemauert wurde, sowie die dagegen in den Hintergrund. Comentarii Papst Pius II. Den überragenden Erfolg seines RoSeine Recherchen waren so genau, dass mans hat Stoker den zahlreichen Verselbst die Zugfahrpläne, die im Roman filmungen zu verdanken, doch den genannt werden, mit der Wirklichkeit großen Erfolg seines Romans erlebte übereinstimmten. Diese und andere er nicht mehr. Bram Stoker starb in Daten entnahm er dem deutschen Reifinanziell bescheidenen Verhältnissen seführer Baedeker. Bei einer solchen am 20. April 1912 in London; einige Akribie fallen die Fehler, die Stoker unQuellen nennen als Todesursache Erterliefen, kaum ins Gewicht. So machte schöpfung. Sein Neffe Daniel Farson er aus Dracula einen Szekler, obwohl behauptete in einer Biographie, er sei der historische Fürst ein Walache war. an Syphilis gestorben, wofür es allerAuch schilderte er die transsilvanische dings keinen Beweis gibt. 21 Länderschwerpunkt Rumänien Wussten Sie, dass ... … die rumänische Ärztin Ana Aslan mit ihrem Medikament „Gerovital“ das frühzeitige Altern besiegen wollte? Zu ihren 150.000 ausländischen Patienten zählten auch Charles de Gaulle, J. F. Kennedy, Tito, Claudia Cardinale, Frank Sinatra, Jean Marais und die Diktatoren Marcos und Suharto. … Bukarest früher als „Paris des Ostens“ bezeichnet wurde, weil viele Gebäude, Plätze und Straßen an Paris erinnern? … im September 2007 das rumänische Parlament die Rückgabe von „Draculas Burg“ (Schloss Bran) an drei Angehörige der Familie Habsburg für illegal erklärte, obwohl erst im Mai 2006 der Kulturminister das Schloss an die Erben rückerstattet hatte? … unter dem Ceauşescu-Regime nur drei offizielle Feiertage galten, weil religiöse Feiertage nicht anerkannt wurden? Es waren dies Neujahr (1. Jänner), der Tag der Arbeit (1. Mai) und der Nationale Befreiungstag (23. August). … es in Maramures nicht nur wunderschöne alte Holzkirchen und eine lebendige traditionelle Folklore gibt, sondern in Sapanta auch einen „Lustigen Friedhof “? … in Rumänien ein Drittel aller Heilund Thermalwasserquellen Europas sprudeln, die Römer die Heilkräfte des Wassers bereits nutzten und mehrere der 160 Badekurorte gründeten? … vor 12 Jahren in Rumänien eine dreistellige Inflation bestand? … bei der rumänischen Bevölkerung das Lohnniveau seit 2004 um über 70% gestiegen ist? … von den ca. 9 Mio. europ. Roma in Rumänien 2,5 Mio. leben? 22 UNESCO- Weltkulturerbe … Sibiu (Hermannstadt) 2007 Europas Kulturhauptstadt war und den deutschstämmigen Klaus Johannis zum Bürgermeister gewählt hat, obwohl die deutsche Minderheit auf 5% zusammengeschrumpft ist? … Deutschland und die Schweiz viele alte Straßenbahnen nach Rumänien gaben, die heute noch als Endstation Vororte aus dem Ruhrgebiet oder Zürich anzeigen? … Hollywoods Tarzan Johnny Weissmuller 1904 in Freidorf/Banat bei Temesvar als Petr János Weiszmüller geboren wurde? 1924 und 1928 holte er für die USA fünf olympische Goldmedaillen und 24 Weltrekorde im Schwimmen und wurde ab 1932 als Tarzan in 19 Filmen weltberühmt. Sein Tarzanschrei blieb unerreicht. In den langen Zeiten der Fremdherrschaft blieben die Klöster die Bewahrer der rumänischen Kultur und geben uns heute einen tiefen Einblick in das Seelenleben des rumänischen Volkes. Die Moldauklöster Voronet, Sucevita, Moldovita, Humor und Arbore sind aber auch berühmt für ihre wertvollen Fresken aus dem 15. und 16. Jahrhundert, die Szenen aus der Bibel zeigen und noch im Originalzustand zu betrachten sind. … Rumänien bis 2012 zum Schengen-Raum gehören und bis 2014 den EURO einführen will? … bei strengen Wintern während der Ceauşescu-Zeit die staatlichen Wetterämter die Temperatur drei Grad wärmer zu „messen“ hatten, damit der Bevölkerung nicht so kalt war? … in Europa Rumänien den höchsten Vermögenszuwachs hat und in Zentral- und Osteuropa beim Wachstum nach Russland und Bulgarien an dritter Stelle liegt? … die Weinlese früher eine so hohe Bedeutung hatte, dass Kriege verschoben wurden und die Fürsten alle wichtigen Entscheidungen vertagten, um persönlich auf den Weinbergen anwesend zu sein? Auf einer Fläche von über 5.800 qkm erstreckt sich das Donaudelta Biosphärenreservat, das nicht nur das größte Feuchtgebiet Europas ist, sondern auch ein einmaliges Naturparadies für mehr als 300 Vogelarten und über 70 Fischarten darstellt. Die UNESCO schützt diese großartige Landschaft und der in Wien ansässige Verein „Naturfreunde International“ bestimmte das Donaudelta zur „Landschaft des Jahres 2007-2009“. … Wirtschafts- und Finanzminister Varujan Vosganian nicht nur Wirtschaftswissenschaftler ist, sondern auch ein bekannter Poet und Essayist? AußenSeiten 1 | 2008 Länderschwerpunkt Rumänien auf einen Blick Klima: Gemäßigt-kontinental, mit vier Jahreszeiten. Mittlere Temperatur im Winter -3° C und im Sommer 22-24° C. Staatsform: Parlamentarische Republik. Fläche: 238.391 km², vergleichbar mit der Größe Großbritanniens. Das Land hat eine ovale Form und misst in der Länge 735 km und in der Breite 530 km. Einwohnerzahl: 21.733.556 (2003) – davon 89% Rumänen, 7,1% Ungarn und Szekler und 1,7% Roma. Hauptstadt: Bucuresti/Bukarest (seit 1862) mit 2.064.000 Einwohnern. Regionale Aufteilung: 41 Landkreise, 268 Städte (davon 97 Munizipalstädte) und 2.698 Gemeinden mit insgesamt 13.089 Dörfern. Währung: Die Nationalwährung ist der LEU (RON). Leu heißt Löwe, Plural Lei. 1 Leu = 100 Bani. Banknoten: 1, 5, 10, 50, 100, 200 und 500 Lei. Münzen: 1 Ban, 5, 10 und 50 Bani. Wechselkurs zum EURO, 1 € = ca. 3,6 LEI. Feiertage: 1. Dezember - Nationalfeiertag 1. und 2. Jänner - Neujahr Ostersonntag und Ostermontag - rund eine Woche später als in Westeuropa, 1. Mai - Tag der Arbeit 25. und 26. Dezember – Weihnachten. Internationale Telefonvorwahl: +40 (Bukarest: 21) Internationaler Notruf: 112 Sprache: Rumänisch, als Weiterentwicklung des Lateinischen. Alphabet mit 31 lateinischen Buchstaben. Minderheitensprachen sind Ungarisch (7%), sowie Deutsch, Romani, Türkisch, Serbisch und Jiddisch. Die meist verbreiteten Fremdsprachen sind Englisch, Deutsch und Französisch. Weitere Informationen: http://europa.eu/abc/european_countries/index_de.htm (deutsch) http://www.romania.org (engl.) http://www.gov.ro/engleza/index.php http://www.ccir.ro (engl.) http://www.ccib.ro (engl.) http://www.kompass.ro (engl.) http://www.traderom.ro (engl.) Religion: Christlich-orthodox (86,8%), römischkatholisch (4,7%), evangelisch (3,7%), pentekostal (1,5%), griechisch-katholisch (0,9%), muslimisch (0,3%). Kontakte in Bukarest: Zeitzone: Westeuropäische Zeit + 1 Stunde. AußenSeiten 1 | 2008 WKO – Außenhandelsstelle Bukarest 020581 Bukarest, Logofät Luca Stroici 15 Tel: +40-21-210 17 98; 210 17 99 Fax: +40-21-210 23 99 E-Mail: [email protected] http://www.wko.at/awo/ro Kontakte in Wien: Botschaft der Republik Rumänien 1040 Wien, Prinz-Eugen-Straße 60 Tel: +43-1-505 32 27 Fax: + 43-1-504 14 62 E-Mail: [email protected] http://viena.mae.ro/ Wirtschafts- und Handelsabteilung über die Botschaft Wirtschaftskammer Österreich AWO-Südosteuropa 1045 Wien, Wiedner Hauptstraße 63 Tel: +43-5-90900-4338 Fax: + 43-5-90900-11 4338 E-Mail: [email protected] http://www.wko.at/awo Österreichisch-Rumänische Gesellschaft 1090 Wien, Otto-Wagner-Platz 5 Tel: +43-1-404 40-212 26 Fax: +43-1-404 40-209 81 E-Mail: [email protected] http://www.austrom.eu Botschaft der Republik Österreich 70254 Bukarest, Dumbrava Rosie 7 Tel: +40-21-210 02 71; 210 43 54 Fax: +40-21-210 08 85 E-Mail: [email protected] http://www.bmeia.gv.at 23