Die schmutzigen Stiefel - Christus
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Die schmutzigen Stiefel - Christus
Predigt von Pfr. Ralf Krust – Hardtheim-Höpfingen am 15. Juni 2008 // 4. Sonntag nach Trinitatis 2008 Thema: Rache ist süß Text: Römer 12, 17-21 Vergeltet niemals Unrecht mit neuem Unrecht. Seid darauf bedacht, allen Menschen Gutes zu tun. Soweit es irgend möglich ist und von euch abhängt, lebt mit allen Menschen in Frieden. Liebe Freunde, denkt daran, dass es nicht eure Sache ist, euch selbst Recht zu verschaffen. Überlasst dieses Urteil vielmehr Gott, denn er hat gesagt: „Es ist allein meine Sache, das Urteil zu fällen. Ich werde alles vergelten.“ Handelt so, wie es die Heilige Schrift von euch verlangt: „Wenn dein Feind hungrig ist, dann gib ihm zu essen; ist er durstig, gib ihm zu trinken. So wirst du 'feurige Kohlen auf seinem Haupt sammeln', du wirst ihn überwinden.“ Lass dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse durch das Gute. Liebe Gemeinde, als ich den Konfirmandinnen und Konfirmanden am Mittwoch erzählt habe, dass ich am Sonntag über Rache predigen werde, sind sie plötzlich ganz aufmerksam geworden. Das hat seinen Grund darin, dass jeder schon mal von der Rache betroffen war, sei es als Opfer oder Täter. Das liegt daran, dass Rache scheinbar einen Lustgewinn gibt, wenn wir das Sprichwort: „Rache ist süß“ betrachten. Und weiter halten wir es doch für unser Gutes recht, wenn wir uns rächen. Letzten Monat war eine interessante Spalte in „Spektrum der Wissenschaft Mai 2008“: Rache ist süß, aber zahlt sich nicht aus, heißt es dort und es wird die Zusammenarbeit einer Gruppe untereinander untersucht. Rache steigert die Zusammenarbeit nicht, ja sie lohnt sich nicht einmal, hört selbst: „Man sollte annehmen, dass die Kooperationswilligkeit steigt, wenn Teilnehmer die Chance erhalten, sich für unsolidarisches Verhalten zu rächen. Allerdings schädigt die Strafe gemäß solchen Spielmodellen nicht nur den Kontrahenten, sondern kostet auch den Strafenden etwas. Rache gibt es nicht umsonst. Wer als Michael Kohlhaas unterwegs ist, der verzichtet auf ruhiges Leben und geregeltes Einkommen.“ Wer jetzt meint, nun haben wir es wissenschaftlich, dass sich Rache nicht lohn, der hat die Natur der Rache nicht erkannt, sie ist wie schon gesagt süß, und so lassen sich die Rachsüchtigen von allen logischen Argumenten von Nachteilen nicht abhalten, nur um dieses süße Gefühl auszukosten. Es muss doch noch andere Gründe geben, warum die Bibel uns auffordert, nicht Böses mit Bösem zu vergelten, sondern stattdessen Gutes zu tun. Paulus führt drei weitere Argumente an, warum wir uns nicht selber rächen sollen. 1. Ein Befehl von höchster Stelle: Rache ist die Sache Gottes 2. Des Weiteren ist es Paradox aber wahr: Wir „bestrafen“ die Gegenseite am meisten, wenn wir ihr Gutes tun 3. Weiter werde ich zu einem Spielball der Rache: Wenn wir uns der Rache hingeben, regiert die Rache uns Ein Befehl von höchster Stelle: Rache ist die Sache Gottes Schon im fünften Buch Mose sagt Gott: «Es ist allein meine Sache, das Urteil zu fällen. Ich werde alles vergelten.» Hier auf dieser Erde wird dies nur unvollständig und bruchstückhaft geschehen. Es ist heute weithin aus dem Blick gekommen, dass wir uns nach unserem Tod alle einmal vor Gott verantworten müssen. Groß und Klein, Arm und Reich, Täter oder Opfer alle werden vor Gott in diesem letzen Gericht stehen und sich für ihre Taten und für ihre Beweggründe verantworten müssen. Und dann wir des vor allem gerecht zugehen, denn Gott kennt jeden einzelnen besser als er sich selber kennt. Wenn ich diesem Befehl Gottes gehorche verzichte ich nicht auf Rache an sich, ich gebe sie ab und verzichte darauf sie selber auszuführen. Wenn ich die Rache an Gott abgebe, dann gebe ich auch die negativen Gefühle ab, die wie Rost in mir nagen und mein inneres vergiften. Ich gebe die negativen Belastungen ab, die wie ein Rücksack mit mir herumtrage und mein leben hemmen und behindern. Ich gebe die zerstörten Beziehungen ab und muss nicht mir überlegen: mit dem kann ich noch, der andere ist aber für mich gestorben. Wenn ich also die Rache abgebe, dann führt das dazu, dass ich dass ablege, was mein Leben vergiftet und belastet und ich so freier leben kann. Rache ist nicht süß, sondern Rache ist Gottes Sache. Des Weiteren ist es Paradox aber wahr: Paradox aber wahr: Wir „bestrafen“ die Gegenseite am meisten, wenn wir ihr Gutes tun. Sich nicht rächen bedeutet nicht, dass ich dem Bösem keine Grenzen setze. Ich brauch mir nicht alles gefallen lassen. Ich kann und darf dem anderen in aller Liebe und Konsequenz sagen, dass sein Verhalten nicht in Ordnung ist, das ist keine Rache. Wenn wir Gutes tun, weckt das in uns positive Gefühle. Und es führt bei dem anderen zu einer ganz interessanten Reaktion, wie wir hier lesen: „Handelt so, wie es die Heilige Schrift von euch verlangt: «Wenn dein Feind hungrig ist, dann gib ihm zu essen; ist er durstig, gib ihm zu trinken. So wirst du 'feurige Kohlen auf seinem Haupt sammeln', du wirst ihn überwinden.»“ Feurige Kohlen auf seinem Haupt sammeln bedeutet nicht, dass ich beim nächsten Grillen die die glühenden Holzkohlen auf den Kopf des anderen lege. Das kann es schon deswegen nicht sein, weil ich dem anderen ja gutes tun soll. Nein, das mit den feurigen Kohlen ist übertragen gemeint: dem anderen wird es von dem Guten so heiß werden, dass er sein Verhalten ändert und Reue zeigt. Wenn das passiert, dann habe ich viel mehr gewonnen, als durch Rache je möglich wäre. Ich habe die Möglichkeit für eine ganz neue, positive Beziehung geschaffen. Rache dagegen ist nicht süß, sondern Rache zerstört Beziehungen, die Beziehung mit Gott, weil ich mich gegen seine Aufforderung und Gebot stelle und die Beziehung mit Menschen, weil die Rache mehr kaputt schlägt als unter dem Strich dabei rauskommt. Weiter werde ich zu einem Spielball der Rache: Wenn wir uns der Rache hingeben, regiert die Rache uns. Das ist so ähnlich wie bei einer Sucht. Der Süchtige meint, dass er das Suchtmittel in der Hand hat, aber in Wirklichkeit hat ihn die Sucht am Wickel. Die Rache ist eine Sache, wenn Menschen ihm freien Lauf lassen, dann ist sie so berauschend, dass viele nicht mehr damit aufhören können. Das sehen wir in der Novelle Michael Kohlhass von Kleist, der gegen ein erlittenes Unrecht rechtlich nicht ankommt und dann versucht sich selbst zu rächen. Er verliert durch diesen Rachefeldzug zuerst seine Frau und dann selbst sein Leben. Hier wird deutlich, wie selbst geübte Rache buchstäblich zum Tod führen kann. Gott dagegen möchte, dass wir leben und so nimmt er uns die Rache aus der Hand, um uns vor uns selbst zu schützen, so wie es hier heißt: „Lass dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse durch das Gute.“ Rache ist nicht süß, sondern Rache zerstört mich, Vergebung schenkt neues leben, so wie folgende Geschichte zeigt: Der Evangelist Dapozzo erzählt: „Jahrelang habe ich um meines Glaubens willen in einem deutschen Konzentrationslager gelitten. Ich wog nur noch 45 Kilogramm, und mein ganzer Körper war mit Wunden bedeckt. Mein rechter Arm war gebrochen und ohne ärztliche Behandlung gelassen. Am Weihnachtsabend 1943 ließ mich der Lagerkommandant rufen. Ich stand mit bloßem Oberkörper und barfuss vor ihm. Er saß an einer reich gedeckten, festlichen Tafel. Stehend musste ich zusehen, wie er sich die Leckerbissen schmecken ließ. Da wurde ich vom Bösen versucht: ‚Dapozzo, glaubst du immer noch an den 23. Psalm: Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde, du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang!' Im stillen betete ich zu Gott und konnte dann antworten: ;Ja, ich glaube daran!' Der Kellner brachte Kaffee und ein Päckchen Kekse. Der Lagerkommandant aß sie mit Genuss und sagte zu mir: ‚Ihre Frau ist eine gute Köchin, Dapozzo!' Ich verstand nicht, was er meinte. Er erklärte es mir: ‚Seit Jahren schickt Ihre Frau Pakete mit kleinen Kuchen, die ich immer mit Behagen gegessen habe.' Wieder kämpfte ich gegen die Versuchung an. Meine Frau und meine vier Kinder hatten von ihren ohnehin kargen Rationen Mehl, Fett und Zucker gespart, um mir etwas zukommen zu lassen. Und dieser Mann hatte die Nahrung meiner Kinder gegessen. Der Teufel flüsterte mir zu: ‚Hasse ihn, Dapozzo, hasse ihn!' Wieder betete ich gegen den Hass an um Liebe. Ich bat den Kommandanten, wenigstens an einem der Kuchen riechen zu dürfen, um dabei an meine Frau und meint: Kinder zu denken. Aber der Peiniger gewährte mir meine Bitte nicht. Er verfluchte mich. Als der Krieg vorüber war, suchte ich nach dem Lagerkommandanten. Er war entkommen und untergetaucht. Nach zehn Jahren fand ich ihn schließlich und besuchte ihn zusammen mit einem Pfarrer. Natürlich erkannte er mich nicht. Dann sagte ich zu ihm: ‚Ich bin Nummer 17531. Erinnern Sie sich an Weihnachten 1943?' Da bekam er plötzlich Angst. ‚Sie sind gekommen, um sich an mir zu rächen?' ,Ja: bestätigte ich und öffnete ein großes Paket. Ein herrlicher Kuchen kam zum Vorschein. Ich bat seine Frau, Kaffee zu kochen. Dann aßen wir schweigend den Kuchen und tranken Kaffee. Der Kommandant begann zu weinen und mich um Verzeihung zu bitten. Ich erzählte ihm, dass ich ihm um Christi willen vergeben hätte. Ein Jahr später fanden dieser Mann und seine Frau zum Glauben an Jesus Christus“ Es wird schwierig bleiben, dass süße Gefühl der Rache zu unterdrücken, denn es ist ein starkes Gefühl. So brauchen wir die ganze Hilfe der Gründe, fassen wir Schluss noch einmal zusammen: Wie der Artikel in Spektrum der Wissenschaft zeigt, ist es unvernünftig sich zu rächen. Wenn das Schema der Rache nicht durchbrochen wird, werden aus Opfern der Rache wieder Täter, die sich rächen. So nährt sich die Rache selber und der Kreislauf wird erst unterbrochen, wenn wir die Rache an Gott abgeben. Gott selber wird uns beim Abgeben helfen. Wenn ich aus Rache meine positiven Gefühle ziehe, darf ich nie vergessen. Die Kosten sind hoch bis sogar tödlich, Die Rache verstellt sich, um uns zuerst mit dem schönen süßen Gefühl zu locken und dann fertig zu machen. Auch Gutes tun weckt in uns positive Gefühle und zwar ohne uns im Nachhinein fertig zu machen. Auf Rache zu verzichten festigt unser Gefühlsleben enorm. Und nicht zuletzt ist Gott ist Rechtsbeistand, er wird vergelten. Ihm darf ich all das abgeben, was Probleme macht und ihm darf ich sagen, wo mir Unrecht geschehen ist. Er hört es und vor allem, er kümmert sich darum. Nichts ist besser, als Gott als Rechtbeistand an seiner Seite zu haben. Schließen will ich mit dem letzen Satz unseres Textes: „Lass dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse durch das Gute.“ Amen.