süss? Ist Rache - EMK Bülach–Oberglatt

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süss? Ist Rache - EMK Bülach–Oberglatt
Predigt über Römer 12,17-21
THEMA: "SÜSSER ALS RACHE"
Pfr. Daniel Eschbach am 20.07.2014 in der EMK Bülach
Liebe Gemeinde,
‚Rache ist süss!‘ Das behauptet jedenfalls der Volksmund. Und viele Menschen sind geneigt,
das zu glauben. Im Kino jedenfalls hat der einsame Rächer, der Selbstjustiz übt, der eine Verbrecherbande verfolgt und bis zum letzten Mann zur Strecke bringt unsere volle Sympathie. In
seinem Roman ‚der Graf von Monte Christo‘ hat Alexandre Dumas einen solchen Rächer zum
Helden gemacht. Viele begeisterte Leser seines Buches mögen dessen Rachefeldzug zwar
hart, ja sogar brutal finden. Aber es scheint ihnen gerecht, dass einer, dem so übel mitgespielt
wurde, es allen heimzahlt, die ihn ins Unglück gestossen haben ( Dass die Rachegefühle den Helden selbst innerlich zerfressen und kaputt machen, wie der Schriftsteller mindestens andeutet, entgeht
dabei den meisten LeserInnen) – Der Roman ist zwar bald 200 Jahre alt. Er scheint aber auch
heute noch das Empfinden der Volksseele zu treffen. Immerhin basiert eine der erfolgreichsten
amerikanischen TV-Serien der Gegenwart auf dem Grafen von Monte Christo: ‚Revenge‘ (
‚Rache‘) mit Emily Vancamp in der Hauptrolle. Dort ist es eine junge Frau, die an den Ort ihrer
Kindheit zurückkehrt und sich nach und nach an allen rächt, die dazu beigetragen haben, dass
ihr Vater unschuldig ins Gefängnis geriet (und dort später ermordet wurde). Ihre Mutter erkrankte
nämlich deswegen psychisch und sie selbst musste ihre Kindheit und Jugend in Heimen verbringen. Das zahlt Amanda Clarke alias Emily Thorne nach und nach allen Mitverantwortlichen
heim. – Ist Rache süss? Ist Rache ein Weg, um über eine zerstörte Jugend hinwegzukommen?
Für viele Leute ist Rache eine Lösung … oder jedenfalls eine ernsthaft zu erwägende Alternative. Zuletzt ist mir bei den Berichten rund um die Fussball-WM aufgefallen, wie oft das Wort Rache eine Rolle spielte. Immer wieder wurde in Vorschauen auf Spiele aufgezählt, welche Mannschaft noch eine offene Rechnung hatte, Ereignisse aus früheren Spielen oder WM’s zu vergelten hatte. Ob das für die Spieler selbst auch wichtig war, wage ich zwar zu bezweifeln. Sie denken in der Hitze des Gefechts vor allem an den nächsten Sieg und lassen sich auf dem Weg
dahin allenfalls noch zu einem Revanche-Foul hinreissen. Aber für Journalisten und Fans war
Rache offenbar auch in grösseren zeitlichen Zusammenhängen immer wieder ein sehr wichtiges Thema.
Ihre Begründung dafür lautet: ‚Rache ist süss.‘ Wieviel Überzeugungskraft diese Volksweisheit
hat, kann man auch im Internet ablesen. Ohne lange zu suchen findet man dort endlos Tipps für
genüssliche Rache. Schütte deinem Feind Milch in den Tank! Fülle seinen Briefkasten mit einem Hundehaufen! Oder ruf mitten in der Nacht beim Pizzaservice an, bestell auf seinen Namen Pizza…. Und dazu wird versprochen: Du wirst es wahnsinnig geniessen, wenn du es dem
anderen heimzahlen kannst. Nichts auf der Welt macht dich so zufrieden wie das. Es wird freilich auch gewarnt: Pass auf, dass dir keiner auf die Schliche kommt. Sei vorsichtig. Handle
niemals spontan. Plane deinen Rachefeldzug von langer Hand. Ruiniere deine Feinde! Mach es
richtig professionell.
Süss ist Rache freilich deswegen noch lange nicht. Im Gegenteil. Sie ist gefährlich. Sie richtet
viel Schaden an und zerstört menschliche Gemeinschaft so ‚wirkungsvoll‘ wie sonst vielleicht
nichts. Das wohl erschütterndste aktuelle Beispiel dafür ist die Ermordung des palästinensischen Teenagers Mohammed Abu Chder durch jüdische Jugendliche anfang dieses Monats. Es
eine Reaktion zugleich blinder und eiskalt berechnender Wut auf die genauso zu verurteilende
Entführung und Ermordung dreier junger Israelis einige Tage zuvor … die ihrerseits wohl Rache
für ein noch früheres Ereignis war. Geholfen hat alles gar nichts. Im Gegenteil: Die Region sind
jetzt noch viel weiter weg von der Möglichkeit eines friedlichen Zusammenlebens, als sie es eh
schon war. Diese Racheakte haben einen neuen Gewaltausbruch provoziert und damit unzählige neue Gründe für die nächsten Vergeltungen kreiert. Womit das Hauptproblem von Rache
auch schon genannt wäre: Sie beschleunigt die Spirale der Gewalt. Und es hört nie auf, solange keiner aussteigt. Nur wenn Rache keine Option mehr ist, kann es irgendwann besser wer-
den. Solange das Gesetz der Rache herrscht, wird das zwischenmenschliche Klima verpestet,
kann keiner jemals aufschnaufen und das Miteinander der Menschen wird ganz zerstört.
Beeindruckt hat mich übrigens ein Statement des jüdischen Rabbiners David Bollag im Jüdischen Wochenmagazin tachles. Als Reaktion auf die Ermordung des Palästinensers Mohammed Abu Chder
schreibt er: (Noch) letzte Woche war ich sehr stolz, jüdisch zu sein. Doch jetzt schäme ich mich … Ich
schäme mich und bin enttäuscht, dass ich gezwungen bin zu realisieren und akzeptieren, dass jüdische
Jugendliche fähig sind, einen unschuldigen Menschen auf grausamste Art umzubringen. Bis heute haben wir angenommen, dass die jüdische Ethik es nicht zulässt, dass Juden so morden. Doch jetzt müssen wir zugeben, dass wir uns getäuscht haben. Wir haben da offensichtlich versagt. Wir als Eltern, als
Lehrer wie auch als Rabbiner. Deshalb müssen wir schnellstens etwas ändern. Wir müssen uns selbst
und unseren Kindern – wie auch unserer Umwelt – gegenüber wie von Neuem beibringen und erklären,
dass es aus jüdischer Sicht absolut falsch ist, aus Rachsucht und Hass einen anderen Menschen umzubringen. Es ist total falsch. – Als Begründung schreibt er später u.a.: Für jüdische Ethik steht der Wert
des menschlichen Lebens an höchster Stelle. Alle anderen Vorschriften müssen missachtet werden,
wenn es darum geht, das Leben eines Menschen zu retten.
Und damit komme ich nach dieser langen Einleitung schliesslich zum Predigttext, der mein
Nachdenken über Rache ausgelöst hat. Es sind Sätze des Apostels Paulus, der selbst weiss,
dass Rache alles andere als süss ist. Seine Ratschläge an die Gemeinde in Rom – die übrigens
nicht von einem aktuelle Rachefeldzug seiner Zeit ausgelöst sind, sondern schlicht die grundsätzliche Haltung von Christen beschreiben wollen (schliesslich schreibt Paulus den Röm, weil er
sich den Christen in Rom vorstellen will) – klingen so:
Vergeltet Böses nicht mit Bösem. Habt den anderen Menschen gegenüberstets nur Gutes
im Sinn. Lebt mit allen Menschen in Frieden – soweit das möglich ist und es an euch liegt.
Nehmt nicht selbst Rache, meine Lieben. Überlasst das vielmehr dem gerechten Zorn
Gottes. In der Heiligen Schrift steht ja: "'Die Rache ist meine Sache, ich werde Vergeltung
üben' – spricht der Herr." Im Gegenteil: "Wenn dein Feind Hunger hat, gib ihm zu essen.
Wenn er Durst hat, gib ihm zu trinken. Wenn du das tust, ist es, als ob du glühende Kohlen
auf seinem Kopf anhäufst." Lass dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das
Böse durch das Gute!
Römer 12,17-31 (Basis-Bibel)
Feurige Kohlen auf dem Haupt, das ist ein alter ägyptischer Brauch. Wer sich schämte für etwas, was er getan hatte, der lief mit einem Becken voll glühender Kohlen auf dem Kopf herum.
Wie lange, wissen wir nicht mehr. Lange kann man das nicht aushalten. Dass Scham etwas mit
Feuer zu tun hat, wissen wir immer noch. Manchmal werden wir schamrot. Es wird uns ganz
heiss. Wir spüren, dass es nicht recht war, was wir getan haben, dass wir damit Schaden angerichtet haben. Wir schämen uns.
Tu etwas, was deinen Feind überrascht, schlägt Paulus vor, etwas, womit er ganz und gar nicht
gerechnet hat. Er bewegt sich damit ganz auf der Linie von Jesus, der in der Bergpredigt u.a.
vorgeschlagen hat, die andere Backe hinzuhalten, wenn man eine Ohrfeige erhält. Man solle
nicht einmal auf dem beharren, wozu man das Recht habe, sagte Jesus. Und Paulus schliesst
sich an und rät: Tu etwas, was deinen Feind überrascht. Vielleicht wird er sich dann schämen.
Vielleicht wird er sich ändern. Im besten Fall wird aus einem Feind ein Freund. Eine Erfolgsgarantie gibt es zwar nicht. Aber versuch es doch wenigstens. So weit es an dir liegt, suche den
Frieden. Suche den Frieden. Nicht, indem du alles laufen lässt. Nicht, indem du alles herunterschluckst. Nein, mische dich ein, so phantasievoll wie möglich. Tu etwas Gutes – etwas, was
dem Frieden dient.
Das ist ausserordentlich viel verlangt! Wir schwimmen in unserer Gesellschaft gegen einen riesigen, mächtigen Strom, wenn wir Paulus und Jesus folgen. Immerhin ist ja unser ganzes
Rechtssystem auf dem Grundsatz der Vergeltung ( Auge um Auge, Zahn um Zahn) aufgebaut. Wer Paulus und Jesus folgen will, kommt nicht umhin, im Blick auf sich selbst sein ganzes
Gerechtigkeitsempfinden über Bord zu werfen. Denn: Wer auf Vergeltung verzichtet, bemüht
nicht die Gerichte, um zu seinem Recht zu kommen. Wer nicht Rache üben will, schreit nicht
nach der 'gerechten Strafe' für die Täter, sondern sucht zu verstehen, wie das Böse wachsen
konnte. Und dann tut er vielleicht gar einen Schritt auf den Gegner zu in der Hoffnung, ähnliches in Zukunft vermeiden zu helfen. "Vergeltet nicht Böses mit Bösem, sondern seid auf Gutes
bedacht gegenüber jedermann!" Christen sind nicht die Buchhalter der Gerechtigkeit. Sie berechnen nicht, was ihnen ihre Mitmenschen schulden. Sie fordern solche Schulden auch nicht
ein. Christen sind keine Buchhalter, sondern sie verschenken Liebe und Zuwendung ohne
Angst vor möglichen Verlusten.
'Vergeltet nicht Böses mit Bösem!' Die konkrete Auslegung dieses Satzes von Paulus stammt
von Jesus selbst. Sie steht in der Bergpredigt ( Mt 5,39ff): "Ich sage euch, dass ihr nicht widerstreben sollte dem Übel, sondern: wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete
die andere auch dar. Und wenn jemand mit dir rechten will und dir deinen Rock nehmen, dem
lass auch den Mantel. Und wenn dich jemand nötigt, eine Meile mitzugehen, so geh mit ihm
zwei. Gib dem, der dich bittet, und wende dich nicht ab von dem, der etwas von dir borgen will:"
So sieht Verzicht auf Vergeltung konkret aus.
Das wäre wirklich süss. Viel süsser jedenfalls als Rache. Denn Feindschaften zu überwinden,
das befriedigt wirklich. Und wie das geht, dazu sollte man Tipps verbreiten und Erfahrungsberichte und Geschichten.
Statt jetzt lange die Worte des Predigttextes umzudrehen und zu erläutern ( ist ja nicht nötig, weil
wir wohl besser verstehen, was Paulus meint, als uns manchmal lieb ist), will ich zwei Geschichten
von der Überwindung von Feindschaft erzählen:
Zunächst die Geschichte von Phyllis und Aisha. Beide sind Mütter. Phyllis hatte einmal einen
Sohn: Greg. 35 Jahre war er alt. Er hat im World Trade Center gearbeitet, im 103. Stockwerk.
Am 11. September 2001 ist er dort verbrannt, zusammen mit beinahe 3000 anderen Menschen.
Aisha hat auch einen Sohn, Zacarias. Der sitzt jetzt im Gefängnis. Er hatte sich für diese Attentate vorbereitet, wollte eigentlich mitmachen. Aber ein paar Tage vorher ist er ertappt worden
und verhaftet worden. Seine Mutter Aisha hatte von seinen Taten nichts gewusst. Sie hatte
schon lange keinen Kontakt mehr zu ihm gehabt. Sie schämte sich für ihren Sohn. Sie wollte
Angehörige von Menschen kennenlernen, die durch die Attentate gestorben sind. Sie wollte
ihnen ihr Mitgefühl ausdrücken. So fand sie Phyllis. Die beiden lernten sich kennen. Sie erzählten einander von ihren Söhnen. Sie weinten miteinander. Im Laufe der Zeit wurden sie zu
Freundinnen. Und dann kam der Gerichtsprozess gegen Zacarias. Der Staatsanwalt plädierte
auf Todesstrafe. Aber 35 Angehörige von Opfern wurden zu Fürsprechern für ihn. Er war ja
nicht beteiligt, plädierten sie. Er war ja schon im Gefängnis, als die Attentate passiert sind. Und
außerdem: Unsere Angehörigen werden dadurch nicht wieder lebendig, dass er stirbt. Vergeltung hilft niemandem. Was wir brauchen, ist Versöhnung. Auch Gregs Vater hat ein solches
Plädoyer gehalten. Dieser Einsatz hatte Erfolg. Zacarias blieb am Leben. Er hat jetzt eine lebenslange Gefängnisstrafe. Und seine Mütter arbeiten miteinander für Versöhnung, nicht nur in
ihrem privaten Umfeld, sondern auch in der Öffentlichkeit. Im vergangenen Jahr haben sie beide dafür einen Preis bekommen. Zwei bewundernswerte Frauen, die gegen die Feindschaft arbeiten und für den Frieden. Leicht ist es nicht, harmlos ist es nicht, man wird nicht von allen dafür gelobt. Ganz im Gegenteil. Trotzdem ist es möglich. Diese beiden machen es vor.
Eine zweite Geschichte zum Thema habe ich im alten Vorlesebuch Religion, dem 1.Band aus
dem Jahr 1971, gefunden: Die Geschichte vom Eismann.
Es war bei einem Schulausflug. Am Ende eines langen, heißen Tages. Kurz vor der Rückfahrt
kauften sich viele noch ein Eis. Die Schlange am Eisbüdchen war lang. Endlich kam Jens dran.
„Drei Kugeln Nuss mit Sahne!“ Der Eismann füllte die Waffel. Jens nahm das Geld aus dem
Geldbeutel. „Antonio, hier ist Nachschub! 20 Pakete H-Milch!“ Der Eismann schaute auf den
Lieferanten, und das war die Gelegenheit für Jens. Blitzschnell schnappte er die Waffel und lief
weg. Das Geld hatte er immer noch in der Hand. Schnell lief er zum Bus. Das Herz klopfte ihm
bis zum Hals. Unterwegs verlor er einen Teil von dem Eis. Jens stieg in den Bus. Zum Glück
hatte der Lehrer wohl nichts bemerkt, er sagte nichts. Aber einer von den Schulkameraden hatte alles beobachtet. Als er eine Bemerkung machte, sagte Jens: „Diese Italiener, das sind sowieso Schlitzohren! Und außerdem – was macht das schon?“ Bald darauf fuhr der Bus los.
Dummerweise fuhr er an der Eisbude vorbei. Und plötzlich sprang der Eismann vor den Bus,
gestikulierte ganz aufgeregt mit den Händen. Der Fahrer hielt an. Die Tür wurde geöffnet. Der
Eismann sagte zum Lehrer: „Ein Junge, ich habe ihn erkannt, ganz, ganz wichtig!“ Der Lehrer
ließ ihn hinein. Suchend ging der Eismann durch den Bus. Jens duckte sich. Am liebsten wäre
er in den Erdboden versunken. Aber keine Chance. Der Eismann entdeckte ihn. Aufgeregt redete und gestikulierte er, zum Teil italienisch, zum Teil deutsch. Er kramte in seiner Hosentasche und zog einen Geldbeutel heraus. Den Geldbeutel von Jens. „Hier, dein Geldbeutel. Damit
du nächstes Mal bezahlen kannst dein Eis“, sagte der Eismann und gab ihm den Geldbeutel zurück. Dann sagte er zum Lehrer: „Entschuldigung – keine Zeit mehr – muß Eis verkaufen!“ Der
Eismann stieg aus, der Bus fuhr weiter. Jens steckte den Geldbeutel ein. Er schämte sich. Und
an jenem Tag traf er eine Entscheidung: „Niemals mehr werde ich jemanden um sein ehrlich
verdientes Geld betrügen!“
Gutes kann das Böse überwinden. Nur das Gute hat solche Kraft. Böses kann das nicht. Wer
Böses mit Bösem vergilt, der wird selber vom Bösen infiziert. Seine Gedanken sind vom Bösen
besetzt. Die Energien sind gebunden. Er ist voller Angst. Das Böse schlägt auf ihn zurück. Passen wir auf, dass das nicht passiert. Lassen wir uns nicht vom Bösen überwinden, sondern
überwinden wir das Böse mit dem Guten. Das ist es, was Gott gefällt. Das ist es, was der
Menschheit nützt. Das ist der Weg der Nachfolge.
Ich schliesse mit einem ganz alltäglichen Beispiel ab: Ein Wort hat das andere gegeben, man
ist sich buchstäblich in die Haare gekommen. Einer weist die Schuld der anderen zu: „Du hast
angefangen! – Nein, du mit deinem ewigen Rumnörgeln! – Ich? Wieso? Ich habe nur gesagt,
was ich schon länger denke, ist das verboten? – Nein, aber du hast mich angegriffen. – Ich,
dich angegriffen? Sei doch nicht so empfindlich. Du machst gleich aus jeder Mücke einen Elefanten!“ usw. Der Dialog lässt sich fortsetzen. Und am Schluss stehen beide da, zutiefst verletzt
und trotzig, denn jeder fühlt sich im Recht, niemand hat angefangen, das Böse hat beide buchstäblich überrollt. Wie oft bleibt es dann leider bei der Feststellung „Du bist schuld!“ und nichts
bewegt sich mehr. Jesus aber sagt in der Bergpredigt „Selig sind die Friedfertigen, denn sie
werden Gottes Kinder heissen“ (Mt 5,9)
Er meint damit jene, die den Frieden aktiv in Gang setzen, ihn wie ein Werkstück mit eigenen
Händen „fertigen“. In der geschilderten Auseinandersetzung geht es also darum, aktiv den
Schlagabtausch zu beenden. „Nein, nicht Du bist schuld, sondern wir beide haben etwas falsch
gemacht, dass wir uns so in die Haare geraten sind. Ich habe auch meinen Anteil daran. Vielleicht wollte ich keinen Streit entfachen, aber dass er entstanden ist, geht auf jeden Fall auch
auf mein Konto. Denn ich hatte mindestens an einer Stelle die Wahl. Ich hätte sagen können:
Ich will mich nicht mit dir streiten, lass uns später in Ruhe noch mal auf unser Thema schauen.
Aber das habe ich nicht gesagt.“
Woher nehmen wir die Kraft, so aktiv das Stoppschild zu heben? Es ist Jesus, der für uns eintritt und dem wir unsere Wut und Verletzung übergeben können. Es ist Jesus, der den Frieden
in uns schaffen kann, dass wir ihn nur weiterzugeben brauchen. Es ist Jesus, der auch in der
grössten Auseinandersetzung meinen Kontrahenten im Blick hat. Der wird für mich streiten und
dem will ich es anbefehlen. Von Jesus Christus kommt die Kraft und die Motivation zur Versöhnung. Er verspricht ja nicht weniger als: „Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Gottes
Kinder heissen.“
Amen