Gay-Kultur in Maiblüte

Transcription

Gay-Kultur in Maiblüte
akut_nr.6_finito
10.4.2005
14:34 Uhr
Seite 32
Gay-Kultur in Maiblüte
Kein anderer Monat des Jahres bringt die schwul-lesbische Kultur mehr zum Blühen
als der Mai. Und nebst den etablierten Zürcher Events «Warmer Mai» (Seite 35)
und «Pink Apple», findet dieses Jahr erstmals ein Festival in Basel statt.
LIEBESWIRREN
Paul (Gregory Paquet) und Agnès (Alice
Taglioni), zwei an einer Elite-Uni Studierende, sind verlobt. Als Paul lieber
mit zwei Jungs statt mit ihr zusammenwohnen will, wird Agnès eifersüchtig –
auch weil sie merkt, dass er sich zu
einem seiner WG-Kollegen hingezogen
fühlt. Agnès schlägt Paul eine Wette
vor: Kriegt sie den Mitbewohner zuerst
ins Bett, muss Paul seine schwulen
Neigungen begraben. Kommt er ihr
zuvor, räumt sie das Feld. Doch dann
lernt Paul den jungen Araber Mecir kennen und merkt, dass das Leben aus
mehr besteht als den elitären Dynamiken an der Grande Ecole.
Der Film beleuchtet die Themen sexuelle
Identität, Machtspiele, Klassenunterschiede und ethnische Konflikte. Ganz
und gar französisches Kino!
«Grande Ecole», Regie: Robert
Salis, F 2004
ZUCKERFREI
Pink Apple: Stricher, Brüder, Eliteschüler
Das Filmfestival «Pink Apple» bringt cineastische Leckerbissen
nach Zürich und Frauenfeld. akut stellt drei Highlights vor.
Drei ungleiche Brüder
Im Zentrum des Films stehen drei Brüder,
deren individuelle Geschichten zu einem
Ganzen zusammengefügt werden, ohne
sich ständig zu berühren. Marc (Nicolas
Cazalé), der Wilde, hält sich mit kleinen
Dealereien über Wasser, ist immer wieder
in Gang-Konflikte verwickelt. Schliesslich
wird er überfallen und dazu gezwungen,
seinen Hund in eine Schlucht zu werfen. Er
sinnt auf Rache. Christophe (Stéphane
Rideau), der Angepasste, wurde gerade aus
dem Gefängnis entlassen, wo er unschuldig
sass. Als Ältestem ist es ihm wichtig, die
Familie nach dem Tod der Mutter zusammenzuhalten. Er will sich wieder in die Gesellschaft eingliedern, seine Vergangenheit
hinter sich lassen. Obwohl Christophe
denkt, er kümmere sich um seine Familie,
ist er vor allem mit sich selbst beschäftigt.
Olivier (Thomas Dumerchez), der Jüngste,
leidet am meisten unter dem Verlust der
Mutter. Er verliebt sich in einen arabischen
Mitschüler, kann seine Gefühle seinen
akut: 32
Brüdern aber nicht mitteilen. Verschlossen
und orientierungslos sucht er Trost in
Gesprächen mit seiner toten Mutter.
Regisseur Gaël Morel wollte die drei Charaktere in Beziehung zu den Jahreszeiten
setzen, um dem Film eine gewisse Konstruktion geben zu können. «Sie agieren
auch untereinander, jeder wirkt bewusst in
das Leben des anderen hinein, beeinflusst
ihn, zeigt neue Wege», so Morel. «Hicham,
der junge Freund von Olivier, stellt die
vierte Jahreszeit dar und verschwindet wieder, als man ihm sagt, dass er nicht mehr
geliebt wird.» Doch trotz ihres eng miteinander verwobenen Lebens stehen die Brüder in ihren emotionalen Erfahrungen alleine
da. Zu unterschiedlich ist ihre Auseinandersetzung mit ihren Gefühlen. Ein intimes
Porträt dreier Lebenskonzepte, deren Ausgang ungewiss bleibt.
Jvo Cukas
«Brüderliebe: Three Dancing Slaves»,
Regie: Gaël Morel, F 2004
Weitere Infos und das gesamte FestivalProgramm stehen auf: www.pinkapple.ch
Am Abend seines 18. Geburtstags
macht sich der junge Skater Cliff
(Andre Noble) mit der U-Bahn auf den
Weg ins Stadtzentrum von Toronto.
Dort trifft er auf den Stricher Butch
(Brendan Fehr, bekannt aus der TVSerie «Roswell»). Zwischen den beiden
entwickelt sich eine Freundschaft, aus
der bald mehr entsteht. Butch führt
Cliff in seine Welt ein, die durch heftigen Drogenkonsum gekennzeichnet
ist, und lernt gleichzeitig dessen Welt
kennen. Nach und nach spürt Cliff,
dass eine Beziehung mit Butch für ihn
unmöglich wird, und trennt sich von
ihm. Doch damit ist die Geschichte
noch nicht zu Ende… Basierend auf einer Kurzgeschichte von Bruce LaBruce
zeichnet «Sugar» ein realistisches Bild
der Stricherszene, ohne in ein kitschiges Happy End zu driften.
Tragisches Detail: Der kanadische
Hauptdarsteller Andre Noble starb ein
Jahr nach den Dreharbeiten im Alter
von 25 Jahren. Er hatte Blauen Eisenhut, eine hochtoxische Pflanze, eingeJ. C.
nommen.
«Sugar», Regie: John Palmer,
CAN 2004