Erläuterungen - Forstzoologisches Institut

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Erläuterungen - Forstzoologisches Institut
Anhang zum Poster
« Exoten verboten?
Neobiota im Naturschutzgesetz »
Bearbeitet von
Judith Ohm
[email protected]
Lisa Steinmeyer [email protected]
Katharina Witte [email protected]
Im Rahmen des Nebenfachs Naturschutz und Landschaftspflege
Teilmodul Neobiota
im 3. Fachsemester (2006/2007)
Betreuende Dozenten:
Prof. Dr. M. Boppré
Dr. T. Burzlaff
Forstzoologisches Institut der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Die Süddeutsche Zeitung spricht vom „Saatfeind Nr. 1“, wenn vom indischen Springkraut die
Rede ist, NAUMANN vom kleinblütigen Springkraut als ein „aufdringlicher Mongole“. Ist eine
solch radikale Sichtweise wirklich gerechtfertigt? In unserem Poster haben wir versucht, das
Problem von verschiedenen Standpunkten aus zu beleuchten.
Das Thema „Neobiota“ in Deutschland ist kein neues, jedoch nach wie vor aktuell. Gerade
vor dem Hintergrund der nationalsozialistischen Vergangenheit ist man in Deutschland
vorsichtig, was kritische Stellungnahmen gegenüber Neobiota angeht. Aus Platzgründen und
auch weil der inhaltliche Bezug gefehlt hätte, haben wir diesen Aspekt nicht in unser Poster
mit aufgenommen. Uns war vor allem wichtig, die Sachverhalte für den Laien verständlich
darzustellen und den Widerspruch in den Gesetzen aufzuzeigen.
Schon bei der Materialsuche ist uns aufgefallen, dass viel mehr Material über Neophyten als
über Neozoen in Deutschland zur Verfügung steht. Auch scheint die Problematik bei
Neophyten in der BRD einen höheren Stellenwert einzunehmen als die der Neozoen. Wir sind
deshalb näher auf Neophyten eingegangen als auf Neozoen.
Bei der Gliederung des Posters haben wir ursprünglich an eine Art Abfolge gedacht, bei der
wir von der internationalen Ebene bis zur lokalen Ebene auf die jeweiligen Gesetze eingehen.
Dies schien uns dann aber doch unlogisch und wir entschieden uns für die jetzige, ganz
andere Version. Dabei haben wir versucht, den ersten Abschnitt so zu gestalten, dass der
Leser eine Art Grundwissen vermittelt bekommt, um sich dann im Mittelteil auf die
eigentlichen Aussagen der Gesetze konzentrieren zu können und sich schließlich im unteren
Teil mithilfe der Diskussion und Schlussfolgerung eine eigene Meinung bilden zu können.
Auf eine Art „Leserlenkung“ in Form von Pfeilen oder Zahlen, die die Lesereihenfolge
angeben, haben wir verzichtet, weil sich die Reihenfolge beim Betrachten von selbst ergibt.
Der Mittelteil wirkt wie eine Art Blocker zwischen oberem und unterem Teil und wird durch
den Pfeil als zusammengehörend erkennbar.
Bei der formalen Gestaltung haben wir uns für die Aufteilung in zwei Spalten entschieden,
um Übersichtlichkeit und Überschaubarkeit zu gewährleisten. Auf einen farbigen Hintergrund
haben wir verzichtet, um das Poster nicht zu unruhig wirken zu lassen. Mit einer Frage gleich
zu Beginn im Titel wollen wir Aufmerksamkeit und Interesse für die dargestellte Problematik
wecken. Ein kurzer Text am Anfang soll in das Thema einleiten, indem auf die Fragestellung
eingegangen wird. Wir haben den Begriff „Gefährdung“ hierbei nicht näher erläutert, da in
der Einleitung nur kurz auf die Thematik eingegangen werden soll. Durch eine Definition der
wichtigsten Begriffe sollen dem Leser relevante Informationen für das weitere Verständnis
-1-
der darauf folgenden Sachverhalte gegeben werden. Um das Poster etwas aufzulockern und
anschaulicher zu gestalten, haben wir Beispielbilder von Neobiota eingebracht. Teilweise
haben wir dabei Bilder von bezeichnenden Arten gewählt, z.B. den Graskarpfen als
schädliche und den Knöterich als invasive Art. Zudem haben wir noch einige „typische“ und
bekannte Neobiota wie den Waschbär und das indische Springkraut mit in das Poster
aufgenommen, um es für den Betrachter interessanter zu gestalten. Bei denjenigen Bildern,
bei denen es uns sinnvoll und wichtig erschien, haben wir noch zusätzliche Informationen zu
der jeweiligen Art gegeben. Da es bei unserem Thema vor allem um die gesetzliche Situation
und Definition von Neobiota geht, haben wir teilweise Auszüge aus den Gesetzestexten
übernommen und zur Verdeutlichung farblich hinterlegt. In der Schlussfolgerung wird noch
genauer auf den Widerspruch, der sich durch die ungenauen Definitionen im BNatschG
ergibt, eingegangen und einige Fragen aufgeworfen, die den Leser dazu anregen sollen, sich
eigene Gedanken zu machen. Um zu zeigen, dass nur ein geringer Teil der Neophyten auch
invasiv sind, haben wir das Diagramm „ Heimische und gebietsfremde Pflanzenarten in
Deutschland“ eingefügt, das vom Bundesamt für Naturschutz erstellt wurde. Dazu haben wir
leider keine Jahreszahl gefunden.
Folgende Beispiele haben wir auf dem Poster nicht näher ausgeführt, wollen wir aber
nicht unerwähnt lassen:
Seit 1854 ist die Kartoffelrose in Deutschland bekannt, ursprünglich kommt sie aus Ostasien.
Vor allem in den europäischen Nord- und Ostseeländern ist sie weit verbreitet und gilt dort
auch als invasive Art. Sie wird hauptsächlich zur Dünenbefestigung (da sie sehr salztolerant
ist), als Zierpflanze sowie zur Besucherlenkung verwendet.
Die Veränderung der Vegetation durch die Kartoffelrose sowie die Herabsetzung der
Strukturvielfalt in der Landschaft (hauptsächlich hervorgerufen durch starke Beschattung),
lässt sie gerade in Küstendünen zu einer „Problempflanze“ für den Arten- und Biotopschutz
werden, und dies vor allem in den FFH- Lebensräumen.
Die Kartoffelrose ist ein Beispiel dafür, dass Bekämpfungsmaßnahmen zwar sehr teuer und
aufwendig sind, diese jedoch mit möglichen Erfolgen gekrönt werden können. Doch auch
dabei ist eine genaue Abwägung der Vor- und Nachteile, sowie der möglichen
Erfolgsaussichten genau abzuwägen! Nur dort, wo konkrete Naturschutzkonflikte vorliegen
oder sehr wahrscheinlich sind ist auch eine mögliche Bekämpfung sinnvoll.
Auch bei der Kartoffelrose gilt, dass Prävention besser ist als die letztendlich teure
Bekämpfung. Um ihrer weiteren Ausbreitung entgegen zu wirken, sollte gerade in der Nähe
-2-
von gefährdeten Biotopen auf die aktive Anpflanzung unbedingt verzichtet werden. In
Küstennähe sollte ihre Anpflanzung sogar komplett verhindert werden.
Ein sehr anschauliches Beispiel dafür, dass eben nur langjährige Untersuchungen ein Urteil
über die Gefährdung von Flora und Fauna durch Neobiota zulassen, ist das indische
Springkraut (Impatiens glandulifera). Dieses stammt ursprünglich aus dem südostasiatischen
Raum und hat sich hier praktisch als eine Art „Lückenfüller“ in den Auen oder anderen
Gesellschaften nitrophiler Auenvegetation eingefügt. Dabei unterdrückt es weder, noch
verdrängt es andere Konkurrenten. Dies jedoch wird gerade in den Medien behauptet und
oftmals auch hoch gepuscht (siehe z. B. oben). Dadurch, dass es Jahre mit sehr hohen
Mengenanteilen von Impatiens glandulifera gibt, entsteht der Eindruck, dass es sich massiv
ausbreitet und so zu einer „Gefahr“ des heimischen Ökosystems wird.
Ein interessantes Beispiel für die Leichtgläubigkeit deutscher Politiker bezüglich Neozoa ist
ein Artikel, den wir kürzlich entdeckt haben und aus Platzgründen nicht auf das Poster
genommen haben.
Es handelt sich hierbei um die Miesmuschelfischerei im schleswig-holsteinischen
Wattenmeer,
die
aufgrund
der
stark
rückläufigen
Vermehrung
der
heimischen
Nordseemiesmuschel gefährdet ist. In ganz Europa sind außer dieser noch 2 Arten bekannt.
Sie unterscheiden sich laut des Muschelexperten Dr. Georg Nehls nur genetisch, nicht jedoch
äußerlich.
Um die Vermehrung der Miesmuscheln zu gewährleisten und die Existenz der Fischer zu
sichern, genehmigte das
Kieler Landwirtschaftsministerium unter Ausschluss der
Öffentlichkeit, dass Saatmuscheln aus Irland und Großbritannien in die schleswigholsteinischen Küstengewässer der Nordsee eingebracht werden dürfen. Seit Mitte des letzten
Jahres werden nun schon junge Muscheln aus Großbritannien im Watt ausgesetzt. Der
Naturschutzverband Schutzstation Wattenmeer e. V. beklagt, dass die eingeführten Muscheln
zu 90 Prozent "Hybriden" sind
-
eine Mischform zwischen Mittelmeer- und
Nordseemiesmuschel.
Man hat jetzt Sorge um die reine, heimische Form, die - noch - fast ausschließlich im
Wattenmeer vorkommt, wie eine Untersuchung belegt, die kurz vor der Veröffentlichung
steht. Das Fischereiamt behauptet jedoch, dass auch im Watt Hybriden bereits weit verbreitet
seien.
Lediglich genetisch bestünde ein kleiner Unterschied, keine Gefahr also für die
heimische Art.
-3-
Die Schutzstation ermahnt jedoch, dass über die Folgen der Vermischung beider Arten noch
viel zu wenig bekannt ist. Auch der Biologe Nehls meint, man sollte nur neue Arten in die
Natur bringen, wenn man auch genau weiß, was man tut.
Als Negativbeispiel führt er die Auster an, die vor Sylt die Kassen der Fischer füllen sollte.
Die Auster hat in Teilbereichen bereits die Miesmuschel verdrängt, deren Bänke sie
überwuchert. Die Auswirkungen sind noch gar nicht abzusehen. Fast alle Tiere, die sich von
Miesmuscheln ernähren, können die harte Auster nämlich nicht knacken - nicht einmal der
Charaktervogel
der
Küste,
-4-
der
Austernfischer.
Quellenangaben
Internet - Quellen:
Logo Uni: http://www.cto.uni-freiburg.de/img/images/alu_klein.gif
Logo FZI : http://www.saturnia.de/Links/FZI-Freiburg.GIF
Auszug aus der Biodiversitätskonvention :
http://www.biodiv-chm.de/konvention/F1052472545/HTML_Page1049896418
Auszüge aus dem Bundesnaturschutzgesetz:
http://www.gesetze-im-internet.de/bnatschg_2002/__41.html
http://www.gesetze-im-internet.de/bnatschg_2002/__10.html
Artikel zu irischen Miesmuscheln:
http://www.shz.de/?RUBRIKID=890&MID=30&REDID=1313276&WEBSESSION=16ac9a
a895037310ed0cf6df030c3bd9
http://www.gnvu.ch/Homepage_Neu/Ratgeber/Neophyten/Baerenklau_gr.jpg
http://erick.dronnet.free.fr/belles_fleurs_de_france/images/reynoutria_japonica.jpg
http://www.aujardin.info/img/img5/rosa_rugosa_fruits.jpg
http://www.biologie.de/biowiki/Bild:Grass_carp_fexx.jpg
http://www.biologie.de/biowiki/Bild:Kartoffelbluete_gross.jpg
http://www.floracyberia.net/spermatophyta/angiospermae/dicotyledoneae/rosaceae/rosa_rugo
sa.jpg
http://www.biologie.de/w/images/thumb/c/c7/270px-Impatiens_Glandulifera.jpg
http://www.bewuchs-atlas.de/images/images_organism/79868_f_01.jpg
http://www.osnabrueck.de/neobiota/waschbaer-2.jpg
http://www.hessen.de/irj/servlet/prt/portal/prtroot/slimp.CMReader/HMULV/HMULV_Intern
et/med/426/42650167-efbf-2801-a3b2-17197ccf4e69,22222222-2222-2222-2222222222222222.jpg
http://www.regierung.unterfranken.bayern.de/imperia/md/images/regufr/wirtschaftundverkehr
/33.jpg
Diagramm:
http://www.envit.de/umweltdaten/public/document/downloadImage.do;jsessionid=92547DA7
79A6D12B96DDFCB7750C3046?ident=6567
http://www.floraweb.de/neoflora/neophyten.html
-5-
http://sz-magazin.sueddeutsche.de/index.php?id=109&user_szmagdata_pi1[showUid]=213
Literatur :
BÖCKER, R., GEBHARDT, H., KONOLD, W.,
SCHMIDT-FISCHER, S.(1995): Gebietsfremde Pflanzenarten. Auswirkungen auf einheimische
Arten, Lebensgemeinschaften und Biotope.
Kontrollmöglichkeiten und Management. Offenburg.
ERLBECK, R., HASEDER, I., STINGLWAGNER, G. (1998) : Kosmos Wald- und Forstlexikon.
Stuttgart.
HARTMANN, E. (1995): Neophyten: Biologie, Verbreitung und Kontrolle ausgewählter
Arten.Landsberg.
SCHMIDT-FISCHER, S. (1996): Neophyten, Neozoen - Gefahr für die heimische Natur?
Tagungsdokumentationen der Fachtagung "Neophyten - Gefahr
für die Natur?" am 6./7.9.1994 in Offenburg und des Statuskolloquiums "Neozoen - Neue Tierarten in der Natur" am
9./10.5. 1995 in Fellbach ; [Bestandsaufnahme und
Orientierungshilfe für die *. - 1. Aufl. / hrsg. vom Verein der
Freunde und Förderer der Akademie für Natur- und
Umweltschutz (Umweltakademie) beim Ministerium für
Umwelt und Verkehr Baden- Württemberg. [Red. Bearb.:
Susanne Schmidt-Fischer]. - Stuttgart : Akad. für Natur- und
Umweltschutz (Umweltakademie).
Reihe: (Beiträge der Akademie für Natur- und Umweltschutz
Baden-Württemberg ; 22 : Naturschutzpraxis). Stuttgart.
-6-

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