Ausgabe Oktober-November 2010 - Quartiersmanagement Sparrplatz

Transcription

Ausgabe Oktober-November 2010 - Quartiersmanagement Sparrplatz
Der Kiezbote
Die Stadtteilzeitung für den Sprengelkiez. KiBo Nr. 4 / 2010
Sommerfest
auf der
Kinderfarm
„Klein-Afrika“ mitten in der
Burgsdorfstraße S.6
Ramadan – in der Theorie und
im Sprengelkiez S.8
Mountain Music und Shaker
Songs: Das Vokalensemble „Far
Afield“ S.10
Arm trotz Arbeit S.12
Vorwort
Liebe Leserinnen und Leser des „Kiezboten“,
„Arbeit für mehr Lebensqualität im Stadtteil“,
das ist das Motto unter dem das Kommunale
Forum Wedding e.V. 1989 gegründet wurde.
Mal mehr, mal weniger konnte ich in diesen
21 Jahren die Arbeit des Kommunalen Forum
Wedding e.V. und damit die Stadtteilarbeit im
Sprengelkiez mit unterstützen.
Mein Name ist Claudia Schwarz. Eine
Zeitlang habe ich im Gemeindehaus in der
Osterkirche gewohnt. Den Sprengelkiez kenne
ich jedoch vor allem über meine unterschiedlichen Aktivitäten im Kiez. Ein sehr besonderes Erlebnis war für mich die Aktion „Unsere
Nachbarschaft nicht von Pappe“ im Jahr 1994. Mit Kolleg/
innen des Kommunalen Forum Wedding und Nachbar/
innen sind wir mit einem selbst gebauten Papp-Modell des
Sprengelkiezes durch den Kiez gezogen. Damals hat uns
immer wieder Pfarrer Reimer Piening die Osterkirche als
Kieztreffpunkt geöffnet, wenn wir auch mal ein Dach für
unsere Aktivitäten benötigten.
Und so wurde in den vielen gemeinsamen Gesprächen,
die sich rund um das Pappmodell vor Läden, Schulen
und Einrichtungen ergaben, immer wieder der Bedarf an
Räumen für Gemeinsames vorgebracht. Ein Anfang war
der Nachbarschaftsladen in der Kiautschoustraße, der u.a.
dem Seniorenhilfsdienst und der sich gerade gegründeten
Gruppe Aktiv im Kiez Raum bot.
Mittlerweile gibt es viele verschiedene Einrichtungen und
Treffpunkte, mit unterschiedlichen Angeboten – in der
Kunst, beim Essen oder beim Theater spielen – wo
Gelegenheit zum gemeinsamen Austausch, Ausprobieren
und Wirken ist.
Mit dem SprengelHaus stehen inzwischen für alle Nachbar/
innen ganz verschiedene Räume zur
Verfügung. Da können eigene Feste
gefeiert, bestehende Beratungs-,
Weiterbildungs- oder Informations- und
Bewegungsangebote genutzt oder
auch eigene Gruppenaktivitäten entwickelt werden. Hier bin ich zurzeit
aktiv und unterstütze die Mitarbeiter/
innen im Haus in der Weiterentwicklung
ihrer Beschäftigung und in ihren beruflichen Perspektiven. Und ich und meine
Kolleg/innen freuen uns sehr über neue
Begegnungen und Anregungen.
Mich selbst beschäftigt ganz aktuell die
Frage, wie das SprengelHaus als soziale Infrastruktur im Stadtteil stabilisiert und weiterentwickelt
werden kann. Im Rahmen von Perspektivwerkstätten tüfteln
wir dazu an neuen Organisations-, Finanzierungs- und
Kooperationsmodellen. Erste Zwischen-Ergebnisse dazu
werden meine Kolleg/innen und ich auch demnächst im
Sprengelkiez vorstellen. Ich freue mich schon jetzt wieder
auf die vielen Gespräche, die es dazu hoffentlich geben wird.
Darüber hinaus wirke ich auch im BIWAQ-Projekt des
Kommunalen Forum Wedding mit. Hier geht es um
den Aufbau einer Agentur für gesellschaftlich nützliche
Qualifizierung und Beschäftigung. Welche Angebote,
Strukturen und Kooperationen brauchen wir, damit Arbeit
und Beschäftigung in der Nachbarschaft und darüber hinaus
für Jung und Alt möglich werden kann?
Ich hoffe, dass wir alle weiterhin mit viel Elan und Kraft,
aber auch Spaß im Kiez wirken. Damit er an noch mehr
Lebensqualität gewinnt, braucht es viele mit verschiedenen
Ideen, das haben die zurückliegenden Jahre gezeigt. Und
das sollten wir weiter entwickeln........
Ihre Claudia Schwarz
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0162/ 175 221 9
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KiBo Nr. 4
September/Oktober 2010
Mein Kiez
Inhalt
Mein Kiez
Impressum
4 Baupläne für den Pekinger Platz
vorgestellt
Herausgeber
Lo‘Nam Verlag/
Afrika Medien Zentrum e.V.
Torfstr. 12, 13353 Berlin
Tel.: (030) 97 89 55 36
Fax: (030) 96 08 99 97
EMail: [email protected]
www.lonam.de
V.I.S.D.P.
Hervé Tcheumeleu
QM Sparrplatz: Alexandra Kast
6 „Klein-Afrika“ mitten in der Burgsdorfstraße
7 „Das Friseurhandwerk habe ich in
meiner Heimat gelernt“
„Klein-Afrika“ mitten in der Burgsdorfstraße
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Redaktion
Anne Wispler, Siemen
Dallmann, Lydia Manock
Bayap, Julia Steinborn, Felice
Gritti, Narcisse Djakam
Mitarbeiter dieser Ausgabe
Anne Wispler, Stefan Hümmer,
Saskia Vogel, Irene Brockert,
Heinz Reichenecker, Angela
Bochum, Mohamed Bah, Ilknur
Marina Stajakovic
Titelbild
Foto: Siemen Dallmann
8 Ramadan – in der Theorie und im
Sprengelkiez
9 „Der Islam und Koran sind meine
Perspektive“
9 Mein Kommentar zu Thilo Sarrazin.
10 Mountain Music und Shaker Songs:
Das Vokalensemble „Far Afield“
11 Jugend bewegt Stadt - Kohle für eure
Ideen!
Initiative
Mountain Music und Shaker Songs: Das
Vokalensemble „Far Afield“
10
12 Arm trotz Arbeit
13 Sportfest im Sprengelpark ein großer
Erfolg
14 10 Jahre ZukunftsDetektive
Korrektur
Thomas Bindernagel, Stefanie
Schroeder
15 Müllerstraßenfest mit besonderem
Highlight
Druck : Offset Druck Wende
16 Neues von ComDo-Berlin
Nächster Redaktionsschluss
31. Oktober 2010
16 Machen Sie mit bei der
Gebietskonferenz
17 Mitmachen - mitgestalten - am 18.9.
bei der Gebietskonferenz
Gefördert durch die Europäische
Union, die Bundesrepublik
Deutschland und das Land Berlin
im Rahmen des Programms
„Zukunftsinitiative Stadtteil“ Teilprogramm „Soziale Stadt“.
18 Hoher Besuch zur Eröffnung des
afrikanischen Leseraums
Sportfest im Sprengelpark ein großer
Erfolg
16
19 Kinderfarmfest
19 Kiezkochbuch von Kindern
20 Nützliche Adressen im Kiez
Berliner Tage des Interkulturellen Dialogs
Aktiv im Kiez e.V. beteiligt sich auch 2010 wieder an den „Berliner Tagen des Interkulturellen Dialogs“ vom 1. bis zum 26. November 2010.
Wir laden am Freitag den 19. November 2010 um 18.00 zum Dialog in
den Nachbarschaftsladen ein. Das Gespräch steht unter dem Motto:
„Ein Respektvolles Miteinander erfordert ein Kennenlernen und vor
Allem gemeinsame Gespräche“ Eine wirkliche Integration, Anerkennung und Respekt kann es nur geben, wenn man sich auch kennt.
Ein Kennenlernen ist nur möglich, wenn Gespräche stattfinden. Auch Dialogtisch von 2009
diese Veranstaltung verstehen wir als Auftakt für weitere Gespräche
und gemeinsame Treffen im Sprengelkiez. Nicht gegeneinander sondern nur miteinander können wir
unsere Probleme im Kiez gemeinsam lösen. Wir würden uns sehr freuen wenn auch ihr die Chance
zum Gespräch nutzt.
Weitere Infos zum Dialogtisch gibt es hier: www.tage-des-interkulturellen-dialogs.de
Siemen Dallmann
September/Oktober 2010
KiBo Nr.4
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Mein Kiez
Baupläne für den Pekinger Platz vorgestellt
Am 24. August wurde in der Osterkirche erneut über die Anbindung von Sprengelpark und Pekinger Platz an das
Nordufer diskutiert. Ende des Jahres können die Baumaßnahmen beginnen.
Entwurf des Pekinger Platzes
Bewohner informieren sich über das Projekt.; Foto Rico Todzi
Wenn es um Baumaßnahmen zur Verschönerung öffentlicher Flächen geht, stehen natürlich
die Interessen der Nutzer/-innen und besonders der Anwohner/-innen im Vordergrund. Diese Interessen gehen bisweilen auch auseinander, wie man auf der zweiten Infoveranstaltung
zum Pekinger Platz erleben konnte.
Am 24. August 2010 stellte die Landschaftsarchitektin Margret Benninghoff in der Osterkirche den letzten Entwurf ihres Planungsbüros
mit den Änderungen vor, die nach den Vorgaben einer Jury (s. u.) einzuarbeiten waren.
Die rund vierzig Anwesenden diskutierten abermals, wie der Bereich zwischen Sprengelpark
und Nordufer optimal zu gestalten sei. Was allerdings zum Teil auch daran lag, dass manche
die vorhergehende Bürgerbeteiligung versäumt
hatten oder die Beschlüsse der Jury wieder infrage stellten.
Nutzungskonflikte
Immer wiederkehrende Hauptthemen solcher
Veranstaltungen beruhen meist auf klassischen Nutzungskonflikten wie z.B. zwischen
Hundebesitzern und übrigen Anwohner/innen.
Soll man den Pekinger Platz komplett einzäunen, um Hunde und ihre Hinterlassenschaften
auszusperren? Hier hielten die Hundebesitzer
leidenschaftliche Plädoyers für mehr Eigenverantwortung, während die Übrigen für und auch
gegen Zäune waren. Nun wird angestrebt, zumindest den Kleinkinderbereich durch einen
Zaun zu schützen.
Kontrovers wurde auch die Nutzung der ehemaligen Fahrbahn am Nordufer diskutiert. Hier
kommt es laut Anwesenden immer wieder zu
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Vorstellung des Projekts.; Foto Rico Todzi
gefährlichen Situationen, wenn Rad- und sogar Motorradfahrer auf der Asphaltfläche auf
Fußgänger/-innen und Kinder treffen. Es solle
deshalb noch einmal geprüft werden, ob der
amtlich festgelegte Verlauf des Radwegs Berlin-Kopenhagen wirklich über die Fahrbahn gehen müsse, oder ob er stärker – zumindest optisch – vom Fußgängerbereich zu trennen sei.
Wasserspiele nicht machbar?
Ziemlich eindeutig war das nochmalige Votum der Bewohner/-innen über eine Wasserspielmöglichkeit auf dem Spielplatz. Der neue
Entwurf hatte die Wasserspielmöglichkeit aus
praktischen Gründen verworfen. So habe das
zuständige Grünflächenamt kein Geld zur Unterhaltung und Reparatur der aufzustellenden
Pumpen. Der anwesende Vertreter, Herr Walter, beklagte die geringen Mittel für die Grünflächen des Bezirks. Er schätzte, dass für die
jährliche Pflege des Pekinger Platzes, inklusive
der Personalkosten, ca. 3000 € verfügbar seien
- zu wenig, um defekte Pumpen zu reparieren.
Weitere Kosten könnten durch eine EU-Richtlinie und sich daraus ergebende Auflagen des
Gesundheitsamtes entstehen, denn zukünftig
muss ein ständiger Abwasserablauf gewährleistet werden. Es sieht also leider so aus, als
müssten die Eltern das Wasser zum Spielen
weiter von der nahe gelegenen Pumpe holen.
Umwidmung zum Festplatz?
Ein weiteres Anliegen war die mögliche Umwidmung der ehemaligen Fahrbahn in eine Art
Festplatz, was z.B. die Gebühren für Stadtteilfeste senken würde. Gefordert wurde auch
eine Möglichkeit der Versorgung mit Wasser
KiBo Nr. 4
und Strom, z.B. für Straßenfeste. Klar ist, dass
die Asphaltfläche so bleibt, denn in jedem Fall
bleibt eine endgültige Stilllegung des Nordufers
aufgrund der noch nicht ganz entschiedenen
zukünftigen Sperrung der Tegeler Straße im
Bereich der S-Bahn-Trasse offen.
Frau Benninghoff und die Verantwortlichen
vom Bezirksamt wollen den Entwurf im Hinblick
auf die gesammelten Einwände noch einmal
überprüfen. Die anschließende technische Planung der Umgestaltungsmaßnahme wird dann
zur Basis für eine Ausschreibung. Wenn diese
erfolgt ist, können bereits Ende dieses Jahres
die Baumaßnahmen beginnen.
Hintergrund
Der Quartiersfonds 4 des Programms „Soziale
Stadt“ ist für größere öffentliche Baumaßnahmen gedacht. Der Quartiersrat für den Sprengelkiez hatte 2009 entschieden, dass mit diesen Fördermitteln die Verbindung zwischen
Sprengelpark, Pekinger Platz und Nordufer
aufgewertet werden soll. Im Juni 2010 fand
eine Bürgerbeteiligung samt einer Diskussionsveranstaltung zu den Entwürfen statt, die im
Auftrag des Bezirksamtes von drei Planungsbüros erstellt wurden. Man konnte sich die
Planungen in Ruhe im Quartiersmanagement
ansehen und seine Meinung zu Papier bringen.
Am 23. Juni entschied dann eine Jury u.a. mit
Vertreter/-innen des Quartiersrates darüber,
welcher Entwurf ausgeführt wird.
Weitere Infos unter: www.sparrplatz-quartier.de
oder beim Quartiersmanagement Sparrplatz.
Anne Wispler
September/Oktober 2010
Mein
Kiez
Mein
Kiez
Initiative
„Klein-Afrika“ mitten in der Burgsdorfstraße
In der 200 Meter langen Verbindung von der Müllerstraße zum Sparrplatz haben sich in diesem Frühsommer
erfolgreich zwei afrikanische Lokalitäten angesiedelt. Der Eröffnungstermin wurde weise zur Weltmeisterschaft
gewählt, die Argumente, in den Sprengelkiez zu ziehen, waren vielfältig. Zusammen mit dem afroamerikanischen
Friseur „Jose Bass – Salon Esthetics“ (Burgsdorfstr. 14) und dem mittlerweile alteingesessenen “Club Mount
Cameroun e.V.“ (Burgsdorfstr. 6), der vor zwei Jahren von der Lynarstraße in die Burgsdorfstraße umgezogen ist,
kann man getrost von einem „Klein-Afrika“ sprechen.
am Wochenende, vom türkischen Schlachter
aus dem Kiez), Fisch mit gebratenen Kochbananen oder Rindfleischspießen und Fufu,
eine leckere Auswahl an westafrikanischen
Spezialitäten. Seit Mai betreibt sie das Lokal
gemeinsam mit ihrem ghanaischen Ehemann
Alahassan Labaram. Sie haben sich in einem
Berliner Hotel, in dem sie beide gearbeitet
haben, kennen und lieben gelernt, dann eine
Familie gegründet und sich jetzt selbstständig
gemacht. Herr Labaram meint, dass es einem als Afrikaner in Wedding passieren kann,
dass man zufällig alten Bekannten aus der
Heimat über den Weg läuft, von denen man
gar nicht wusste, dass sie in Deutschland
sind und die man zuletzt in Afrika getroffen
hatte. Neben dem offensichtlichen Multikultimix waren weitere entscheidende Punkte die
günstige Verkehranbindung mit Ringbahnnähe und die weiterhin erschwinglichen Mieten
für Gewerbetreibende. Etwas anderes liegt
Herrn Labaram auch noch auf dem Herzen:
Egal wie sehr man sich als Afrikaner anstrenge, sagt er, wenn man einen Laden eröffne,
gäbe es immer Probleme und Anzeigen. Es
würden unnötig Steine in den Weg gelegt.
Das verstehe er nicht. In den USA würden
Migranten in ihrem Bestreben etwas Eigenes
auf die Beine zu stellen unterstützt. Hier stehe im Sommer alle paar Tage die Polizei auf
der Matte, als die Gäste noch draußen saßen.
Er gibt zu, Afrikaner seien laut, wenn sie sich
miteinander amüsieren, aber vielleicht solle
sich die Stadt überlegen, wessen Anliegen
unterstützenswerter sei, das Bemühen den
Kiez zu bereichern und die Wirtschaft anzukurbeln oder die Beschwerde eines vielleicht
nur neidischen Nachbarn. Das sei eine Beleidigung für ihre Gäste und besonders ärgerlich, da auch Diplomaten aus Nigeria, Ghana
und Sierra Leone im „Wendy’s“ das Essen
genössen.
Kunden vor dem Laden: Le Mix Bar
„WENDY’S“ (Burgsdorfstr. 4)
Das „Wendy’s“ liegt direkt an der Ecke Willdenowstraße und ist Café, Bar und Restaurant zugleich. Der Name hat nichts mit der
amerikanischen Fast-Food-Kette zu tun, sondern ist von einem gleichnamigen berühmten
Restaurant in Freetown, der Hauptstadt von
Sierra Leone, abgeleitet. Denn dort kommt
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Frau Fatmata Kagbo, die Inhaberin, her und
dort kochte sie schon aus Leidenschaft in
verschiedenen Speiselokalen. Jetzt wirft sie
ihre ganze Erfahrung in den Kochtopf, um
im Weddinger „Wendy’s“ ihren Gästen geschmackvolle „authentic african cuisine“ anbieten zu können. Die Speisekarte bietet von
Joulof Rice über scharfe Ziegensuppe (nur
KiBo Nr. 4
LE MIX BAR (Burgsdorfstr. 14a)
In den renovierten Räumen des ehemaligen
„Masai Mara“ eröffneten im Juni Kouaho
Miezan Kakou alias Kabila aus Nigeria und
Côte d’Ivoire und Moise Merlin Mabouna aus
Kamerun die „Le Mix Bar“. Im Team, zu dem
noch die reizende kenianische Bedienung
gehört, wird der Mixgedanke also schon umgesetzt. Wie der Name verrät, ist das angeSeptember/Oktober 2010
strebte Ziel ein möglichst breit gefächertes,
multikulturelles Publikum anzusprechen. Das
soll durch eine lockere offene Atmosphäre
und abwechslungsreiche Musik, die sich den
Wünschen der Gäste anpasst, erreicht werden. Im Keller entsteht zudem ein kleines,
aber professionelles Studio, in dem Musiker
aus dem Kiez eine Chance haben werden,
ihre Demo-CDs und andere Veröffentlichungen aufzunehmen. Moise träumt auch von einem „Le Mix Orchestra“, bei dem er selbst gerne am Schlagzeug agieren möchte. Die Idee
über Kulturaustausch Integration zu schaffen,
ist nicht neu, aber es hat sich gezeigt, dass
nichts so sehr verbindet, wie zusammen zu
sitzen, zu quatschen, und Party zu machen.
Moise meint, dass man in der Burgsdorfstraße Leute aus allen Teilen des afrikanischen
Kontinents trifft und man annähernd von einer Art „AU“ (Afrikanischer Union) sprechen
kann. Ein Bekannter aus Bayern hatte noch
nie so viele Afrikaner in einer deutschen Straße gesehen und fragte Moise, ob er hier überhaupt noch in Deutschland sei, freudig überrascht so viel afrikanische Kultur anzutreffen.
Noch ein Stück entfernt von Stadtteilen in
anderen Metropolen wie Barbès in Paris oder
Matonge in Brüssel, kommt im Wedding wirklich langsam ein Gefühl von „Klein-Afrika“ auf.
„Wendy’s“ und „Le Mix Bar“, zwei neue Adressen in der Burgsdorfstraße. Hier ist jeder
willkommen. Also nichts wie hin.
Text und Fotos: Stefan Hümmer
September/Oktober 2010
„Das Friseurhandwerk habe ich in meiner
Heimat gelernt“
Mit dem „Salon Esthetics“ hat José Bass einen Afro-Friseursalon in der
Burgsdorfstraße eröffnet. Die Frauen aus der Nachbarschaft lassen sich
schminken und die Männer im Minutentakt die Haare scheren. Dabei entspannt der gesamte Salon bei Rumba-Rhythmen.
José Bass in Aktion. Foto: Siemen Dallmann
Sind die Kunden in José Bass´ „Salon Esthetics“
männlich, dann bleiben sie nur wenige Minuten
auf dem Frisierstuhl sitzen. Michael ist einer
von ihnen. Der 28-Jährige aus Mali hat lange
in New York gelebt, bis es ihn in den Sprengelkiez verschlagen hat – statt im Big Apple lässt er
sich nun eben in der Burgsdorfstraße die Haare
schneiden. Schließlich will er gut aussehen, und
möglichst viele „girls“ kennenlernen. Michael
verschwindet unter dem Friseurumhang, José
legt ihm noch eine Papiermanschette um den
Hals, dann schert er ihm mit einem Elektrorasierer blitzschnell die Haare ab. Die Schläfen
werden mit einer offenen Rasierklinge in Form
geschabt – das sieht gefährlich aus, ist es aber
nicht, wenn man wie José das Haareschneiden
beherrscht. „Das Friseurhandwerk habe ich in
meiner Heimat gelernt“, erzählt der 36-Jährige,
der in Angola geboren wurde und einige Jahre
im Kongo aufwuchs. Seit über 20 Jahren wohnt
er im Wedding und vor knapp einem Vierteljahr hat er sich den Traum von einem eigenen
Friseurladen erfüllt. Zwar würden in manch
einem Afro-Shop Haare geschnitten und Zöpfe geflochten, „einen geräumigen Salon aber,
den gab es bisher im Kiez noch nicht.“ An den
Wänden vom „Salon Esthetics“ hängen große
Spiegel, auf den beigefarbenen Frisierkonsolen
liegen Sprayflaschen und Kunsthaarteile – das
lichtdurchflutete Ambiente wirkt mitunter etwas
improvisiert, wohl aber gemütlich. „Der Salon
wird gut angenommen, noch mehr Kunden aber
wären besser“, sagt José. Dabei kann er sich
eigentlich nicht beschweren. Er profitiert von
den „Synergieeffekten“ rund um die Burgsdorfstraße. Mit dem Café „Wendy´s“ und der Bar
„Le Mix“ hat sich hier in letzter Zeit eine afrikanische Community etabliert – und alle müssen
KiBo Nr.4
irgendwann zum Friseur. Heute jedenfalls, am
Mittwochnachmittag, ist es voll. Nach nur fünf
Minuten hat Michael mit seinem „nice cut“ den
Frisierstuhl verlassen, schon setzt sich ein älterer Herr aus Kamerun und möchte einen
„coupe de cheveux“. José Bass spricht sechs
Sprachen, neben Deutsch, Englisch und Französisch seine Muttersprachen Kikongo, Lingála
und Portugiesisch – und er gebraucht sie alle.
Immer wieder grüßen Nachbarn von der Straße
mit „Ça va? Tudo bem?“ in die offene Salontür hinein, vor der gerade eine junge Frau mit
Haarkur auf dem Kopf in der Sommerhitze steht
und lautstark in ihr Handy spricht. Ein Teenager
musste sich von seinen Dreadlocks trennen, in
der Sitzecke brüllt das Baby einer Kundin. Es ist
viel los im „Salon Esthetics“ und doch herrscht
keine Hektik. José ist ein entspannter Typ, gelassen bedient er einen Kunden nach dem
anderen, und alle gemeinsam lassen sich von
Rumba-Rhythmen einlullen, die aus Lautsprechern durch den Laden schwingen. Auch José
ist leidenschaftlicher Musiker und Bassist in der
Band „Les Beaux Gosses“, in Weddinger Kellerbars spielt man „Rumba Congolaise“. Mit kaum
weniger „geschmeidigen Beats“ kann José arbeiten. Kaum ist eine halbe Stunde vorbei, hat
er schon vier Männern die Haare in Façon gebracht. Für seine weibliche Kundschaft nimmt
sich der Friseurmeister hingegen mehr Zeit.
Schminken, Augenbrauenzupfen und Flechtfrisuren mit Kunsthaarteilen – das kann schon
mal mehrere Stunden in Anspruch nehmen. Im
„Salon Esthetics“ aber ist Wartezeit keine Wartezeit, sondern vielmehr Lebenszeit. Gefüllt mit
Entspannung unter Freunden.
Saskia Vogel
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Mein
Initiative
Kiez
Mein
Kiez
Ramadan – in der Theorie und im Sprengelkiez
Tausende Muslime haben in Berlin in den vergangenen Wochen Ramadan gehalten, auch im Sprengelkiez. Aber
was verbirgt sich hinter diesem offensichtlich so wichtigen Teil der vom Islam geprägten Lebensweise?
Der Ramadan ist der neunte Monat des islamischen Mondkalenders, dessen Anfang und
Ende von dem Erscheinen der neuen Mondsichel bestimmt werden. Dieser Zeitpunkt
ändert sich jährlich, in der Regel schiebt er
sich pro Jahr etwa zehn bis elf Tage im gregorianischen Kalender nach hinten. Der Koran
ruft dazu auf, in diesem Zeitraum zwischen
Sonnenauf- und Sonnenuntergang der Pflicht
des Fastens nachzukommen, die einer der
fünf Grundpflichten, der sogenannten „fünf
Säulen“ des Islam entspricht. Das Ende des
Ramadans wird mit dem Ramadanfest – nach
dem Opferfest der wichtigste muslimische Feiertag - drei Tage lang gefeiert.
sen weiter gefassten Begriff des Fastens
umzusetzen, jedoch sollen unter keinen Umständen gesundheitliche Probleme entstehen.
Aus diesem Grund sind schwangere Frauen,
Kinder vor der Pubertät und sowohl geistig
als auch körperlich Kranke von der Pflicht des
Fastens enthoben. Sie sind dazu aufgefordert, die Fastentage nachzuholen, sobald ihr
gesundheitlicher Zustand dies ohne Probleme
erlaubt. Wenn eine Besserung der Gesundheit nicht in Aussicht ist, fordert der Koran zu
einer Armenspeisung für jeden nicht gehaltenen Fastentag auf.
Aber was bezweckt der Koran mit all diesen
Geboten und Verboten,
welchen Nutzen wollen
und sollen Muslime aus
dem Ramadan ziehen?
Zum einen soll die Zeit
der Entbehrungen dem
Fastenden helfen, Abhängigkeiten als vermeintliche
Abhängigkeiten zu erkennen und
sich von ihnen freizumachen, zu erkennen,
dass man einzig und allein von Allah abhängig
ist. In diesem Prozess
ist das Erlangen von
Selbstbeherrschung, Widerstandskraft und der
Fähigkeit zur KonzentFastenbrechen im Ramadan 2010; Foto Siemen Dallmann
ration auf das Wesentliche gewollt. Der RamaWas kann man sich unter dieser Fasten- dan bietet Muslimen die Möglichkeit und den
Pflicht vorstellen, was wird von einem Muslim Raum, sich intensiv mit sich selbst und Allah
in dieser Zeit verlangt? Die Erfüllung dieser zu beschäftigen und hierbei neue Vorsätze für
Pflicht besteht nicht nur aus dem Verzicht die Zeit nach dem Ramadan zu fassen. Zum
auf sämtliche Nahrungsmittel und Getränke, anderen wird angestrebt, mit Hilfe der Erfahwie der westliche Fasten-Begriff es vermuten rung des eigenen Verzichts, das Bewusstsein
lassen würde. Vielmehr fordert sie Enthalt- für Armut und Not zu schärfen und Barmhersamkeit in sämtlichen Bereichen des tägli- zigkeit zu fördern. Diese Absicht wird auch in
chen Lebens. Auf Rauchen, Trunkenheit und der am Ramadanfest vorgesehenen Abgabe
Geschlechtsverkehr wird verzichtet, und ein an Arme deutlich.
sündenfreies Leben wird noch stärker angestrebt, als in der restlichen Zeit des Jahres. So Soweit die grob umrissene Theorie. Aber
werden üble Nachreden, sowie Beleidigungen wie sieht es in der Weddinger Wirklichkeit im
und Verleumdungen jeglicher Art vermieden. Sprengelkiez aus?
Die Wichtigkeit, auch diesem Teil des Fastens Auf Nachfrage erklären erstaunlich viele MusRechnung zu tragen, wird in einem Ausspruch lime, dass sie keinen Ramadan halten. In den
Mohammeds klar: „Wenn sich jemand nicht meisten Fällen ist Rauchen der Grund. Aber
der Falschheit in Wort und Tat enthält, dann wie fühlen sich diejenigen, die fasten und verliegt Allah nichts daran, dass er sich des Es- zichten? In einem Punkt sind sich alle absolut einig: Hunger haben sie, viel Hunger. Und
sens und Trinkens enthält“.
Es sind zwar alle Muslime aufgefordert, die- natürlich sei es anstrengend, nebenher einem
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KiBo Nr. 4
normalen Arbeitsalltag nachzugehen. Ein
Deutscher, der schon einmal Heilfasten ausprobierte, liefert eine Vorstellung davon, was
es bedeutet, zu fasten: „Die ersten drei Tage
sind der Horror!“ Trotzdem scheint keiner der
Fastenden ins Schwanken zu geraten. Wenn
sie sich den vielfältigen Verzicht einmal vorgenommen haben, setzen sie ihn mit viel Disziplin und sogar Freude um. Das Wissen, sich
selbst - seinem Körper und seinem Geist – mit
dieser Prüfung etwas Gutes zu tun, daran zu
wachsen, den Armen einen symbolischen solidarischen Dienst zu erweisen und eine religiöse Pflicht zu erfüllen, scheint ihnen die nötige
Kraft zu geben. Aber wäre es in muslimischen
Ländern vielleicht einfacher? In einem Land,
in dem fast alle Ramadan halten und dementsprechend mehr Rücksicht genommen wird?
Eventuell sei es tatsächlich etwas leichter, da
dort ein großes Gemeinschaftsgefühl während der Fastenzeit bestehe, aber das werde
eigentlich durch das kühlere Klima in Deutschland aufgewogen, was es deutlich einfacher
mache, den ganzen Tag nichts zu trinken, sagt
ein älterer Herr. Obwohl die Bedingungen in
Deutschland also anscheinend als nicht sehr
hinderlich angesehen werden, könnte sich
eine junge Deutsche dennoch ein größeres
Entgegenkommen vorstellen, beispielsweise
mit flexibleren oder kürzeren Arbeitszeiten für
Fastende.
Spätestens dann würde sich der Ramadan im
täglichen Leben von Nicht-Muslimen bemerkbar machen - wie es christliche Feste im Leben
von Muslimen tun -, aber werden im Sprengelkiez auch jetzt schon Auswirkungen gespürt?
„Schlechter Umsatz“ erzählt der Verkäufer
eines Fitnessshops mit vielen Nahrungsergänzungsmitteln im Angebot, „aber nicht allzu
tragisch“. In einem häuslichen Pflegedienst,
der auch eine Reihe von Muslimen betreut,
wird der Ramadan als vollkommen unproblematisch für die tägliche Arbeit angesehen:
„Wir stellen den Zeitplan für die Besuche ein
bisschen um, das ist kein Problem. Gesundheitliche Beschwerden treten auch nicht auf,
unsere Patienten machen das oftmals schon
ihr Leben lang, jedes Jahr, da ist deren Körper
mittlerweile dran gewöhnt.“
Offenbar beschränkt sich der Ramadan im
Sprengelkiez darauf, das zu sein, was er
wahrscheinlich auch sein sollte: ein für fastende Muslime sehr wichtiges und wertvolles
Ritual, das die nicht fastenden Nachbarn voll
und ganz respektieren.
Felice Gritti und Julia Steinborn
September/Oktober 2010
„Der Islam und Koran sind meine Perspektive“
Mehmed Cimendag lebt seit sechzehn Jahren in Deutschland und arbeitet im Didim Café und Bistro. Als Moslem
hält er Ramadan. Im Interview erzählte er uns, wie er das Fasten mit seiner Arbeit vereinbaren kann und warum es
in islamischen Ländern nicht einfacher ist.
KiBo: Wie ist es, Ramadan zu halten und
den ganzen Tag Essen zuzubereiten und
Leute essen zu sehen?
Eigentlich nicht schwer. Ich habe mich ja selbst
dafür entschieden zu fasten. Zwar wird der Ramadan vom Koran vorgeschrieben, aber einen
religiösen Zwang gibt es nicht. Der Koran liefert einem vielmehr den Anstoß, nachzudenken
und zu verstehen, warum man fasten sollte,
warum es gut ist. Wenn man das verstanden
hat, tut man es freiwillig, der Koran hilft dabei.
Jeder entscheidet für sich, ob er fastet oder
nicht, und somit entscheidet auch jeder selbst,
ob er es durchhält, oder ob er etwas isst. Die
jeweilige Arbeit ist dabei unerheblich.
KiBo: Schränkt das Fasten die Leistungsfähigkeit ein?
Man ist schon körperlich geschwächt, aber das
gehört eben dazu. Nur so können wir mitfühlen, wie es Armen und Hungernden geht und
sie geistig unterstützen. Es geht dabei eben um
Solidarität.
Hier in Deutschland ist es sogar ein bisschen
leichter, weil es selbst im Sommer nicht so
warm ist, wie in der Türkei.
KiBo: Das Fastenbrechen wird groß gefeiert, aber wie sieht es davor aus? Ist das Es-
sen nach Sonnenuntergang anders als den
Rest des Jahres?
Ein wenig. Man redet über andere Dinge –
Politik, Geschichte oder soziale Themen, versucht ein bisschen aus der Monotonie heraus
zu kommen. Es ist ein verstärktes Zusammengehörigkeitsgefühl, gemeinsames Essen. Auch
gibt es viele verschiedene Gerichte, vielleicht
Dinge, die man sonst nicht sehr häufig zubereitet. Man lernt es wieder mehr zu schätzen.
Trotzdem ist Ramadan nicht, was du mit anderen feierst. Ramadan ist, was dich mit Allah
verbindet.
KiBo: Wie?
Na ja, durch Geldgaben oder Einladungen zum
Essen. Das betrifft natürlich nur die Erwachsenen. Von Kindern verlangt keiner, dass sie
einen Monat lang durchhalten. Ich habe ja als
Junge selbst immer geschummelt und heimlich
genascht. Als ich dann älter wurde, habe ich
die Stärke aus der Religion geschöpft. Man erfährt die Macht, sich selbst zu beherrschen und
zu kontrollieren.
Felice Gritti und Julia Steinborn
KiBo: Verhalten sich Muslime während des
Ramadans anders als sonst?
Sie sind freundlicher, versuchen nicht schlecht
zu reden und nichts Schlechtes zu denken. Die
meisten haben immer ein Lächeln auf den Lippen.
KiBo: Wenn das Fasten schlecht für dich
wäre, würdest du es trotzdem tun?
Natürlich nicht. Im Koran steht ja, man solle
sich nicht selber schaden. Wenn man krank ist
und gesundheitlich nicht in der Lage wäre zu
fasten, muss man die Armen anders unterstützen
Hier arbeitet Mehmed; Foto AMZ
Mein Kommentar zu Thilo Sarrazin
Von Siemen Dallmann
Sicher gibt es immer wieder mal Probleme,
wenn Menschen unterschiedlicher Kulturen zusammen kommen, auch bei uns im
Sprengelkiez. Die Frage bleibt aber doch,
wie lösen wir diese Probleme, wie gehen
wir damit um? Mit Hetze erreicht man nur,
dass sich der Betroffene zurück zieht und
sich und sein Handeln verteidigen muss.
Also verändert Thilo Sarrazin mit seinen
vorsintflutlichen Äußerungen nichts, eher
das Gegenteil wird er erreichen. Seine
Auslegungen zu Rasse, Genen und Bevölkerungsgruppen erinnern schon stark
an eine Zeit, die die meisten von uns nicht
zurück haben wollen. Integration ist keine
Sache von Einzelpersonen, zur Integration gehören immer zwei. Nur wenn man
aufeinander zugeht, sich die Hand reicht
und miteinander redet, wird Integration
September/Oktober 2010
funktionieren. Natürlich muss man Probleme auch ansprechen dürfen, aber dann
auch gemeinsam nach Lösungen suchen.
Hier sind in der Vergangenheit viele Fehler gemacht worden, die teilweise zu den
zu Recht zu bemängelnden Problemen
geführt haben. Jetzt aber nur die Migranten dafür verantwortlich zu machen, ist
schon sehr einseitig. Die Verantwortung
liegt bei beiden Seiten, und die Probleme
können langfristig auch nur von ihnen gemeinsam gelöst werden. Laut Wikipedia
bedeutet Integration übrigens so viel wie
„Zusammenfügen und Zusammenwachsen“ zu einem Ganzen. Lasst uns im
Sprengelkiez weiter im Gespräch bleiben,
und laden wir uns gegenseitig weiter zum
Kennenlernen ein. Eine wirkliche Integration, Anerkennung und Respekt kann es
KiBo Nr.4
nur geben, wenn man sich auch kennt.
Ein Kennenlernen ist nur möglich, wenn
Gespräche und gemeinsame Aktivitäten
stattfinden.
Meiner Meinung nach muss der Begriff Integration noch viel weiter gefasst werden,
er betrifft nämlich uns alle. Es wäre doch
schön, wenn alle Bewohnerinnen und Bewohner, egal ob in Arbeit oder ohne, egal
ob alt oder jung, egal ob Mann oder Frau,
egal ob mit oder ohne Behinderung, egal
aus welcher Kultur oder Religion, egal ob
hetero – oder homosexuell, im Sprengelkiez sagen könnten „Wir sind integriert,
ich bin integriert“. Erst dann ist der Sprengelkiez ein Ganzes und jeder von uns ist
ein Teil vom Ganzen. Erst dann können
wir gemeinsam, also zusammen, unsere
Probleme im Kiez lösen.
9
Mein Kiez
Initiative
Mountain Music und Shaker Songs: Das Vokalensemble „Far Afield“
Das Ensemble freut sich über jeden, der Lust zum Mitmachen hat, denn die Tradition der „American Sacred Harmony“ ist offen und verlangt keine speziellen Gesangs- oder Notentalente. Der Spaß am gemeinsamen Singen steht
hier im Vordergrund.
Gruppenfoto des Chors Far Afield; Foto: Far Afield
Aus vollem Herzen:
Das Vokalensemble „Far Afield“
Wenn Sie den Film „Oh Brother, Where Art
Thou“ mit George Clooney kennen, dann erinnern Sie sich vielleicht auch an den wunderschönen Soundtrack mit viel traditioneller amerikanischer Musik. Jeden Samstag Vormittag
erklingen diese Lieder im Gemeinderaum der
Osterkirche, denn dort trifft sich das Vokalensemble „Far Afield“ zum Üben. Hier probt die
Musikerin Irene Brockert mit teils deutschen,
teils amerikanischen Sänger/innen Mountain
Music, Hymns, Gospels und Shaker songs*) der
einfachen, oft tief religiösen Menschen aus den
ländlichen USA.
Schön und traurig zugleich sind diese Lieder,
die von Entbehrungen und harter Arbeit handeln, und von der Hoffnung auf ein besseres
Leben nach dem Tod. „I‘ll Fly Away“, im Filmsoundtrack gesungen von Gillian Welch und Alison Krauss, ist einer dieser Ohrwürmer. Das Ensemble freut sich über jeden, der Lust hat zum
Mitmachen, denn die Tradition der „American
Sacred Harmony“ ist offen und verlangt keine
speziellen Gesangs- oder Notentalente. Der
Spaß am gemeinsamen Singen steht hier im
Vordergrund.
„Far Afield“ bedeutet so viel wie „weit hinaus“, und so soll der Gesang sein: Hier geht
es nicht um Zurückhaltung oder akademisch
poliertes Singen. Wenn der Ausdruck „aus vollem Herzen singen“ jemals Berechtigung hatte,
dann hier. 2004 von Irene Brockert gegründet,
spezialisierte sich die Gruppe auf das „ShapeNote-Singing“ aus dem Gesangbuch „The Sac10
red Harp“, amerikanische geistliche Gesänge,
Lieder des ländlichen Südens, außerdem Shaker songs und Volkslieder. Um auch Laien das
Singen nach Noten zu erleichtern, entwickelte
man die unterschiedlich geformten „shape notes“. Wer den Film „Cold Mountain“ gesehen
hat, sah auch Nicole Kidman und Jude Law
beim Singen dieser shape notes.
Deutsch-russisch-amerikanische Wurzeln:
Die Chorleiterin
Die Chorleiterin und Klavierlehrerin Irene Brockert (www.Irina-Brockert-Aristova.com) hat
deutsch-russisch-amerikanische Wurzeln und
stammt aus einer musikalischen Familie. Ihre
Eltern flohen vor Stalin nach Deutschland und
emigrierten dann in die USA. Dem Kontakt zur
dortigen russischen Diaspora ist es zu verdanken, dass Irene sich auch stark für die Pflege
alter russischer Gesänge engagierte. Sie sammelte außerdem reiche Erfahrungen auf dem
Gebiet der internationalen Folklore als Dirigen-
tin, Musik-Arrangeurin, Instrumentalistin, Sängerin u. Tänzerin in Projekten mit russischen,
amerikanischen, türkischen, persischen, armenischen, kurdischen, und deutschen Musikern.
1984 gründete sie das Ensemble „Perepjolotschki“, mit dem sie den Gesang und die WeisKiBo Nr. 4
heit russischer Bäuerinnen bewahren und weiter
geben möchte
(www.Perepjolotschki.de). Seit 1998 unterrichtet
sie russisch-orthodoxe Gesänge aus acht Jahrhunderten in der Osterkirche und gestaltet mit
dem daraus hervorgegangenen Ensemble „Capella Russica“ Gottesdienste in Berliner Kirchen
(www.CapellaRussica.de).
Kurz danach entdeckte die Musikerin die amerikanische Tradition des „Sacred Harp“-Gesangs,
die ähnlich spirituell und kraftvoll ist. Und so wird
seit 2004 mit dem Vokalensemble „Far Afield“
diese Tradition lebendig gehalten (www.berlinshapenote.de).
Gefragt, wo ihre Heimat liegt, sagt sie: „Ich trage
den Osten und den Westen im Herzen!“. Irene
Brockert ist also auch musikalisch in mehreren Welten zu Hause. „Das ist, glaube ich, die
tiefgreifendste Eigenschaft des Volksgesangs
überhaupt: In jedem Menschen die Seite zu öffnen, bei der wir alle gleich sind – nicht Russen,
nicht Amerikaner – sondern einfach Menschen.
Jede traditionelle Musik vermag das, wenn sie
frei von Kitsch, von Stilisierung bleibt – authentisch bleibt.“
Sie sind herzlich eingeladen mitzusingen!
Das Ensemble „Far Afield“ probt immer samstags von 10:30 bis 13:00 Uhr. Das Ensemble
„Capella Russica“ übt immer freitags, 19:30 Uhr
(14-tägig). Im Mai und Juni konnten Besucher/
innen der Gottesdienste in der Osterkirche Kostproben dieser mitreißenden Musik hören, aber
auch in Zukunft werden „Far Afield“ und die „Capella Russica“ hoffentlich noch oft auftreten, und
vielleicht singen Sie dann einfach mit?
Osterkirche (Wedding), Gemeinderaum
Samoastraße 14, 13353 Berlin
U-Bhf. Amrumer Straße ; Bus 147
Telefon (030) 453 26 71 oder 0174/785 74 60
Audios und Bilder unter: www.berlinshapenote.
de
*) Die Musik der pazifistischen protestantischen Klostergemeinschaft der Shaker besteht seit dem 18. Jahrhundert aus inbrünstig vorgetragenen, mit Tanz verbundenen
Liedern. Diese wurden von den Mitgliedern
„komponiert“, oder vielmehr in Offenbarungen empfangen und nicht nur im Gottesdienst,
sondern zu allen Anlässen des Shaker-Lebens
gesungen. Denn für die Shaker ist der Gesang
eine der größten Gaben von Gott-Vater/Mutter.
Irene Brockert, Anne Wispler
September/Oktober 2010
Jugend bewegt Stadt - Kohle für eure Ideen!
Sport und Bewegung auf Plätzen,
in Parks oder auf der Straße ist euer Ding?
schicken euch dafür einen Vordruck und
helfen euch auch beim Ausfüllen, falls
ihr das möchtet. Der Antrag muss spätestens bis zum 19. September 2010 im
Kinder- und Jugendbüro Mitte ankommen, damit auch ihr mit im Rennen seid.
Dann wollen wir eure Ideen!
Mit uns könnt ihr in diesem Herbst hier in Mitte Sport-, Spiel- und Bewegungsprojekte umsetzten, die zwischen 500,- und 2.000,- Euro
kosten.
•
Euch fehlen z.B. ein Streetballkorb oder
Elemente zum Trialen?
•
Ihr wollt eine Slackline-Gruppe im Humboldthain starten oder mit eurer Einrichtung Spiel- und Sportgeräte bauen?
•
Eine Sportgruppe anzuleiten ist euer
Traum, oder ihr wollt Fair-Play-ManagerIn werden?
•
Ihr habt Ideen für Sportelemente im Winter?
•
Oder, oder, oder, …
3.
Bestimmt einen Sprecher oder eine
Sprecherin aus eurer Gruppe, die eure
Idee bei einer Jugendjury vertritt. Die Jugendjury entscheidet mit Unterstützung
des Kinder- und Jugendbüros über die
Verteilung der Gelder an die Projekte.
Die Jury entscheidet am 23. September
2010, nachmittags. Da muss euer Sprecher oder eure Sprecherin dabei sein!
4.
Wenn die Jury euer Projekt gut findet
und fördert, kann es los gehen. Wenn
ihr bei der Umsetzung Hilfe braucht, unterstützen euch Katharina und Ute vom
Kinder- und Jugendbüro und finden zum
Beispiel die richtigen Leute für euch,
oder beantragen Genehmigungen für
Events auf Plätzen.
So geht`s:
Ihr seid mindestens drei junge Leute zwischen 12 und 20 Jahren, habt eine Idee und
könnt sie auch noch in diesem Jahr umsetzen? Dann meldet euch bei uns und stellt einen Projektantrag.
1.
2.
5.
Alle geförderten Projekte stellen sich am
26. Oktober 2010 auf dem Kongress „Jugend macht Stadt“ vor.
Ruft im Kinder- und Jugendbüro Mitte bei
Katharina Homann oder Ute Riedel an,
damit wir eure Idee schon mal mit euch
besprechen können. Oder mailt uns eine
kurze Beschreibung eures Vorschlages,
wir melden uns dann telefonisch bei
euch (Name und Telefonnummer bitte
nicht vergessen!!).
Mail: [email protected]
Wenn eure Idee passt, müsst ihr einen
ganz einfachen Antrag schreiben. Wir
http://moabiter-ratschlag.de/kinderbuero/aktionsfond-jugend-bewegt-stadt/
Kinder- und Jugendbüro Mitte
Ute Riedel und Katharina Homann
Reinickemdorfer Str. 55, 13347 Berlin
Tel. 030/28384410
Hilfe, wir brauchen eure Hilfe!
In einigen Häusern im Kiez laufen die Förderungen (Sozialer Wohnungsbau) zurzeit
aus, was oft bis zu 25% Mieterhöhung mit
sich bringt. Viele BewohnerInnen können
die neue Miete nicht mehr bezahlen und
suchen daher eine neue und vor allem bezahlbare Wohnung im Sprengelkiez. Einige
von ihnen kommen mit der Bitte nach Hilfe
zu uns in den Nachbarschaftsladen. Der
Nachbarschaftsladen braucht jetzt eure
Hilfe: „Wo gibt es im Kiez noch bezahlbare
Wohnungen?“, ist die Frage. Bitte meldet
euch bei uns, Tel. 45977308 oder kommt
in die Sprengelstraße 15, wenn euch eine
leerstehende Wohnung im Kiez oder KiezNähe bekannt ist.
Danke für eure Bemühungen und Hilfe.
Schwimmkurs für Mutter und
Kind
Voraussichtlich im Oktober beginnt wieder der beliebte Schwimmkurs für Mutter
und Kind. Immer Freitags um 16.00 Uhr
treffen sich Mütter aus allen Nationen mit
ihren Kinder im Kombibad Seestraße zum
Schwimmunterricht, der von den Berliner
Wasserratten e.V. organisiert wird. Der
Kurs wird mit Mitteln aus dem Programm
„Soziale Stadt“ finanziert und ist für Kinder
im Vorschulalter gedacht.
Anmeldungen bei:
fit4age, Ihre Etage für Gesundheit
Sprengelstraße 15
13353 Berlin
Tel.: 33 93 69 89
Anzeige
Rechtsberatung f ü r H A R T Z 4
(Arbeitslosengeld 2)
Hilfestellung und Beratung mit Herrn Rezek
und zwei Rechtsanwaltskanzleien
Kostenlos
Anmeldung für Rechtsanwalttermin und Vorgespräch hier im
Nachbarschaftsladen (Sprengelstr. 15) bei Herrn Rezek
und Frau Keskin
Montag, Mittwoch und Donnerstag: 9 - 17Uhr
Telefon: 459 733 08
September/Oktober 2010
KiBo Nr.4
Jeder kann mitmachen!
Kommen Sie einfach
vorbei...
Zur nächsten öffentlichen Redaktionssitzung am Dienstag,
den 05. Oktober um 17 Uhr im
Afrika Medien Zentrum,
Torfstraße 12, 13353 Berlin
11
Initiative
Mein
Initiative
Kiez
Arm trotz Arbeit
Immer mehr Arbeitnehmer in Deutschland gehen für wenig Geld arbeiten. Ihre Zahl hat sich in den vergangen zehn
Jahren stark erhöht. Auch 24% unserer Nachbarn im Sprengelkiez gehören zu den so genannten Aufstockern, die zwar
arbeiten gehen, zum Teil sogar Volltags, aber von ihrer Arbeit nicht mehr leben können.
Das Problem: Trotz Arbeit sind viele Menschen auf finanzielle Hilfen angewiesen.
Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen sind, ist in den vergangenen Jahren
gestiegen. Das geht aus einer Studie des
Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) hervor.
Trotz Arbeit haben viele Deutsche zu wenig
Geld zum Leben.
Mehr als jeder fünfte Arbeitnehmer in Deutschland arbeitet mittlerweile im Niedriglohnsektor, das sind insgesamt über 6,5 Millionen
Menschen, besagt eine Studie des Instituts
Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg. Dabei beobachten die Forscher einen
Trend zu sinkenden Durchschnittslöhnen. „In
Deutschland ist das Lohnspektrum nach unten in einem Ausmaß ausgefranst, das in anderen Ländern auf Grund von Mindestlöhnen
nicht möglich wäre“, kritisieren sie.
Die höchste Quote habe mit 6,5 Prozent in
Berlin gelegen, gefolgt von Sachsen-Anhalt
mit 5,5 Prozent. In Sachsen seien es 4,8 Prozent gewesen. Der Übergang aus dem Fürsorgesystem in die Erwerbstätigkeit gelinge
im Hartz-IV-System genauso selten, wie bei
der früheren Sozialhilfe, heißt es in dem Papier.
Allein zwischen 1995 und 2007 hat sich die
Zahl der Niedriglohnbeschäftigten um rund
2,1 Millionen erhöht, das entspricht einem
Zuwachs von 49 Prozent. Die Berechnungen
zeigen außerdem, dass die Durchschnittslöhne von Niedriglohnbeschäftigten in den
vergangenen zwölf Jahren inflationsbereinigt
nicht gestiegen und in Westdeutschland sogar
nominal gesunken sind. Danach arbeitet jeder
Niedriglohnbeschäftigte für weniger als sechs
Euro Brutto. Knapp ein Viertel der Beschäftigten verdient trotz voller Arbeitszeit nicht mehr
als 800 Euro im Monat.
Selbst wenn der Übergang in eine sozialversicherte Beschäftigung geschafft sei, „ist sie
meist nicht von langer Dauer“, sagt DGB-Arbeitsmarktexperte Wilhelm Adamy. Nur etwa
die Hälfte der Betroffenen sei sechs Monate
später noch beschäftigt, während die anderen
oft wieder arbeitslos werden. Viele würden in
Leiharbeit oder andere befristete Arbeitsverhältnisse vermittelt.
Von den Aufstockern verdienten im Osten
12
39,2 Prozent unter fünf Euro und nochmals
37,3 Prozent zwischen fünf und 7,50 Euro. Im
Westen lägen die entsprechenden Anteile bei
29,5 und 28,3 Prozent. Das Armutsrisiko ist
laut der Studie in dieser Bevölkerungsgruppe
mit 14,3 Prozent mehr als doppelt so hoch,
wie bei den abhängig Beschäftigten, von denen sechs Prozent armutsgefährdet seien.
Aus der Studie des DIW, dem Deutschen
Institut für Wirtschaftsforschung:
Die Armutsgrenze wird im Hinblick auf die
Verfügung über weniger als 60 Prozent eines mittleren Einkommens angesetzt (Durchschnittsverdienst in Deutschland rund 1.350
Euro). Somit lagen rund 11,5 Millionen Bürger
im Jahr 2008 an der Armutsgrenze oder lebten bereits in Armut. Kinder und Jugendliche
seien besonders betroffen (im Sprengelkiez
leben 69% der Kinder in Armut). Von den jüngeren Erwachsenen zwischen 19 und 25 Jahren seien knapp ein Viertel gefährdet. Auch
mit zunehmender Anzahl der Kinder wachse
bei den Familien gleichzeitig das Risiko der
Armut. Der Armutsanteil von Familien mit 3
Kindern liegt nach der Studie bei 22 Prozent.
Bei den Bürgern über 70 Jahren und bei alleinstehenden Frauen erhöht sich das Risiko
der Altersarmut in deutlichem Maße. Von den
Frauen, die im Alter allein leben, liegen fast
ein Fünftel unterhalb der Armutsgrenze, (im
Sprengelkiez leben 13% der Senioren in Altersarmut, was in den nächsten Jahren durch
die hohe Langzeitarbeitslosigkeit, ca. 15% bei
uns im Kiez, nochmal drastisch steigen wird).
Text zum Teil aus dem Internet
überarbeitet von Siemen Dallmann
Definition von Armut
Was ist eigentlich Armut? Welche Arten von Armut gibt es?
Im Wesentlichen unterscheidet man drei Arten der Armut:
Absolute Armut
Absolute oder extreme Armut bezeichnet nach Auskunft der Weltbank
eine Armut, die durch ein Einkommen von etwa einem Dollar (neuerdings
1,25US$) pro Tag gekennzeichnet ist. Auf der Welt gibt es 1,2 Milliarden
Menschen, die in diese Kategorie fallen.
Relative Armut
Von relativer Armut spricht man in Wohlstandsgesellschaften, in denen es
absolute Armut praktisch kaum gibt, wohl aber eine arme „Unterschicht“
(neuerdings auch Prekariat genannt). Als relativ arm gilt hier derjenige,
dessen Einkommen weniger als die Hälfte des Durchschnittseinkommens beträgt.
Gefühlte Armut
Gefühlte oder auch sozio-kulturelle Armut lässt sich weniger an konkreten Einkommensgrenzen festmachen. Es ist mehr das Bewusstsein, das
diese Art der Armut konstituiert. Sie betrifft diejenigen, die sich aufgrund
ihrer allgemeinen gesellschaftlichen Ausgrenzung oder Diskriminierung
als „arm“ betrachten oder Angst vor einer sich verschlechternden wirtschaftlichen Lage haben bzw. in ständiger Angst vor Armut leben.
KiBo Nr. 4
September/Oktober 2010
Sportfest im Sprengelpark ein großer Erfolg
Am letzten Sonntag der Schulferien fand zum
ersten Mal im Sprengelpark das Kindersportfest statt. Organisiert von der Etage für Gesundheit, fit4age, und mit Mitteln aus dem
Programm “Soziale Stadt“ finanziert, gingen
über 80 Kinder im Vorschulalter an den Start.
Zunächst mussten sie beim Erlebnislauf 9 verschiedene Stationen absolvieren, zur Belohnung gab es bei jeder Station einen Sticker
auf die Erlebniskarte. Sackhüpfen, Sprünge im Sand und Würfe auf den Korb waren
ebenso verlangt, wie die Absolvierung eines
Geschicklichkeitsparcours und das Kriechen
durch die Bärenhöhle. Den ganzen Nachmittag über herrschte emsiges Treiben und eine
sehr friedliche und angenehme Atmosphäre im Park. In der Pause konnten die Kinder
auf der Hüpfburg spielen oder neue Kräfte
am Bratwurststand sammeln. Zum Abschluss
stand der Sprengellauf auf dem Programm. In
verschiedenen Altersklassen mussten die Kinder eine, zwei oder drei Parkrunden bewältigen. Alle Kinder erhielten Urkunden und bei
der Siegerehrung gab es auch noch Medaillen
Die Kinder sind bereit für den Rennstart; Foto: Heinz Reichenecker
und Preise für die Ersten der Läufe. Zufriedene Eltern und glückliche Kinder machten sich
auf den Nachhauseweg, nachdem sie den
Veranstaltern und den zahlreichen Helfern so
manches Lob und Kompliment ausgesprochen hatten. „Bis zum nächsten Jahr“ war von
allen doch erstaunlich oft zu hören!
Heinz Reichenecker
Sperrmüllmarkt geplant
Das Quartiersmanagement plant für Ende Oktober einen
Sperrmüllmarkt, wahrscheinlich auf dem Pekinger Platz
am Nordufer.
• Alles, was Sie nicht mehr brauchen, können Sie dort
abstellen.
• Brauchen Sie etwas,
das ein anderer Kiezbewohner abgestellt
hat, können Sie es
mitnehmen.
• Vor Ort können Sie
sich an verschiedenen Infoständen auch
Informationen
z.B.
zum Stromsparen
holen.
Wann und wo der
Sperrmüllmarkt
genau stattfindet, wird
noch rechtzeitig
plakatiert und im Internet bekannt gegeben.
Weitere Fragen? Quartiersmanagement Sparrplatz, Serpil
Kücük, Tel. 46606190
September/Oktober 2010
KiBo Nr.4
13
Initiative
Mein
Kiez
10 Jahre ZukunftsDetektive
2004 Ausflug nach Frankfurt (Oder) – Burcu, Duygu, Nuray, Yesim und Zehra; Foto Angela Bochum
Ende September 1999 entsteht die Idee, als
„ZukunftsDetektiv“ die Welt spielerisch zu
entdecken. In der Evangelischen Osterkita
fragte damals eine Storchenpuppe Hortkinder
„Hier komme ich her – Wo kommst du her?“
Während der Durchführung entstand die Idee
für ein Projekt im Kiez „Kinder fragen Kinder
und Erwachsene“ zu der gleichen Frage. Der
Ursprung hierzu war die ehrenamtliche Arbeit
von Angela Bochum und Michael Strecker im
Prozess der Lokalen Agenda 21 im Bezirk und
der Stadt zum Thema „Eine Welt“. Gleichzeitig fand die vom Quartiersmanagement Sparrplatz initiierte Veranstaltungsreihe „Was ist die
Mehrzahl von Heimat?“ statt.
Ein Jahr später war es dann soweit, die erste Kindergruppe, drei Mädchen im Alter von
8-10 Jahren, Yesim Bayram, Metha und Duygu Szesgin machten sich, unterstützt durch
Angela Bochum, auf den Weg ihren eigenen
Kiez und Bezirk zu erkunden. Der Wettbewerb
„Stellt Euren Bezirk einem fremden Kind vor?“
im Rahmen der Netd@ys Berlin, gab den Ansatz und die erste Aufgabenstellung. Ausgerüstet mit Kameras, Block und Stiften machten sich die Mädchen auf den Weg. Am Ende
wurde alles digitalisiert und am Computer
1414
entstand ihre erste Power Point Präsentation,
mit der sich die Mädchen ihren ersten Preis
holten. Viele Beteiligungen an Wettbewerben
und Preise folgten in den nächsten Jahren.
Für die wöchentlichen Workshops nutzten wir
in den ersten Jahren den Nachbarschaftsladen in der Torfstraße, als der dann schloss
und umzog, fanden sie an ganz unterschiedlichen Orten statt. 2006 fanden wir einen Platz
im Jugendcafé der Evangelischen Ostergemeinde.
Schnell wuchs die Gruppe und bereits 2001
waren es sechs Mädchen, die sich mit den
Partnerstädten vom Wedding beschäftigten
und eine spielerische Reise nach Japan entwickelten. Fast ein Jahr arbeiteten die Mädchen
an dem Thema und stellten dabei interessante
Fragen, z.B. „Gibt es auch Obdachlose in Japan“ oder „Wie sieht der Schulunterricht aus?“
In Workshops gingen die Mädchen den Fragen nach, wieder ausgerüstet mit Kameras,
Block und Stiften, Diktiergerät, Computer und
einem Scanner. Auch hier dokumentierten sie
ihre Ergebnisse in Form eines Reiseberichtes
auf Power Point Folien und präsentierten sie
auf dem Bildungskongress 2002 zum Thema
KiBo Nr. 5
4
„Eine Welt“, sie erhielten eine Einladung in die Botschaft von Japan und
trafen sich mit Jugendlichen aus Japan, die aus der Partnerstadt Tokio
zu Besuch waren.
In den Jahren danach sind noch viele
solcher spielerischen Reisen entstanden, so z.B. über Indien, Polen, Türkei, Länder am Balkan und in Afrika.
Der Kontinent Afrika hatte einen besonderen Reiz, um sich hier mit einzelnen Ländern zu beschäftigen. Das
Maskottchen „Rudi Langbein“ ist eine
Weißstorchpuppe, und diese Tiere
ziehen im September zum Überwintern bis nach Südafrika. Wenn wir
uns die Flugroute der Tiere näher betrachten, dann finden wir die meisten
Länder auf ihr wieder. Der Blick, den
wir mit den Mädchen in die jeweiligen Länder machten, war immer aus
der Vogelperspektive. Denn wie sich
aus der langjährigen Erfahrung in
der Arbeit mit Kindern herausstellte,
lernen sie leichter mit Hilfe von Figuren, Handpuppen und Symbolen. Wir
wollten aber nicht nur lernen, sondern
auch Spaß haben und den Bezug zur
Realität herstellen. So begleiteten wir
die Weißstörche am Computer, denn
es gibt einige, die mit Sendern ausgestattet sind und über Satelliten von
Biologen genau beobachtet werden.
Die Vogelwarten in Radolfzell, Loburg und
Vetschau sind nur einige. Wir beobachteten
die Weißstörchin Prinzesschen aus Loburg
über viele Jahre, wie sie regelmäßig 20.000
km von Loburg nach Südafrika und zurück
flog. Im Dezember 2008 starb sie in Botswana, aber sie wurde fast 12 Jahre alt. Heute beobachten wir Annemarie, Felix und seit
2009 auch Otto aus Loburg. Um über die Tiere vieles erfahren zu können, besuchten wir
regelmäßig die Naturschutzstation Malchow
im Norden von Berlin, denn hier brüten jedes
Jahr Weißstörche und wir können ihnen ganz
nah sein.
In den Jahren sind Kontakte zu Kindergruppen in Tschechien, Polen, Indien und Südafrika entstanden und ermöglichten den Kindern
ihre Fragen viel direkter zu stellen. Sprachbarrieren konnten mit Unterstützung von Freunden überbrückt werden.
Heute, nach 10 Jahren, hat sich das Konzept so einige Male erweitert und verändert,
je nachdem welche Fragen die Kinder hatten, so gab es das Angebot 2005-2008 in
Deutsch und Türkisch, denn mit der Unterstützung von Sultan Bayram konnten besonders türkische Kinder ihre Sprachkompetenz
September/Oktober 2010
erweitern. Dafür gab es Fördergelder von der
Aktion Mensch „5.000xZukunft“ und über das
Quartiersmanagement Sparrplatz. Aber die
meisten Jahre finanzierte sich die Arbeit auf
ehrenamtlicher Basis mit Spendengeldern,
die reichen meistens gerade so für das Material. Die Finanzierung ist auch weiterhin ein
Problem, denn die Familien können oftmals
geradeso die Fahrtkosten bei Ausflügen oder
Eintrittsgelder abdecken. Die Betreuung und
Begleitung der Kinder findet auch weiterhin
auf ehrenamtlicher Basis statt, auch wenn das
nicht immer einfach ist. Denn wir brauchen
dringend neue Technik, der eine Laptop reicht
nicht für alle Kinder und auch die beiden Digitalkameras sind inzwischen in die Jahre gekommen, neues Material und die Präsentation
auf einer eigenen Webseite sind notwendig.
Dank der Ev. Ostergemeinde können wir die
Räumlichkeiten kostenlos nutzen, aber wie
lange noch? Denn die derzeitige Sanierung
kostet der Gemeinde viel Geld. Nach den
Sommerferien treffen wir uns erstmal weiter in
der Kirche, bis das Jugencafé fertig ist. 2006
erhielt das Projekt „ZukunftsDetektive“ den
MediaMAX Sonderpreis.
Die Gruppenstärke pendelte immer so zwischen 8-12 Kindern, meistens Mädchen im
Alter von 7-12 Jahren, die sich einmal in der
Woche für 2-4 Stunden trafen. Im letzten Jahr
veränderte sich die Gruppe wieder, einige
2006, Esma baut ihren eigenen Storch; Foto Angela Bochum
Jungen kamen dazu und die Altersstruktur
ging auf 5-10 Jahre und auch die Ideen erweiterten sich. So experimentieren und basteln
die Kinder mit ganz unterschiedlichen Materialien und hin und wieder sind auch türkische
Mütter mit dabei. Für diesen Herbst haben
sich weitere 4-5 Kinder angemeldet, Kinder
die bis zum Sommer in einer der Vorschulgruppen der Evangelischen Osterkita waren.
Jetzt könnte man denken, es ist ein Projekt der
Kita oder der Gemeinde, so ist es aber nicht,
die „ZukunftsDetektive“ sind unabhängig,
finden aber Unterstützung in der Gemeinde
und bei dem Verein
Future-on-Wings e.V.
„Wie hat alles begonnen?“ Mit dieser Frage beschäftigten wir
uns bereits seit dem
Frühjahr und werden
sie im Rahmen einer
Ausstellung, die Ende
September 2010 in der
Osterkirche zu sehen
sein wird, beantworten.
Wer neugierig geworden ist, sollte sich das
nicht entgehen lassen
und im Rahmen des
„Lebendigen Adventskalenders 2010“ wollen
wir auch wieder einen Schnuppernachmittag
anbieten. Weitere Fragen beantworten wir
gerne unter [email protected] und
Bilder der letzten Jahre sind auf der Webseite
www.future-on-wings.net/flyla21 zu finden.
Angela Bochum,
Erzieherin, Heilpädagogin und Projektleiterin
der „ZukunftsDetektive“
Müllerstraßenfest mit besonderem Highlight: Dem Afrikafest
Zuschauer bestaunen die Gruppe N‘Koma Vata; Foto Lydia Manock Bayap
In diesem Jahr gab es eine Neuheit: Das
Müllerstraßenfest und das dritte Afrikafest im
Wedding fanden zur gleichen Zeit statt. Neben den verschiedenen Verkaufs- und Informationsständen auf der Müllerstraße stellte
das direkt auf dem Rathausplatz stattfindende
Afrikafest einen besonderen Augenschmaus
dar. Farbenfrohe Musiker und Tänzerinnen
September/Oktober 2010
zeigten ihr Können auf der Bühne, die in diesem Jahr besonders klein ausfiel. Organisatorin Assibi Wartenberg bedauerte das etwas
geringere Budget, das ihr dieses Jahr zur Verfügung stand. Trotzdem gaben die Künstler
ihr Bestes und das Publikum war begeistert.
Auch die immer wieder eintretenden Regenschauer störten die Künstler kaum, und so
KiBo Nr.4
Nr.5
wurde auch im Regen gesungen, getrommelt
und getanzt.
Eingeleitet wurde die Veranstaltung durch den
Bezirksbürgermeister Dr. Christian Hanke.
Er stellte das Kulturereignis unter das Motto:
„Gegen Rechtsextremisten“. Das Afrikaviertel
sei fast einzigartig in Deutschland und es ist
„unerhört, dass Neonazis im Wedding Fuß
fassen wollen. Nazis haben in Wedding, in
Mitte, nichts zu suchen.“ Seine Ansprache
wurde mit viel Applaus bekräftigt.
Im Laufe des Tages traten viele verschiedene
Künstler auf, deren Darbietungen zum Ärger
vieler Besucher leider durch die äußerst mangelhafte Technik gemindert wurden. Es sangen und spielten unter anderem der Revival
Gospel Chor und die Lion Express Band.
Am Sonntag begann das Programm mit einem
Konzert von N´Koma Vata, die es verstanden,
das Publikum mitzureißen. Es folgten Lanaya mit einer beeindruckenden Show, bei der
Trommeln und Balafone zum Einsatz kamen.
Den Abend schloss eine unterhaltende Darbietung von Buba Jammeh ab.
Lydia Manock Bayap
und Julia Steinborn
15
Initiative
Mein
Kiez
Neues von ComDo-Berlin
Am 10. Juli wurde der erste Container mit Sachspenden für das Kinder- und Jugendprojekt
in Makeni (Sierra Leone) verladen. Dann ging
die Reise über den Hamburger Hafen zum Bestimmungsort Salone, einem kleinen Vorort von
Makeni, in dem ein Kinder- und Jugend-Zentrum
entsteht. Hier werden die Kinder und vor allem
die Jugendlichen Kurse am PC und auch Nähkurse besuchen können. Es sollen aber auch
Sportgruppen entstehen, damit die Kinder einer
sinnvollen und gesunden Beschäftigung nachgehen. Auch soll das Krankenhaus vor Ort mit
technischen Geräten und Hilfsmitteln unterstützt
werden. Der Rest entwickelt sich vor Ort. Wir
werden versuchen, Wünsche und Aktivitäten,
die noch von den Kindern und Jugendlichen
ins Leben gerufen werden, zu unterstützen
und möchten uns im Namen der Betroffenen
in Salone für eure Unterstützung und Spenden
bedanken.
Was wird noch dringend gebraucht?
Tische, von denen sich die Beine abschrauben
lassen, PCs, Sportgeräte und -utensilien, Musikinstrumente, sowie Rollstühle und Gehhilfen
aller Art.
Genauso wichtig sind aber auch Geldspenden!
Für ca. 750€/Jahr könnten wir vor Ort ein Haus
anmieten, in dem dann das Zentrum von ComDo-Salone seine Aktivitäten und Kurse stattfinden lassen kann.
Auch wird Geld für das Verschiffen der Con-
Mitglieder und Helfer des ComDo beladen den Container. Foto: Siemen Dallmann
tainer benötigt. Wir würden uns auch hier sehr
über eure Unterstützung freuen, aber auch über
Vorschläge und Ideen, wie wir an Geld kommen.
Unterstützung:
Am 18. Dezember wird es in der Osterkirche
ein großes Benefiz-Konzert mit vielen Künstlern
aus dem Sprengelkiez und den Nachbarkiezen
geben. Zugesagt haben schon die Liedermacherinnen Mary und Mandy aus unserem Kiez.
Auch Orpheus, die bekannte Rockband für Leib
und Seele, haben sofort zugesagt, dass sie da-
bei sind. Es wird auch zu einer Premiere kommen: Zwei junge Männer aus dem Sprengelkiez
werden das erste Mal ihren Rap auf einer Bühne
vortragen. Natürlich ist auch die MultiKulti Kindertanzgruppe aus den Sprengelkiez mit dabei.
Wer sich jetzt noch angesprochen fühlt, kann
sich gerne bei uns melden.
ComDo-Berlin,
Nachbarschaftsladen
in
der Sprengelstraße 15 in 13353 Berlin, Tel.
030/45977308
Mohamed Bah
Einladung zur Gebietskonferenz
Was bringt den Sprengelkiez weiter? Wie
können wir die Angebote, das Miteinander
und die Zukunft im Stadtteil verbessern?
Auf der Gebietskonferenz für den Sprengelkiez am Samstag, den 18. September kann
jeder dazu seine Ideen und Vorschläge einbringen.
Unter dem Motto „Für einen kinder- und
familienfreundlichen Sprengelkiez“ wird gemeinsam mit dem Quartiersrat und Vertreter/innen der Fachämter des Bezirks Mitte
in lockerer Atmosphäre diskutiert. Wo gibt
es Handlungsbedarf? Und mit welchen Projekten können wir z.B. Kinder, Jugendliche
oder Senior/innen unterstützen, Integration
fördern oder Chancen verbessern?
Alle sind herzlich eingeladen, diesen Tag
gemeinsam zu gestalten und damit ihren
Beitrag für eine lebenswerte Nachbarschaft
zu leisten. Jeder bringt dabei seine Erfah-
16
rungen und sein Wissen ein. Schön wäre
es, wenn am Ende viele gute Ideen und
praktische Lösungen entstehen.
Programm
10:00 Uhr bis 10:30 Uhr
Begrüßung und Einführung
10:30 Uhr bis 12:30 Uhr
Diskussion im World-Café in kleinen Gruppen: Probleme und Handlungsbedarfe im
Sprengelkiez
12:30 Uhr bis 13:00 Uhr
Vorstellung der Ergebnisse
16:00 Uhr bis 16:30 Uhr
Vorstellung der Ergebnisse
16:30 Uhr bis 17:00 Uhr
Zusammenfassung und Ausblick
Ort: Baptistenkirche Wedding
Müllerstr. 14 A
13353 Berlin
Veranstalter: Quartiersmanagement Sparrplatz, Burgsdorfstr. 13a, 13353 Berlin, Tel:
030 – 4660 61 90, E-Mail: qm-sparrplatz@
list-gmbh.de, Ansprechpartnerinnen: Alexandra Kast und Serpil Kücük
13:00 Uhr bis 14:00 Uhr
Pause mit Mittagsimbiss
14:00 Uhr bis 16:00 Uhr
Entwicklung von Lösungsansätzen und
Projektideen in kleinen Gruppen
KiBo Nr. 4
September/Oktober 2010
Was sagt die Statistik über unseren Sprengelkiez?
Der „Sprengelkiez“ (QM Gebiet Sparplatz–
Wedding) ist ein innenstadtnahes, gründerzeitliches Berliner Altbauquartier. Das Gebiet
ist gekennzeichnet durch hohe Arbeitslosigkeit
(der 18- bis 60jährigen von rund 18%, davon
Langzeitarbeitslose rund 15%, Jugendliche
rund 9%), einen hohen Migrationsanteil (41%
ohne deutschen Pass und 16% Deutsche mit
Migrationshintergrund), Kinderarmut (68,5%),
Altersarmut (12,8%) und Aufstockern (23,4%).
Das Monitoring Soziale Stadt (2008) beschreibt
die Entwicklung im Programmgebiet wie folgt:
Insgesamt wird für das Gebiet die unterste
Kategorie der Entwicklungsindikatoren festgestellt. Damit gehört der Sprengelkiez weiterhin
zu den Quartieren, in denen bereits eine hohe
Problemdichte besteht und die Situation sich
weiter verschärfen wird.
Mitmachen - mitgestalten - am 18.9. bei
der Gebietskonferenz
Liebe Nachbarinnen und Nachbarn,
zahlreiche Menschen bei uns im Kiez sind vom
Ausschluss vom Arbeitsmarkt bedroht oder betroffen. Damit einhergehend sind viele kaum
noch in soziale Netze eingebunden bzw. aus
sozialen Zusammenhängen ausgeschlossen.
Dies betrifft auch Rentnerinnen und Rentner,
sowie etliche Jugendliche und Kinder bei uns
im Kiez, wir sitzen alle in einem Boot. Ein lebendiger und lebenswerter Kiez braucht aber
gerade auch diese Menschen. Lasst uns alle
zusammen die Ruder und auch das Steuer
in die Hand nehmen, damit wir gemeinsam
die Richtung mitbestimmen, in die unser Boot
(Kiez) fahren soll.
Wir wissen, wo es Probleme gibt und wir haben ein großes Interesse daran, sie zu lösen,
damit es im Sprengelkiez lebenswert bleibt,
September/Oktober 2010
oder sogar noch besser wird. Wir leben schließlich hier und können den Kiez nicht so einfach
wechseln. Nur Meckern reicht hier nicht mehr
aus, packen wir es zusammen an, gehen wir
zur Kiezkonferenz und bestimmen mit, was bei
uns im Kiez passieren soll und vielleicht auch
passieren muss.
Das freiwillige Engagement und die Bereitschaft
vieler Bürgerinnen und Bürger sind notwendig,
um sich für ihr Gemeinwesen vor Ort (Sprengelkiez) einzusetzen, um der Vereinzelung und
auch der Vereinsamung entgegenzuwirken und
Gemeinsinn zu schaffen.
Nur gemeinsam können wir unseren Kiez lebenswerter machen, wir sind die Fachfraue und
-männer vor Ort, egal ob alt oder jung, egal welcher Kultur oder Religion wir angehören, egal
ob erwerbslos oder berufstätig.
KiBo Nr.4
Was kann ich denn tun?
Viele von uns würden den Kiez nie, oder wenigstens nicht so schnell verlassen wollen. Also
muss es doch etwas geben, das uns trotz der
schlechten Prognosen von negativen Untersuchungsergebnissen und Statistiken hier hält.
Sorgen wir doch gemeinsam dafür, dass es zu
keinen weiteren Einsparungen in der Kinderund Jugendarbeit kommt. Auch müssen unsere
Grundschulen genug Räume zu Verfügung haben, damit man auch den Bildungsauftrag erfüllen kann. Verhindern wir, dass es in der Seniorenarbeit zu weiteren Einschränkungen kommt.
Die Auflistung könnte noch weiter gehen, da die
Politik bei Einsparungen vor keinen Grenzen
Halt macht. Sie sind dabei sogar bereit, Recht
und Gesetz außer Acht zu lassen.
Fangen wir doch bei uns im Kiez an, treffen wir
uns auf der Kiezkonferenz am 18. September
zwischen 10.00 und 17.00 Uhr, in der Baptistenkirche Wedding in der Müllerstraße 14a,
nähe Arbeitsamt. Vielleicht kann hier nicht alles
zu unserer Zufriedenheit besprochen werden,
aber wenn wir am Ball bleiben und immer wieder nachhaken, wird sich was ändern. Wenn
wir aber zu Hause nur darauf warten, dass sich
etwas ändert, warten wir in 10 Jahren immer
noch.
Unter www.fotos.web.de/siedall gibt es Fotos,
welche die guten Gründe, um im Kiez zu bleiben und sich für seinen Kiez stark zu machen,
aufzeigen. Fotos die einem gefallen, können
und dürfen kostenlos für private Zwecke heruntergeladen werden.
Ich hoffe wir sehen uns am 18. September auf
der Kiezkonferenz.
Gruß,
Siemen Dallmann
17
Initiative
Mein
Kiez
Hoher Besuch zur Eröffnung des afrikanischen Leseraums
Welches Buch soll man nur wählen? Diese Frage stellt sich dem Besucher des neuen afrikanischen Leseraums, der buchstäblich die Qual
der Wahl hat. Belletristik in Hülle und Fülle, von
afrikanischen und deutschen Autoren, ist in den
Regalen angeordnet. Sachbücher, Kochbücher,
Reiseliteratur und sogar Kinderbücher locken
immer mehr Interessenten in den Raum, der
dreimal die Woche geöffnet hat. Eine gemütliche
Sitzecke lädt zum Anlesen der Bücher ein und
die afrikanische Dekoration verbreitet ein besonderes Flair. Mit der Zeit werden immer mehr
Medien zur Verfügung stehen, denn der Lese-
raum erfreut sich auch besonders zahlreicher
Sachspenden.
Am 18. August fand nun die feierliche Eröffnung
statt und hoher Besuch hatte sich angekündigt.
Die Botschafterin von Mali, I.E. Frau Fatoumata Siré Diakité, der Botschafter von Kamerun,
S.E. Herr Jean Marc Mpay, sowie Vertreter von
Südafrika, Senegal und Mali waren von der Idee
eines afrikanischen Leseraums begeistert und
kamen zur Eröffnung.
Besonders die Botschafterin von Mali freute sich
über den neuen Leseraum: „Viele sagen, Afrika
habe keine schriftliche Geschichte, aber ich
Hervé Tcheumeleu bekommt Blumen; Mitartbeiterin des Afrika Medien Zentrums Anja Schwarz erklärt den Gästen den Leseraum
Atmosphäre des Leseraums
Vorsitzender des Afrikarats Moctar Kamara; Bernard Mayo
Der afrikanische Chor Akwaba
Der Bürgermeister Dr. Christian Hanke ist begeistert
Botschafter von Kamerun Jean Marc Mpay (Anzug) und Botschafterin von Mali Frau Fatoumata Siré Diakité; (weiß); Leseraum
möchte hier an eine der ältesten Bibliotheken
der Welt in Timbuktu erinnern und freue mich,
dass hier in Berlin eine afrikanische Bibliothek
entsteht.“ Sie selbst hat zwei Bücher geschrieben und wird einige Exemplare dem Leseraum
schenken.
Auch der Botschafter von Kamerun hat die Initiative gelobt und versprochen, sich anzumelden,
um Bücher auszuleihen.
Für Bezirksbürgermeister Dr. Christian Hanke
war es selbstverständlich, diese Initiative zu
unterstützen: „Immer mehr Menschen afrikanischer Herkunft siedeln sich in Mitte an, mit dem
Leseraum soll ein wahrer kultureller Austausch
stattfinden.“ Im Anschluss lud er die Anwesenden ein, den Leseraum anzuschauen.
Moctar Kamara, Vorsitzender des Afrikarates,
betonte, dass es für ihn eine große Ehre sei, bei
der Eröffnung des ersten afrikanischen Leseraums in Deutschland dabei zu sein. Besonders
freut er sich, dass die Initiative von einem Mitglied des Afrika-Rats ins Leben gerufen wurde.
Er forderte alle Gäste auf, den Leseraum zu
unterstützen und schritt gleich als Vorbild voran:
Er spendet dem Leseraum 10 Bücher aus seiner
Sammlung.
Das Rahmenprogramm beinhaltete auch musikalische Darbietungen. Der Berliner Schmusesänger Bernard Mayo trug fünf Lieder aus
seinem Repertoire vor. Zudem konnten die Besucher im Afrika-Medien-Zentrum eine Ausstellung einiger seiner Bilder sehen.
Der afrikanische Gospel-Chor Akwaba rundete
das Programm ab. „Mit unserer Teilnahme an
der Eröffnung wollen wir dem Bruder Tcheumeleu zeigen, dass alle hier lebenden Afrikaner ihn
unterstützen“, so Chorleiterin Eva Nicole Philipp.
Herausgeber und Leseraum-Besitzer Hervé
Tcheumeleu bedankte sich bei allen, die sich
trotz Regens auf den Weg gemacht hatten, um
bei diesem historischen Moment dabei zu sein.
Er habe die ersten Steine ins Rollen gebracht,
nun liege es auch an allen anderen, um das
gesamte Haus zu bauen. Ziel ist es, bis Ende
2010 mindestens 2010 Medien zur Verfügung
zu haben. Bis heute gibt es rund 1100 Bücher,
deshalb ruft er alle auf, Bücher über Afrika zu
spenden und auch andere Sachspenden, die
eine Bibliothek benötigt, seien willkommen. Diese ersten Schritte seien nur dank der Förderung
der Europäischen Union, der Bundesrepublik
Deutschland und dem Land Berlin im Rahmen
des Programms „Zukunftsinitiative Stadtteil“ Teilprogramm „Soziale Stadt“ möglich gewesen.
Wer den afrikanischen Leseraum besuchen
möchte, kann dies montags, mittwochs und freitags in der Torfstraße 12 tun.
Lydia Manock Bayap
September/Oktober 2010
Sommerfest auf der Weddinger Kinderfarm und dem Abenteuerspielplatz
Unter dem Motto „AFRIKANISCHE (T)RÄUME auf dem grünen
Dreieck“ gab es auch dieses Jahr
wieder ein ganz besonderes Highlight im Sprengelkiez: Das Sommerfest der Weddinger Kinderfarm
und des Abenteuerspielplatzes
TELUX.
Selbstverständlich standen auch
diesmal die Kinder im Vordergrund. Es gab aber nicht nur ein
großes buntes Programm für die
Kleinen, viele Kinder waren auch
Teil der Veranstaltung. Ein Hochgenuss war wieder mal das Pro- Sommerfest auf der Weddinger Kinderfarm; Foto: Siemen Dallmann
gramm des Kinderzirkus Pannini
und Ordnungsamt; Ulrich Davids (SPD), Be- dem größten Zirkus mit den kleinsten Pannen. zirksverordnetenvorsteher; Dr. Eva Högl (SPD),
Die Kinder waren mit Begeisterung dabei und Mitglied des Deutschen Bundestages; Jutta
führten dem begeisterten Publikum allerlei Zau- Schauer-Oldenburg (Bündnis 90/Die Grünen),
berei, Akrobatik, Clownerie, sowie Tänze und Fraktionsvorsitzende in der BVV Mitte, die unter
Trommlereien vor. Sie waren nicht zu bremsen, den Gästen waren. Und vom Lions Berlin – Alselbst als gegen 17.00 Uhr der Regen einsetz- bert Einstein waren Frau Silke Kaden (Clubte, spielten sie professionell ihr Programm zu masterin), Herr Hartmut Schnee (Aktivity BeEnde.
auftragter) und die beiden „Pinto-Ponys“ Gimli
Begeistert waren unter anderem auch Pet- und Faramir, die als Geschenk vom Lions Berra Schrader (Die Linke), Bezirksstadträtin für lin der Kinderfarm übergeben wurden, da. Mir
Jugend, Schule und Sport; Carsten Spallek ist aber auch eine Bitte der Kinder aufgefallen:
(CDU), stellvertretender Bezirksbürgermeister „Wir brauchen Eure Unterstützung!“ Darunter
und Bezirksstadtrat für Wirtschaft, Immobilien hing eine Einladung, Freitag den 24. Septem-
ber, um 15.00 Uhr zur Demo vor dem Roten
Rathaus zu kommen. Hier protestieren unsere
Kinder und Jugendlichen gegen Einsparpolitik
und fordern unter anderem mindestens den Erhalt der bestehenden Einrichtungen der Kinder
und Jugendarbeit.
Fotos vom Sommerfest gibt es unter fotos.web.
de/siedall/Kinderfarm_Sommerfest_2010 im Internet zu sehen. Wer jetzt erst merkt, dass er etwas verpasst hat: nächstes Jahr im September
gibt es traditionell wieder ein Sommerfest auf
dem grünen Dreieck.
Text und Foto Siemen Dallmann
KIEZKOCHBUCH VON KINDERN
Geflügelsalat mit Käsesauce
von Ilknur für 4 Personen
Mit Salz, Pfeffer und Zucker abschmecken.
Nun halbierst Du die Weintrauben und
entkernst sie. Die halbierten Weintrauben und die Ananasstücke kannst Du
der Mischung hinzufügen.
Du benötigst
250g 200g 150g 75g Roquefortkäse)
2 Esslöffel
125ml
1 Esslöffel
1 Teelöffel
1 Prise Zucker
etwas
Hähnchenfleisch
Ananasstücke aus der Dose
blaue Weintrauben
Doppelrahmfrischkäse (oder 30g
Als Letztes hebst Du das Hähnchenfleisch und das Nussöl unter und durchmischst den Salat vorsichtig, damit sich
die Sauce gut verteilen kann.
saure Sahne
süße Sahne
Zitronensaft
Nussöl
Du kannst auch anstelle des Doppelrahmfrischkäses den Roquefortkäse verwenden. Dabei solltest Du den Roquefortkäse mit einer Gabel fein zerdrücken.
Dann erst solltest Du ihn mit
den restlichen
Zutaten vermischen.
Salz, weißer Pfeffer, Pflanzenöl
Zubereitung
Das Hähnchenfleisch schneidest Du in feine Streifen und erhitzt das Pflanzenöl in einer Pfanne. Dann
kannst Du die Hähnchenstreifen darin solange braten, bis das Fleisch durchgegart ist. Danach das
Ganze vom Herd nehmen und abkühlen lassen.
Den Doppelrahmfrischkäse gibst Du zusammen mit
dem Zitronensaft, der sauren und süßen Sahne in
eine Schüssel und rührst die Mischung glatt.
September/Oktober 2010
Man
nennt
diese
Sauce
dann: Roquefort-SahneSauce.
KiBo Nr.4
19
Nützliche Adressen
Konfliktagentur
Sparrstraße 19; 13 353 Berlin
Tel.: (030) 34717448; www.konfliktagentur.de
E-Mail: [email protected]
SprengelHaus - interkulturelles Gemeinwesenzentrum mit Gesundheitsförderung
Sprengelstraße 15; 13353 Berlin
Tel.: (030) 45 02 85 23/24; E-Mail: [email protected]
Abenteuerspielplatz Telux
Projektträger: Bezirk Mitte
Kontakt: Maria Richter,Tegeler Str. 28a, 13353 Berlin
Tel.: (030) 462 98 29. www.kinderecho.de
Milchmeergalerie
Fehmarner Straße 22; 13353 Berlin;
Tel.: (030) 45494180: www.milchmeergalerie.de
Stadtteilgenossenschaft Wedding
für wohnortnahe Dienstleistungen e.G
Sprengelstraße 15; 13353 Berlin
Tel.: (030) 454 904 44
E-Mail: [email protected]
Aktiv im Kiez e.V. Nachbarschaftsladen
Sprengelstraße 15; 13353 Berlin
Tel.: (030) 45977308. www.aktivimkiez.de
E-Mail: [email protected]
Osterkirche
Samoastraße 14 ; 13353 Berlin
Tel.: (030) 453 30 43; www.ostergemeindeberlin.de/
E-Mail: [email protected]
Quartiersmanagement Sparrplatz
Burgsdorfstraße 13a; 13353 Berlin
Tel.: (030) 466 061 90; www.sparrplatz-quartier.de/
E-Mail: [email protected]
Seniorenfreizeitstätte
Schulstraße 118; 13347 Berlin
Tel.: (030) 45024561
Montag bis Freitag von 9.00 bis 17.00 Uhr
Wedding Art - Atelier und Galerie
Tegeler Str. 40; 13353 Berlin
Tel.: (030) 873 325 50; www.wedding-art.de
Weddinger Kinderfarm e.V.
Kontakt: Siegfried Kühbauer; Tel.: (030) 462 10 92
Luxemburger Straße 25, 13353 Berlin
E-Mail: [email protected]
Kommunales Forum Wedding e.V.
Sprengelstraße 15; 13353 Berlin
Tel. : (030) 46507199; E-Mail: [email protected]
Arbeit und Nachbarschaft
Sprengelstraße 15. 13353 Berlin
2. Hof; 1. Etage; Tel.: (030) 465 071 99
E-Mail: [email protected]
die Lynar - Jugendfreizeiteinrichtung
Lynarstraße 14; 13353 Berlin; Tel.: (030) 45 31 00 38
E-Mail: [email protected]
Redaktion „Der Kiezbote“; Afrika Medien Zentrum
Torfstraße 12; 13353 Berlin
Tel.: (030) 97895536; E-Mail: [email protected]
Einzigartiger afrikanischer
Leseraum in Berlin
2010 Bücher aus /
über Afrika
ca. 500 Autoren
♣ Belletristik
♣ „Erlebnisliteratur“
♣ Sachbücher
♣ CDs aus Afrika bzw. von
der afrikanischen Diaspora
♣ Filme aus/über Afrika
♣ Zeitschriften aus der
afrikanischen Diaspora in
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Torfstr 12, 13353 Berlin
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