Interpretation Max Frisch: „Homo Faber“

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Interpretation Max Frisch: „Homo Faber“
Adrian Rossmann [email protected]
Max Frisch: „Homo Faber“
Interpretation
Max Frisch: „Homo Faber“
Zum Autor
Max Frisch ist ein schweizerischer Schriftsteller, der am 15. Mai 1911 in Zürich
geboren ist. Er stirbt 1991 im Alter von achtzig Jahren. Nach Abschluß des
Realgymnasiums studiert er Architektur und Germanistik an der Universität von
Zürich
und
arbeitet
anschließend
als
Architekt
Germanistikstudium schliesst er allerdings nie ab.
und
Journalist.
Das
Seit Ende der fünfziger Jahre
widmet er sich ausschließlich dem Schreiben von Büchern. Zusammen mit Friedrich
Dürrenmatt gehört er zu den wichtigsten schweizerischen Schriftstellern der
Nachkriegszeit.
Eines der frühesten Werke Max Frisch ist „Die Chinesische Mauer“, die 1947
veröffentlicht wird. In seinem wohl bekanntesten Werk „Andorra“ (1961) geht es um
Antisemitismus. Seine letzte Veröffentlichung vor dem Tod ist „Blaubart“, die aber
nicht mehr auf demselben Niveau der Vorgänger ist.
Es ist wichtig zu wissen, dass Max Frisch 1952 ein Jahr in den USA und in Mexiko
verbringt. Vier Jahre später reist er noch einmal in die USA, nach Mexiko und auch
Kuba. Im darauffolgenden Jahr (1957) schreibt er „Homo Faber“, welches teils in
Mexiko und den USA stattfindet. Weitere besuchte Länder im Buch sind Frankreich,
Italien, Guatemala und Griechenland. „Home Faber“ wird 1991 von Volker
Schlöndorff verfilmt, mit Sam Shepard als Hauptrolle.
Auszeichnungen des Autors
Max Frisch gewann während seiner Laufbahn als Schriftsteller viele Preise und
Auszeichnungen. 1958 erhält er den Georg-Büchner Preis und 1976 wird er mit dem
Friedenspreis des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet.
Aufbau und Auffälligkeiten
Das Buch wird auf dem Umschlag von Suhrkamp als „Bericht“ bezeichnet, was
wahrscheinlich auch der treffendste Ausdruck ist. Das Leben von Home Faber wird
über einen Zeitraum von ein paar Monaten sehr genau autobiographisch
dokumentiert. Manchmal sogar mit Uhrzeit und Datum. Einige dieser Textstellen,
machen auch den Eindruck eines Tagebuches, auf Grund des persönlichen Inhaltes.
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Es ist auffällig, dass im Laufe des Buches sehr oft englische Aussagen einfach als
Zitat übernommen werden. „Your attentions please – Passenger Faber, Passenger
Faber. Please to the information desk.“ Weiters gibt es spanische und französische
Zitate, diese jedoch nicht oft und ohne große Bedeutung. Manche Teile des Buches
sind sehr genau und technisch beschrieben, da sie Home Faber Ingenieur ist, aber
alles ist trotzdem einfach und ohne größeren Denkaufwand zu lesen.
Es ist auf jeden Fall zu vermerken, dass das Buch aus zwei großen Teilen besteht.
Der erste Teil macht kontinuierlich den Eindruck eines Berichtes mit diversen
technischen Details. Es gibt Vor- und Rückgriffe in der Zeit, welche den Leser teils
verwirren. Manche Stellen werden geschildert als fänden sie in der Gegenwart und
anderen wiederum finden vor dreißig Jahren statt. Der zweite Teil des Buches wird
von Homo Faber im Krankenhaus geschrieben, und hat einen persönlicheren
Eindruck, gleich einem Tagebuch. Durch die Transformation seines Weltbildes wird
dieser Teil, an manchen Stellen sehr persönlich.
Da der gesamte Text immer wieder Sprünge in der Zeit aufweist, ist es manchmal
schwer, dem Thema zu folgen. Immer wieder gibt es Bemerkungen, die eigentlich
erst später im Text bekannt gegeben und verstanden werden können. z. B.: „ ... ich
wüßte heute noch nicht, dass ich Vater bin.“ Dieses Zitat befindet sich auf Seite
zweiundzwanzig des Buches, wo dem Leser noch lange nicht klar ist, dass Faber
tatsächlich eine Tochter hat.
Inhalt
Der schweizerische Ingenieur
Walter Faber, wird als „Home Faber“ bezeichnet.
Faber hat das fünfzigste Lebensjahr bereits überschritten, und hat ein sehr rational
orientiertes Weltbild. Es ist technisch ausgelegt und er glaubt nicht an Zufall oder
Tod. Diese Einstellung wird durch seinen Flugzeugabsturz in Mexiko und durch den
Suizid seines Freundes in Guatemala vorerst nicht erschüttert. Auf einer Schiffsreise
verliebt sich ein junges Mädchen in ihn, welches sich später als seine eigene Tochter
herausstellt. Sabeth, wie er sie nennt, stirbt in Folge eines Sturzes auf den Kopf, der
durch einen Schlangenbiß hervorgerufen wird. Im Krankenhaus trifft Faber seine
frühere Jugendliebe, Hanna wieder. Es stellt sich heraus, dass sie ihm verschwiegen
hat, dass Sabeth seine Tochter ist. Erst da wird sein rationales Weltbild zerstört, und
er sieht auch den Tod ein. Das Buch endet in einem Krankenhaus, wo sich Faber
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befindet, um heraus zu finden ob er Magenkrebs hat oder nicht. Er ist fest davon
überzeugt, aber Max Frisch lässt das Ende offen.
Interpretationshypothese
Home Faber ist anfangs ein rationaler Menschen, der glaubt alles basiere auf
Wissenschaft. Das Leben sei vollkommen erklärbar und nichts entstehe aus dem
Zufall. Genau diese Einstellung Fabers ändert sich im Laufe des Buches,
hervorgerufen durch mehrere Ereignisse. Der Ingenieur sieht dies auch am Ende des
Buches ein, und nimmt Zufall und Tod in seine Welt auf. Er scheint Schuld zu
empfinden, einen Teil seines Leben verpasst zu haben, und das Leben Hannas
zerstört zu haben.
Walter Faber
ist in den mittleren Fünfzigern und arbeitet für eine internationale Firma, für die er
zumeist Turbinen einbauen muß. Er hat ein absolut rationales, von Ursache und
Wirkung geprägtes, Weltbild. Trotz seines bereits höherem Alters hat er noch immer
junge Freundinnen. Ivy, die nur kurz erwähnt wird, ist nur sechsundzwanzig Jahre alt.
Es liegt ihm nicht viel an Ivy, und er kennt sie auch kaum. „ ... anfangs hatte ich sie
für eine Tänzerin gehalten, dann für eine Kokotte, beides stimmt nicht – ich glaub, Ivy
arbeitete wirklich als Mannequin.“ Ihm Gegenüber sind Frauen unterlegen, und er
sieht sie als „nutzlos“ an. „ ..., dass ich grundsätzlich nicht heirate.“, kann diese
Einstellung nur verstärken. Später geht er mit diesem Gedanken sogar noch weiter
und bezeichnet alle Menschen als „eine Anstrengung“. Nachdem seine Tochter von
einer
Schlange
gebissen
wird,
spricht
es
ständig
von
der
statistischen
Wahrscheinlichkeit von einer Schlange gebissen zu werden und die Chance daran
zu sterben. Das spiegelt seine Angst wieder, die er nun entwickelt hat. Er fühlt sich
schuldig das Leben seiner Tochter und seiner ehemaligen Frau zerstört zu haben.
Hanna Landsberg
Sie ist deutsche Halbjüdin, und das genaue Gegenteil von ihrem früheren Liebhaber
Faber.
Auch sie ist bereits im vorgeschrittenen Alter. Sie ist sehr emanzipiert,
interessiert und intelligent, ähnlich wie Faber, aber sie glaubt auch an den Tod und
Zufall. Gefühle zu zeigen stellt kein Problem für Hanna dar. Es ist ihr vorzuwerfen,
dass sie Home Faber die Existenz der gemeinsamen Tochter verschwiegen hat. Sie
wollte das Kind vollkommen für sich alleine haben, und Faber nichts davon wissen
lassen, da sie damals einen Konflikt in der Beziehung hatten. Weiters glaubt sie
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daran, dass Männer ihr das Leben „verpfuscht“ haben. Ihre einzige Tochter die nur
ein Leben hat, ist gestorben, und Hanna selber wird auch kein weiters Kind mehr
haben. Nach dem sie Home Faber in der Schweiz kennengelernt hat und sich auch
dort von ihm wieder getrennt hat, ist sie nach Griechenland emigriert. Dort lebt sie
seit her und arbeitet als Archäologin, und hat ihre Tochter Sabeth aufgezogen.
Elsbeth Landsberg
ist Home Fabers und Hanna Landsbergs Tochter. Wie bereits erwähnt wird sie von
Faber immer Sabeth genannt, da er Elsbeth nicht ausstehen kann. Sie hat gerade
erst die Schule abgeschlossen, und ist auf der Reise mit einem Schiff von New York
nach Europa, als sie das erste Mal Home Faber begegnet. Faber fällt sie sofort auf,
aber er weiß nicht wem sie ähnlich sieht. Er hat zu diesem Zeitpunkt natürlich noch
keine Ahnung, dass er sich mit seiner Tochter trifft. Teils auf Grund ihres Alters ist sie
eine junge, interessierte, gefühlsbetonte und lebensfreudige Frau. Die Aussehen
zeichnet sich aus durch: „... in schwarzer Cowboy-Hose, ... schwarzen Pullover mit
Rollkragen, ... eine Halskette aus Holz, ... Espadrilles ... .“
Sabeth und Walter lassen sich während der paarwöchigen Reise in Frankreich,
Italien und Griechenland auf eine Affäre ein, welche im Inzest endet.
Wodurch und warum wird Homo Fabers rationales Weltbild zerstört?
Das Buch beginnt mit dem Abflug Fabers in New York. Aufgrund seines Berufes
kommt er sehr viel zum Fliegen. In den Fünfzigern ist Fliegen noch nicht so
weitverbreitet wie heute und sicher. Faber jedoch fliegt viel und gerne, er kennt sich
sogar schon mit den Flugzeugen aus, und vertraut auf die Technologie. „ ... wie
üblich auf dieser Stecke, eine Super Constellation ... .“ Obwohl ihm die Gefahren
einer Notland in der Wüste Mexikos durch aus bekannt sind, verhält er sich
überraschend ruhig. Das lässt sich darauf zurückführen, wie genau er die Technik
kennt und wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass dem Flugzeug tatsächlich etwas
passiert.
In der Zeit, die er nach dem Absturz in der Wüste verbringen muß, kennt Faber einen
Deutschen lernen, mit dem er später nach Guatemala fährt um seinen alten Freund
Joachim zu besuchen, den er schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen hat. Es
gelingt ihnen nur schwer zu der Plantage in den Tropen von Guatemala zu gelangen.
Mit Hilfe eines ausgeborgten Land Rovers erreichen sie doch ihr Ziel und finden
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Joachim erhängt in seiner eher ärmlichen Hütte auf. Trotzdem scheint Faber nicht
weiter erschüttert zu sein, er scheint sich mehr mit der Umwelt zu beschäftigen als
mit dem Tod seines Freundes. „ ... es wunderte mich, woher sein Radio, ... , den
elektrischen Strom bezieht, ... .“
Schlußendlich trifft Faber Sabeth, wie bereits angesprochen, auf der Fahrt mit dem
Schiff von New York nach Europa. Nach ihrem Tod ist er wirklich deprimiert, und
glaubt das Leben Hannas und seines zerstört zu haben. Es ist als ginge ihm ein
Licht, und er begreife endlich das es doch Gefühle gibt. Zuvor hat er natürlich auch
nicht gewusst, dass er Vater ist. Nach dem Tod seiner Tochter, glaubt er einen Teil
seines Lebens vepasst zu haben. Jedenfalls macht er einen positiven Schritt, er
beschliesst nämlich mit Hanna weiter zu leben, welche sich diesem Gedanken
anschliesst.
Diese drei Punkte: der Flugzeugabsturz in Mexiko, der Suizid seines Freundes und
die Tatsache eine Tochter zu haben, lassen Home Fabers rationales Weltbild
verschwinden, welches sich durch das Gefühl ersetzt einen Teil seines Leben
verschlafen zu haben. „ ... aber auch Hanna hat nicht ahnen können, dass Sabeth
auf dieser Reise gerade ihrem Vater begegnet, der alles zerstört - “ Er begreift den
Großteil des Lebens als gefühlloser, berechnender und asozialer Mensch verbracht
zu haben.
Welche Bedeutung schenken Frauen Homo Faber, und welche er ihnen?
Im allgemeinen ist zu sagen, dass Faber die Frauen verachtet, ihnen nicht viel
Aufmerksamkeit schenkt und sie größtenteils als unnötig ansieht. Trotz seines hohen
Alters, hat er immer noch junge Freundinnen. Warum, ist eigentlich nicht genau zu
beantworten.
Dies
gibt
ihm
wahrscheinlich
mehr
Selbstbewusstsein.
Die
Überheblichkeit zeigt sich auch in folgender Aussage: „ ... obwohl ich grundsätzlich
nicht heirate.“ Dieses Zitat findet sich gleich auf der ersten Seite des Buchs. Was
sich Frauen selber denken wird im Buch nie behandelt, da alles aus der Sicht Homo
Fabers geschrieben ist. Es macht ihn glücklich alleine leben zu können: „ ... ich
genieße es, alleine zu erwachen, kein Wort sprechen zu müssen. Wo ist die Frau,
die das begreift?“ Besser lässt sich Überheblichkeit und Gleichgültigkeit nicht
beschreiben. Er zeigt einfach keine Gefühle.
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Die Bekanntschaft mit Sabeth läuft jedoch anders ab. Sie ist anders als jede der
anderen Frau die er bis jetzt kennengelernt hat. Sie ist jünger, sehr wißbegierig und
schlau, wie Faber analysiert. Trotz der anderen Situation spielt Homo Faber immer
noch seine männliche Überlegenheit aus, und hält ihr beispielsweise Vorträge über
Turbinen oder kommunizierende Röhren. Auf jeden Fall ist er stolz eine so junge
Freundin zu haben, aber auch Sabeth ist glücklich mit Faber zusammen sein zu
können. Aus dem Text geht auch hervor, dass beide zufrieden sind. Sabeth ist der
größte Anstoß Fabers Weltbild zu verändern, da er mir ihr die meiste Zeit verbringt.
Teilweise macht es ihm keinen Spaß und er widersetzt sich auch manchen
Aktivitäten. Trotzdem wandelt diese Beziehung Faber in einen „Menschen“ mit
Ängsten und Gefühlen um.
Bezug auf die Zeit der Veröffentlichung
Der Bericht „Home Faber“ wurde zu einer Zeit veröffentlicht, als es viele
technologische Erneuerungen im Leben der Menschen gab. z. B.: Antibiotika,
Kernenergie und die Raumfahrt. Wie bei allem neuen gibt es immer Befürworter und
Gegner, und Max Frisch zählt zu letzterem. Es kann also auch durch aus sein, dass
Max Frisch mit diesem Buch seinen Widerstand gegen den technologischen
Fortschritt ausdrücken wollte.
Meine persönliche Meinung
Die Aufenthalte Home Fabers in Teilen Mexikos und in den USA haben mir sehr gut
gefallen. Sie werden sehr detailliert und wahrheitsgetreu beschreiben. Da ich selber
schon an den Orten war, die in Mexiko beschrieben werden, ist es ein sehr
interessanter Vergleich. Das Buch wurde in den Fünfzigern geschrieben und stellt die
Städte in Mexiko als schrecklich klein und zurückgeblieben dar. Heute ist dies
natürlich nicht mehr der Fall, aber es war auf jeden Fall interessant darüber zu lesen.
Home Fabers Wandel hat sicher einen Bezug auf die Gegenwart. Es gibt immer
mehr Menschen die sich von ihrer Umwelt abschirmen. Der Computer, eine
Einrichtung die es damals noch nicht gegeben hat, trägt sicher wesentlich dazu bei.
Trotzdem ist es sicher nicht schlecht, neuen Technologien gegenüber offen sein.
Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen. Ich war von Anfang an interessiert und es
ist mir nicht schwer gefallen es zu Ende zu lesen.
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Konklusion
Home Faber ist ein erfolgreicher Ingenieur, der bei Frauen sehr viel Anklang findet.
Er nutzt dieses aus, aber eigentlich hat er immer nur oberflächliche Beziehungen, mit
Frauen als auch männlichen Freunden. Nach den drei, für Home Faber eher
statistisch unwahrscheinlichen Hergänge, der Flugzeugabsturz, der Selbstmord
seines Freundes und der Tod seiner eigenen Tochter, ist er zu einem anderem
Menschen geworden. Er glaubt einen Teil seines Lebens verpasst zu haben, und das
Leben eines anderen zerstört zu haben. Plötzlich scheint er auch überzeugt zu sein,
Magenkrebs zu haben. Früher hat er das sicher auch anhand Statistik abgestritten.
Am Ende hat Zufall und Tod doch Platz im Leben des Homo Fabers gefunden.
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