Vortrag - Kommunalunternehmen Kliniken und Heime des Bezirks
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Vortrag - Kommunalunternehmen Kliniken und Heime des Bezirks
Fragebögen leicht gemacht – Psychometrie für Nicht-Psychologen Dipl.-Psych. Peter Mattenklodt Schmerzzentrum Was Sie erwartet Was sind psychometrische Tests? Welches sind in der Therapie chronischer Schmerzen die gebräuchlisten Verfahren? Wie wertet man sie aus und interpretiert sie? 2 Was ist ein psychometrischer Test? Psychodiagnostisches Verfahren zur Feststellung und Messung individueller Unterschiede unter standardisierten Bedingungen 3 Gütekriterien psychometrischer Tests Objektivität Ergebnisse unabhängig vom Untersucher Reliabilität Zuverlässigkeit Wie genau misst der Test, was er misst? Validität Gültigkeit Wie genau misst der Test das, was er zu messen vorgibt? 4 Kennzeichen psychometrischer Tests Gebundene Aufgabentypen Auswahl unter vorgegebenen Antworten Normierung Bewertung der individuellen Ergebnisse durch Vergleich mit Normwerten Dies ist kein psychometrischer Test! 5 Depression, Anxiety and Stress Scale (DASS) (DSF S. 7) Erfassung von Depressivität, Angst und individueller Stressbelastung (durch je 7 Items) Berechnen der Skalensummen durch Addition Kritischer Wert (cut off) für Depression: > 10 Kritischer Wert (cut off) für Angst-Störung: > 6 Kritischer Wert (cut off) für erhöhten Stress: > 10 Liegt in 25 Sprachen vor (lizenzfrei!) Skala S (Stress) Skala A (Angst) 6 Skala D (Depression) Auswertung und Interpretation Errechnen der Rohwerte (meist durch Addition) Transformation in Standardwerte T-Werte Prozentränge Vergleich mit Normwerten 7 Bewertung individueller Ergebnisse durch Vergleich mit Normwerten „Wie aufmerksam verfolgen Sie diesen Vortrag?“ SD=+/- 1,7 MW=5,7 35 30 25 20 15 10 5 0 1 8 2 3 4 5 6 7 8 9 ☺ Interpretation von Testergebnissen T-Werte MW=50, Standardabweichung=10 Voraussetzung für Transformation in Standardwerte: Normalverteilung 30 40 50 +/- 1 SD +/- 2 SD 9 60 70 Interpretation von Testergebnissen Prozentrang: Gibt die Rangposition in einer Stichprobe wieder Gibt nicht die Größe der Merkmalsausprägung wieder! Normalbereich: 25 -75 (2. und 3. Quartil) 10 % 10 20 20 20 20 10 Kumulierte % 10 30 50 70 90 100 Schmerzbeschreibungsliste (SBL) Sensorische Schmerzkomponente 11 Affektive Schmerzkomponente Schmerzbeschreibungsliste (SBL) (DSF S. 4) Erfassung der subjektiven Schmerzempfindung 12 Items (Adjektive) Sensorische Schmerzkomponente (Items 1-8) Affektive Schmerzkomponente (Items 9-12) Auswertung Sensorische Items: qualitative sensorische Schmerzbeschreibung ( Informationen für Differenzialdiagnostik einzelner Schmerzsyndrome) Affektive Items: Bildung eines Summenwerts; Grenzwert für erhöhtes affektives Schmerzerleben: Summenwert von 8 (≙ Prozentrang von 75%) 12 Marburger Fragebogen zum habituellen Wohlbefinden (MFHW, DSF S. 6) Erfassung des derzeitigen allgemeinen Wohlbefindens (Ansprechen der positiven Fähigkeiten der Patienten) Eindimensionale Skala liefert Summenwert (max. Wert = 35 besonders großes Wohlbefinden) Cut off-Wert: < 10 13 Gesundheitsbezogene Lebensqualität (SF-12) (DSF S. 13 / Modul L) Erfassung gesundheitsbezogener Lebensqualität (durch 12 Items) Berechnung eines psychischen und körperlichen Summenwerts (EDV-Auswertung) Cut Off-Werte: < 29 Punkte (körperliche Summenskala) < 44 Punkte (psychische Summenskala) 14 Schmerzempfindungsskala (SES) Erfassung der subjektiven Schmerzwahrnehmung 2 Globalskalen: „sensorisch“: Beschreibung der physikalischen Reizeigenschaften „affektiv“: Beschreibung des Leidens am Schmerz Gleichsetzungen mit „organischem“ bzw. „psychisch überlagerten Schmerz“ unzulässig! Bildung der Rohwerte durch Addition SES-affektiv: Items 1-14 SES-sensorisch: Items 15 – 24 15 Pain Disability Index (PDI) Selbstwahrgenommene schmerzbedingte Beeinträchtigung Summenwert Addition der Einzelantworten Gesamtmittelwert Summenwert durch Zahl der beantworteten Items teilen Vorteil: auch bei fehlenden Items möglich 16 Allgemeine Depressions-Skala (ADS) Depressivität Addition der Itemantworten Selten (= 0) bis meistens (=3) Items 4, 8, 12, 16 vor der Addition spiegeln Fehlende Werte Durch Mittelwert ersetzen Richtwert: Cut off = 23 17 SF-36: Gesundheitsbezogene Lebensqualität LQ-Beeinträchtigung durch körperliche Beschwerden und emotionale Probleme 8 Subskalen körperliche / psychische Summenskala Nur Computerauswertung möglich 18 Ergebnisdarstellung SF-36 Bsp.: multimodale Seniorenschmerzgruppe Körperliche Funktion (*) * Psychisches Wohlbefinden Rollenerfüllung emotional * 100,00 90,00 80,00 70,00 60,00 50,00 40,00 30,00 20,00 10,00 0,00 Rollenerfüllung körperlich Soziale Funktion * ** Schmerz Allgemeine Gesundheitswahrnehmung Vitalität ** 19 SF 36 (n=23) * Gruppenanfang Gruppenende Bevölkerung Deutschland Fragebogen zur Erfassung der Schmerzverarbeitung (FESV) Erfassung Schmerzbewältigungsrepertoire schmerzbedingte psychischen Beeinträchtigungen 3 Grundkomponenten / je 3 Einzeldimensionen Behaviorale Schmerzbewältigung Kognitive Schmerzbewältigung Schmerzbedingte psychische Beeinträchtigung Auswertung: Addition der Einzelantworten in den 9 Einzeldimensionen 20 FESV-BW: Erfassung des Schmerzbewältigungsrepertoire (Ausschnitt) 21 FESV-BE: schmerzbedingte psychische Beeinträchtigung (Ausschnitt) 22 Gertraud W. (55): Psychometrie prä/post-Vergleich Fragebogen zur Schmerzverarbeitung (FESV) prä Nach 5-wöchiger multimodaler Therapie 20 Handlungsplanungskompetenz Kognitive Umstrukturierung Kompetenzerleben Mentale Ablenkung Gegensteuernde Aktivitäten Ruhe- und Entspannungstechniken Schmerzbedingte Hilflosigkeit / Depression Schmerzbedingte Angst Schmerzbedingter Ärger 23 30 40 T-Werte 50 60 70 80 Chronic Pain Acceptance Questionnaire – deutsche Fassung (CPAQ-D) Erfassung von Akzeptanz im Umgang mit chronischen Schmerzen Zwei Subskalen: Aktivitätsbereitschaft: Fortführung alltäglicher Aufgaben und Freizeitaktivitäten in gewohnter Weise trotz Schmerzen Schmerzbereitschaft: Tendenz, Schmerzen vermeiden oder kontrollieren zu wollen Auswertung: Bildung des Summenwerts für jede Subskala AB-Skala (10 Items): max. 60 Punkte SB-Skala (8 Items): max. 58 Punkte Bilden eines Gesamtwerts der Schmerzakzeptanz über alle Items hinweg möglich (Wertebereich zwischen 0 – 108 Punkte) 24 Aktivitätsbereitschaft Schmerzbereitschaft 25 Fear-Avoidance-Beliefs-Questionnaire – deutsche Fassung (FABQ-D) Erfassung der Überzeugungen über den Zusammenhang von Aktivität/Belastung mit Rückenschmerzen (16 Items) Subskalen FABQ1 (Item 1-5): Zusammenhang mit körperlicher Aktivität FABQ2 (Item 6-7, 9-11): Verursachung durch Arbeit FABQ3 (Item 12-16): Prognostik der Arbeitswiederaufnahme Berechnen der Skalensummen durch Addition Kritischer Wert für FABQ1: > 18 Kritischer Wert für FABQ2: > 14 Kritischer Wert für FABQ3: > 12 Bilden eines Gesamtwerts FABQ-total möglich 26 Fear-Avoidance-Beliefs-Questionnaire – deutsche Fassung (FABQ-D) Zusammenhang mit körperlicher Aktivität (FABQ1) Verursachung durch Arbeit (FABQ2) Prognose Arbeitswiederaufnahme (FABQ3) 27 Empfehlung Schmerzempfindung SBL (SES) Schmerzbeeinträchtigung PDI Depression, Angst, Stress DASS (HADS) gesundheitsbezogene Lebensqualität SF-12 (SF-36) Wohlbefinden FW7 Schmerzbewältigung multimodal FESV Schmerzakzeptanz multimodal CPAQ-D Fear-Avoidance-Beliefs Rückenschmerz FABQ-D 28 DSF Grenzen und Probleme von Fragebögen Erfasst individuelle Sichtweise (keine „objektiven Fakten“) Erfassung der Individualität nur begrenzt möglich Kulturelle, sprachliche und kognitive Grenzen Testverfälschungen Selbstdarstellung Soziale Erwünschtheit Antworttendenzen Motivationsmangel Patient füllt Fragebogen nicht selbst aus (ältere Patienten!) 29 „Und meine letzte Frage: Trägt jemand in Ihrer Familie einen Pelzmantel?“ Hinweise für die Praxis Test kurz erläutern und vorstellen Einsatz des Tests begründen Möglichkeit schaffen, Fragen zu stellen Rückmeldung über die Ergebnisse geben 30 Zusammenfassung Effiziente und zuverlässige Verfahren zur Erfassung der Sichtweisen des Patienten Unverzichtbar zur Therapie-Evaluation und -forschung Einsatz und Interpretation erfordern psychologische Kenntnisse (und Handbücher!) Psychometrische Verfahren sind eine Ergänzung (und kein Ersatz) für eine psychologische Evaluation 31 Download als pdf-Datei 32 Danke für Ihre Aufmerksamkeit! Dipl.-Psych. Peter Mattenklodt Schmerzzentrum Universitätsklinikum Erlangen Krankenhausstr. 12 91054 Erlangen [email protected] http://www.schmerzzentrum.uk-erlangen.de 33