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HUMBOLDT Die Zeitung der Alma Mater Berolinensis Ausgabe 4 – 2003/2004 Jahrgang 48 · 22. Januar 2004 www.hu-berlin.de/presse/zeitung/ Abbruch oder Aufbruch? Die Vorschläge zur Einrichtung von einzelnen Spitzenuniversitäten platzen mitten in die Berliner Kürzungsdebatte Während sich die Humboldt-Universität im laufenden Wintersemester damit herumplagt, die anstehenden Kürzungen bis zum Jahr 2009 umzusetzen, ohne dabei völlig an Profil zu verlieren, eröffnet die Bundes-SPD eine Diskussion über die besondere Förderung von Innovationen. Bildung und Universitäten – in diesem Zusammenhang bisher eher selten gebrauchte Begriffe – stehen dabei erfreulicherweise ganz oben auf der Liste. Bei etlichen der von den geplanten Kürzungen Betroffenen, aber auch bei Journalisten und anderen aufmerksamen Beobachtern des Berliner Hochschul-Dilemmas macht sich angesichts derartiger politischer Gegensätze innerhalb einer großen Volkspartei Verwirrung breit. Die Humboldt-Universität selbst steht mit im Zentrum beider Diskussionen. Kurz vor Weihnachten, nach der Verabschiedung der Änderungs- und Ergänzungsverträge zu den Hochschulverträgen durch das Abgeordnetenhaus haben sich HUPräsident Mlynek und FU-Präsident Lenzen entschlossen, die Hochschulverträge zu unterzeichnen – „um weiteren Schaden von den Universitäten abzuwenden und angesichts der entsprechenden Beschlüsse der Kuratorien von Humboldt-Universität und Freier Universität.“ Danach bleibt es bei der bisher für die Universitäten vorgesehenen Kürzungssumme von 75 Millionen Euro. Der langanhaltende und engagierte Protest der Studierenden in den vergangenen Wochen hat Schlimmeres verhindert, die Politik jedoch nicht zum Umdenken und zu einer Prioritätenverschiebung zu Gunsten der Hochschulen bewegen können. Dabei gehen die UniPräsidien von den mehrfach von Senator Flierl zugesicherten Planungsplafonds für die Freie Universität in Höhe von 22,9 Millionen Euro und für die HumboldtUniversität in Höhe von 22,8 Millionen Euro aus, die sich zu faktischen Belastungen für die beiden Universitäten von jeweils 30 Millionen Euro (HU) und 37 Millionen Euro (FU) bis 2009 rechnen. „Obwohl der Vertrag dramatische Auswirkungen auf Lehre und Forschung der Universitäten hat, gibt er den Universitäten zumindest Planungssicherheit bis Anzeige Kinder! Kinder! Zur ersten Kinder-UniVorlesung kamen mehr als 1000 Kinder zwischen 6 und 12 Jahren. Sie machten erste Erfahrungen an einer „Massenuniversität“. Lesen Sie Seite 5 2009. Bereits das jetzt seit Monaten andauernde Entscheidungsvakuum zeigt, dass internationale Spitzenuniversitäten wie die Humboldt-Universität und die Freie Universität ohne verbindliche Grundlagen, z. B. für Berufungen, Studienreform, Forschungsvorhaben und langfristige Infrastrukturplanungen, nicht arbeiten können“, heißt es dazu aus den beiden Universitäten. An der Humboldt-Universität steht die interne Beschlussfassung über die Umsetzung der Kürzungssummen unmittelbar bevor; am 27. Januar tagt dazu der Akademische Senat. In den Fakultäten, Instituten und Kommissionen hat es in den vergangenen Monaten lange und harte Diskussionen gegeben (lesen Sie dazu auch Seite 3 dieser Ausgabe). Beschlossen wird ein Rahmen zur Strukturplanung; danach geht es in die Detailplanung sowohl in den einzelnen Fächern als auch universitätsübergreifend. Die Präsidien von Freier Universität und Humboldt-Universität wollen letzte wiederum nicht in fremde Hände legen. Daher haben sie Anfang Januar eine erste gemeinsame Sitzung durchgeführt. Sie diente dem Zweck, den gegenwärtigen Diskussionsstand vor der Verabschiedung der Rahmenstrukturpläne zu beraten, ein Verfahren für die Feinabstimmung der künftigen Fächerstrukturen in den beiden Universitäten zu entwickeln, sich universitätsübergreifend über Kapazitäten in Lehre und Forschung zu verständigen und die gemeinsame Vorgehensweise gegenüber der Politik zu fixieren. Die Präsidien stellten fest, dass die internen Diskussionen in den beiden Universitäten einige Korrekturen der Strukturvorschläge erbracht, diese aber im wesentlichen bestätigt haben. Sie haben verabredet, dass nunmehr die jeweils zuständigen Präsidiumsmitglieder mit den verantwortlichen Dekanen beider Universitäten auf Fächerebene und gestützt auf die Strukturplanungsarbeit in den Gremien und Instituten beider Hochschulen die erforderlichen Gespräche führen, um die Detailstruktur der Fächer (z. B. Denomination von Professuren, Festlegung der einzelnen Fachrichtungen) aufeinander abzustimmen. In der Presse-Information dazu heißt es weiter: „Die Präsidien betonten nochmals die verheerenden Auswirkungen der Kürzungssumme auf Lehre und Forschung der Universitäten. Sie begrüßen aber dennoch die mit den Hochschulverträgen verbundene Planungssicherheit. Dabei gehen sie davon aus, dass die mit dem Land vereinbarten Plafonds für die Freie Universität und die Humboldt-Universität gesicherte Planungsgrundlage sind. Das Gespräch der beiden Präsidien verlief offen und konstruktiv und ist Ausdruck des Willens, die schwierige Situation kooperativ zu meistern und sich gleichermaßen im freundschaftlichen Wettbewerb zu messen.“ Angesichts der gerade erst begonnen Debatte über die Förderung einzelner Spitzenuniversitäten wird dieser Wettbewerb sicherlich an Bedeutung zuSusann Morgner nehmen. Humboldt-Kinder-Uni Im Rahmen der Humboldt-Kinder-Uni findet heute um 17 Uhr die dritte Vorlesung statt. Prof. Dr. Uwe Jens Nagel, Agrarwissenschaften, stellt die Frage „Warum werden nicht alle Menschen auf der Erde satt?“ Q www.hu-berlin.de/kinderuni Die weiteren Termine Donnerstag, 29. Januar 2004: „Warum sind manche Zahlen weiblich, andere männlich und wieder andere dreieckig?“, Prof. em. Dr. Josef Nietzsch, Mathematik, ehem. Leiter der Mathematischen Schülergesellschaft der Humboldt-Universität Donnerstag, 5. Februar 2004: „Warum können tonnenschwere Flugzeuge fliegen?“, Prof. Dr. Lutz-Helmut Schön, Didaktik der Physik Donnerstag, 12. Februar 2004: „Warum sind Deutsche ‘deutsch’ und Türken ‘türkisch’?“, Prof. Dr. Wolfgang Kaschuba, Europäische Ethnologie Donnerstag, 19. Februar 2004: „Warum sehen Kinder ihren Eltern ähnlich?“, Prof. Dr. Cornelius Frömmel, Charité, Biochemie Donnerstag, 26. Februar 2004: „Warum gibt es so viele verschiedene Sprachen auf der Welt?“, Prof. Dr. Karin Donhauser, Deutsche Sprache und Linguistik Schülerlabor UniLab in Adlershof eröffnet Spannende Experimente bietet die Humboldt-Universität ab sofort Schülerinnen und Schülern aus Berlin und Brandenburg an. Für das Schülerlabor UniLab wurde der alte Messraum über dem historischen Windkanal mit großem Aufwand umgebaut. Elite im Ranking? Eröffnungsfeier am 28. Januar 2004 um 10.30 Uhr Symposium zum Benchmarking von Universitäten Sie heißen Playboy-, CHE-, DFG-, Meta-, stern- oder einfach nur Hochschul-Ranking. Und sie sind gefragt. Denn gerade im Zuge der in den letzten Wochen geführten Elite-Diskussion sind die Rankings unterschiedlicher Couleur zu einem anscheinend wichtigen Entscheidungsfaktor über die Güte der Universitäten in Deutschland geworden. Noch bevor die Elite-Diskussion ihren Höhepunkt erreicht hatte, fand am 4. und 5. Dezember eine Veranstaltung zum Thema Benchmarking von Universitäten in der neu eröffneten Bertelsmann Repräsentanz Unter den Linden statt. Ziel der von der Humboldt-Universität und der Verlagsgruppe Springer Science + Business Media gemeinsam organisierten Veranstaltung war es, die Möglichkeiten eines zukünftigen Benchmarkings von Universitäten auszuloten. Im ersten Teil formulierten Wirtschaft und Politik ihre Erwartungen an Deutschlands Universitäten. McKinsey-Chef Kluge und Angela Merkel waren sich darin einig, dass die zukünftige Finanzierung von Hochschulen nicht ohne Studiengebühren auskommen wird. Dem hielt der Rektor der Ludwig-Maximilians-Universität München, Bernd Huber, entgegen, dass Universitäten allein mit StudienDie „Fäustlinge“ spielen wieder Theater. Und einen neuen Studentenklub gibt es auch. Die Theaterpädagoginnen des Gorki-Theaters laden ein. Näheres dazu auf Seite 7 gebühren nicht aus der Finanzmisere geführt werden könnten, erst Recht nicht, wenn die Erträge zu Anteilen von den Ländern angefordert würden. Der Ex-Präsident der University of California, Richard Atkinson, stellte die Finanzierung seiner Universität und die Besonderheiten einer Universität mit mehreren Standorten vor. In den USA spielen Rankings schon seit langem eine große Rolle. Allerdings werden dort keine Universitäten, sondern nur einzelne Fächer und Studienprogramme bewertet. Der zweite Teil der Veranstaltung startete mit einer kontrovers geführten Diskussion um die Ergebnisse des CHE-Forschungs-Rankings. CHE-Chef MüllerBöling präsentierte die gerade erst fertig gestellten Ergebnisse des Rankings. Zwischen Müller-Böling und den Teilnehmern entbrannte eine hitzige Diskussion um das methodische Vorgehen und um die Darstellung der Ergebnisse. Deutlich wurde, dass ein deutschlandweites Ranking der Universitäten und Fächer nach ihrer Forschungsleistung insbesondere bei den Rektoren und Präsidenten der Universitäten noch auf Skepsis stößt. Den Abschluss machte Sir Richard John Brook mit einer ebenso Warum ziehen so viele Berliner ins Umland? Wie unterscheidet sich Leben in der Innenstadt von dem am Stadtrand? Fragen, die ein interdisziplinäres Kolloquium klären wollte. Lesen Sie Seite 8 Foto: David Ausserhofer amüsanten wie aufklärenden Tour d‘Horizon durch 20 Jahre Evaluation in Großbritannien. Mit britischem Humor schilderte er die Begleiterscheinungen eines sich nicht wandelnden Systems, auf das sich die Universitäten im Laufe der Zeit vorausschauend eingestellt haben. In England ist Evaluation deshalb so brisant, weil die Finanzausstattung der Hochschulen maßgeblich durch die Evaluationsergebnisse bestimmt wird. Folge ist, dass nicht mehr allein die Wahrheitsfindung im Mittelpunkt wissenschaftlichen Arbeitens steht, sondern vielfach die Verwertung wissenschaftlicher Ergebnisse entlang der Evaluationsskalen bestimmend ist. In England beginnt derzeit der notwendige Prozess der Neubestimmung dieses Evaluationssystems und Brook nahm dies zum Anlass für warnende Worte an einen am Anfang stehenden Benchmarking-Prozess deutscher Universitäten. Denn darin waren sich Vortragende und Teilnehmer einig: eine kontinuierliche Leistungsbeurteilung und ein ausgewogener Vergleich der Leistungen deutscher Universitäten ist sinnvoll und notwendig. Über den Weg muss sich allerdings noch verständigt werden. Tania Lieckweg Humboldt-Forum an Stelle des alten Stadtschlosses. Das Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik soll einer der Nutzer werden. Wie das aussehen könnte, steht auf Seite 10 Zur Eröffnung sprechen der Schulsenator Klaus Böger und der Vizepräsident für Lehre und Studium der Humboldt-Universität, Prof. Fr. Heinz-Elmar Tenorth. Den Festvortrag hält der Physiker und Autor des Buches „Die andere Bildung“, Prof. Dr. Ernst Peter Fischer, zum Thema: „Wie viele Antworten hat eine Frage?“ Ab 13 Uhr präsentieren Studenten und Lehrer eine kleine Auswahl von Experimenten aus dem UniLab. Windkanalgebäude, Brook-Taylor-Str. 1, 12489 Berlin-Adlershof UniLab ist eine Initiative der Arbeitsgruppe Didaktik der Physik an der Humboldt-Universität zu Berlin. Gemeinsam mit Lehrerinnen, Lehrern und Lehramtsstudierenden wurden hier in den vergangenen zwei Jahren erste Lernmodule entwickelt und getestet. Künftig können die Schülerinnen und Schüler im UniLab diesen Fragen nachspüren: „Wie kann man einfachen Metallrohren harmonische Klänge entlocken?“, „Wie kommt der Schall an unser Ohr?“, „Warum schillern die Seifenblasen bunt“ oder „Wie entsteht ein Hologramm auf dem Computer?“ Außerdem hält das UniLab für Lerngruppen der Oberstufe einen Pool von aufwändigen physikalischen Geräten bereit, die in vielen Schulsammlungen fehlen. Red. Und tschüss! Susann Morgner beendet nach elf Jahren ihre Tätigkeit als Pressesprecherin der HumboldtUniversität. Was Sie zum Abschied zu sagen hat, lesen Sie auf Seite 12