Informationen, Rezepte, Literaturangaben - Hellenstein
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Informationen, Rezepte, Literaturangaben - Hellenstein
Von der Pflanze zum gefärbten Stoff Viele Pflanzen enthalten Farbstoffe, mit denen Wolle und Seide relativ leicht, dauerhaft und schön gefärbt werden können. Wie kommt man an diese Farbstoffe? Das zerkleinerte Pflanzenmaterial wird in Wasser eingeweicht und ausgekocht. Die Farbstoffe lösen sich dabei im heißen Wasser und man erhält das Farbbad. Durch zahlreiche Experimente muss man herausfinden, welche Pflanzen bzw. Pflanzenteile einen brauchbaren Farbsud liefern. • Bei der Tagetes stecken die gesuchten Farbstoffe in den Blütenblättern, bei den Zwiebeln in den braunen Zwiebelschalen, bei Karotten sind die zum Färben geeigneten Farbstoffe im Kraut, beim Apfelbaum in der Rinde. • Rotkraut und rote Rüben liefern eine sehr intensive Farbbrühe; leider sind die Farbstoffe sehr empfindlich und nicht lichtecht. Der Farbton der Färbungen wird durch die Erntezeit der Pflanzen, ihren Standort, die Wasserqualität und das Material der verwendeten Töpfe beeinflusst. Wie kommt der Farbstoff auf die Faser und bleibt auch dort? Manche Pflanzen, wie Sauerampfer, grüne Walnussschalen oder Berberitzen, enthalten außer den Farbstoffen auch Gerbstoffe und Säuren, die sich beim Kochen ebenfalls aus dem Pflanzenmaterial herauslösen. Mit einer solchen Farbflotte kann direkt gefärbt werden. Direktfärbung Direktfärbung bedeutet, dass die feuchte Wolle in die lauwarme Färbeflotte gelegt wird, dann wird bis zum Sieden erhitzt. Nach etwa einer Stunde ist der Färbevorgang beendet und man lässt die Wolle im Farbbad abkühlen. Danach muss die Wolle noch gespült und zum Trocknen aufgehängt werden. Seide wird entsprechend behandelt, die Temperatur darf aber 80°C nicht übersteigen und die Farbe zieht rascher auf. Beizen Für die Haltbarkeit der meisten Farbstoffe auf der Faser ist es notwendig, die Wolle oder Seide vor dem Färben zu beizen. Dazu wird das feuchte Material in eine heiße Alaun-Lösung gelegt, Wolle wird darin sogar gekocht. Dann verfährt man wie bei der Direktfärbung. Wegerle Projekttage 2010 Hellenstein-Gymnasium Gilbkraut, Wau und der Farbstoff Luteolin Luteolin ist der Hauptfarbstoff des Färberwau Reseda luteola. Er wird aus den oberirdischen Pflanzenteilen, vor allem den Samenhülsen gewonnen. • Die ältesten Samenfunde der Pflanze stammen aus jungsteinzeitlichen Uferbausiedlungen aus dem schweizerischen Alpenvorland. • Die Römer verwendeten den Farbstoff wahrscheinlich zum Färben von Hochzeitsgewändern. • Aus dem Mittelalter stammen Anweisungen zum Gelbfärben und zum Grünfärben mit Hilfe von Waid und Wau. In Yorkshire, Köln und den Niederlanden fand man bei archäologischen Ausgrabungen Reste des Gilbkrautes. • Im 17. Jahrhundert gab es große Wauanbaugebiete in Südengland, der Wau wurde in den Färbereien in London verarbeitet. • Im Hochmittelalter wurde die Pflanze auch im deutschsprachigen Raum kultiviert. Die Farbkraft von Pflanzen aus Südfrankreich und Italien war jedoch viel besser. • Verwendung zum Färben von Seide bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts. Krapp, Färberröte und der Farbstoff Alizarin Alizarin ist der Hauptfarbstoff des Krapp Rubia tinctorum. Er wird aus den Pflanzenwurzeln gewonnen. • Krapp wurde bereits von den Ägyptern verwendet. • Er war zu Beginn unserer Zeitrechnung der wichtigste rote Farbstoff der Römer, mit dessen Anbau bereits damals viel Gewinn erzielt werden konnte. • In der Landgüterverordnung Karls des Großen (747-814) wurden die Verwalter angewiesen auf den karolingischen Höfen auch Krapp anzupflanzen. • Ende des 15. Jahrhunderts lag das Zentrum des Krappanbaus in den Niederlanden. Der Krappanbau war eine Quelle des Reichtums und lieferte einen wichtigen Rohstoff für die flämischen Färber. • Zur Vollkommenheit gelangte die Krappfärbung durch die Türken. In einem komplizierten, Färbevorgang wurde Baumwolle mit Pflanzenölen, Tonerde und Kalk, Krapp, Ochsenblut, Sumach, Galläpfeln und Kreide, Seife und Pottasche behandelt. Man erzeugte so das Türkischrot, ein feuriges lichtechtes Rot. Durch die Einwanderung türkischer und griechischer Färber nach Frankreich gelangte das Geheimrezept im 17. Jh. nach Frankreich. • Der Krappanbau erreichte daraufhin in der Provence und im Elsass eine neue Blüte. Zu Beginn des 18. Jh., nach der Revolution und den Kriegen Napoleons, Wegerle Projekttage 2010 Hellenstein-Gymnasium ging der Krappanbau stark zurück. König Louis-Philippe verordnete daraufhin, die Hosen der französischen Soldaten mit Krapp leuchtend rot zu färben. • Ab 1871 wurde Alizarin synthetisch hergestellt, was zum Ende des Krappanbaus führte. Der Preis von einem Kilogramm Alizarin sank innerhalb eines Jahrzehnt von 270 DM auf 9 DM. Für Frankreich, das zu dieser Zeit noch Krapp im Wert von 25 Millionen Franc exportierte, ein erheblicher wirtschaftlicher Verlust Färberwaid und der Farbstoff Indigo Indigo ist ein Küppenfarbstoff. Die Vorstufe des Farbstoffs ist in verschiedenen Pflanzenarten enthalten, z.B. im europäischen Färberwaid Isatis tinctoria und der indischen Indigoferapflanze Indigofera tinctoria. • Die ältesten Funde stammen aus Ägypten, dort wurde der Farbstoff wurde auf Mumienbinden nachgewiesen. • Germanen und Kelten nutzten den Waid zum Einfärben des Körpers zu kultischen Zwecken oder im Kampf. • In der Landgüterverordnung Karls des Großen (747-814) wurden die Verwalter angewiesen auf den karolingischen Höfen neben Krapp auch Waid anzupflanzen. • Im Mittelalter wurde der Waid großflächig in Thüringen und um Aachen, Köln, Jülich angebaut, auch in Frankreich gab es Waidanbaugebiete. • Die Waidstädte Erfurt, Gotha, Langensalza, Tennstedt und Arnstedt kamen durch den Waidhandel zu beträchtlichem Reichtum. Bis ins 15. Jahrhundert wurde der qualitativ hochwertige Waid in die Tuchgebiete und –Städte exportiert. Er gelangte über den Fernhandel bis Holland, Flandern und England. • Mit der Gründung der Ostindischen Handelsgesellschaft 1602 durch die Holländer begann der Import des ergiebigeren Indigos aus Indien. Damit begann der Niedergang des Waidanbaus. • Die Spanier führten die Indigopflanze in Amerika ein, die Engländer brachten sie nach Nordamerika. Im 17.und 18. Jahrhundert importierte Europa Indigo aus Nordamerika, im 19. Jahrhundert wurde Indien wieder zum Hauptexporteur. Im Jahr 1897 produzierte Indien 8 000 t Indigo. • 1897 gelang es der Badischen Anilin- und Sodafabrik synthetischen Indigo zu einem sehr günstigen Preis anzubieten, damit war die Zeit des natürlichen Indigo vorüber. Wegerle Projekttage 2010 Hellenstein-Gymnasium Grundrezepte Färben von Wolle • Wollstränge vorsichtig abbinden und in lauwarmem Wasser spülen • In die lauwarme Beizlösung geben, zum Kochen bringen und ca. 1 Stunde unter gelegentlichem Bewegen kochen, abkühlen lassen, herausnehmen • In den lauwarmen Farbsud geben, zum Kochen bringen und ca. 1 Stunde unter gelegentlichem Bewegen kochen, abkühlen lassen, herausnehmen und mehrmals lauwarm spülen, zum Trocknen aufhängen Beizlösung • Für 100 g Wolle: 15 g Alaun in 3 l Wasser auflösen Farbsud • Für 100 g Wolle: 200 g getrocknete Farbdrogen (evtl. über Nacht) in 3 l Wasser einweichen, zum Kochen bringen, 1 - 2 Stunden kochen lassen, abkühlen lassen, abgießen Entwicklungsbäder • 4 l warmes Wasser, 2 g Salz (Eisensulfat bzw. Kupfersulfat) darin auflösen, mit gefärbter Wolle zum Kochen bringen, ca. 15 Minuten ziehen lassen, Wolle spülen Färben von Seidentüchern Für ca. 10 Tücher aus leichtem Seidenstoff: Beizlösung • • 100 g Alaun in 10 l ca. 80°C heißem Wasser auflösen gespülte Seidentücher einlegen, 15 Minuten unter häufigem vorsichtigem Bewegen ziehen lassen, abkühlen lassen, herausnehmen Farbsud • 100 - 200 g getrocknete Farbdroge in 10 l Wasser 1 - 2 Stunden auskochen, abgießen, auf 80°C abkühlen lassen, die gebeizten Tücher einlegen, 15 - 30 Minuten unter häufigem Bewegen ziehen lassen, herausnehmen, mehrmals spülen, in Baumwolltücher kurz einwickeln und ausdrücken, trockenbügeln. Wegerle Projekttage 2010 Hellenstein-Gymnasium Literatur Welsch, N. und Liebmann, C. (2006) Farben – Natur, Technik, Kunst. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg. Schweppe, H. (1993) Handbuch der Naturfarbstoffe – Vorkommen, Verwendung, Nachweis. Ecomed Verlagsgesellschaft, Landsberg. Roth, L., Kormann, K., Schweppe, H. 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