Wächter für das Weltraumwetter - Pro

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Wächter für das Weltraumwetter - Pro
aktuell
n
Wächter für das Weltraumwetter
n
Der Weltuntergang juristisch
Der Large Hadron Collider (LHC)
am europäischen Kernforschungszentrum CERN in Genf beschäftigt
Sonne liefern. SDO richtet drei
nicht nur die Physiker, sondern
Instrumente auf das Tagesgestirn:
auch die Öffentlichkeit. Neben der
Der „Helioseismic and Magnetic
gespannten Vorfreude gibt es WiImager“ (HMI) misst die akus­
derstand gegen das bislang größte
tischen Wellen an der Sonnenober- Experiment der Menschheit. Teilfläche, aus denen sich Informatiweise wurden sogar Klagen gegen
onen über das Sonneninnere gewin- die Inbetriebnahme des LHC beim
nen lassen. Zeitgleich beobachtet
Bundesverfassungsgericht oder
das „Atmospheric Imaging Assem- beim Europäischen Gerichtshof für
bly“ (AIA) die Sonnenatmosphäre.
Menschenrechte eingereicht. Die
Das dritte SDO-Instrument trägt
Befürchtung der Kläger: Der LHC
den Namen „Extreme Ultraviolet
könnte winzige Schwarze Löcher
Variability Instrument“ (EVE) und
produzieren, welche wachsen und
erfasst, wie sich die Intensität der
schließlich die Erde zerstören.
sehr kurzwelligen UV-Strahlung
Der amerikanische Jura-Dozent
verändert. Mit der Hilfe dieser Ins­ Eric Johnson von der University of
trumente können Wissenschaftler
North Dakota hat sich in einem Ardie magnetischen Vorgänge auf
tikel für die Zeitschrift „Tennessee
dem Stern genau verfolgen und
Law Review“ unvoreingenommen
dessen Aktivität vorhersagen. Aumit den juristischen Aspekten des
ßerdem wollen sie präzise Karten
LHC auseinandergesetzt.+) Die
der Sonne erstellen. Rechenzentren Klagen gegen den LHC könnten
werden weltweit die riesigen Daals Musterfall für ähnliche Klagen
tenmengen von täglich 1,5 Terabyte gegen andere Großforschungseinverarbeiten und archivieren. Damit richtungen dienen. Johnson hat auf
sich diese Informationsflut nutzen
90 Seiten eine nicht nur für Juristen
lässt, verteilt die Bodenstation in
lesenswerte Zusammenfassung
White Sands (New Mexico, USA)
der Problematik verfasst, in der er
die Daten an weitere Standorte –
auch die physikalischen Aspekte
z. B. an das einzige deutsche Daten- behandelt. Dabei legt er überzentrum, das sich am Max-Planck- zeugend dar, dass die derzeitigen
Institut für Sonnensystemforschung Klagen oder Anträge auf einstweiin Katlenburg-Lindau befindet.
lige Verfügungen gegen den LHC
Zusammen mit Daten der
kaum Aussicht auf Erfolg haben
Raumsonde STEREO können Wis- dürften. „Wenn der LHC die Erde
senschaftler nun den interstellaren
zerstört“, merkt Johnson allerdings
Raum zwischen Erde und Sonne
an, „dann gibt es keine gesetzlichen
genau überwachen: Während SDO
Einwände dagegen, das CERN weschon die ersten Anzeichen einer
gen der Schäden zu verklagen.“ Die
Sonneneruption erkennt, behält
praktischen Schwierigkeiten einer
STEREO das ausgeworfene Material solchen Klage sind allerdings nicht
auf seinem Weg zur Erde im Blick.
von der Hand zu weisen. (AP)
(MPG/AP)
Die NASA-Mission Solar Dynamics Observatory soll die Sonne
überwachen und Vorhersagen ihrer Aktivität ermöglichen.
NASA/GSFC
Die Sonne verändert sich ständig.
Gewaltige Plasmaströme im heißen
Innern sorgen dafür, dass auch das
Magnetfeld in den äußeren Schichten ununterbrochen in Bewegung
ist. Dieses komplizierte Wechselspiel liefert den Schlüssel zum
Verständnis vieler Phänomene, die
unser Zentralgestirn ausmachen –
wie etwa die dunkel erscheinenden
Die Weltraumsonde Solar Dynamics
Observatory kreist
auf einer Höhe
von 36 000 Kilometern um die Erde.
+) E. E. Johnson, The
Black Hole Case: The Injunction Against the End
of the World, Tennessee
Law Review 76, 819
(2009) und http://arxiv.
org/abs/0912.5480
Sonnenflecken. Auch die teilweise
heftigen Eruptionen, die Strahlung und geladene Teilchen ins All
schleudern, hängen eng mit dem
Magnetfeld zusammen.
Dieses Weltraumwetter vorherzusagen, ist das Ziel vieler Wissenschaftler. Denn nur so könnten die
Betreiber von Navigations- und
Kommunikationssatelliten ihre
Geräte rechtzeitig in einen sicheren
Modus schalten oder Astronauten
einen Schutzraum aufsuchen.
Bisher fehlte eine der wichtigsten
Voraussetzungen für eine solche
Weltraum-Wettervorhersage: ein
gleichmäßig hoher Datenstrom von
der Sonne. Denn ältere Raumsonden wie etwa SOHO, die seit 1995
die Sonne beobachtet, liefern Bilder
mit zu geringer Auflösung und vergleichsweise niedriger Datenübertragungsrate.
Mit dem 870 Millionen Dollar
teuren Solar Dynamics Observatory (SDO), das am 11. Februar von
Cape Canaveral ins All gestartet ist,
soll sich das ändern. SDO soll in
den kommenden Jahren alle zehn
Sekunden präzise Aufnahmen der
12 Physik Journal 9 (2010) Nr. 3 T V -T i p p s
7. 3., 14:05 Uhr N24
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