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Färbereileitung
möglich zu automatisieren sowie via EDV zu überwachen. Bei dem Then-CKM-System (Color Kitchen Manager) erfolgt die Chemikaliendosierung
automatisch aus den Liefergebinden anhand von
hinterlegten Rezepturen über eine einzelne Leitungsverbindung zwischen Farbküche und Färberei. Pulverförmige Produkte und Farbstoffe können
in der automatischen Lösestation ADS (Automatic
Dissolving Station) zugegeben werden, die ebenfalls an dasselbe Leitungsnetz angeschlossen ist.
Damit werden Farbstoffe und Chemikalien automatisch exakt abgemessen, gefahrlos und schnell
transportiert, also eine Versorgung „just in time“
mit dem richtigen Produkt und der richtigen Menge. [16]
Wenn ein Qualitätssicherungssystem in der Färberei für Garn funktionieren soll, benötigt man neben
einem dynamisch reagierenden Kontrollaufwand
für alle Färbeprozessparameter ein leistungsfähiges Labor mit Rohwarenanalyse, Farbmetrik und
Laborausfärbemöglichkeiten. Gerade das Abwiegen von Textilgut und Farb- sowie Hilfsstoffen
sollte dabei vollautomatisch erfolgen. Das automatische Färbereilabor „Aladys“ der Ciba ist diesbezüglich richtungweisend. Aber auch die Umsetzung der Rezepte in die Produktion erfordert
Qualität der Arbeit.
Nuancieren durch Farbstoffnachsatz
Bei allem hohen Stand der Technik beruht Färbereileitung auch auf der Erfahrung des Abmusterns.
Der Färber schätzt bei einer zu färbenden Partie anhand eines gezogenen Musters (Ankochers) die Abweichung zur Vorlage ein. Voraussetzung dafür ist,
dass die reguläre Färbezeit abgelaufen ist; es muss
sichergestellt sein, dass im Färbebad befindlicher
Farbstoff nicht nachzieht und so die Farbe verändern würde. Bei der Beurteilung einer eventuellen
Farbabweichung berücksichtigt man vorteilhaft die
zur Erzielung des Ankocher-Farbtons angewandte
Farbstoffmenge. Ist eine für den Auftraggeber nicht
annehmbare Abweichung festgestellt worden, wird
ein Zusatz erforderlich (was üblicherweise durchaus
bei ein bis zwei Zusätzen liegen kann).
Nach geltender Farbenlehre können aus den
Grundfarben Gelb, Rot und Blau alle Bunttöne gemischt werden (in der Koloristik Trichromie genannt). Man nennt Färbungen gleichen Farborts
auf Basis verschiedener Farbstoffkombinationen
metamer, wobei der Einfluss der Lichtart zu beachten ist.
Im Farbendreieck (Abb. 11) erreicht man durch Farbstoffkombinationen z. B. den Farbton Braun, indem
man Rot, Blau und Gelb bzw. Rot und Grün mischt.
Realistischer ist es, Braun aus Rot und Schwarz
oder Rot und Grau zu erstellen. Auch Bordeaux und
Orange oder Rot und Oliv ergeben Braun. Bei der
praktischen Abmusterarbeit ist zu bedenken, dass
Abb. 11: Farbmischdreieck
man leichter eine Nuance von Gelb nach Rot, von
Gelb nach Blau oder von Rot nach Violett verschieben kann als umgekehrt. Wenn es sich nicht vermeiden lässt, ein gelbstichiges Braun mit dem im
Farbendreieck entfernter liegenden Bordeaux im
Verhältnis 90 : 10 nach Rot zu „drücken“, so muss
das Bordeaux eine erheblich bessere Lichtechtheit
haben als die Hauptkomponente.
Zur Erzielung des Farbtons bzw. der Farbtiefe der
Vorlage wird u. U. der nötige Zusatz, in Prozent,
auf die bereits verwendete Farbstoffmenge berechnet; die Auswirkungen eines Zusatzes von ca.
0,5 % sind mit dem Auge noch wahrnehmbar. Darunter liegende Differenzen können ohne Farbmetrik nicht mehr wahrgenommen werden (Koloristische Fehlergrenze).
Wenn eine Färbung zu dunkel ausgefallen ist, muss
ein Teil des Farbstoffs mit speziellen Hilfsmitteln
entfernt (abgezogen) oder aufgehellt werden (Blindfärben mit Färbebad ohne Farbstoff). Dabei muss
beachtet werden, dass diese Behandlung eine
Schädigung der Fasern verursachen kann. Neben
der Farbtiefe muss auch der Nuancenunterschied
(z. B. die Klarheit oder Frische des Farbtons) mitberücksichtigt werden. Es ist zu entscheiden, ob man
einen Nuancierfarbstoff zusetzt, der eine lebhaftere
(brillante) oder trübere (stumpfe) Farbe bewirkt, oder
ob die Farbe allein durch das Weiterfärben mit dem
zuerst benutzten Farbstoff erzielt werden kann. Bei
Mischtönen (Grau, Braun, Beige, Oliv usw.), die z. B.
aus Blau, Rot und Gelb hergestellt werden, ist es
zweckmäßig, ähnlich vorzugehen. Ein Beispiel soll
dies verdeutlichen: Die Differenz zwischen Partie
und Vorlage beträgt etwa 10 %. Die Nuance muss
aber durch den Zusatz etwas nach der roten Seite
verschoben werden; das erste Muster hat die gleichen Teile Blau, Rot und Gelb; so werden als Zusatz etwa 7 % der eingesetzten Menge des blauen
Farbstoffs, 10 % des roten Farbstoffs und 7 % des
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Färbereileitung
gelben Farbstoffs des Ankocherrezepts zugegeben. Beim zweiten Muster wird dann beurteilt, wie
der Zusatz gezogen hat. Man muss sich hüten, mit
den Zusätzen z. B. erst zu rot, dann zu gelb usw. zu
liegen. Durch dieses Hin- und Herpendeln wird die
Partie leicht unegal, weil die Färbedauer von Muster
zu Muster nicht ausreicht, um eine volle Egalität zu
erreichen. Zu große Zusätze bewirken eine zu dunkle Färbung; ist ein Zusatz zu klein, zieht er gar nicht
auf. Es besteht die Gefahr, dass die Partie verkocht
(Farbstoff wird durch Reduktion zerstört). Stimmt
die Nuance, fehlt jedoch an der Tiefe der Farbe ein
wenig, lässt sich bei substantiven Färbungen durch
Salzzugabe, bei sauren Färbungen durch Säurezusatz das Ziel erreichen.
Ein Rezept sollte aus möglichst wenigen Farbstoffen zusammengesetzt sein. Man kann fast alle Nuancen durch Kombination von Gelb, Rot, Blau und
Orange erreichen. In vielen Fällen ist es aber einfacher, mit den Farbstoffen Grau, Grün, Bordeaux,
Braun, Marineblau und Schwarz als Grundfarbe im
Rezept zu arbeiten und nur durch Beigabe kleiner
Mengen anderer Farbstoffe die gewünschte Nuance zu erreichen. Diese Arbeitsweise ist z. B. üblich
beim Färben der Baumwolle und beim Färben von
100 % Wolle mit 1: 2-Metallkomplexfarbstoffen.
Ein Zusatz von Gelb wirkt sich wie folgt aus: Grüntöne werden voller und gehen mehr zur gelbgrünen Seite (Blattgrün), Blautöne werden dunkler und
stumpfer und neigen zur blaugrünen Seite, Rottöne werden gelber und leuchtender; sie wirken voller,
der Ton verändert sich zum Orange hin, Brauntöne
wirken durch Zusatz eines rotstichigen Gelbs in der
Übersicht voller und gelber; wird ein grünstichiges
Gelb zugesetzt, geht der Farbtonumschlag nach der
gelbbraunen Seite, und die Färbung erscheint leerer.
Ein Zusatz von Rot wirkt sich wie folgt aus: Gelbtöne werden orange, der Ton wird voller, Blautöne werden dunkler und verschieben sich zur violetten Seite, Grüntöne werden stumpfer und voller und gehen
zur oliven Seite, Brauntöne gehen nach der rotbraunen Seite und erscheinen tiefer. Ein Zusatz von Blau
(von neutraler Abendfarbe) wirkt sich wie folgt aus:
Brauntöne werden stumpfer und dunkler, aber nicht
grünlicher, Rottöne werden dunkler und stumpfer;
muss der Ton klarer, blauroter werden, ist dies nur
durch Zusatz von Bordeaux zu erreichen; Beigetöne
werden schmutzig grau, Grautöne werden schmutzig
blau, Grüntöne werden blaugrün.
Ein Zusatz von Orange wirkt sich wie folgt aus:
Brauntöne werden kräftiger und lebhafter und wirken dann heller, Grüntöne werden stumpfer, oliver
und dunkler, Blautöne werden stumpfer und dunkler, Marineblau und Orange ergibt Schwarz, Beigetöne gehen in einen Bronzeton über, sie verlieren
ihren „hohlen“ Charakter.
Zur Erreichung einer besonderen Abendfarbe verwendet man Grün- und/oder Violett-Marken. So
kann man z. B. einen Farbton, der gegenüber der
Vorlage zu klar „rot“ ist, aber nur noch ganz wenig
in der Tiefe verträgt, durch Zusatz von Grün dem
Vorlagemuster angleichen (wobei eine Abweichung
zur Abendfarbe auftreten wird, falls die Vorlage
nicht auch mit diesem Grün gefärbt wurde). Durch
einen entsprechenden Zusatz von Gelb und Blau
wäre die Erzielung des Farbtons nicht mehr möglich gewesen, weil die Grünwirkung dieser Kombination nicht intensiv genug ist. Durch die Zugabe
von Blau wäre der Ton sicher auch zu stumpf und
dunkel geworden. Die Wirkung von Violett liegt genau umgekehrt.
Der Unterschied zu den „farbigen“, d. h. bunten
Farben wie Rot, Hellblau, Türkis, Gelb usw. liegt
darin, dass Schwarz und Weiß sowie alle Zwischenstufen Grau keine oder nur eine geringe
Buntheit besitzen. Sie sind somit als unbunt oder
farbneutral einzustufen. Ein ideales Schwarz oder
ideales Weiß wird es in der Praxis kaum geben,
sondern es treten auch hier noch gewisse Farbnuancen, Farbstiche auf. Die Beurteilung der Farbe,
ob sie als „schön“ (schwarz oder weiß) empfunden wird, hängt wie bei jeder anderen Farbe letztlich von den bereits bekannten Einflüssen ab, wobei auf die geeignete Lichtquelle als Beleuchtung
besonders geachtet werden muss. Zieht man zur
Abmusterung die zwei bekannten Beleuchtungsquellen mit der Glühlampe sowie mit Tageslicht
(natürlich und künstlich) heran, so kann man auch
Schwarz- und Grautöne mit demselben Erfolg abmustern wie die anderen bunten Farben.
Apparate in der Farbküche
Chemikalien- und Farbstofflösungen können den
Veredlungsaggregaten aus hoch gelegenen Lösestationen (Abb. 12) mit natürlichem Gefälle meist
durch Glasleitungen zugeführt werden. Für die präzise Arbeit der Flottenauftragsaggregate ist eine
Appreturflottendosierung unerlässlich.
Abb. 12: Aufbaumöglichkeit einer zentralen Farbstofflösestation
A – Farbküche, B – Tageslager für Farbstoffe, C – Hauptlager für Farbstoffe, D – Steuerraum, E – Chemikalien-Tanklager, F – Tankwagen-Anschlussstation
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Farbgebung in der Färberei
Bei vollautomatischen Anlagen, die an eine Programmsteuerung oder an einen Rechner angeschlossen sind, können dem Ansatzbehälter je
nach Veredlungsverfahren mehrere Nebenbehälter
zugeordnet werden. Der Ansatzbehälter wie auch
die Nebenbehälter sollten aus Edelstahl gefertigt werden, innen mindestens mechanisch poliert
oder besser noch elektropoliert sein. Die Behälterinhalte sind dem Apparatevolumen angepasst,
wobei als Faustregel für den Hauptbehälter gilt:
Farbstoffmenge × 10 (Farbstoffmenge als Festwert = 10 % des Textilgut-Einsatzgewichts). Um
eine gute Spül- und Reinigungswirkung zu erzielen, ist der Behälterrand als Spritzring ausgeführt,
über den auch der normale Wasserzulauf erfolgt.
Die Behälterform kann konisch oder zylindrisch
mit gewölbtem oder konischem Boden ausgeführt
werden. Die konische Form eines Behälters ist für
den Rühreffekt strömungstechnisch ungünstiger
als die zylindrische Form. Ferner benötigt der konische Behälter einen größeren Aufstellungsraum
und gegenüber dem zylindrischen Behälter auch
eine größere Bauhöhe, was mitunter zu Problemen
beim Aufstellen führt. Zylindrische Behälter hingegen benötigen keine strömungslenkenden Einbauten wie die konischen Behälter. Zylindrische Behälter in einer mit konischem Boden kombinierten
Ausführung gestatten, den Rührprozess bereits bei
kleinen Teilmengen zu beginnen oder zu beenden.
Im Normalfall reicht für das Rührwerk eine Drehzahl. Mit dem Dampfstechrohr der direkten Heizung, das entsprechend perforiert ist, wird ein zusätzlicher Mischeffekt gefördert.
Literatur:
[1] G. Ebner, D. Schelz: Textilfärberei und Farbstoffe. SpringerVerlag, Heidelberg 1989
[2] I. Jerzembeck: TV 36 (2001), H. 11/12, S. 21
[3] U. M. Adamiak, S. Struckmeier, J.-H. Dittrich, R.-D. Reumann: Verbesserte Reproduzierbarkeit und Produktionsökologie beim Färben durch Berücksichtigung der Feuchte des Farbstoffes und des Färbegutes, TV 33 (1998), H. 3/4, S. 38–43
[4] F. Reidl, T. Jakob: Auswahl hochechter Farbstoffe unter Zuhilfenahme von Expertensystemen, MTB 87 (2006), S. 726–728
[5] P. Schomakers: Optimierung der Prozesszeiten in der diskontinuierlichen Stückfärberei, TV 39 (2004), H. 5/6, S. 15–17
[6] P. Schomakers: Vollautomatische Textilveredlung in der
diskontinuierlichen Stück- und Garnfärberei, MTB 81 (2000),
S. 742–744
[7] N. N.: Vollautomatische Garnfärberei – Färben wie von Geisterhand, MTB 88 (2007), S. 128–129
[8] E. Hinnen: Überhitzter Dampf in der Kontinue-Färberei, MTB
86 (2005), S. 60–61
[9] W. Christ, H. Dörfer, D. Bechter, G. Kurz, K. Beck: Anwendung und Bedeutung der Dampftechnologie bei der aerodynamischen Stückfärberei, MTB 84 (2003), S. 417–424
[10] W. Schrott, T. Bechtold: Elektrochemie – Revolution in der
Küpenfärberei, TV 38 (2003), H. 9/10, S. 19–22
[11] G. Faes: Neuronale Netze in der Farbmetrik, MTB 79
(1998), S. 462–465
[12] B. Schick: Farbrezeptierung heute – Fortschritte in der
Farbrezeptberechnung mit neuer Rezeptiertechnologie, TV 35
(2000), H. 1/2, S. 12–16
[13] K.-H. Orriens: Möglichkeiten der optimierten Rezeptberechnung, MTB 78 (1997), S. 725–727
[14] N. N.: Vollautomatisches Rezeptiersystem Aladys, MTB
75 (1994), S. 294
[15] J. Brockmann: Flexibilität von Diskontinue-Stückfärbeanlagen, MTB 83 (2002), S. 734–735
[16] A. Böhringer: Qualitätssicherung und Kostensenkung
durch Prozessbeherrschung, ITB 44 (1998), H. 4, S. 98f.
Farbgebung in der Färberei
Die Prozesse des Färbens und Druckens verwenden Farbstoffe zur Farbgebung. Man unterscheidet beim Färben die Ausziehverfahren (die Substanzen haben Affinität zum jeweiligen Faserstoff)
und die Auftragsverfahren (ohne Affinität), und
beim Drucken den klassischen Aufdruck und den
Ink-Jet-Druck.
Bei einem einheitlich uni gefärbten Flächengebilde ist es schwierig festzustellen, in welchem Verarbeitungszustand die Färbung erfolgte. Ist es
mehrfarbig, aber nur aus einer einzigen Faserart bestehend, so kann es nicht im Stück gefärbt
sein. Besteht es aber aus verschiedenen Faserstoffen, kann es durchaus im Stück gefärbt sein
(Effektfärbung); für die meisten Faserarten gibt es
Farbstoffe, die nur diese anfärben, andere aber
weiß lassen (reservieren). Während früher die einheitlichen Färbungen in der Färberei und die farbige Musterung fast ausnahmslos in der Druckerei
des Betriebs vorgenommen wurden, ist diese Abgrenzung durch die Einführung neuer Techniken,
speziell in der Teppichindustrie, durch die Aufgieß- und Spritzverfahren verwischt worden. Bei
diesen neuen Techniken wird die Musterung ohne
die typischen Requisiten der Druckerei (Walzen
oder Schablonen) erzeugt. Ebenso ist es denkbar,
das Färben, nicht nur bei Chemiefasern, mit dem
Spinnen oder mit anderen mechanischen Prozessen, wie dem Texturieren von Synthesefasergarnen, zusammenzulegen. Das Färben in der Webereivorbereitung, zusammen mit dem Schlichten,
wird z. B. beim Denimartikel in verschiedenen Betrieben seit langem durchgeführt (Kettschlichtefärben).
Eine ganz andere Veredlungsindustrie ist die Fully-fashioned-Ausrüstung und -Färberei von Fertigteilen, da in dieser Aufmachungsform flexibel und
marktnah auf Modeschwankungen reagiert werden kann. Beispiele aus der Strumpfindustrie zeigen, dass Polyamidstrumpfhosen ohne wesentliche Vorbehandlung gefärbt werden können, ehe
sie anschließend während des Trocknens schwach
fixiert, d. h. in Form gebracht werden.
Musterungsarten
Garne und Gewebe können, statt ganz, auch nur
stellenweise gefärbt werden. Der restliche Teil
bleibt ungefärbt. In diesem Sinn kann auch der
Druck als Teilfärbung angesehen werden.
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Farbgebung in der Färberei
Stranggarne kann man stellenweise mit Plastikfolie
abbinden und so im Vollbad färben. Die abgebundenen Stellen bleiben reserviert. Diese Prozedur
kann mehrfach in verschiedenen Färbebädern wiederholt werden. Beim „Martin“-Prozess wird das
Garn stellenweise mit einem Reservierungsmittel
bedruckt, verwebt und im Stück gefärbt.
Ombrés oder Schattenfärbungen sind stark der
Mode unterworfen, erscheinen aber immer wieder
in unregelmäßigen Zeitabständen auf dem Markt.
Die Färbung verläuft im gleichen Strang oder Stück
von weiß über hell bis dunkel durch alle Schattierungen. Bei Doppel- und Mehrfach-Ombrés sind
zwei und mehr verschiedene Farben in Abschattierungen vorhanden. Solche Färbungen werden sowohl auf Garnen wie auf Geweben durch teilweises
Eintauchen in die Färbeflotte hergestellt; Gewebe
färbt man am Sternreifen oder auf dem Jigger, der
auf einer Wippe montiert ist, damit er schräg nach
den Seiten kippbar ist. Es ist auch möglich, Ombrés kontinuierlich im Zwickel eines Horizontal-Foulards zu färben: Parallel zu den Walzen bringt man
beidseitig des Schlitzes je ein Spritzrohr an, das
mit Löchern verschiedenen Durchmessers gebohrt
ist. Ein Rohr nimmt im Durchmesser vom Zuflussende bis zum anderen Ende ab, beim zweiten Rohr
in umgekehrter Weise. Durch das eine Rohr lässt
man die Farbstofflösung zufließen, durch das zweite nur Wasser.
Space-Dyeing ist eine bewusst unegale Färbung.
Solche Teilfärbungen haben im Zusammenhang
mit den Tufting-Teppichen eine erhöhte Bedeutung erhalten. Sie ermöglichen Musterungen ohne
Beanspruchung von Rouleaux- oder Filmdruckmaschinen. Es werden dazu keine oder nur einfache Druckvorrichtungen verwendet. Der Farbstoffauftrag erfolgt kontaktlos. Die Begriffe „Färben“
und „Drucken“ sind bei der Bezeichnung „SpaceDyeing“ kaum mehr auseinanderzuhalten.
Fasereigenschaften modifizieren
Vor allem Baumwolle war das Ziel von chemischen
Verfahren zur Änderung ihrer färberischen Eigenschaften. Durch Überführung von Baumwolle in
Natroncellulose und anschließende Veresterung
mit p-Toluolsulfochlorid oder durch Veresterung
mit einem Essigsäureanhydrid/Eisessiggemisch
verliert die Baumwolle das Vermögen, direktziehende Baumwollfarbstoffe aufzunehmen. Andererseits färben sich die behandelten Fasern mit Säurebzw. Acetatdispersionsfarbstoffen an (Passivgarn).
Durch Phosphorylierung verliert Baumwolle die Affinität zu den meisten Baumwollfarbstoffen, ebenso durch Behandlung mit Cyanurchlorid. Damit
wollte man reaktive Fasern herstellen. Diesen Arbeiten war nie ein praktischer Erfolg beschieden.
Aminogruppenhaltige Faserstoffe (wie Wolle und
Polyamid) können durch Blockierung derselben in
ihren färberischen Eigenschaften verändert werden. So verliert Wolle durch Behandlung mit Kondensationsprodukten aus Naphthalinsulfosäuren
und Formaldehyd die Affinität zu substantiven
Farbstoffen. Das „Multicolor“-Verfahren von Ciba
benutzt die Eigenschaft ausgesuchter Chromfarbstoffe, nicht mit Chrom vorgebeizte Wolle nur
schwach anzufärben. Verarbeitet man unbehandelte und behandelte Wolle zusammen, so kann
man einbadig Zweifarbeneffekte erzielen und unter
bestimmten Voraussetzungen sogar Dreifarbeneffekte. Die Verfahren zur Affinitätsänderung von
Wolle durch kurzzeitige Behandlung mit konzentrierter Schwefelsäure oder die Acetylierung mit
Essigsäureanhydrid und Schwefelsäure haben nie
praktische Anwendung gefunden.
Polyamidfasern verlieren nach Behandlung mit
Produkten, die eine reaktive und eine Sulfogruppe
enthalten, die Affinität zu anionischen Farbstoffen,
färben sich aber mit kationischen Farbstoffen an
(„Sandospace“-Verfahren von Sandoz).
Verfahrenstechnik
Verfahrenstechnisch gibt es bei allen Verfahren, in
deren Verlauf Farbstoff an Fasern gebunden wird,
Analogien (Tab. 1). Beim Ausziehverfahren von polaren Fasern kommt der Salzzugabe zum Leidwesen der Abwasserspezialisten die Aufgabe zu, die
Affinität des Farbstoffs zur Faser zu steuern. So
erhöht Salz (u. U. sogar als Feststoff zum Färbebad zudosiert) die relativ schlechte Substantivität von Baumwollfarbstoffen, die alle im Stadium
der Ausziehphase nach dem Mechanismus eines
substantiven Farbstoffs färben; dabei beeinflusst
Salz die Aggregation der Farbstoffmoleküle in der
Flotte und in der Faser und verschiebt so das Verteilungsgleichgewicht zugunsten der Faser. Beim
Färben von Wolle wirkt Salz dagegen als Egalisiermittel, weil es in der Ausziehphase erfolgreich mit
dem ionischen Farbstoff um die Ankerplätze in der
Faser wetteifert, ehe es später in der Fixierphase
wegen anderer Wechselwirkungen des Farbstoffs
mit dem Wollprotein einem Ionenaustausch zum
Opfer fällt. Bei Auftragsverfahren steuert man die
Substantivität von eingesetzten Farbstoffen u. a.
über die Temperatur. Wenn man nach Vorauswahl
der Farbstoffe für das Auftragsverfahren dennoch
mit relativ substantiven Farbstoffen foulardieren
muss, besteht die Gefahr der Endenungleichheit
einer Partie. Weil Färben aber ein exothermer Vorgang ist, verringert eine Temperaturerhöhung im
Chassis die Affinität des Farbstoffs zur Faser.
Bei Kaltverweilverfahren ist dieser verfahrenstechnische Trick wenig sinnvoll, weil nach dem
Foulardieren aufgekault wird, um bei Raumtemperatur über Nacht zu verweilen. Wegen der langen Reaktionszeit kommt bei diesen Verfahren
eher ein kinetischer Aspekt zum Tragen. Man
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Farbgebung in der Färberei
Typ
Gruppe
Faserstoff
Eigenschaften der Färbung
wasserunlöslich
Schwefelfarbstoffe
Baumwolle
billig, gute Licht- und Nassechtheiten, nicht Cord, Samt, Jeans, Berufskleidung, Zelte
chlorecht, stumpf, keine Rottöne, schönes Schwarz, Na2S-Geruch!, u. U. Farbtonumschlag
Einsatz
Küpenfarbstoffe Cellulose
sehr echt, Verküpung nicht einfach zu kontrollieren. Luftgang oder Oxidationsmittel.
Farbtonumschlag beim Verküpen bzw. Oxidieren
Dispersionsfarbstoffe
Polyester,
Acetat,
Polyamide
Carrier nötig, Einfluss der Thermofixierung HAKA, DOB (garnfarbig), Transbei PES, u. U. spinnfarbig von Endlosfasern ferdruck, Autogurte, Nähseide,
technische Gewebe, DifferentialDyeing-Teppiche
Pigmentfarbstoffe
alle
keine Affinität, Binder nötig. Griff schlecht,
schlechte Reibechtheit; oft im Druck
wasserlöslich
Leukoküpenvor dem Färben, esterfarbstoffe
wasserunlöslich
nach dem Färben
Cellulose
(Wolle,
Polyamide)
vor der Färbung wasserlöslich, nach der
stückfarbige Hemden, RegenFärbung wasserunlöslich, sehr echt, egali- mäntel, Deko, Bettwäsche,
sieren gut und färben deshalb besser durch Lingerie in Pastelltönen
als Küpenfarbstoffe; teuer, daher nur für helle Töne, Farbtonumschlag beim Verseifen
und Oxidieren
Diazotierungsfarbstoffe
Baumwolle
Schlechte Lichtechtheit; für satte Töne;
gut weiß ätzbar bei Druckfond; beständig bei Hochveredlung; komplizierte Anwendungstechnik, da Farbstoff auf der Faser erst erzeugt wird; Farbstoff ist nach der
Färbung wasserunlöslich; gute Nassechtheit; Farbstoffumschlag beim Diazotieren
Druckätzfonds
Entwicklungsfarbstoffe
Baumwolle,
Celluloseregenerat
Farbstoff wird auf der Faser erzeugt und
ist nach der Färbung wasserunlöslich; gut
nachseifen und spülen; Farbtonumschlag
beim Kuppeln
Garne, Deko, Kleider, Schürzen
teilweise chem.
Nachkuperungs- Cellulose
Reaktionen mit
farbstoffe
Faser,
wasserunlöslich
nach dem Färben
ionische
Bindung
wasserlöslich
physikalische
Adsorption,
wasserlöslich
Fahnen, Markisen, Verdecke,
Gartenmöbel, Zelte, Militärbekleidung, Bekleidung, Hauswäsche, Regenbekleidung,
Dekorationsstoffe; garnfarbig
Druck (nicht für Flächendecker)
sehr lichtecht, gute Waschechtheit; Farbton- Deko, DOB, HAKA, Regenmanumschlag bei Nachbehandlung mit Kupfer; tel, Samt, Wirkware, Trainingsbeständig gegen Hochveredlung
anzüge, Handschuhe, Bucheinbindung
Reaktivfarbstoffe
Cellulose
Wolle
Polyamide
Seide
hydrolysenempfindlich, daher exakte Verfah- Hemden, Blusen, Kleider, Deko,
rensführung wichtig; gute Reib- und Nass- Badeartikel, Strickgarne, Wirkwaren
echtheiten; Nachseifen und Spülen; teuer;
brillante Töne, kein Farbtonumschlag
Chromfarbstoffe
Wolle
Chromierung als Nachbehandlung, Abwas- Garn, tiefe Töne bei stückfarbiserprobleme; preiswert, sehr gute Nassecht- ger HAKA-Ware
heit; gedeckte Töne; Wolle versprödet; Farbtonumschlag beim Chromieren; Nuancieren
mit anderen Sortimenten
1: 2-Metallkom- Wolle
plexfarbstoffe
sehr nassecht, schonende Färbeweise, da
pH 5–6, schlecht egalisierend; Egalisierungsmittel nötig; keine Sulfogruppe: oder
eine Sulfogruppe oder zwei Sulfogruppen
Garn, Flocke
1:1-Metallkomplexfarbstoffe
Wolle
bei pH 2 keine faserschonende FärbeweiHAKA-Stückfärbungen, DOBse, aber gutes Egalisieren und Durchfärben, Mantelware, hartgeschlagene
schlechte Nassechtheiten
Ware
Säurefarbstoffe
Wolle
Polyamide
Egalisierfarbstoffe pH 3, sehr brillant, mäßig DOB, Hüte, Teppichgarne, Deko,
waschecht, mittlere Lichtechtheit; waschWirkware, Wollstrümpfe, DOB
echt mäßig sauer pH 3–4; walkecht pH 5–6 garnfarbig, Flocke, DOB, HAKA
basische
Farbstoffe
Polyacrylnitril brillante Töne, mit Retarder zu färben,
(Wolle)
schlecht egalisierend; sehr nass- und lichtecht
Phthalocyaninfarbstoffe
Baumwolle
brillant, sehr licht- und nassecht; Grün- und Zeugdruck
Blautöne, sehr sorgfältige Verfahrensführung
erforderlich
Direktfarbstoffe
Cellulose
preiswert, gutes Egalisier- und Durchfärbe- Futterstoff, Damenunterwäsche,
vermögen, schlechte Nassechtheit bei mitt- Wirkware, Deko, Teppiche
leren bis dunklen Tönen
Wirkware DOB, Strickgarn,
Flocke
Tab. 1: Einsatzgebiete von Farbstoffen in der Färberei
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Farbgebung in der Färberei
kann sich z. B. beim Einsatz von Reaktivfarbstoffen gezielt deren Reaktivität zunutze machen;
auch eine hohe Aktivierungsenergiebarriere kann
bei so langen Reaktionszeiten möglicherweise
überwunden werden, was gute Fixierausbeuten
garantiert.
Farbstoff-Fixierung
Die Fixierphase ist bei allen Verfahren (sei es
Färben oder Drucken), bei denen Farbstoff an
die Faser gebunden wird, mit der Notwendigkeit eines Fixiermediums verbunden. Bei Ausziehverfahren stellt zwar das Wasser dieses Medium dar, ist aber auch gleichzeitig Störfaktor,
wenn es mit dem Farbstoff um polare Ankerplätze wetteifert oder gar vor der chemischen Reaktion eines Reaktivfarbstoffs mit der Faser die
Reaktivgruppe hydrolysiert. Bei Verfahren, während deren Verlauf Dampf als Diffusionsmedium der Farbstoffe von der Faseroberfläche zu
den Ankerplätzen dient und dort die polare Reaktion begünstigt (Kontinuefärben oder Drucken von polaren Fasern), garantiert Sattdampf
die nötige Polarität des Mediums. Sollen unpolare Farbstoffe in einer unpolaren Faser (Dispersionsfarbstoffe in Polyesterfasern beim Drucken)
fixiert werden, wendet man vorteilhaft Heißluft
oder überhitzter Dampf als relativ unpolare Medien an. Will man polare Reaktionen durch einen
überhitzten Dampf durch Fixierung zum Ende
bringen, so muss man vorher beim Farbstoffauftrag hygroskopische, polare Chemikalien, wie
z. B. Harnstoff, mit auftragen.
Soll beim Drucken der Farbstoff aus der Druckverdickung auf die Faser übergehen (beim Dämpfen) und dort reagieren, so darf die Verdickung
unter Dämpfbedingungen keine Affinität zum
Farbstoff oder gar reaktionsfähige Gruppen aufweisen; daher muss man bei der Verwendung
von Reaktivfarbstoffen Polymere als Verdickung
wählen, die keine reaktionsfähigen OH-Gruppen
aufweisen.
Eine Besonderheit der Farbstofffixierung stellt das
Thermosolverfahren zum kontinuierlichen Färben
von Polyestergeweben dar. Es besteht aus den
Verfahrensschritten des Klotzens der Farbstoffe, des Trocknens, des Thermosolierens sowie
des Nachwaschens. Bei den enthaltenen Nassbehandlungen überwiegen die Verfahrenselemente Tauchen, Quetschen und Spritzen, bei den
Thermobehandlungen das Aufheizen und Abkühlen. Bei Thermosoliertemperatur treten nun einige typische, sonst beim Farbgeben nicht relevante Grundvorgänge auf, die durch folgende
Grundfunktionen beschrieben werden können: Bei
200–220 °C sind viele Kristallite der Polyesterfaser
genauso wie beim Thermofixieren aufgeschmolzen
und damit für den Farbstoff zugänglich. Der Dis-
persionsfarbstoff wird je nach Molekulargewicht
sogar sublimieren, d. h. vom festen Zustand an der
Faseroberfläche in den gasförmigen Zustand übergehen und als Gas schnell und weit in die Faser
diffundieren, ehe er bei niedrigeren Temperaturen
wieder fest wird. Beim Abkühlen wird der Farbstoff
z. T. mit dem Faserpolymer cokristallisieren und so
echt gebunden.
Schließlich sei auf ein Druckverfahren verwiesen,
das aus bestimmten Gründen stark an Attraktivität gewonnen hat. Seitdem es gute Weichmacher für Pigmentdrucke gibt, ist dieser modisch
interessante und auf allen Fasern anwendbare Druck aktuell geworden, zumal er keine Nachwäsche erfordert. Allerdings ist die Verwendung
von Benzin in der körperarmen Verdickung des
Pigmentdrucks nur noch erlaubt, wenn umfangreiche Aktivkohleabsorber beim Trocknen und
Fixieren (Auskondensieren des Binders) das verdampfende Benzin rückgewinnen lassen. Synthetische Verdickungsmittel können hier aber den
praktischen Einsatz der körperarmen Verdickung
aufrechterhalten. Natürlich ist beim Einsatz dieser Art Verdickung der auch nach dem Trocknen
anwesende Emulgator zu berücksichtigen. Wenn
anschließend z. B. ein pigmentbedruckter Regenschirmstoff hydrophobiert werden soll, ist auch
hier eine Drucknachwäsche zur Entfernung des
Emulgators unumgänglich. Die Reibechtheit von
Pigmentdrucken auf Polyesterfasergeweben kann
durch vorheriges Alkalisieren der zu bedruckenden Gewebe infolge des Lochfraßes beim Alkalisieren und der anschließenden, teilweise in diesen Löchern stattfindenden Ablagerungen der
Druckpigmente verbessert werden.
Färbeaggregate
Textilfärbeaggregate werden unterteilt (Abb. 1)
in Färbemaschinen (Ware bewegt, Flotte umgepumpt) und Färbeapparate (Ware ruht, Flotte
durchströmt mittels Pumpe).
Heutige Färbeaggregate bestehen aus folgenden
Grundelementen:
– Kessel (Kufe) als Ruhezone
– Pumpe zur Flottenzirkulation
– Flottenführungselemente (Rohre, Ventile)
– Wärmeüberträger (Heizaggregat)
– Maschinenelemente zur Materialführung und
zum Flottenaustausch, wie z. B. Leitrechen, Umlenkhaspeln, Transporthaspeln, Materialträger,
Einschwemmvorrichtungen.
Der Farbstofftransport in der Lösung erfolgt durch
Konvektion (Wasserbewegung durch Rühren oder
Umpumpen der Flotte). Hohe Temperatur und
Flottenumwälzung beschleunigen diesen Prozess, sodass die Gesamt-Färbegeschwindigkeit
nicht durch zu langsame Diffusion beeinträchtigt wird.
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Farbgebung in der Färberei
Farbstoff
gleichmäßig
auf die Faser
bringen
Textiles Flächengebilde in
Ruhe; es wird gleichmäßig
von der Färbeflotte durchflutet
Textiles Flächengebilde
in periodischer Bewegung; es wird periodisch
mit unterschiedlicher Intensität von der Färbeflotte durchflutet
– mechanisch
Haspel
Reibungskräfte
– hydraulisch
Düse
Impuls-DruckReibungskräfte
– mechanisch
und hydraulisch
Warentransport
HT-Garnfärbeapparat
HT-Baumfärbeapparat
Sternfärbeanlage
Jigger
Teppichkufe
HT-Haspelkufe
Jet-Färbemaschine
Sanftfärbemaschine
(Overflow)
Abb. 1: Unterscheidung von Färbeapparaten und Färbemaschinen
Substrat
Farbstoffklasse
Hauptparameter
Baumwolle
Baumwolle
Baumwolle
Baumwolle
Wolle
Wolle
Wolle
Wolle
Polyester
Polyacrylnitril
Substantiv
Kalt-Reaktiv
Heiß-Reaktiv
Küpen
Säure
Metallkomplex
Sulfonierte Metallkomplex
Reaktiv
Dispersion
Kationisch
Temperatur/Salz
Salz/Alkali
Temperatur/Salz
Hydrosulfit
Säure
Temperatur
Temperatur/Säure
Säure
Temperatur
Temperatur
Tab. 2: Färbeparameter [2]
Aufmachungsformen
Der Färbeprozess ist abhängig von der Aufmachungsform des Färbeguts:
1. Färben der Spinnmasse (für Synthesefasern).
Bei der Herstellung von Synthesefasern werden der Spinnmasse Farbpigmente (unlöslicher,
aber feinstverteilter Farbstoff) zugesetzt, sodass nach dem Auspressen durch die Spinndüse der gefärbte Faden vorliegt.
2. Färben der Flocke (lose Fasern). Man kann die
Flocke partieweise (diskontinuierlich) oder kontinuierlich färben. Beim diskontinuierlichen Färben wird das Fasermaterial in einen Apparat
gepackt, durch den die Färbeflotte hindurchgepresst wird. Die Anfärbung ist nicht immer
gleichmäßig. Diese Unegalität wird egalisiert, da
die Flocke in der Spinnerei anschließend wieder zerfasert und gemischt wird. Beim kontinuierlichen Färben wird das lose Material auf einem Foulard mit der Farbstofflösung getränkt.
Anschließend wird die Färbung in einem Dämpfer fixiert. Dann wird gewaschen und getrocknet. Verschiedenfarbige Flocke kann zu Melangen verarbeitet werden.
3. Färben des Kammzugs. Ein Kammzug besteht
aus einem zusammenhängenden Faserband,
aus dem auf einer Kämmmaschine die kürzeren
Fasern herausgekämmt wurden. Dieser Kamm-
zug kann z. B. in Wickelform gefärbt werden.
Für farbige Wollkammgarne gibt es mehrere
Einsatzgebiete von gefärbtem Kammzug:
a) Unigarn: Der wesentliche Vorteil einer Kammzugfärbung ist ihre hohe Echtheit. Kammzugfarbiges Garn kann aber nur wirtschaftlich hergestellt werden, wenn große Partien
vorliegen.
b) Melangegarn: Hierbei werden bestimmte Mengen des Kammzugs in verschiedenen Farben gefärbt. Die verschiedenfarbigen
Kammzüge werden in der Spinnerei miteinander vermischt und zu Garn versponnen.
c) Vigoureux-Garn: Eine andere Methode, den
Kammzug zu färben, ist der Vigoureuxdruck.
Hierbei wird mittels einer Druckwalze in verschiedenen Abständen farbige Druckpaste
aufgetragen und fixiert. Beim Verstrecken
des Kammzugs während des Spinnprozesses verschieben sich die gefärbten und ungefärbten Stellen derartig, dass der Eindruck
eines Melangegarns entsteht. Bei dem Vigoureuxdruck wird die Einzelfaser zebraartig
gestreift. Die daraus in der fertigen Ware resultierende Musterung ist so klein, dass
das Auge nur eine Mischfarbe wahrnimmt;
z. B. aus schwarzen und weißen Streifen ergibt sich Grau. Dagegen vermag das Auge
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Farbgebung in der Färberei
in einem ebenfalls grauen Melange-Artikel
noch die einzelnen weißen und schwarzen
Fasern zu erkennen. Vigoureuxartikel zeigen
also ein ruhiges Warenbild und Melangeartikel ein lebhaftes Warenbild.
4. Färben des Garns. Man unterscheidet folgende
Maschinen zum Färben von Garnen:
a) Stranggarnfärbemaschinen: Das Garn wird
gehaspelt, und die einzelnen Stränge werden
auf Rollen gelegt. Auf diesen Rollen wird das
Material durch das Färbebad gezogen.
b) Spritzfärbemaschinen: Hierbei werden die
Stränge auf ein perforiertes Rohr gelegt,
aus dem die Farbstoffflotte ausströmt und
die Garne anfärbt. In regelmäßigen Abständen werden die Stränge umgelegt, um so ein
gleichmäßiges Anfärben zu erreichen. Bei der
Spritzfärbemaschine ist die Flottenmenge geringer als bei der Stranggarnfärbemaschine.
c) Packzylinder: Es ist auch möglich, die Stränge in einen Packapparat einzulegen und
dann, wie bei Flockefärberei, zu färben.
d) Kreuzspulfärbeapparat (Abb. 2): Die Spulkörper befinden sich auf perforierten Plastikhülsen. Diese Kreuzspulen werden auf perforierte Rohre (Schwerter) aufgesteckt und
dann in einen verschließbaren Behälter gebracht, in welchem die Farbstoffflotte unter
Druck durch die Spulen hindurchgepresst
wird. Auf diesem Apparat kann man auch mit
hohen Temperaturen färben.
5. Färben des Stückes. Es gibt eine ganze Reihe
von Maschinen, mit denen man Flächengebilde
färben kann. Stückfärbeaggregate arbeiten mit
Programmsteuerung über mechanische Systeme oder Mikroprozessoren; dabei läuft der gesamte Färbevorgang programmiert ab.
a) Haspelkufe: Diese Maschine eignet sich für
Qualitäten, die unempfindlich sind gegen
Lauffalten. Die Ware wird bei Kochtemperatur als ein endloser Strang (die beiden Enden
eines Stückes sind aneinandergenäht, nachdem das Stück in die Maschine eingezogen
ist) durch eine Färbeflotte geführt. Dabei sorgt
eine rotierende Haspel für den Transport.
b) HT-Baumfärbeapparat: Bei der Haspelkufe
wird üblicherweise nur eine Temperatur von
100 °C erreicht. Dagegen färbt man in HTBaumfärbeapparaten bei Temperaturen über
100 °C. Die Ware wird dabei auf einen perforierten Zylinder (Baum) gewickelt und in einen verschließbaren Apparat eingefahren.
Die Färbeflotte kann man von innen nach
außen oder von außen nach innen durch den
Warenwickel hindurchpumpen.
c) Jet-Färbemaschine oder Overflow-Maschine: Die Overflow-Maschine (Abb. 3) wurde
speziell für das Färben von Ware entwickelt,
die gegen Zugbeanspruchung empfindlich
ist und auf diesen Apparaten möglichst
spannungsfrei gefärbt werden kann. Bei diesen Maschinentypen werden sowohl Ware
als auch Flotte bewegt. Die Konstruktion
dieser Apparate ist entweder vertikal oder
horizontal. Bei Jet-Färbemaschinen erfolgt
die Flottenbewegung durch Düsen. Die Ware
wird dabei von der Flotte mitgenommen. Bei
den meisten Typen erfolgt zusätzlich auch
noch ein Warenantrieb über eine Haspel.
6. Fully-fashioned-Färberei: Die Fertigteilfärberei
erlaubt schnelle Reaktion auf Modetrends und
Farben (Quick Response) und erfolgt in Trommelfärbemaschinen.
Abb. 2: Färbeapparat für Garnkreuzspulen
9
7
8
2
6
max
5
3
1
min
4
Abb. 3: Färbemaschine für Gewebe in Strangform (KrantzOverflow)
1 – Verweilkammer, 2 – Flottenaustauschrohr, 3 – Umwälzpumpe, 4 – Flottenabsaugung, 5 – Wärmeübertrager,
6 – Flotteneinspritzung, 7 – Einschwemmvorrichtung, 8 –
Ware, 9 – Umlenkhaspel
Literatur:
[1] H. K. Rouette: Färben und Drucken – ITMA-Nachbetrachtung, MTB 84 (2003), S. 977–982
[2] J. Carbonell: Die Färbemaschine muss auch mitspielen,
TV 21 (1986), S. 424
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Farbmetrik und Farbensehen
Farbmetrik und Farbensehen
Farbe ist eine Sinnesempfindung, die dadurch entsteht, dass der remittierte Teil des auf eine Materie auftreffenden Lichts im Auge des Betrachters
eine physiologische Erregung als Farbreiz auslöst, diese Erregung weiter an das Gehirn geleitet
und dort in Farbempfindungen umgewandelt wird.
Dem Farbempfinden des Menschen sind jedoch
Grenzen gesetzt. Der Mensch nimmt lediglich
Licht über einen Wellenbereich von 380–780 nm
auf. Wellenbereiche, die darüber oder darunter liegen, sind für das menschliche Auge nicht sichtbar
(UV-Strahlen unterhalb 380 nm und Infrarotstrahlen
oberhalb 780 nm). Wenn eine Lichtart noch weniger Energie enthält als das rote, so ist das menschliche Auge nicht mehr in der Lage, sie zu sehen.
Man empfindet sie höchstens noch als Wärme auf
der Haut. Ist andererseits eine Strahlung noch energiereicher als Blauviolett, so erkennt man sie
ebenfalls nicht mehr.
Physikalisch gesehen ist eine Substanz dann gefärbt, wenn ein innerer Energieübergang möglich
ist, für den ein Energiebetrag E in Form von Quanten sichtbaren Lichts aufgebracht werden muss.
Die Frequenz ν dieses Lichts ist gegeben durch
E = h · ν oder E = h · c/λ, wobei h die Planck’sche
Konstante ist und c die Lichtgeschwindigkeit. Die
E-Werte, die dem Wellenlängenbereich des sichtbaren Lichts entsprechen, sind von gleicher Größenordnung wie diejenigen, die bei Elektronenübergängen auftreten (Abb. 1).
Abb. 1: Farben im sichtbaren Bereich des Spektrums [1]
In vielen Situationen, wie z. B. Sortieren, Positionieren oder Qualitäts- und Betriebskontrolle, sind
das Erkennen von Farbtönen sowie deren Sättigung, HeIligkeit oder Differenz erforderlich. Oft
greift man hier auf Vergleichsmessungen zurück.
So können industrielle Farbsensoren eine vor der
Messung angelernte Farbe wiedererkennen und
Abweichungen zu dieser beurteilen. Während der
Messung werden aktuelle Werte ständig mit der
Vorlage verglichen, bis eine definierte Identität eintritt. Die Ausgabe der Zustände „identisch“, „nicht
identisch“ oder der abweichenden Werte hängt
vom Nutzer und seiner Applikation ab.
Werden die angelernten Farben durch definierte
Farbwerte mit bekannten Farbkoordinaten erweitert, können entsprechende StützsteIlen im Farbraum angelernt werden. Auf diese Art und Weise
sind auch Farbmessaufgaben im Bereich der angelernten Farben ggf. mit Interpolation unter Beachtung von konstanten Messbedingungen möglich. [2]
Farbdarstellung
Obwohl man in der textilindustriellen Fertigung
nicht auf das geübte Auge des Koloristen verzichten kann, führt die farbmetrische Bestimmung von
Farbabweichungen zu einer größeren Objektivierung des Ergebnisses. Mit der Farbmessung werden Farbeindrücke in Zahlen erfasst und ausgedrückt.
Die Farbsystematik ist für eine anschauliche und
sinnvolle Anordnung der Farben unumgänglich geworden. Deshalb nimmt sie in der Technik eine bedeutende Stellung ein, besonders dann, wenn die
Anordnung auf normierten oder vereinbarten Elementen, die als Ausgangspunkt für eine numerische Bestimmung der Farbe dienen, aufgebaut ist.
Die Kennzeichnung bzw. die Chiffre einer Farbe
muss jedoch allgemeingültig bzw. vom Messsystem unabhängig sein.
Erst im 20. Jh. hat man klar erkannt, dass es drei
grundsätzliche Möglichkeiten gibt, Farben darzustellen, nämlich [3]:
1. Die rein physikalische Darstellung von Spektren, bei denen die Wellenlänge (oder ihr Reziprokwert, die Wellenzahl oder -frequenz) als
Funktion der Intensität oder optischen Dichte
aufgezeichnet wird.
2. Die reizmetrischen Systeme, in denen die Farben in einem dreidimensionalen Raum als Funktion von drei Größen den Farbreizen entsprechen. Sie stehen in einer bestimmten Beziehung
zur Empfindlichkeit der drei Sorten von Zäpfchenzellen, die in der Netzhaut des menschlichen Auges für die Differenzierung der Farben
verantwortlich sind. Dabei werden die Farbreize meistens durch sog. Normfarbwertanteile,
z. B. im System der Internationalen Beleuchtungskommission (Commission Internationale
de l’Eclairage, CIE) durch die Normfarbwertanteile x, y und z quantifiziert, die seit 1931 in einem verbindlichen Farbendreieck (Abb. 2) festliegen.
3. Durch empfindungsmetrische Systeme, die
ebenfalls auf drei Größen basieren, die aber so
gewählt sind, dass im aus diesen drei Größen
entstehenden Farbraum zwei Punkte, die den
gleichen Abstand haben, empfindungsgemäß
als gleich verschieden empfunden werden.
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Farbmetrik und Farbensehen
Weder das physikalische System der Spektren
noch ein reizmetrisches System kann die Aufgabe des Koloristen befriedigend wiedergeben. Dies
ist nur mit einem empfindungsmetrischen System
möglich.
Wehlow hat versucht, die Anzahl der vom Auge
wahrnehmbaren und noch unterscheidbaren Farben hochzurechnen:
Violett
(> 430 nm)
7
Blau
(430–485 nm)
47
Grün
(485–570 nm)
67
Gelb
(570–585 nm)
15
Orange
(585–610 nm)
47
Rot
(> 610 nm)
7
Rund 190 Bunttöne in 20 Sättigungsstufen und
in 300 Helligkeitsstufen ergeben so etwa 1 Mio.
Spektralfarben. Diese Zahl verzehnfacht sich ungefähr durch die möglichen Farbmischungen, d. h.,
es sind 10 Mio. Spektralfarben möglich, welche
das menschliche Auge unterscheiden kann.
y
x
Abb. 2: Im Farbendreieck ist x der Rotanteil, y der Grünanteil und z der Blauanteil. Da x + y + z = 1 ist, werden
nur x und y angegeben.
E – Farbort des energiegleichen Spektrums = Unbuntpunkt
Additive Farbmischung
Weißes Licht ist nicht ein einheitliches Ganzes, sondern besteht aus einem Gemisch verschiedener
Lichtfarben. Infolgedessen muss es auch möglich
sein, aus geeignetem monochromatischem Licht
wieder weißes Licht herzustellen. Bei dieser Addition von Lichtstrahlen genügen Lichtquellen mit den
drei Grundfarben Rot (1), Grün (2) und Blau (3) zur
Erzeugung von weißem Licht, wenn ihre Strahlen
im gleichen Verhältnis, d. h. mit gleicher Intensität,
gemischt werden. Nach der Theorie der additiven
Farbmischung lassen sich aus den drei genannten
Grundfarben alle Farbtöne darstellen. So ergibt die
Addition gleicher Anteile von:
1 + 2 + 3 = Weiß
1+2
= Gelb
1+3
= Purpur
2+3
= Blaugrün
0
= Schwarz
Variiert man die Intensität der Grundfarben, d. h.
mischt man nicht in gleichen Anteilen, erhält man
alle Zwischentöne. Orange entsteht durch Addition von viel Rot und wenig Grün, dunkle Farben
wie Braun erhält man durch Überlagerung aller drei
Grundfarben in ungleichem Verhältnis.
Subtraktive Farbmischung
Die Entstehung von verschiedenen Farbtönen bei
der subtraktiven Farbmischung geschieht durch
aufeinanderfolgende Absorption von Anteilen von
weißem Licht durch geeignete Farbfilter. Die erhaltenen Grundfarben sind hierbei Gelb (1), Purpur (2)
und Blaugrün (3). Gelb entsteht aus weißem Licht
durch Absorption (Subtraktion) von Blau, Purpur
aus Weiß minus Grün und Blaugrün aus Weiß minus Rot. Durch die Kombination dieser Grundfarben als Farbfilter lassen sich weitere Farben erzeugen. So ergibt die Mischung gleicher Anteile von:
1+2
= Rot
1+3
= Grün
2+3
= Blau
1 + 2 + 3 = Schwarz
Am Beispiel Rot lässt sich erläutern, wie sich die
Kombination der einzelnen „Subtraktionen“ vollzieht: Zur Erzeugung von Rot werden Gelb und Purpur gemischt, d. h., es werden vom auftreffenden
weißen Licht die Anteile Blau und Grün subtrahiert.
Die verbleibende Farbe ist Rot. Orange entsteht
wieder, wie alle Zwischentöne, durch unterschiedliche Mischung von Purpur mit wenig Gelb usw.
Die subtraktive Farbmischung ist die bei weitem
häufigere Art der Mischung von Farbtönen. Man
verwendet sie bei allen nicht selbst leuchtenden
Körpern.
Farbenfehlsichtigkeit
Das Farbensehen des Menschen setzt sich aus
zahlreichen Faktoren zusammen. In der guten Kooperation der physikalischen, physiologischen und
psychologischen Vorgänge liegt die Brauchbarkeit
des visuellen Eindrucks für die färberische Praxis. Die optischen Vorgänge sind abhängig von der
Beleuchtung, der Umgebung und vom Beobachtungswinkel.
Im Bereich der Psychologie können das mangelnde Erinnerungsvermögen für Farben, die Schwierigkeit der Registrierung von Farbeindrücken,
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