Wortprotokoll

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Wortprotokoll
Landtag Mecklenburg-Vorpommern
6. Wahlperiode
Innenausschuss
Protokoll Nr. 14
WORTPROTOKOLL
der 14. Sitzung des Innenausschusses
am Donnerstag, dem 10. Mai 2012, 9.00 Uhr,
Schwerin, Schloss, Plenarsaal
Vorsitz: Abg. Marc Reinhardt
EINZIGER PUNKT DER TAGESORDNUNG
Öffentliche Anhörung zum
Gesetzentwurf der Landesregierung
Entwurf eines Gesetzes zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland
(Erstes Glücksspieländerungsstaatsvertragsgesetz – Erstes GlüÄndStVG M-V)
- Drucksache 6/552 in Verbindung mit dem
Gesetzentwurf der Landesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung glücksspielrechtlicher Vorschriften
- Drucksache 6/553 Innenausschuss
Finanzausschuss
Wirtschaftsausschuss
Sozialausschuss
(f)
(m)
(m)
(m)
- 14/8 EINZIGER PUNKT DER TAGESORDNUNG
Öffentliche Anhörung zum
zum Gesetzentwurf der Landesregierung
Entwurf eines Gesetzes zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland
(Erstes Glücksspieländerungsstaatsvertragsgesetz – Erstes GlüÄndStVG M-V)
- Drucksache 6/552 in Verbindung mit dem
Gesetzentwurf der Landesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung glücksspielrechtlicher Vorschriften
- Drucksache 6/553 Vors. Marc Reinhardt: Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße alle
Gäste zur 14. Sitzung des Innenausschusses hier im Plenarsaal und danke den Anzuhörenden ganz besonders, dass sie es ermöglicht haben, uns heute hier für unsere Fragen zur Verfügung zu stehen. Ebenso ein herzliches Willkommen an die Kollegen und Kolleginnen des Landtages! Seitens der CDU-Fraktion wurde Wortprotokoll
beantragt, das wir somit auch anfertigen werden. Meine sehr geehrten Damen und
Herren, wir führen heute eine Anhörung durch zum Gesetzentwurf der Landesregierung, Entwurf eines Gesetzes zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland in Verbindung mit dem Gesetzentwurf
der Landesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung glücksspielrechtlicher
Vorschriften. Bevor wir mit der Anhörung beginnen, möchte ich noch darauf hinweisen, dass dies eine öffentliche Anhörung ist. Damit sind auch Bild- und Tonaufnahmen zugelassen. Es ist jedoch den Zuschauern nicht gestattet, Beifall oder Missfallen zu äußern. Ich bitte darum, sich entsprechend zu verhalten. Nun zum Ablauf der
Sitzung: Zu Beginn erhält jeder Anzuhörende zunächst die Gelegenheit zu einem
kurzen Eingangsreferat, sofern das gewünscht wird. Bitte bedenken Sie hier aber,
dass uns Ihre schriftlichen Stellungsnahmen vorliegen. Sie können natürlich gerne
weiterführende Aussagen machen. Anschließend werde ich die Fragerunde für die
Abgeordneten eröffnen, dann ist Zeit, im Gespräch mit den Abgeordneten noch auf
Einzelheiten und konkrete Fragen einzugehen. Letzte Bitte von mir: Bitte immer das
vor Ihnen stehende Mikrofon sowohl beim Referat als auch in der Fragerunde einzuschalten, weil das wichtig ist für die Protokollierung Ihrer Beiträge. Lassen Sie uns
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Innenausschuss – 10. Mai 2012
- 14/9 also nun beginnen. Als Erstes erteile ich das Wort für den Städte- und Gemeindetag
Herrn Klaus-Michael Glaser.
Klaus-Michael Glaser (Städte- und Gemeindetag Mecklenburg-Vorpommern): Danke schön! Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, vielen Dank für die Einladung und die Möglichkeit, hier Stellung zu nehmen.
Ich habe eben zur Kenntnis genommen, dass Sie das, was wir schriftlich gegeben
haben, schon kennen, insoweit will ich mich da auf einige Äußerungen beschränken,
die das noch mal ein wenig unterstreichen. Wir begrüßen die Änderungen in diesem
Staatsvertrag und auch die Änderungen in dem Gesetz zur Änderung glücksspielrechtlicher Vorschriften, insbesondere die Vorschriften über Paragraf 11, also über
die Spielhallen, ausdrücklich. Wir denken, dass da ein Regelungsbedarf ist, und sind
froh, dass dann auch die, sage ich mal, die Anliegen der Suchtbekämpfung in diese
Norm reingekommen sind. Gleichwohl macht das nur Sinn, wenn auch die Behörden,
die dafür vorgesehen sind, in der Lage sind, das dann auch so durchzusetzen und
umzusetzen, ansonsten bleiben diese Regelungen auf dem Papier. Gerade diese
Regelungen haben natürlich durch den Staatsvertrag erst mal eine Übergangsfrist
von fünf Jahren. Innerhalb der fünf Jahre wird es vielleicht neue Anträge geben, wo
man dann dieses Gesetz erst mal anwenden wird. Ich denke aber, dass für die
kommunalen Behörden, die hier vorgesehen sind, um das Gesetz umzusetzen, die
Zeit nach dieser Übergangsfrist die entscheidende Zeit sein wird. Denn dann müssen
eventuell Spielhallen, die bis jetzt zulässig waren und die unter den Bestandsschutz
fallen, muss die Zulässigkeit versagt werden, die Genehmigung versagt werden. Das
ist natürlich für die Betroffenen erst mal misslich und da wird mit Bestandsschutz gearbeitet werden, argumentiert werden, da wird sicher mit verfassungsrechtlicher Argumentation gearbeitet werden, und wir können davon ausgehen, dass sich die Betroffenen, die zum Beispiel deswegen nicht weiter zugelassen werden können, weil
ihre Spielhalle zu nah an einer anderen Spielhalle oder zu nah an einer Schule ist,
dass die Betroffenen diese Verwaltungsentscheidung, die von unseren kommunalen
Behörden dann zu treffen ist, nicht einfach hinnehmen werden. Da gibt es das Widerspruchsverfahren, und auch eine negative Entscheidung im Widerspruchsverfahren dürfte nicht einfach hingenommen werden. Ich habe Ihnen geschrieben, dass wir
gerade mit dieser Gruppe von Gewerbetreibenden sehr viele langwierige Rechtsstreitigkeiten haben, die bis in hohe und höchste Instanzen gegeben werden, die un__________________________
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- 14/10 sere kommunalen Behörden sehr fordern. Das sind teilweise Rechtsämter, teilweise
aber auch Nichtjuristen, teilweise muss man das geben an Rechtsanwälte. Und das
sind schon teilweise Rechtsstreitigkeiten heutzutage einfach über die Spielautomatensteuer oder eher Kleinigkeiten. Wenn es aber darum geht, dass eine Spielhalle
dann gar nicht mehr weiter betrieben werden darf, die jetzt noch legal ist, könnte ich
mir vorstellen, dass dann noch die härteren Bandagen angefasst werden. Und da
frage ich mich: Sind unsere Behörden, die da zuständig sind, richtig dafür aufgestellt? Denn dann müssen Sie sozusagen Vorsorge tragen, dann müssen Sie gute
Leute dafür aufstellen, denn man will diese Prozesse ja nicht verlieren. Und da frage
ich mich: Ist da eben auch die Vorsorge für die Finanzen der Kommunen getroffen
worden? In dem Referentenentwurf des Innenministeriums, dem wir allerdings nur
wenige Tage zur Stellungnahme hatten, war dazu überhaupt kein Wort. Das ist eine
neue Aufgabe, das stand da richtigerweise, aber zu den Finanzen hat man nicht Stellung genommen. Inzwischen ist da was eingeführt worden, nämlich dass die Ausgaben der Kommunen sozusagen gegenfinanziert werden durch Gebühren und Bußgelder. Das ist ein alter Trick, den kennen wir beim Nichtraucherschutzgesetz und
bei anderen Sachen auch, wenn man keine Haushaltsmittel hat oder zur Verfügung
stellen will, dann sagt man, das werden dann schon die Betroffenen irgendwie zahlen, ihr kommt schon zurecht. Das ist aber keine Kostenfolgeschätzung, wie sie vorgesehen ist nach unserer Kommunalverfassung. Wenn Sie in Paragraf 4 Kommunalverfassung reinsehen, sehen Sie, dass zur Konnexität notwendig ist, dass mit den
kommunalen Landesverbänden Kostenfolgeschätzungen vorgenommen werden. Es
müsste also ungefähr ausgerechnet werden: Wie teuer wird es denn werden für die
kommunalen Behörden vor Ort? Dann müsste man eben Fallzahlzahlen ermitteln,
das ist immer eine Prognose, das kann nie ganz klar sein, aber man muss es wenigstens versuchen. Und dann müsste man gegenrechnen, was ist denn wohl zu erwarten an Bußgeldern und Verwaltungsgebühren, die man ja auch zurzeit noch nicht
klar beziffern kann. Die kann man ja auch noch regeln, auch durch Verordnung der
Landesregierung. Und wenn dann die kommunalen Landesverbände gemeinsam mit
der Landesregierung zur Auffassung kommen, das reicht, dann ist das konnex, dann
ist das in Ordnung, dann sind wir einverstanden. Aber mit uns hat niemand gesprochen! Wir wissen nicht – das war wenige Tage Ende der Anhörungsfrist und der Einreichung hier im Landtag –, wir wissen nicht, wer was ausgerechnet hat, wie teuer
das ist und von wie viel Fällen man ausgeht, von wie viel Bedarf man an Beratung
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- 14/11 ausgeht, und wir wissen nicht, mit welchen Bußgeldern man rechnen kann. Damit
kann man immer schwer rechnen, da geht man nämlich davon aus, dass der
Rechtsunterworfene sich an das Recht nicht hält. Sehr schwierige Prognose: Wie
viele sind rechtstreu und wie viel nicht. Also, wie viele Bußgelder reinkommen und
wie viele Verwaltungsgebühren reingehen. Das ist also zu Deutsch nicht nach den
Regeln der Kommunalverfassung gewesen. Mit uns hat man nicht gesprochen, ich
nehme an, auch nicht mit den Kollegen vom Landkreistag. Und solange das nicht
geklärt ist, fürchte ich, dass dieses Gesetz in der Umsetzung daran scheitern wird.
Wir möchten es nicht noch mal erleben wie beim Nichtraucherschutzgesetz, dass
man schnell ein Gesetz macht und sagt, dafür braucht ihr kein Geld, eure Leute laufen ja sowieso immer durch die Kneipen, da können sie auch mal gucken, wer
raucht, und nach zwei Jahren, wenn das evaluiert ist, sagt dann das Ministerium, ja,
hier wird aber schlecht kontrolliert von den kommunalen Behörden! Dabei wurde vorher gesagt, es soll gar nicht besonders kontrolliert werden. Und dafür ist eigentlich
dieses Thema Spielhallen und die Sucht zu wichtig und zu ernst, als dass man es auf
dieselbe laxe Art abtun will. Ich bin der Auffassung, dass wir jetzt also, selbst wenn
das jetzt schnell in Kraft tritt, noch gar nicht so viele Ausgaben haben werden bei den
kommunalen Behörden. Aber zum Zeitpunkt x, nach fünf Jahren, denke ich, wird das
anders sein. Insoweit wäre auch noch genug Zeit, erstens so was zu ermitteln, wenn
der Landtag das will und das Ding auch reinschreibt ins Gesetz, zweitens vielleicht
noch Haushaltsmittel zu machen oder drittens – das wäre für mich der Königsweg –
sozusagen eine Task Force einzusetzen, die dann dafür zuständig ist, diese Anträge
oder diese Versagungen durchzuführen, wenigstens die Widersprüche dazu, und
dann eventuell auch das durch die Instanzen zu treiben. Denn getrieben wird man
da, das ist ziemlich klar nach den bisherigen Erfahrungen. Dann können Sie sicher
gehen, dass dieses Gesetz auch umgesetzt und durchgesetzt wird. Wenn Sie da
keine Vorsorge treffen, wird das schwierig werden. Danke für die Aufmerksamkeit!
Vors. Marc Reinhardt: Vielen Dank, Herr Glaser. Als nächstes erhält das Wort für
die Ostsee-Spielbanken GmbH und Co. KG Herr Robert Schmidt. Und dazu haben
wir, glaube ich, einen Powerpoint-Vortrag (siehe Anlage). Genau. Bitte schön, Herr
Schmidt.
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- 14/12 Robert Schmidt (Ostsee-Spielbanken GmbH & Co. KG): Sehr geehrter Herr Vorsitzender, werte Damen und Herren Abgeordnete, für die Ostsee-Spielbanken und
auch im Benehmen mit den Mecklenburger Spielbanken danken wir zunächst für die
Gelegenheit, hier vor dem Ausschuss noch einmal Stellung nehmen zu dürfen ergänzend zu den schriftlichen Stellungnahmen. Wir haben uns in der Stellungnahme
beschränkt auf einen für uns wichtigen Teilaspekt, der betrifft die Spielbankenbesteuerung. Im jetzigen Gesetzesentwurf zur Änderung glücksspielrechtlicher Vorschriften sind hierzu noch keine Regelungen betreffend das Spielbankgesetz enthalten. Wir halten es aber für notwendig, dort Änderungen einzuführen, weil wir als
Spielbanken im Land andernfalls vor dem Aus stehen, sodass dann das Spielbankgesetz oder Änderungen des Spielbankgesetzes uns zumindest nicht mehr betreffen
werden. Ziel der Spielbankabgabe ist eine Gewinnabschöpfung bis an die Grenze
der Wirtschaftlichkeit. Das erreichen Sie. Die Gesetzeskonzeption ist eine Grundabschöpfung auf Bemessungsgrundlage Bruttospielertrag durch Paragraf 7 Spielbankgesetz und eine Gewinnabschöpfung, die anschließend durch die Zusatzabgabe
nach Paragraf 8 erreicht werden soll. Die Grenze der Wirtschaftlichkeit ist im Gesetz
nicht definiert, das Finanzgericht Berlin hat hierzu ausgeführt, dass die Grenze der
Wirtschaftlichkeit einen angemessenen Gewinn belassen muss, der sich aus zwei
Komponenten zusammensetzt: eine Eigenkapitalverzinsung und eine Ertragskomponente. Bei der Eigenkapitalverzinsung ist das Finanzgericht Berlin ausgehend von
einem Mittelwert des BFH von 12,5 Prozent Eigenkapitalverzinsung ausgegangen,
eine Ertragskomponente wurde dann mit 0,25 Prozent vom Bruttospielertrag angenommen. In der tatsächlichen Anwendung des Gesetzes erreichen wir diese Grenze
der Wirtschaftlichkeit bei Weitem nicht, wir sind deutlich drüber. In den letzten fünf
Jahren haben die Ostsee-Spielbanken vor Abgabe oder vor Abgabenbelastung aber
schon nach Abführung der Umsatzsteuer 2,8 Millionen Euro Gewinn erzielt. Darauf
Spielbankabgabe von 4,4 Millionen Euro gezahlt. Nach Abgabenbelastung ist bei uns
ein Verlust entstanden von 1,578 Millionen Euro, allein durch die Abgabenbelastung.
Bei den Mecklenburger Spielbanken sehen Sie einen in den letzten fünf Jahren erwirtschafteten Gewinn von drei Millionen Euro, darauf wurde dann eine Spielbankabgabe erhoben schon nach Anrechnung der Umsatzsteuer von 5,2 Millionen Euro,
führt bei den Mecklenburger Spielbanken zu einem saldierten Verlust von 2,1 Millionen Euro, auch wieder allein durch die Abgabenbelastung. Das heißt, das gesetzgeberische Ziel eine Gewinnabschöpfung bis an die Grenze der Wirtschaftlichkeit ist mit
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- 14/13 dem jetzigen Gesetz verfehlt. Konzeption des jetzigen Gesetzes: Wir haben zwar
Einnahmepositionen bei den Spielbanken, das eine ist das BSE, also sprich die Differenz aus gesetzten Einsätzen und ausgeschütteten Gewinnen, die zweite Einnahmeposition ist der Tronc. Aus dem Tronc sollen üblicherweise die Personalkosten
bestritten werden, und zwar die gesamten Personalkosten, auf das BSE wird ein gestaffelter Abgabensatz angelegt über Paragraf 7, die Spielbankabgabe. Darauf wird
die Umsatzsteuer angerechnet und aus dem verbleibenden Teil sollen wir Sachkosten bestreiten. Wenn uns dann noch ein Gewinn verbleibt, unterfällt dieser dann der
Zusatzabgabe nach Paragraf 8, dort haben wir einen Freibetrag vorgesehen von vier
Prozent des Bruttospielergebnisses, und alles, was über diese vier Prozent Bruttospielergebnis hinausgeht beim Gewinn, wird noch einmal über eine Abgabe in Höhe
von 50 Prozent des übersteigenden Gewinns belegt. Das heißt: Im Bereich der Gewinnbesteuerung nach Paragraf 8 hat der Gesetzgeber einen Freibetrag vorgesehen,
einen Schonbetrag, der garantieren soll, dass diese Grenze der Wirtschaftlichkeit
eingehalten wird. Im Bereich der Spielbankabgabe, die vorgelagert ist, ist das bislang
nicht geschehen. Wie Sie an der vorhergehenden Folie gesehen haben, kommen wir
aber seit fünf Jahren überhaupt nicht mehr in den Bereich der Zusatzabgabe hinein.
Allein die Grundbesteuerung nach der Spielbankabgabe führt dazu, dass wir dauerhafte Verluste erwirtschaften und somit diese Schonregelung, dieser Freibetrag, der
beim Gewinn angesetzt wird, überhaupt nicht mehr zur Anwendung kommt. Die Paragrafen 7 und 8 Spielbankgesetz in der jetzigen Ausgestaltung funktionieren bei einer idealtypischen Spielbank. Wir haben hier mit freien Zahlenbeispielen operiert:
Wenn Sie vier Millionen BSE haben und 800.000 Euro Tronc-Einnahmen, zahlen Sie
darauf eine Spielbankabgabe von insgesamt 1,6 Millionen Euro. Darauf werden angerechnet dann die Umsatzsteuern von 570.000, die Sachkosten, die Sie haben,
können Sie aus dem verbleibenden Anteil bestreiten, die Personalkosten bestreiten
Sie komplett aus dem Tronc. Dann erzielen Sie vor der Zusatzabgabe immer noch
ein sehr auskömmliches Ergebnis und nach Zusatzabgabe haben Sie dann ein Ergebnis von hier in dem Rechenbeispiel 540.000 Euro, entspricht einer Eigenkapitalverzinsung von 25 Prozent. Jetzt hatten wir in den letzten Jahren gravierende Änderungen der Rahmenbedingungen: Zum einen eine Liberalisierung und Deregulierung
des Glücksspielmarktes durch die Spielverordnung 2006, massive Zulassung von
Spielhallen und eine Verteilung der Nachfrage von Glücksspielsuchenden auf eine
immer größere Anzahl von Anbietern. Im Gegenzug sind bei uns die personalen
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- 14/14 Sachkosten massiv gestiegen trotz aller Kosteneinsparungsmaßnahmen, die wir ergriffen haben, bedingt durch die gestiegenen ordnungsrechtlichen Anforderungen.
Seit 2008 Glücksspielstaatsvertrag, Nichtraucherschutzgesetz, Spielerschutz hat bei
uns zu erheblichen Mehrkosten geführt, auch die Einführung von Videoüberwachungssystemen, um die Finanzverwaltung in der Überwachung zu unterstützen und
dort erhebliche Kosten einzusparen, hat bei uns in entsprechender Höhe Mehrkosten
verursacht. Allein durch die Erfüllung der ordnungsrechtlichen Anforderungen entstehen den Spielbanken pro Spielbank im Jahr Kosten in der Höhe von mindestens einer halben Million Euro. Die Entwicklung der Bruttospielerträge ist seit 2006 mit der
neuen Spielverordnung bundesweit eingebrochen in den Spielbanken. Sie sehen hier
auf der linken Seite den bundesweiten Absturz auf 60 Prozent des Niveaus 2007 zu
2011. Auch die Spielbanken im Land sind hiervon nicht verschont worden, die Ostsee-Spielbanken kommen von über vier Millionen Euro Bruttospielertrag und konnten
sich bei 3,5 Millionen Euro Bruttospielertrag stabilisieren, die Mecklenburger Spielbanken kommen von über 5,5 Millionen Euro Spielertrag in 2007 auf unter 3 Millionen
Euro
Bruttospielertrag
in
2011,
wobei
hier
Sondereffekt
Schlie-
ßung/Standort/Waren auch mit enthalten ist. In der praktischen Auswirkung heißt das
ein gesunkenes BSE und gesunkene Tronc-Einnahmen, weil, die Freizügigkeit, wenn
es darum geht, den Jeton noch beim Groupier zu lassen, ist auch zurückgelangen.
Da Sie auch mit der Besteuerung Paragraf 7 auf eine Umsatzgröße zugreifen und
dort die Kosten nicht berücksichtigt sind und auch das Umsatzsteuerergebnis, wenn
ich sie anrechne, immer davon abhängig ist, in welcher Höhe Sie gerade Vorsteuern
gezogen haben, das heißt, Investitionen getätigt haben, führt dann eine Spielbankabgabe dazu, dass Sie ein negatives Jahresergebnis erwirtschaften. Vor Abgabe, das
heißt, nach Abführung der Umsatzsteuer, haben Sie ein positives Jahresergebnis
von 450.000 Euro in diesem Beispiel; schon allein die Spielbankabgabe nach Paragraf 7 bewirkt, dass Sie mit 200.000 Euro in die Verlustzone geraten. Das heißt, die
Zusatzabgabe nach Paragraf 8, welche eine Gewinnabschöpfung bewirken soll, ist
nach fünf Jahren nicht mehr relevant, für keine der beiden Spielbanken. Damit aber
auch der Schonbetrag, der diese Grenze der Wirtschaftlichkeit absichern soll, kommt
gar nicht mehr zur Anwendung. Das regelungstechnische Problem liegt eigentlich in
der Bemessungsgrundlage. Wenn wir besteuert werden würden wie jedes andere
Unternehmen auch, eine Gewinnbesteuerung durchgeführt werden würde, könnten
Sie sehr genau definieren, wo Sie als Gesetzgeber die Grenze der Wirtschaftlichkeit
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- 14/15 sehen. Und auch ein Unternehmensgewinn, der entsteht, meinetwegen gestaffelte
Steuertarife anlegen, der auch in der Spitze sehr, sehr hoch sein kann, bei 80 oder
90 Prozent liegen kann. Nach dem momentanen System, da Sie in der Besteuerung
auf eine Umsatzgröße zugreifen, die weder die Kosten berücksichtigt, noch die Umsatzsteueranrechenbarkeit exakt definiert, ist die Zielerreichung Abschöpfung der
Gewinne bis zur Grenze der Wirtschaftlichkeit mehr oder minder zufällig. Entweder,
Sie belassen uns zu viel, wenn es gut läuft, oder aber Sie greifen in einem Maße zu,
dass uns kein Gewinn mehr verbleibt. In den letzten fünf Jahren haben wir in der
Auswirkung der Besteuerung eine Erdrosselungswirkung bis hin zur kompletten Aufzehrung des Eigenkapitals der Liquidität der Spielbanken. Das heißt, wir brauchen
dringend eine Regelung auch im Bereich der Spielbankbesteuerung, um überhaupt
weiter überleben zu können. Lösungsvorschläge, bis jetzt drei Vorschläge im Rahmen der bisherigen Diskussion genannt: Entweder – was konsequent wäre, wenn
man die Gewinne abschöpfen will – man kommt zu einem Systemwechsel hin zu
einer Ertragsbesteuerung, das heißt, Sie tauschen die Bemessungsgrundlage Bruttospielertrag als Umsatzgröße aus gegen den Unternehmensgewinn. Diese Bemessungsgrundlage haben Sie schon im Gesetz bei der Zusatzabgabe in Paragraf 8 Absatz 2 und 3. Alternativen sind fixe Freibetragsregelungen oder aber eine variable
Freibetragsregelung. Systemwechsel zur Ertragsbesteuerung: Sie greifen nur auf
den Gewinn zu, den Gewinn können Sie exakt definieren. Sollte irgendjemand behaupten, dass man bei Spielbanken den Gewinn nicht exakt ermitteln kann, wäre seit
2004 der Paragraf 8 eigentlich überflüssig im Gesetz. Dort haben Sie nämlich den
Gewinn drin als Bemessungsgrundlage. Sie fassen die Spielbankabgabe und die
Zusatzabgabe zusammen, rechnen keine Umsatzsteuerbelastung mehr an und legen
auf den Gewinn den gestaffelten Steuertarif drauf. Wie in diesem Beispiel gestaffelt
nach 300.000 bis 500.000, 500.000 bis eine Million wäre das Ergebnis: Wir erzielen
vor Besteuerungszugriff nach wie vor einen Unternehmensgewinn, und zwar beide
Spielbanken; Sie legen dann eine Spielbankabgabe mit dem gestaffelten Tarif auf
den Gewinn an, hier in dem Beispiel mit der Staffelung wäre das Ergebnis nach
Spielbankabgabe 297.000 Euro, wenn Sie die Staffelung anders wählen oder die
Steuersätze, können Sie den Punkt austarieren. Es wäre in jedem Fall sichergestellt,
dass Sie nur auf den Gewinn zugreifen und nicht über den Gewinn hinaus die Substanz aufzehren mit der Besteuerung. Für einen solchen Systemwechsel oder Austausch der Bemessungsgrundlage spricht: Sie können punktgenau den Gewinn ab__________________________
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- 14/16 schöpfen bis zur Wirtschaftlichkeitsgrenze, Sie können es exakt in Prozent definieren, was nach Meinung des Gesetzgebers die Wirtschaftlichkeitsgrenze ist. Es ist
dogmatisch folgerichtig und systematisch logisch, wenn Sie einen Gewinn abschöpfen, dass Sie dann auf den Gewinn als Bemessungsgrundlage zugreifen und nicht
auf irgendeine Umsatzgröße. Und Sie brauchen an das Gesetz eigentlich nicht mehr
ran, weil es uneingeschränkt nachhaltig ist. Wenn wir vor Besteuerung Verluste erzielen, sind Sie irgendwann nicht mehr am Markt, so wie andere Unternehmen auch.
Wenn wir vor Besteuerung die Gewinne erzielen, werden wir ganz normal besteuert,
wie jedes andere Unternehmen auch, nur mit höheren Steuersätzen. Nachteil oder,
was dagegen spricht, eine solche Regelung vorzunehmen: Die Änderungen sind relativ umfangreich. Das heißt, Sie müssten von einer Anmeldungs- zu einer Veranlagungssteuer kommen. Hauptproblem wird der Ländervergleich sein, Sie wären das
erste Bundesland, was diesen Systemwechsel durchführt hin zu einer reinen Ertragsbesteuerung. Und die Spielbankgemeinden sind von diesem Systemwechsel
auch unmittelbar betroffen, weil sich natürlich die Änderung der Besteuerung auswirkt auf den Anteil der Gemeinden bei der Spielbankabgabe. Alternative: Sie bleiben
bei dem BSE als Bemessungsgrundlage, den Vorschlag haben die Mecklenburger
Spielbanken schon eingebracht im Rahmen der bisherigen Anhörung, auch in den
dort genannten Größen, das heißt, Sie berücksichtigen pauschaliert die gestiegenen
Aufwände, die wir haben, den Spielbankstandort, und lassen das im Rahmen der
Bemessungsgrundlage von der Spielbankabgabe frei und berücksichtigen das bei
der Zusatzabgabe. Das würde dazu führen, dass die Spielbankabgabe nach Paragraf 7 relativ gering ausfällt, nach Anrechnung der Umsatzsteuer, dass Sie auch mit
entsprechenden Freibeträgen wieder in den Bereich der Zusatzabgabe kommen und
damit die Grenze der Wirtschaftlichkeit einhalten und dass Sie dann eine Abschöpfung über die Zusatzabgabe vornehmen. Sollten Sie zu diesem Modell tendieren,
Hinweis: Es hilft uns tatsächlich nicht weiter, wenn die Freibeträge zu gering bemessen sind, weil wir nach wie vor auf das BSE als Bemessungsgrundlage zugreifen.
Und wenn die Freibeträge zu gering sind, verfehlen wir wieder das Ziel, dass man
uns zumindest den fürs Überleben notwendige Gewinn belässt oder zumindest nicht
mehr abschöpft als den Gewinn. Wenn dort Sorge bestehen sollte, dass die Freibeträge zu hoch sein könnten, heben Sie gegebenenfalls die Zusatzabgabe an oder
legen Sie auch die Zusatzabgabe Staffeltarif, das heißt, dort können Sie dann den
Gewinn wieder abschöpfen. Es bringt nichts, wenn Sie bei den Freibeträgen unter
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- 14/17 den Vorstellungen zurückbleiben, die wir eingebracht haben. Dafür spricht: Es ist
relativ einfach zu regeln im Gesetz. Wir haben in den anderen Bundesländern auch
vergleichbare Regelungen, zum Beispiel in Niedersachsen. Und es ist handwerklich
schnell gemacht. Dagegen: Zum einen die dogmatischen Bedenken, Sie führen nach
wie vor eine Gewinnabschöpfung durch eigentlich mit der falschen Bemessungsgrundlage, Sie haben nach wie vor die Zufallskomponente in der Zielerreichung der
maximalen Gewinnabschöpfung je nachdem, wie Sie in der Zusatzabgabe austarieren, und auch hier sind die Spielbankgemeinden betroffen von der Änderung. Als
dritte Variante hatten wir eingebracht eine variable Freibetragsregelung, das heißt,
Sie haben als Gesetzgeber 2004 eine Wertung getroffen, vier Prozent des BSE soll
von der Besteuerung frei bleiben. Wenn Sie diese Wertung, die Sie in Paragraf 8 Absatz 4 Spielbankgesetz getroffen haben, auf den Paragraf 7 übertragen, was eigentlich nur systematisch richtig und folgerichtig wäre, weil, es macht ja keinen Sinn, uns
bei der Gewinnabschöpfung diese vier Prozent belassen zu wollen, damit die Grenze
der Wirtschaftlichkeit eingehalten ist, aber bei der Spielbankabgabe diese Grenze
nicht zu berücksichtigen, sodass wir unseren sicheren Hafen überhaupt nicht mehr
erreichen können. In der Berechnung würde es sich so darstellen: Wir kommen nach
Erhebung der Spielbankabgabe erst mal wie bisher auf einen Negativbetrag und hätten dann bis zu dieser Grenze – vier Prozent, die der Gesetzgeber ja vorgesehen hat
– einen Anspruch auf Erstattung der gezahlten Spielbankabgabe. Wobei nicht der
komplette Betrag erstattet wird, sondern für die Erstattung nur zur Verfügung steht
der Anteil, der nach Abzug der Umsatzsteuer und nach Abzug der Anteile der Spielbankgemeinde, diese 15 Prozent, noch verbleibt. Das heißt, 15 Prozent des Ertragsbesteuerungsanteils steht uns zur Verrechnung zur Verfügung. Die Spielbankgemeinden wären damit nicht betroffen, Sie übernehmen bereits bestehende Wertung
des Gesetzes, Sie haben auch hier eine uneingeschränkte Nachhaltigkeit, das heißt,
es sind weitere Korrekturen auch in absehbarer Zeit am Gesetz nicht erforderlich,
selbst wenn sich die Rahmenbedingungen noch weiter verschlechtern sollten. Auch
hier haben Sie das Problem, Sie wären die Ersten, die so was im Ländervergleich
einführen, die anderen Bundesländer machen es auch, nicht im Gesetz, sondern da
haben sie dann entsprechende Verwaltungsanweisungen drin im Gesetz, also Verwaltungsermächtigung. In fast allen Bundesländern wird inzwischen nachkorrigiert,
weil, in fast allen Bundesländern sind die Auswirkungen genau die gleichen, die
Spielbankabgabe führt dazu, dass die Spielbanken aufgrund der Abgabe in die Ver__________________________
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- 14/18 lustzone geraten, und es wird jeweils per Hand nachgesteuert durch Einzelfallentscheidung. Zuletzt hat Bremen, das Bundesland Bremen an das Kasino Bremen 1,5
Millionen Euro zurückgezahlt, weil man sich dort auch in der Besteuerung etwas vertan hat. Welchen Weg Sie wählen bei der Änderung der Spielbankenbesteuerung, ist
dem Gesetzgeber überlassen. Wir können nur sagen, es liegen drei Vorschläge auf
dem Tisch, wie man das realisieren kann. Wir können nur sagen, wenn es keine Änderung gibt der Spielbankenbesteuerung, und zwar noch in diesem Jahr, werden Sie
am Ende des Jahres in Mecklenburg-Vorpommern keine Spielbanken mehr haben.
Das Eigenkapital der Spielbanken ist aufgezehrt, und zwar komplett. Wir haben momentan, seit Dezember letzten Jahres, die Spielbankabgabe gestundet für beide
Spielbanken. Wenn diese Stundung aufgehoben werden sollte, unterschreiten beide
Spielbanken die zur Fortsetzung des Spielbetriebes notwendige Liquiditätsmindestausstattung. Würde bedeuten, dass wir den Spielbetrieb nicht weiter aufrechterhalten
können. Das bedeutet den Verlust von 140 Arbeitsplätzen, von fünf Spielbankstandorten. All das steht nicht irgendwann bevor, sondern in diesem Jahr, wenn wir keine
Änderung des Gesetzes in diesem Punkt erreichen können. Und das, was für die
Spielbanken neben der Frage der Zukunftssicherung auch von Bedeutung ist von
Belang ist: Wie geht man mit der zuerst gezeigten Folie um, dass wir in den letzten
fünf Jahren eine Ertragssteuerbelastung hatten von 155 bis 168 Prozent? Das heißt,
dass eine Besteuerung eins zu eins gegen die Substanz der Spielbanken gegangen
ist, auch wenn es um die Rückforderung der durchgezahlten Beiträge geht und eine
Rekapitalisierung der Spielbanken, damit sie weiter ihren ordnungspolitischen Auftrag erfüllen können, sind wir derzeit in Diskussion. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit, so weit zum Thema Spielbankenbesteuerung von unserer Seite!
Vors. Marc Reinhardt: Vielen Dank, Herr Schmidt. Als Nächstes erhält für die Spielbankgesellschaft Mecklenburg mbH und Co. KG Herr Thomas Fritz das Wort. Bitte
schön, Herr Fritz.
Thomas Fritz (Spielbankgesellschaft Mecklenburg mbH & Co. KG): Ja, danke
schön! Werter Herr Vorsitzender, werte Mitglieder, werte Gäste und natürlich auch
die übrigen geladenen Vortragenden, der Staatsvertrag, um den es ja in der Hauptsache hier und auch im Landtag gehen wird, nach klarer Definition als Einheit zu betrachten, in dem wird ja nicht nur Spielbanken geregelt, sondern auch Lotto, Toto,
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- 14/19 Sportwetten, ein bisschen was über Spielhallen wird dort auch geregelt, das, was
eben den Landesgesetzgebern so möglich ist. Es ist ein ordnungsrechtliches Gesamtkonstrukt und nicht nur nach unserer Auffassung, sondern auch nach der Auffassung von höheren Gerichten wie dem Bundesverfassungsgericht oder auch dem
Europäischen Gerichtshof ist Glücksspielregelung, so sie in das Verfassungsrecht
der Berufsausübung eingreift, nämlich sagt, wir sagen, wer und wie viele Glücksspiele betrieben werden dürfen, eben nur unter ordnungsrechtlicher Sicht zu regulieren.
Aus diesem Gesamtkomplex kann man nach unserer Auffassung und sicherlich auch
Auffassung anderer, auch höherer Gerichte nicht einen Teil heraustrennen, in diesem Fall die Spielbanken, und aus Sicht des Finanzministeriums sich sagen, okay,
die Ertragslage fürs Land ist bei den Spielbanken nicht so optimiert, es wäre uns
dann doch lieber, wenn wir keine Spielbanken haben müssen, wir brauchen sie dann
auch nicht zu kontrollieren. Es ist nicht möglich zu sagen, Lottoeinnahmen sind für
uns ausreichend, das betreiben wir, und Spielbanken, na, da ist das, was an Ertrag
rauskommen wird, nicht so rosig zu betrachten, das möchten wir nicht. Das ist aus
unserer Sicht ordnungsrechtlich der falsche Ansatz. Jahrelang haben auch Spielbanken nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern, sondern auch in Deutschland als Beispiel
das Spiel Black Jack betrieben, immer schon defizitär, da die Personalkosten das,
was nach Spielbankabgabe dort übrig bleibt, nicht getragen werden können. Aber
das ist bei einer Spielbank eben auch so, dass ist ein Gesamtauftrag, den eine
Spielbank bekommt, und dann müssen auch Spiele mit betrieben werden, die jetzt
nicht so einträglich sind wie die anderen Spiele. Genau so sehen wir das bei dem
Staatsvertrag und bei der Regulierung von Glücksspielen, aus Sicht eines Finanzministeriums kann ich das vielleicht verstehen, dass man sagt, das, was nicht so viel
Ertrag bringt, da spar ich lieber die Aufsicht, als dass ich das weiter betreibe. Aus
unserer Sicht natürlich nicht, aus ordnungsrechtlicher auch nicht. Zu dem Regelungsbereich Spielhallen, der sich ja auch in dem Staatsvertrag befindet und auch
hier in den Ausführungsgesetzen befindet, will ich noch einmal sagen: Es war in
2006 eine Regulierung oder eine Deregulierung durch den Bund, da können die
Bundesländer nichts dran ändern. Die Wirkung entfaltete sich Ende 2007, die Auswüchse dieser Deregulierung kann jeder, wie wir ja auch schon im Städte- und Gemeindetag quasi bestätigt bekommen haben, in den Kommunen erkennen. Es ist in
den letzten vier, fünf Jahren ein quasi wie Pilzewachsen von Spielhallen entstanden.
Das kommt jetzt erst zum Tragen auch für Kommunalpolitiker, weil sich eben auch
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- 14/20 Eltern beschweren, dass ihre Kinder an fünf Spielhallen zur Schule vorbeilaufen
müssen und natürlich auch Stadtbilder sich verändern. Das ist jetzt nicht ordnungsrechtlich zu sehen, aber das ist die Auswirkung. Glücksspiel wird reguliert nicht nur,
weil es gefährlich ist, sondern weil dort auch sehr, sehr leicht mit Geld zu verdienen
ist. Und aus diesem Grund sprießen bei falscher Regulierung, nämlich Deregulierung
durch den Bund, die Spielhallen dann wie Pilze aus einem Viertel hervor und das
führt dann auch noch zur Bildung von so Glücksspielvierteln, wo vier, fünf Hallen
sehr massiv an einer Stelle, oder drei bis vier, sich befinden. Das hängt damit zusammen, dass nicht nur im Glücksspiel, sondern auch in anderen Dingen wie, ja, die
Ballung von Geschäften eben auch zeigt, die Geschäfte gehen dort hin, wo auch andere Geschäfte sind, weil, dann kann man dort Geld verdienen. So ist das im
Glücksspielbereich auch und dadurch entstehen so Glücksspielviertel, wo vier bis
fünf Hallen auf einmal stehen. Ein Sportwettanbieter, mit dem ich vor Jahren mal gesprochen hatte, der hatte mir auch bestätigt, dass er, auch wenn diese Dinger illegal
gewesen sind, nur dann Sportwettbüros dort eröffnet, wo noch zwei, drei andere bereits stehen, weil, nur dort hat er eine gute Einnahmequelle. Und so ist das mit Spielhallen auch, das kann jeder beobachten. In der Föderalismusreform, in der letzten,
ist das Recht der Spielhallen allerdings auf die Länder übergegangen. Somit hat das
Land oder jedes Land die Möglichkeit, in Spielhallengesetzen oder Ausführungsgesetzen zum Staatsvertrag dieser Entwicklung, die ja doch als unangenehm zu bezeichnen ist, entgegenzuwirken, kann der Landtag und Sie als Abgeordnete das
Recht in Ihre Hand nehmen und das auch in diesem Land hier regeln. Und das müssen wir in den Ansätzen schon mal als sehr positiv betrachten und im Weiteren eben
auch. Diese Abstandsregelung, die jetzt im Gesetz drinsteht mit 500 Metern, die
kann natürlich auch bei 1.000 Metern stehen, dann verhindert man schon mal diese
Clusterbildung, dass ich an einer Stelle fünf, vier, fünf, drei oder vier Spielhallen auf
einmal habe, was ja noch schlimmere Auswirkungen hat als einzelne. Das Gleiche ist
das mit den Öffnungszeiten: Der Landtag kann festlegen, wann eine Spielhalle geöffnet werden darf. Nach unserer Meinung ist der Entwurf viel zu kurz, denn wenn
man sich gerade ländliche Gegenden ansieht, da ist ab 0:00 Uhr als Freizeitbeschäftigung nur noch eine Spielhalle zur Verfügung. Aus diesem Grund schlagen wir halt
vor, von 1:00 Uhr bis 12:00 Uhr zu schließen, denn auch morgens, welchen Sinn oder was für eine Idee steckt denn dahinter, wenn ich um 8:00 Uhr eine Spielhalle eröffne? Soll derjenige seine Kinder zur Schule bringen und danach in die Spielhalle?
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Innenausschuss – 10. Mai 2012
- 14/21 Wenn es jetzt nur eine Unterhaltung wäre, wäre das ja noch okay, solange da Billardtische und ein Flipper steht, wenn das aber zu ruinösem Spiel führen kann, kann ich
den Sinn nicht erkennen, morgens um 8:00 Uhr eine Spielhalle zu öffnen. Das Gleiche ist die Ausweiskontrolle, die momentan noch nicht in diesem Gesetz hier enthalten ist, in anderen Bundesländern ist das expliziter geregelt in Spielhallengesetzen.
Es muss verhindert werden, dass Jugendliche Spielhallen betreten. Es gibt viele Untersuchungen, dass das eben doch der Fall ist. Natürlich, die Automatenindustrie und
die Spielhallenbetreiber werden das bestreiten, aber es findet gar keine Kontrolle
statt. Deswegen nehmen Sie als Landtag dieses Recht in Anspruch und sagen Sie,
wir möchten das nicht! Wir können das regeln, wir ändern das! Zu den Spielbanken
haben wir zu den Zahlen eben schon was gehört, zu Sportwetten und Lotto will ich
mich da nicht äußern, dass das im Moment läuft, sage ich mal so. Es liegt natürlich
an der Höhe der Einnahmen, auch Lotto hat aktuell in diesem Jahr wieder sechs bis
acht Prozent Rückgänge. Das liegt an der Regulierung, an der Sache, das mag in
gewissem Sinne auch gut sein, aber die steuerlichen Rahmenbedingungen müssen
eben auch stimmen. Das ist bei Spielbanken, wir haben die Zahlen bereits gehört,
auch so. Natürlich, Deregulierung, Auswärtskontrolle, Spielerschutz, Suchtprävention, Sperrsysteme, Schulung der Mitarbeiter, das kostet Geld, das hat natürlich auch
Auswirkungen, es werden weniger Gäste, die Umsätze sinken, das ist so, das ist ein
Stück weit ja auch gewollt in so einem Gesetz, das ist ja der Grund, der Spielerschutz wird eben ausgedehnt. Gleichzeitig kann man aber nicht den Spielbanken die
Möglichkeit entziehen, überhaupt zu betreiben. Was nach momentaner Gesetzeslage
eben so ist. Wir haben Werbeschränkungen aus dem Ordnungsrecht, da ist unser
Innenministerium sehr streng. Was auch, wenn man das Gesetz und die gesamten
Regulierungen auch des Staatsvertrages halt ernst nimmt, auch richtig ist. Es geht
nicht, dass wie in Hessen Werbung gemacht wird, wie jeder möchte, und das Innenministerium da eben wegschaut. Unser Innenministerium tut das nicht, dazu ist es
allerdings auch erforderlich, dass das Finanzministerium uns dann auch die Möglichkeit lässt, das zu bezahlen, unser Personal zu bezahlen, den Spielerschutz zu bezahlen und die Suchtprävention zu bezahlen. Der Staatsvertrag sieht halt nicht nur
vor Suchtprävention und Werbebeschränkung, sondern er sagt auch, es muss ein
Angebot da sein. Dafür bedarf es auch Spielbanken. Wenn wir das Pokern uns anschauen: Natürlich kann man nicht einerseits sagen, wir verbieten Pokern im Internet, das ist illegal, wir verbieten das in jeder Kneipe, wir bieten aber den Menschen
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Innenausschuss – 10. Mai 2012
- 14/22 auch keine Möglichkeit zu pokern. Dafür gibt es Spielbanken, wir bieten das an und
die Gäste kommen auch zu uns zum Spielen. Es ist nur so, dass in unserer Nachbarschaft gerade, neben der Spielbank Schwerin, vor fünf Wochen ein illegaler Pokerclub von der Polizei hochgenommen wurde. Man sagt wohl, hochgenommen, ja,
das ist so richtig, das ist richtig mit Hinterzimmer gewesen, und ja, die spielen direkt
neben uns, die zahlen natürlich keine Steuern, die haben kein Sperrsystem, die haben keinen Suchtbeauftragten, die haben kein geschultes Personal. Und diesem
wirkt natürlich eine Spielbank entgegen. Dass man einem 25-Jährigen, der nun Boris
Becker in der Fernsehreklame zwar auch illegalerweise, aber trotz alledem sieht, der
fragt natürlich, ja, wo kann ich denn pokern, und wenn man ihm dann sagt, ja, nirgends, bei uns nirgends, würde das illegale Glücksspiel natürlich weiter florieren. Die
Deregulierung hat eben furchtbare Auswirkungen auch für unsere Mitarbeiter, die
machen ihre Suchtschulungen, die bieten hochwertiges Spiel an und die stehen unten an der Rezeption, machen die Ausweiskontrolle und lassen gesperrte Spieler
nicht rein oder veranlassen selbst Sperren und müssen währenddessen Angst um
ihren Arbeitsplatz haben, weil das momentane Besteuerungssystem von einer Umsatzbesteuerung ausgeht, die kein Spielbankbetreiber bezahlen kann. Dagegen
muss in dem kommenden Gesetz etwas gemacht werden und da sind auch, sage ich
mal, Argumente, die wir … Wir haben ja mit dem Finanzministerium lange, lange diskutiert darüber, werden einfach zum Teil auch Äpfel mit Birnen verglichen. Wir liegen
im Durchschnitt bei einer Umsatzbesteuerung von 28 Prozent, das wird dann als
sehr, sehr wenig eingestuft. Ich will nur mal sagen, die Spielbank Bad Wiessee zahlt
30 Prozent Abgabe, zwei Prozent mehr als wir. So was wird dann so als Beispiel gebracht. Die Spielbank Bad Wiessee macht 12 Millionen Bruttospiel mit einem Standort, das machen unsere fünf Spielbanken zusammen nicht. Wenn ich 12 Millionen an
einem Standort habe und 30 Prozent Abgabe zahle, dann zahle ich die wahnsinnig
gerne und würde in Rostock dann noch jedes Jahr Hansa Rostock die Schulden bezahlen können, das wäre völlig unproblematisch. Deswegen diese Vergleiche mit
anderen Bundesländern, die passen nicht zu uns. Das wissen wir auch in anderen
Bereichen in Mecklenburg-Vorpommern, es ist eben alles, die Brötchen sind ein
bisschen kleiner zu backen, und so sieht das auch mit den Abgaben aus. Und als
anderes Beispiel: In Sachsen-Anhalt haben die Spielbanken 25 Prozent Abgabe gezahlt, schon als staatliche, dann wurden sie verkauft, in der Zwischenzeit sind sie
insolvent, da stehen 100 Mitarbeiter auf der Straße und drei Spielbankstandorte, die
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Innenausschuss – 10. Mai 2012
- 14/23 stehen dort dann noch und jeder überlegt, wie es weitergehen soll. Deswegen müssen Sie den Mut aufbringen, etwas zu ändern an der Spielbankbesteuerung. Wir haben das gerade schon gehört, der Freibetrag, der ist von uns als Vorschlag gebracht
worden auch im Gespräch mit dem Finanzministerium, weil es als schwierig angesehen wird, das Besteuerungssystem zu ändern. Dieser Freibetrag ist aber nur eine
Krücke, das ist ja ein festgelegter Betrag, der muss jetzt nicht stimmen. Wenn im
nächsten Jahr die Umsätze noch mal um 300.000 sinken, dann passt der Freibetrag
wieder nicht. Deswegen ist schon die Ertragsbesteuerung die wirklich sauberste Lösung, dann auch am Ende in den oberen Bereichen bei 80 oder 90 Prozent anzusetzen. Klar, Glücksspiel, kann man viel Geld mit verdienen und dann soll es auch abgeschöpft werden und auch für soziale Zwecke zur Verfügung gestellt werden, das
ist so, das hat auch das Bundesverfassungsgericht gesagt, sehen alle Gerichte so.
Aber nur, wenn Gewinn entsteht, und nicht, wenn unsere Personalkosten bereits unser Eigenkapital aufzehren. Deswegen hoffe ich, dass ich Sie mit dazu überzeugen
kann, etwas an dem Abgabensystem zu ändern. Der Spielerschutz, die Ordnungspolitik, auch Suchtprävention, überhaupt ein Angebot. Nicht zuletzt auch, vielleicht nicht
ordnungsrechtlich, aber: Es sind immerhin auch 140 Arbeitsplätze und es sind
120.000 Urlauber, die im Jahr unsere Spielbanken besuchen, das ist auch für die
Fremdenverkehrsstandorte nicht völlig unwichtig. Und was den Länderfinanzausgleich und die anderen Länder, was Abgabensystem anbetrifft, kann man auch in
Mecklenburg-Vorpommern den Mut haben und sagen, okay, wir ändern das auch.
Bayern und NRW haben Fernsehsender, die auch unseren Bürgern hier über Telefon-Call-in-Systeme das Geld aus der Tasche ziehen, und der bayerische Ministerpräsident wollte die Änderung des Rundfunksstaatsvertrages partout nicht, weil seine
Arbeitsplätze daran hängen. Wir in Mecklenburg-Vorpommern hängen jetzt unsere
Arbeitsplätze daran und deswegen hoffe ich, Sie so gut wie überzeugt zu haben.
Danke schön.
Vors. Marc Reinhardt: Vielen Dank, Herr Fritz. Als Nächstes erhält das Wort für den
Gesamtbetriebsrat der Spielbankengesellschaft Mecklenburg-Vorpommern mbH und
Co. KG Herr Klaus Gartz, der zugleich auch ver.di mit vertritt. Bitte schön, Herr
Gartz.
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Innenausschuss – 10. Mai 2012
- 14/24 Klaus Gartz (Gesamtbetriebsrat der Spielbankgesellschaft Mecklenburg mbH & Co.
KG) Ja, vielen Dank, sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Abgeordnete,
dass wir hier vor diesem Innenausschuss sprechen dürfen! Als Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Spielbanken mbH und Co. KG und als aktives Mitglied im ver.diBundesarbeitskreis Spielbanken vertrete ich auch die 140 Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer in Mecklenburg-Vorpommern sowie die Fachgewerkschaft für Glücksspiel ver.di. Ja, wir sind seit dem ersten Glücksspielstaatsvertrag 2008 in Zusammenarbeit mit den Suchtspielverbänden durch Stellungnahmen, Expertenanhörung
und Öffentlichkeitsarbeit bei der Mitgestaltung des jeweiligen Staatsvertrages mit
dabei. Unsere Auffassung ist es, dass Glücksspiel unabhängig vom Suchtpotential
von Menschen für Menschen gestaltet werden muss, und nur eine wachsame und
menschliche Umgebung leistet Suchtprävention, Spielerschutz und Jugendschutz.
Computerkriminalität und alkoholisierte Minderjährige mit den Bankdaten ihrer Eltern,
die spielerisch den Kontrollverlust erleiden, kann im Online-Glücksspiel nicht ausgeschlossen werden. Und so widerspricht Paragraf 10a, die Experimentierklausel in
den Sportwetten, den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages, denn diese weichen
einem kommerziellen Erfolg. Nach dem Motto: Legalisieren, etwas kontrollieren und
abkassieren. Dies verstößt einer widerspruchsfreien und zusammenhängenden
Glücksspielregelung. ver.di und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Spielbanken befürworten ausdrücklich das ausdrückliche Verbot für Online-Kasinospiele
wie Roulette, Black Jack und Poker. Die Spielbanken leisten eine Alternative zum
illegalen Zock im Internet und in den privaten Hinterzimmern. Wir bieten Glücksspiel
mit geringen Spieleinsätzen, ungeachtet vom hohen Personalaufwand. Das klassische Spiel, basierend auf einem mathematischen Bankvorteil ohne elektronische
Steuerung. Wir bieten Spiel, wir bieten einen transparenten Spielverlauf, bei uns
können Pokerspieler das Spiel am Spieltisch entsprechend einschätzen, er spielt um
das Spiel, er spielt um das Geld auf dem Tisch. Es gibt für ihn keine Risiken bei uns.
Es gibt keine Spielabsprachen per Voice-over-IT, es gibt keine Kriminalität, keine
Computerkriminalität, er ist keinen unseriösen Anbietern ausgesetzt, er ist nicht losgelöst von Suchtprävention, Jugendschutz und Spielerschutz. Eine Veränderung des
Gewinn- und Glücksspielmarktes innerhalb der sechs Jahre führte unsere Spielbank
in eine lebensbedrohliche Lage und die Ursachen kennen Sie ja mittlerweile schon
aus diesem Vortrag. Das ist zum einen die deutliche Zunahme des OnlineGlücksspiels, der rasante Ausbau der Verfügbarkeit bis runter zum Smartphone. Sie
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Innenausschuss – 10. Mai 2012
- 14/25 haben praktischerweise einen virtuellen Pokertisch und einen Spielautomaten direkt
auf dem Smartphone, das müssen Sie sich mal vorstellen! Außerdem hätte der Gesetzgeber zu dieser Möglichkeit die Stilllegung des Zahlungsverkehrs, das wäre quasi die einzige Möglichkeit, um dieser Sache entgegenzutreten. Der nächste Punkt
wäre die Spielverordnung 2006, die dem gewerblichen Automatenspiel Mehrfachkonzessionen erlaubt. Die Spielverordnung regelt die Gewinnplanung, die Bauweise
der gewerblichen Spielautomaten, definiert dessen Gewinnplan. Die Spielhallen haben sich mittlerweile zu Spieltempeln entwickelt und die irreführende Bezeichnung
Kasino und die Auslobung von Jackpots unterstreichen die gewollte Ähnlichkeit zu
Spielbanken. Automatenhersteller sind technische Lieferanten für Spielhallen und
Spielbanken, und solange der Preis stimmt, ist ihnen der Spieler mit der verbundenen Suchtaufgabe egal. Die Aufgaben, die Auflagen, das Nichtraucherschutzgesetz,
die strenge Regulierung durch den Glücksspielstaatsvertrag und die Geldwäsche,
diesen Auflagen unterwerfen wir uns, weil, es gehört zum verantwortungsbewussten
Spiel. Eine Einlasskontrolle für Spielhallen entspricht unserer Auffassung einer
Gleichstellung der Spielbanken. Und wir sehen die Gefahr, dass auf dem Rechtsweg
die Gewinnspielgeräte freigeschaltet werden, dass man im Grunde genommen dann
Spielbankgeräte dort wiederfindet, die losgelöst sind von Begrenzungen von Gewinnen und Verlusten. Wir fordern, im suchtpräventiven Sinne der flächendeckenden
Verbreitung der Spielbankgeräte zu begegnen, eine Rückführung zum Unterhaltungsspiel. Denn diese Geräte stehen in Kneipen, Gaststätten, Stehimbissen und
natürlich auch in Spielhallen. Die Sperrzeiten im Glücksspieländerungsvertrag Mecklenburg-Vorpommern Paragraf 11 Absatz 3, die zwischen 2:00 bis 8:00 Uhr geregelt
sind, da müssen wir deutlich sagen, diese Sperrzeiten müssen an die Öffnungszeiten
der Spielbanken angepasst werden. Die Spielbanken selbst müssen sich auf ihr
Kerngeschäft konzentrieren, losgelöst von Betriebs- und Personalkosten. Ein attraktives manuelles Glücksspiel mit niedrigen Einsätzen wie Roulette, Black Jack und
Poker, ein attraktives Automatenspiel, eine abwechslungsreiche Eventgestaltung,
eingebettet in Spielerschutz, Suchtprävention und Jugendschutz, so bieten wir einen
Anziehungspunkt, um für Spieler ein illegales Online-Spiel deutlich zu deplatzieren.
Wir veranstalten Glücksspiel fair und transparent, wir leisten den ordnungspolitischen
Auftrag und wir kanalisieren illegales Glücksspiel. Und es ist die einzige Alternative
zum illegalen und gefährlichen Online-Glücksspiel. Unsere schwierige finanzielle Situation führte in den letzten zwei Jahren zu betriebsbedingten Kündigungen und indi__________________________
Innenausschuss – 10. Mai 2012
- 14/26 rektem Personalabbau. Die Umsatzbesteuerung berücksichtigt nicht die Betriebsund Personalkosten und gefährdet unseren weiteren Spielbetrieb. Es ist für uns unmöglich, jederzeit alle Spielangebote zur Verfügung zu stellen, und wir riskieren
dadurch die Abwanderung der Spieler ins Internet. Der Mindestbedarf zum Spielbetrieb wird bei uns im Moment dadurch gelöst, dass Überstunden anfallen, freie Tage
gestrichen und die Arbeitszeit extrem flexibilisiert wird. Gemessen an unseren Geschäftszahlen attestierte uns das Finanzministerium die Pleite, selbst ohne Abgabe.
Sie vollführten unter uns einen Stresstest anhand einer Modellrechnung eines marktorientierten Unternehmens: Damit wurden zum Beispiel Rücklagen für Werbung und
ständige Erneuerung des Inventars eingesetzt. Diese Ausgaben sind für Spielbanken
realitätsfremd. Die Spielbankabgabe ist an soziale Zwecke gebunden, sie soll aber
die Kosten der Finanzmitarbeiter abdecken. Es wurde ein Betrag von 2010 in Höhe
von 900.000 Euro veröffentlich, mittlerweile haben wir aber im Jahr 2011 die Aussichten von zehn auf zwei Mitarbeiter je Standort reduziert. Wir haben somit also eine wesentlich geringere Kostenabdeckung. Das Finanzministerium vergleicht Spielbanken mit einem Wirtschaftsunternehmen, dann fordern wir natürlich die Ertragsbesteuerung. Somit können wir den Spielbetrieb langfristig gewährleisten. Spielbanken
sind keine Wirtschaftsunternehmen. Sie unterliegen den Regeln des Glücksspielstaatsvertrages, des Spielbankengesetzes und den Auflagen des Innenministeriums.
Ein Personalabbau in Spielbanken führt zu Rückgang des Spielangebotes. Es sinkt
die Attraktivität und langfristig führt das zur Insolvenz. Die suchtpräventiven Ziele des
Glücksspielstaatsvertrages werden unglaubwürdig und Spieler würden in die Illegalität geführt. Suchtprävention und Spielerschutz darf nicht mit Personalabbau bezahlt
werden. Eine Neugestaltung der Spielbankabgabe muss mit Beschäftigungsgarantie
verbunden sein. Wir wollen Arbeitsplätze erhalten und nicht die Marge unserer Gesellschafter sichern. Die Abgabensenkung verbunden mit Personalabbau muss verhindert werden. Sie haben das bereits in Bayern gesehen, in Niedersachsen und zuletzt 2010 in Waren/Müritz für die Beschäftigten der Spielbanken in MecklenburgVorpommern. Mein Kollege Herr Schumann stellt jetzt die Ausführung der steuerlichen Erdrosselung aufs Personal im Anschluss. Ich bedanke mich, dass ich hier
Stellung nehmen durfte!
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Innenausschuss – 10. Mai 2012
- 14/27 Vors. Marc Reinhardt: Vielen Dank, Herr Gartz. Und wie von Ihnen eben schon angekündigt, kommt jetzt für den Gesamtbetriebsrat der Ostsee-Spielbanken GmbH
und Co. KG Herr Frank Schumann. Sie haben das Wort, Herr Schumann.
Frank Schumann (Gesamtbetriebsrat der Ostsee-Spielbanken GmbH & Co. KG):
Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren, ich schildere
Ihnen, unter welchen Bedingungen wir den täglichen Spielbetrieb in unseren fünf
Spielbanken gewährleisten. Durch die dramatische Lage in der Spielbank Waren an
der Müritz erhielten wir in M-V eine Spielbankabgabe ab 25 Prozent bis 500.000 Euro. Die Warener arbeiteten in den letzten Monaten vor der Schließung bis acht Tage
am Stück und 16 Stunden täglich. Sie verzichteten freiwillig auf freie Tage und verschoben ihren Urlaub. Die Angst vor Arbeitslosigkeit und der soziale Zusammenhalt
im Kollektiv forderten den Mitarbeitern alles ab. Im November 2010, wie bekannt,
schloss der Standort. Diese Entwicklung, sehr geehrte Damen und Herren, beobachten wir mittlerweile auch an unseren Häusern: Wir sperren unsere eigenen Einnahmequellen. Unsere Umsätze brechen ein und wir erleiden Personalabbau. Seit 2008
wurden in Mecklenburg-Vorpommern 29 Spielbänkern gekündigt. Der Arbeitsaufwand hat sich nicht verringert, er wurde auf die verbliebenen Kollegen verteilt. Die
Folgen sind: Deutliche Flexibilisierung der Arbeitspläne, ein Wechsel zwischen Tagund Nachtschichten, Einführung von Mischarbeitsplätzen, das heißt, der Mitarbeiter
muss überall einsetzbar sein. Durch Urlaubs- und Krankheitsvertretung arbeiten wir
zum Teil acht Tage hintereinander, täglich acht bis zehn Stunden. Die gestrichenen
freien Tage und steigenden Überstunden, die körperlich belastenden langen Stehzeiten im klassischen Spiel und ein erhöhter Krankenstand und Burn-out. Wann haben
wir Zeit für unsere Familien und für unsere Kinder? Der Personalbedarf wurde immer
dem Spielbetrieb angepasst, personelle Überkapazitäten kamen nie vor. Jetzt haben
wir das Mindestmaß erreicht, um eine Spielbank zu betreiben mit deutlichem Angebotsverlust. Immer öfter kommt es zu Verzögerungen im Geldverkehr und im Getränkeservice. Zum Teil können wir einige Tischspiele nicht anbieten, weil das Personal
fehlt. Der Blick auf umsatzstarke Spielbanken in Hamburg, Wiesbaden oder Stuttgart
zeigt, dass Attraktivität mit hoher Personalstärke verbunden ist. Jetzt haben wir das
Ende der Fahnenstange erreicht. Wir haben Angst um unsere Arbeitsplätze. Wir
fürchten den sozialen Abstieg, den Gesichtsverlust und den Umzug in ein anderes
Bundesland. Einige Mitarbeiter sind Hauseigentümer, sie werden verlustbringend
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Innenausschuss – 10. Mai 2012
- 14/28 verkaufen müssen. Statt als Arbeitnehmer Steuern zu zahlen, werden wir den Steuerzahler als Arbeitslose zusätzlich belasten. Wir sind Ihre Steuereintreiber, sehr geehrte Damen und Herren. Wir leisten den ordnungspolitischen Auftrag. Mit betriebsbedingten Kündigungen bezahlen bundesweit über 500 Spielbänker, die Suchtprävention und den Spielerschutz trotz Abgabensenkung. Die Neugestaltung der Abgabensenkung, sehr geehrte Damen und Herren, muss mit einer Beschäftigungsgarantie gekoppelt sein. Danke schön.
Vors. Marc Reinhardt: Vielen Dank, Herr Schumann. Und am Ende der Anzuhörenden bekommt jetzt zum Schluss der Projektkoordinator Glücksspiel bei der Landesstelle für Suchtfragen in Mecklenburg-Vorpommern Herr Andreas Rihl das Wort. Bitte
schön, Herr Rihl.
Andreas Rihl (Landesstelle für Suchtfragen Mecklenburg-Vorpommern): Ja, schönen Dank, sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Auch wir bedanken uns, dass wir hier noch mal Stellung nehmen können zu
dem Glücksspielstaatsvertrag, also zu den Entwürfen. Wir haben ja schon bei der
Verbandsanhörung im Grunde genommen dezidiert Stellung bezogen. Diese Stellungnahme liegt Ihnen, glaube ich, vor, die habe ich als Anhänge mit angehängt. Und
da ist eigentlich genau beschrieben mehr oder weniger, wofür und wogegen wir sind,
was wir begrüßen und was wir nicht begrüßen in diesen Regelungen. Wir haben jetzt
schon einiges gehört, was Suchtprävention im Grunde genommen angeht. Aus fachlicher Sicht sei natürlich positiv hervorzuheben, dass in diesem Entwurf auch die
Spielautomaten als Glücksspiel definiert werden. Das hat Herr Glaser ja vorhin auch
schon erzählt, das finden wir gut. Negativ finden wir im Grunde genommen, um es
kurz zu sagen, die gesamte Liberalisierung und Marktöffnung. Die lehnen wir aus
fachlicher Sicht ab, weil es sich bei dem Glücksspielmarkt natürlich um demeriotorische Güter handelt, es ist also kein Markt wie jeder andere. Es ist nicht Angebot und
Nachfrage, die hier entscheiden, sondern dieses Angebot, was ich erzeuge, was ich
erstelle, hat dummerweise auch einen negativen Effekt, und das ist natürlich die
Glücksspielsucht. Ich habe ergänzend zu den eingereichten Stellungnahmen gestern
noch mal ein paar Zahlen zusammengestellt, wie groß ist vielleicht die Problematik in
Mecklenburg-Vorpommern: Seit 2008, wie Sie das eben schon richtig sagten, koordiniere ich unter anderem das Projekt Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung
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Innenausschuss – 10. Mai 2012
- 14/29 des pathologischen Glücksspiels in Mecklenburg-Vorpommern. Es gibt nun ganz viele Studien, jede Studie sieht da anders aus, die sich mit den Zahlen beschäftigt, wie
weit im Grunde genommen die Problematik gediegen ist, es gibt genau sieben Studien, die sich mit einer Zwölfmonatsprävalenz beschäftigen. Das bedeutet, in zwölf
Monaten wird die Frage gestellt, hatten Sie in den letzten zwölf Monaten ein Problem
mit Glücksspielen, das ist Zwölfmonatsprävalenz unter anderem. Aktuell habe ich da
mal eine Studie genommen, es hört sich immer erst sehr wenig an, ich will es gleich
so sagen: Die letzte Studie der BZgA spricht von 0,5 Prozent der bundesdeutschen
Bevölkerung, die problematisches Spielverhalten zeigen, und 0,49 Prozent, die ein
pathologisches Spielverhalten zeigen. Pathologisches Spielverhalten, das krankhafte. 0,49 Prozent, das sind also 264.000 Personen, die pathologische Glücksspieler
sind, krankhafte Glücksspieler, und 275.000 Personen bundesweit, die ein problematisches Spielverhalten zeigen. Die Gruppe der Spieler, die teilen wir immer ein in soziale Spieler, von denen haben wir heute natürlich gehört, darum geht es uns im Ersten nicht so, die sozialen Spieler spielen so wie jeder andere auch gerne mal nebenbei vielleicht Lotto oder irgendein anderes Spiel und es besteht da keine Suchtgefahr. Problematische Spieler, die geben da schon ein bisschen mehr Gas. Die sehen
Sie gerne in Spielhallen, unter anderem hier beginnt im Grunde genommen oftmals
die Karriere eines pathologischen Glücksspielers. Das hat der Herr Glaser aber auch
schon ein bisschen erwähnt. Und jetzt habe ich mal die Zahlen für MecklenburgVorpommern umgerechnet, weil die uns vielleicht mehr interessieren: Pathologische
Glücksspieler gebe es nach dieser letzten BZgA-Studie circa 6.100 in MecklenburgVorpommern, wenn ich davon ausgehe, dass wir 1,2 Millionen über 18-jährige Einwohner haben in Mecklenburg. Pathologische Glückspieler gebe es danach 5.900,
circa 5.900. Das Problem ist aber noch ein anderes, das möchte ich an dieser Stelle
erwähnen: Jeder dieser Glücksspieler hat nach den wissenschaftlichen Erkenntnissen natürlich Glücksspielschulden. Nicht jeder, aber durchschnittlich gesagt kann ich
es dann ausrechnen, es sind 20.000 Euro Glücksspielschulden, die jeder pathologische Glücksspieler hat. Der, den ich kenne, der am meisten hat, hat 500.000 Euro
Glücksspielschulden hier im Land, der kommt natürlich irgendwie von dieser Spielsucht kaum noch weg und da ist es natürlich aussichtslos. Ich will es nur erwähnen.
Das bedeutet letztendlich, von den 5.880 pathologischen Glücksspielern, die 20.000
Euro Spielschulden haben, komme ich ganz schnell auf eine Summe von 117 Millionen Euro Schulden am Glücksspiel, also Glücksspielschulden, Schulden, die durch
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Innenausschuss – 10. Mai 2012
- 14/30 Glücksspiel entstanden sind. Nehme ich mal an, es sind nur 10.000 Euro Schulden,
die jeder Glücksspieler hat – ich will natürlich die Zahl auch ein bisschen geringer
machen –, bleibt es aber immer noch bei 5,8 Millionen Euro Spielschulden durch da
Glücksspiel. Nehmen wir noch mal den Bereich Spielautomaten: In MecklenburgVorpommern gibt es derzeit, wir hatten es ja auch schon gehört, es kam durch eine
Ausweitung durch die Spielautomaten, durch die Vergabe an die Kommunen. Es gibt
derzeit 1.861 – derzeit bedeutet natürlich, die letzten Erhebungen sind 2010, aus
2010 sind die Daten –, 1.861 Spielautomaten in Mecklenburg-Vorpommern, die in
Spielhallen stehen. Also, es geht hier nur um die Spielhallen dabei. Also, die beinhalten natürlich auch Tankstellen und Gaststätten, also, die sind da mit drin. Der Kasseninhalt eines Spielautomaten – ist ja vielleicht auch noch mal interessant zu wissen –, der Kasseninhalt beträgt 1.800 Euro, das ist im Grunde genommen die Summe, die nach Ausschüttung jeglicher Gewinne übrig bleibt. Nun ist es natürlich einfach zu sagen, die 1.800 Automaten und die 1.800 Euro, da komme ich gleich auf
einen Kasseninhalt aller Automaten von 3,3 Millionen Euro pro Monat oder 111.000
Euro pro Tag, die verspielt werden, und der Kasseninhalt ist im Grunde genommen
das, was der Spieler an Schulden da lässt, also, was er da ausgibt, was da übrig
bleibt. Vielleicht das kurz zu diesem Überblick. Ein Wort sei noch erwähnt: Pathologisches Glücksspielen ist keine schlechte Angewohnheit, sondern es ist eine Krankheit, von der WHO anerkannt schon in den 90er-Jahren und natürlich auch behandelbar. Es ist so ähnlich wie mit Alkohol, es hat sich immerhin durchgesetzt, dass es
sich, wie gesagt, hier um eine Krankheit handelt und nicht um eine Angewohnheit,
dass man einfach sagt wieso gehst du da hin, du brauchst doch da einfach nicht
mehr spielen gehen und schon wäre das Problem gelöst! So einfach ist es leider
nicht. Das möchte ich ergänzend zu meinen Ausführungen noch sagen und, wie gesagt, bedanke mich für die Möglichkeit der Stellungnahme hier.
Vors. Marc Reinhardt: Vielen Dank, Herr Rihl. Wir sind damit am Ende der Liste der
Anzuhörenden und kommen jetzt in die Frage-und-Antwort-Runde der Abgeordneten. Wer der Abgeordneten wünscht denn das Wort? Herr Ringguth.
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Innenausschuss – 10. Mai 2012
- 14/31 Abg. Wolf-Dieter Ringguth: Ja, danke, Herr Vorsitzender. Meine Damen und Herren, ich will mal auch so ein bisschen der Reihenfolge nachgehen. Herr Glaser, bei
Ihnen standen ja die Kommunalfinanzen im Mittelpunkt, und die nach Ihrer Meinung
nicht zureichende Kostenfolgeschätzung nach Paragraf 4, Kommunalverfassung.
Konnexität ist so das Stichwort, ich sage nachher auch gleich, dass ich in der nachfolgenden Sitzung die Frau Albrecht bitten werde, die gerade rausgeht – hoffentlich
kommt sie irgendwann wieder … Frau Albrecht? Das ist schrecklich, Frau Albrecht,
denn wir haben im Anschluss gerade eine Innenausschusssitzung, wo wir uns im
TOP 3 damit beschäftigen, da hätte ich Sie fragen können. Herr Dr. Darsow kommt.
Dann werde ich Herrn Dr. Darsow fragen, danke schön. Weil die Frage Konnexität,
die hat uns schon immer berührt, auch in diesem Ausschuss, und das ist eine wichtige Frage, aber jetzt mal an Sie: Der Königsweg, der da beschrieben wurde, war ja so
eine Task Force, wenn ich das so richtig verstanden habe. Aber das kann doch nicht,
weil es eine kommunale Aufgabe ist, kann ja diese Task Force sich nur bilden aus
kommunalen Behörden, die das dann irgendwo gemeinsam machen, das ist ein
bisschen unklar geblieben, da würde ich gerne mal zu dieser Task Force mehr hören, wie die denn wohl aussehen könnte. Und wenn immer das NichtraucherSchutzgesetz angesprochen wurde, sozusagen als schlechtes Beispiel, wie dann
hier im Landtag mal immer fix was geregelt wird und man nicht genügend auf die
Kostenfolgen sieht, dann wüsste ich doch mal gerne, wie ist das denn landesweit
jetzt mit den Kostenfolgen bei den Ordnungsbehörden, die sich mit dem Nichtraucherschutzgesetz auseinandersetzen müssen. Was ist denn da entstanden? Gibt es
dafür eine Zahl? Das würde mich einfach mal interessieren, weil das Thema Konnexität nehmen wir schon ernst. Herr Schmidt, an Sie habe ich als erstes die Bitte,
dass Sie diese Charts, die Sie da in Ihrem Vortrag verwendet haben, bitte dem Ausschuss zur Verfügung stellen würden – Herr Vorsitzender, das ist doch in Ordnung,
ne?
Vors. Marc Reinhardt: Soll Anlage des Protokolls werden.
Wolf-Dieter Ringguth: Ja? Gut, dass wir das als Anlage zum Protokoll nehmen
können, und da Ihr Schwerpunkt nachvollziehbar ist, weil Sie ja – die Frage war, ob
der Gesetzgeber nicht längst die Grenzen jeder Wirtschaftlichkeit da sozusagen
überschritten hat mit seinen Regelungen, habe ich gleich mal ein paar Fragen zu
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Innenausschuss – 10. Mai 2012
- 14/32 Ihren drei verschiedenen Vorschlägen, die Sie gemacht haben. Als erstes der, der
am weitesten geht, der ja sozusagen den Systemwechsel beschreiben würde, da, wo
also die Bemessungsgrundlage nicht mehr wie bisher das Bruttospielergebnis ist,
sondern nun jetzt der Gewinn sein soll, da haben Sie unter Kontra so ein paar Punkte gehabt, unter anderem, dass wir ja bundesweit die Ersten wären, die diesen Systemwechsel dann – nehmen wir mal an, wir täten es – vollziehen würden. Jetzt mal
eine Frage an Sie: Wenn es bundesweit noch niemand gemacht hat, könnte es auch
sein, dass unter Kontra bei Ihnen eine Sache gefehlt hat, nämlich dass möglicherweise die ganze Sache etwas manipulationsanfällig ist? Weil Gewinn selbst in einem
Unternehmen, das kann man ja durchaus auch ein bisschen steuern, sage ich jetzt
mal vorsichtig, könnte das auch ein Grund sein? Das würde mich einfach mal interessieren. Das Zweite ist: Bei der Freibetragsregelung, die ja quasi am Gesetz vorbei jetzt schon angewendet wird, zurzeit, wenn man es genau nimmt, ne, könnten
Sie sich da auch vorstellen, dass man da so einen Mix machen könnte, und zwar,
dass man eine Freibetragsvariante wählt und die dann noch mit Paragraf 7, mit dieser Staffelung im Paragraf 7, der Spielbankabgabe, sozusagen vermengen würde,
wäre das auch eine Variante? Sie haben die als Variante so nicht beschrieben, aber
können Sie sich das vorstellen? Also Grundsatz Freibetragsvariante, aber zusätzlich
eine Staffelung der Spielbankabgabe, die anders ist, als sie bisher in Paragraf 7
steht? Wäre das für Sie eine Variante? Und überhaupt möchte ich mal wissen, in
Ihrer schriftlichen Stellungnahme haben Sie immer von angemessenem Gewinn gesprochen, dass sie uns das vielleicht mal sagen: Was ist aus Ihrer Sicht ein angemessener Gewinn, sind das zum Beispiel diese vier Prozent vom Brutto-spielertrag
oder muss das mehr sein? Was ist für Sie ein angemessener Gewinn, dass Sie das
vielleicht mal definieren? Danke schön!
Vors. Marc Reinhardt: Vielen Dank, Herr Ringguth. Dann würde ich vorschlagen,
dass zunächst Herr Glaser beginnt und dann Herr Schmidt.
Klaus-Michael Glaser: Danke schön, Herr Ringguth, für die Fragen. Kommunalfinanzen steht natürlich immer im Hintergrund, aber uns geht es auch um die effektive
Verwaltungsdurchführung dieses Gesetzes, denn wenn unsere Leute, oder wenn die
Kommunen, die das ausführen wollen, nicht in der Lage sind, dann können sie es
natürlich auch sparsam machen, dann werden wenig Kommunalfinanzen aufge__________________________
Innenausschuss – 10. Mai 2012
- 14/33 wandt. Aber dann müssten wir wahrscheinlich dann eher mal die Segel streichen bei
irgendwelchen Auseinandersetzungen, beziehungsweise mit der Kontrolle wird man
dann auch das nach Kassenlage machen. Das kann ja auch nicht im Sinne des Erfinders sein, nicht? Man hat sich ja was gedacht mit den Zielen des Gesetzes, und
diese Ziele, die tragen wir ja mit, ausdrücklich noch mal erklärt. Nicht ausreichende
Kostenfolgeschätzungen, meines Erachtens gar keine – also nicht ausreichend ist da
noch nett gesagt. Task Force, ich habe mir das – ich gebe es zu, das ist ein bisschen
spontan entstanden. Es ist ja keine Selbstverwaltungsaufgabe. Wir befinden uns hier
im Ordnungsrecht und damit im übertragenen Wirkungskreis. Und im übertragenen
Wirkungskreis ist die Widerspruchsbehörde die nächsthöhere, außer wenn die
nächsthöhere eine oberste Landesbehörde ist, das steht in der VwGO so drin. Also
bei den normalen kreisangehörigen Gemeinden – inzwischen sind ja alle bis auf zwei
kreisangehörig – ist es so, dass jetzt jedenfalls immer der Kreis zuständig ist für die
Widersprüche, und nur bei den beiden Städten sozusagen wären sie selbst Widerspruchsbehörde. Und man kann schon als Gesetzgeber das Widerspruchsverfahren
auch anders regeln, das haben wir ja teilweise auch bei den Deregulierungsgesetzen
gemacht, damals in die andere Richtung geregelt. Da haben wir gesagt, sofort gerichtliches Verfahren ohne Widerspruchsverfahren. Genau so können wir sagen, hier
Widerspruchsverfahren, aber dort ist das angesiedelt. Mit der nötigen gesetzgeberischen Fantasie ist das regelbar. Man kann es natürlich aber nur auch als Backoffice
regeln, dass es also nach außen der Widerspruchsbescheid oder auch die Prozessführung für die Stadt ist, aber dahinter dann vielleicht so ein Pool von Fachleuten ist,
die bezahlt werden vom Innenministerium oder wie auch immer, die dann dafür sorgen, dass man eventuelle Prozesse – und die wird es geben – dann auch gewinnt,
oder dass man da wenigstens einigermaßen auf gleicher Augenhöhe mit den Prozesspartnern ist. Zum Nichtraucherschutzgesetz: Die Zahlen haben wir nicht ermittelt, es wurde von uns auch gesagt, ihr müsst da nicht mehr machen, und in der Regel wird auch nicht mehr gemacht. Und dass einige sagen, ist in Ordnung, Raucher
sehen das anders als Nichtraucher, Gastwirte sehen das anders als Gaststättenbesucher, und dann bedarf es dann immer eines Anschubes, dass da vielleicht noch
ein bisschen mehr Kontrolle passiert. Aber solange man nicht sagt, hier wird das Gesetz nicht richtig vollzogen, wird das so ein bisschen nach Kassenlage gemacht. Wir
können sagen – und das ist vielleicht nicht das Schlechteste –: Die Wogen sind so
ein bisschen geglättet beim Nichtraucherschutzgesetz. Das ist nicht mehr Thema
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Innenausschuss – 10. Mai 2012
- 14/34 Nummer eins, und vielleicht ist es deswegen auch gut, dass man das nicht auf der
allerhöchsten Flamme fährt. Aber alle paar Jahre kommt das mal wieder, und dann
heißt es, und warum sehen wir euch nicht häufiger dann Bußgelder verhängen oder
wie auch immer Kontrolltätigkeiten machen in der Regel in den Gaststätten. Aber
zurzeit hatten wir nicht die Veranlassung, eine Umfrage zu machen. Wenn es irgendwann mal wieder gewünscht ist, werden wir es natürlich machen.
Vors. Marc Reinhardt: Vielen Dank, Herr Glaser. Herr Schmidt.
Robert Schmidt: Ja, auf die Frage: Manipulation Gewinn – wir hatten das auch in
der vorherigen Diskussion schon, die Frage, kann man bei einer Spielbank den Gewinn eigentlich exakt ermitteln oder besteht die Gefahr, dass wir den manipulieren.
Zu der ersten Frage: Kann man einen Gewinn exakt ermitteln? Ja, natürlich! Wenn
Sie das nicht könnten, hätten Sie 2004 den Paragrafen 8 gar nicht einführen dürfen.
Sie haben in Paragraf 8, Absatz 2 und 3 als Bemessungsgrundlage den Gewinn drin,
ja, für die Zusatzabgabe, das heißt, Sie haben diese Bemessungsgrundlage aber
schon im Gesetz, den Unternehmensgewinn. Ich gehe nicht davon aus, dass der
Gesetzgeber eine Bemessungsgrundlage in das Gesetz reingeschrieben hat, von der
er selbst davon ausgeht, dass er sie eigentlich nicht exakt definieren kann. Wenn es
um die Frage geht: Können Sie Gewinne manipulieren oder die Gewinnausmaße
manipulieren?
Erstens, Sie haben natürlich Steuerungsgrößen, wenn es um die
Gewinnausweis geht, bekannt wie bei jedem anderen Unternehmen auch, insbesondere steuerliche Wahlrechte etc. Zweitens, kaum ein Unternehmen im Land ist derart
intensiv kontrolliert wie eine Spielbank. Wir haben regelmäßig bei uns Prüfungen des
Finanzamtes drin, Liquiditätsprüfung etc., das heißt, dass wir irgendwas an den offiziellen Einnahmen, Ausgaben daran vorbeimanipulieren können, halte ich für ausgeschlossen. Außerdem würde deswegen keiner seine Konzession riskieren. Drittens,
Sie haben ja eine umfangreiche Rechtsprechung, auch Judikatur zur Frage verdeckte Gewinnausschüttung bei GmbH & Co. KG und Angemessenheit steuerlicher Anerkennung von Aufwendungen, bei jedem anderen Unternehmen auch, egal, ob es um
Abschreibungszeiträume geht, Leistungsentgelt mit Gesellschaftern etc. Diese
Grundsätze gelten, wenn Sie einen Gewinn ermitteln, natürlich auch für die Spielbanken. Man wird uns wohl nicht unterstellen, dass wir fremdnützig künstlich Kosten
produzieren. Meistens macht man das, um selber etwas davon zu haben, oder damit
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Innenausschuss – 10. Mai 2012
- 14/35 die Gesellschafter etwas davon haben. Und wenn es um Leistungsverkehr mit den
Gesellschaftern geht, haben Sie wie bei jedem anderen Unternehmen auch eine
strenge Prüfung, Fremdvergleich, Angemessenheit, ist das vorher schriftlich fixiert
worden und tatsächlich durchgeführt. Das heißt, all diese Grundsätze, die Sie haben
im Hinblick auf eine relative Gewinnausschüttung bei einer GmbH & Co. KG, dann
Sonderzuweisungen, Gewinne an Gesellschafter, gelten hier bei uns natürlich auch.
Das heißt, Ich sehe die Gefahr nicht, dass wir Gewinne manipulieren können. So, wir
haben die steuerlichen Wahlrechte wie jedes andere Unternehmen auch, und die
können wir aber ohnehin ausüben, die sind auch stark eingeschränkt. Wir können
keine Ausgaben oder Einnahmen an der Kasse vorbei produzieren, das schaffen wir
nicht. So, und wenn es um den Gewinnausweis geht, werden wir den ganz, oder
können wir den auch ganz normal ausweisen. Dass wir außerhalb eines ordnungsgemäßen Gewinnausweises Leistungen an unsere Gesellschafter erbringen, das
wäre der einzige Punkt, wo es im Unternehmen Sinn macht, einen Gewinn zu manipulieren zugunsten der Gesellschafter. Für Dritte macht man das in aller Regel nicht.
Dort haben Sie die allgemeinen Grundsätze, wie bei jedem anderen Unternehmen
auch, dass Sie dort eine Prüfung durchführen, ob der Leistungsverkehr mit dem Gesellschafter im Drittvergleich standhält. Das haben wir aber jetzt auch schon. Das
heißt, ich sehe die Gefahr nicht, dass Gewinn hier manipuliert werden kann. MixModell, Freibetrag und eine andere Staffelung der Abgabe: Wir können es ja kurz
machen, welchen Weg wir wählen, damit wir nicht über einen Gewinn hinaus abgeschöpft werden, da werden wir als Spielbank nicht in dogmatischen Feinheiten ersticken, da sind wir gnadenlos pragmatisch: So lange wie man uns nicht mehr wegnimmt, als wir überhaupt verdienen, sind wir schon dankbar und froh. Wenn man das
über eine – ja, ich meine, wir sind da inzwischen auch sehr demütig geworden. Wir
sind schon froh, wenn wir 100 Prozent des Ertrages wegbesteuert bekommen und
nicht 160 Prozent. Wenn uns noch ein kleiner Gewinn bleibt, sind wir auch dankbar.
Sie können das erreichen natürlich über ein Mix auch aus Freibeträgen mit anderer
Staffelung der Spielbankenabgabe. Es geht eigentlich für uns nicht darum, zu sagen,
wenn es bei uns gut läuft, brauchen wir diese Regelung. Das heißt, eine andere Staffelung der Spielbankabgabe, wenn es mal wider Erwarten wieder zu einer Steigerung
der Quote Spielergebnisse kommt oder zu sinkenden Kosten – man weiß es ja nicht
–, soll ja der Staat ruhig seine Ziele durchführen, maximale Gewinnabschöpfung.
Das heißt, vielleicht ist uns damit gar nichts geholfen, und es geht jetzt um eine Absi__________________________
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- 14/36 cherung nach hinten, da zu sagen, uns wird nicht mehr weggenommen, als wir überhaupt als Gewinn erzielen. Man kann das erreichen über einen Mix aus Freibetrag
und Senkung der oder andere Staffelung, es würde für uns aber eher etwas bringen,
wenn wir sagen, wir haben die Freibeträge in entsprechender Höhe, meinetwegen
auch eine andere Staffelung der Spielbankabgabe, sodass wir aber in jedem Fall
nach Spielbankabgabe noch einen Unternehmensgewinn haben. Wenn wir den vor
Abgabe schon nicht erwirtschaften, dann ist uns halt nicht mehr zu helfen, dann sind
wir irgendwann vom Markt. Wenn wir aber vor dieser Abgabe Gewinn erwirtschaften,
sollte nicht über die Spielbankabgabe schon dieser Gewinn komplett aufgezehrt und
das Unternehmen in eine Verlustsituation gebracht werden. Wenn man dort Angst
hat, dass man uns über einen Freibetrag zu viel gibt, oder über eine Senkung oder
andere Staffelung der Abgabensätze, dann kann man das doch über die Zusatzabgabe regulieren. Wenn wir einen Gewinn machen, schöpfen Sie den mit Paragraf 8
doch sowieso wieder ab. Und wenn Sie Angst haben, dass Sie uns bei Paragraf 7
durch höhere Freibeträge oder eine andere Staffelung zu viel geben, und das gesetzgeberische Ziel einer maximalen Gewinnabschöpfung noch in Gefahr sehen,
dann schöpfen Sie es beim Gewinn ab, nämlich von Paragraf 8. Und das können Sie
doch dann sagen, dann führen Sie dort eine Staffelung ein. Bis Gewinn X – oder den
Grundfreibetrag haben Sie drin, vier Prozent BSE –, bis Gewinn X 50 Prozent, und
sollten wir darüber hinaus liegen, greifen Sie doch zu, meinetwegen in der Spitze 90
Prozent. So, das ist nicht unser Problem, unser Problem ist, dass wir über 100 Prozent Ertragssteuer zahlen. So, wenn man Ihnen das Anderthalbfache Ihres Jahreseinkommens wegnimmt, stehen Sie auch irgendwann da und sagen, ich fühle mich
sehr abgeschöpft. Wenn es um die Frage geht, was ist ein angemessener Gewinn:
Der Gesetzgeber hat ja in Paragraf 8 Absatz 4 bei der Zusatzabgabe mal gesagt,
vier Prozent von BSE müssen dir als Spielbank bleiben. Das würde bei uns einer
Eigenkapitalverzinsung – wenn wir von vier Millionen ausgehen, Brutto-spielertrag –
von neun Prozent entsprechen etwa, wenn wir von drei Millionen Brutto-spielertrag
ausgehen, dreieinhalb, die wir jetzt haben, eine Eigenkapitalverzinsung von
roundabout sieben, siebeneinhalb Prozent. Das Finanzgericht Berlin hat mal gesagt,
unter Berufung auf den Mittelwert BFH 12,5 Prozent zuzüglich Ertragskomponente.
Um es ganz klar zu sagen, wir stehen natürlich auch auf dem Standpunkt, dass wir
sagen, wenn wir Kapital ins Risiko stellen, kann das nicht verzinst werden wie ein
Bundesschatzbrief, der risikolos ist, sondern diese 12,5 Prozent auch in unseren Au__________________________
Innenausschuss – 10. Mai 2012
- 14/37 gen angemessen. Wir würden uns nicht nachhaltig dagegen wehren oder sträuben,
wenn wir wenigstens siebeneinhalb Prozent Eigenkapitalverzinsung hätten. Nach
den vergangenen fünf Jahren würden wir auch da uns irgendwie entlastet fühlen.
Vors. Marc Reinhardt: Vielen Dank, Herr Schmidt. Als nächstes Herr Saalfeld.
Abg. Johannes Saalfeld: Vielen Dank, Herr Vorsitzender. Ich habe gleich mehrere
Fragen an den Herrn Rihl. Vielen Dank auch noch mal an alle Gäste, sozusagen, für
ihre detaillierten Ausführungen. Meine erste Frage ist: Wie bewerten Sie sozusagen
ganz allgemein auf Grundlage der vorliegenden Gesetzesentwürfe die Zukunft eigentlich des Glücksspielmonopols? Denn das Bundesverfassungsgericht hat ja kürzlich, oder relativ kürzlich, geurteilt, dass gerade das Glücksspielmonopol eigentlich
nur im Sinne der Suchtprävention weiter Bestand haben kann, und da gibt es ja teilweise meines Erachtens berechtigte Kritik, die diese Schutzfunktion durch die neue
Gesetzeslage eigentlich ausgehöhlt sieht, weil es auch weiterhin unterschiedliche
Spielarten unterschiedlich bewertet und die Suchtprävention ja meines Erachtens
zurückfährt. Meine zweite Frage: Zu Paragraf 11 Absatz 3 des Gesetzes zur Änderung glücksspielrechtlicher Vorschriften führen Sie aus, dass die von Ihnen vorgeschlagene regelmäßige Erneuerung und Überprüfung der Erlaubnisvoraussetzung –
Entschuldigung, ich bin gerade verrutscht –, also mich würde interessieren, diese
regelmäßige Erneuerung, Überprüfung oder auch die Erteilung der Erlaubnisvoraussetzung, da kritisieren Sie, dass das eigentlich das Gewerbeamt vornimmt. Wie
könnte ich mir ein anderes Verfahren vorstellen? Da hatten Sie gesagt, das könnte
auch die Landeszentralstelle für Suchtprävention übernehmen. Vielleicht könnten Sie
mir da noch mal so ein paar Vorstellungen vermitteln, wie das denn exakt aussehen
könnte oder aussehen kann. Meine dritte Frage: Zu Paragraf 11b Glückspielstaatsvertragsausführungsgesetz schreiben Sie, mit den Ausnahmeregelungen würden
gute Ansätze suchtpräventiver Arbeit relativiert, das ist ein relativ kurzer Absatz bei
Ihnen in der Ausführung. Mich würde interessieren, welche Ansätze meinen Sie?
Inwiefern werden diese durch Paragraf 11b Glücksspielstaatsvertragsausführungsgesetz relativiert? Da geht es um die Ausnahmefälle, vielleicht könnten Sie mir dazu
noch etwas sagen. Und letzte Frage: Sie bewerten in Ihren Ausführungen bei Paragraf 10 Absatz 5 Glücksspielstaatsvertragsausführungsgesetz, der eben vorsieht,
dass Wertvermittlungsstellen nicht in unmittelbarer Nähe zu Kinder- und Jugendein__________________________
Innenausschuss – 10. Mai 2012
- 14/38 richtungen erlaubt werden sollen, zwar erstmals positiv. Ich frage mich, inwiefern ist
eine Soll-Vorschrift hier eigentlich sinnvoll? Müsste das nicht eigentlich verschärft
werden? Es ist ja eine reine Soll-Vorschrift, sollte hier nicht stattdessen eine verbindliche Regelung vorliegen? Ich möchte das auch noch mal erweitern: Auch der Abstand von Spielhallen zu Einrichtungen, in denen Kinder und Jugendliche verkehren,
wird ja aufgeweicht, wird zum Beispiel bei Sportwetten ein bestimmter Mindestabstand zu allen Kinder- und Jugendeinrichtungen vorgeschrieben, gilt dies bei Spielhallen nur für Schulen oberhalb des Primarbereiches in Zukunft. Würden Sie aus
suchtpräventiver Sicht eine Formulierung unterstützen, wie zum Beispiel im Spielhallengesetz des Landes Berlin? Dort ist geregelt, ich zitiere das mal, das Spielhallen
nicht – Zitat Anfang – „in räumlicher Nähe von Einrichtungen betrieben werden, die
ihrer Art nach oder tatsächlich vorwiegend von Kindern oder Jugendlichen aufgesucht werden“, Zitat Ende. Das ist ja doch eine sehr viel härtere Regelung. Würden
Sie das aus suchtpräventiver Sicht unterstützen? Vielen Dank!
Vors. Marc Reinhardt: Danke, Herr Saalfeld. Herr Rihl?
Andreas Rihl: Ja, dann beginne ich vielleicht mal mit der letzten Frage, das sind die
Ausnahmeregelungen, um die es geht, die wir kritisieren, die sich ja in bestimmten
Abstandsbereichen, zu bestimmten Schulen im Grunde genommen hier äußern. Also
bestimmte Schulen haben hier bestimmte Abstände, das kritisieren wir. Wir unterstützen natürlich eher diese Ansicht in dem Berliner Spielhallengesetz, wo das konkret geäußert wird, dass eigentlich der Jugendschutz nur durchsetzbar ist, also effektiv durchsetzbar ist, wenn im Umkreis von Schulen jeglicher Art im Grunde genommen keine Spielhallen existieren dürfen oder genehmigt werden dürfen. Weiterhin
kritisieren wir natürlich die langen Übergangsfristen, also Übergangsfristen von bis zu
12 Jahren oder fünf Jahre, wie sie gängig sind, sind natürlich aus suchtpräventiver
Sicht auch im Grunde genommen abzulehnen. Hier ist eigentlich auch nicht genau zu
verstehen, was Herr Glaser meinte, wieso das jetzt im Grunde genommen so teuer
ist, die Umsetzung – aber da habe ich zu wenig Einblick, deswegen war das jetzt nur
eine Anmerkung. Ich denke, dass zwei Jahre als Übergangsregelung hier ausreichend sein sollten. Es ging natürlich immer so, es wurde immer argumentiert, dass
es darum geht, dass Spielhallenbetreiber natürlich auch in Gebäude investiert haben,
also Investitionen in Gebäude getätigt haben und die dann abgeschrieben werden
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Innenausschuss – 10. Mai 2012
- 14/39 müssen, und daher im Grunde genommen eine zwölfjährige Übergangsregelung gerechtfertigt sei. Dem können wir so eigentlich nicht nachfolgen und lehnen diese langen Übergangsfristen generell ab. Das vereinfachte Verfahren, was Sie fragten, Paragraf 11, bezog sich auf das vereinfachte Verfahren, und in diesen vereinfachten
Verfahren war ja ein Bestandteil, dass Sozialkonzepte, die dann eingereicht werden
sollten, natürlich auch von dieser Verfahrensbehörde, also von dieser Prüfbehörde
im Grunde genommen kontrolliert werden sollten. Das können wir so kaum nachvollziehen, weil wenn ich über bauliche Maßnahmen entscheiden soll, wie kann ich
gleichzeitig zu Sozialkonzepten dann Stellung beziehen, das war der Punkt, den wir
kritisieren. Abschließend vielleicht die Sache Glücksspielmonopol: Natürlich ist die
Ausnahme vom Wettbewerbsrecht nur durch die Regelung möglich, die Monopolverbietung des europäischen Gesetzes, dass wir hier die Gesundheit, die Volksgesundheit im Grunde genommen im Vordergrund stehen und durch das Monopol im Grunde genommen diese nur geschützt sein kann und besser im Grunde genommen als
jegliche private Initiative ist. Ich persönlich – vielleicht kann ich so antworten – sehe
es eher kritisch, da dieser Glücksspielstaatsvertrag und viele Änderungen sehr aufgeweicht wurden. Ich kenne aus den Anfängen, weil ich natürlich auch auf Länderebene mit den anderen Kollegen in engem Kontakt stehe, viele andere Entwürfe und
andere Regelungen. Ich sehe dieses Monopol in Gefahr, vielleicht auch deswegen,
weil ich mich ziemlich lange – ich bin Jurist und habe mich ziemlich lange mit dem
europäischen Wettbewerbsrecht beschäftigt, das ist aber nur ein Nebenprodukt der
Geschichte, aber dies möchte ich hier vielleicht noch einbringen. Ja.
Vors. Marc Reinhardt: Vielen Dank, Herr Rihl. Weitere Wortmeldungen liegen mir
noch vor. Herr Ritter.
Abg. Peter Ritter: Danke, Herr Vorsitzender. Ich habe eine Nachfrage noch an Herrn
Glaser. Herr Glaser, in Ihrer Stellungnahme geben Sie uns ja indirekt zu verstehen,
dass wir mit dem Gesetz vorsichtig umgehen sollen, wenn es da heißt – ich zitiere –:
„Wenn der Landtag dieses Gesetz übernimmt, haben wir erneut ein verfassungswidriges Gesetzt, das in diesem Innenausschuss federführend behandelt worden ist.“
Das ist ja eine deutliche Ansage, die sie hier uns mit auf den Weg geben. Der Städte- und Gemeindetag hatte ja in der jüngsten Vergangenheit an vielen Stellen mit
solchen Hinweisen Recht. Was mich aber verwundert, ist, wenn man dann die etwas
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Innenausschuss – 10. Mai 2012
- 14/40 kurz geratene Stellungnahme des Landkreistages dann danebenlegt, dort heißt es,
dass von den Mitgliedern des Landkreistages keine Bedenken zu den Gesetzesentwürfen geäußert worden sind. Das verwirrt mich etwas, dass es aus der kommunalen
Familie da solche unterschiedlichen Bewertungen gibt. Liegt das an der Zuständigkeit, an den Auswirkungen für die Städte und Kreise in unterschiedlicher Hinsicht?
Wie kann man sich das erklären?
Vors. Marc Reinhardt: Herr Glaser?
Klaus-Michael Glaser: Der, der Ihnen das besser erklären könnte, ist natürlich leider
nicht hier. Ich mutmaße schon, dass hier unsere Städte und Ämter als örtliche Ordnungsbehörden natürlich viel mehr in der direkten Zuständigkeit sind. Ich habe ja
schon gesagt, die Landkreise sind da als Widerspruchsbehörden gefragt, aber primär
zu tun haben hier unsere Mitglieder, und es ist ja auch im weitesten Sinn Baurecht,
um das es geht, und Ordnungsrecht. Und da sind die Landkreise als Fachaufsichtsbehörde eher indirekt damit betroffen. In Klammern könnte ich sagen, die Landkreise
haben vielleicht zurzeit auch mehr mit sich zu tun. Aber das ist vielleicht nur eine Nebenbegründung. Also die sind nicht so direkt betroffen, unsere Städte, gerade die
großen, haben sehr umfangreiche Stellungnahmen in diesem Sinne geschrieben. Sie
sehen das als Problem, in der Tat haben wir natürlich sehr lange Übergangsfristen,
und auch die Vermeidung unbilliger Härte in elf b lässt noch einiges zu. Aber irgendwann wird es dann mal, denke ich, hoffentlich auch zu Entscheidungen kommen, die
also dann nachträglich versuchen, die Abstände wieder im Sinne dieses Gesetzes
nach außen zu verschieben, und es ist interessengerecht, dass dagegen geklagt
wird. Und Sie verwundern, dass ich gesagt habe, das kann so teuer werden: Wir haben Erfahrung, die Vertreter der Spielhallen – um das mal lax zu sagen –, die klagen
bis zum jüngsten Gericht, da spielt Geld keine Rolle, und die kommen dann in jedem
Schriftsatz, bei jedem Widerspruch, sagen: Ja, anhängig ist ja unser Verfahren vom
Bundesverfassungsgericht oder da. Selbst wenn das eigentlich – wenn ein normaler
Anwalt sagen würde, ist eigentlich wenig Erfolgsaussicht, die kriegen das gesagt,
mach es trotzdem, versuch, vielleicht gewinnen wir ja doch. Und das ist für die Sachbearbeiter, die das bearbeiten, mit sehr viel Arbeit verbunden. Und da lassen sich
gerade Sachbearbeiter, die nicht so juristisch geschult sind, lassen sich da teilweise
auch so ein bisschen den Schneid abkaufen. Wenn dann gesagt habt, hier sowieso
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Innenausschuss – 10. Mai 2012
- 14/41 und so, und dann sagen die vielleicht, ach Mann, das ziehe ich jetzt nicht durch, gebe ich dem Recht – das wäre falsch. Und deswegen brauchen wir da gute Mitarbeiter, die das, was in diesem Gesetz steht, dann auch umsetzen können.
Vors. Marc Reinhardt: Herr Ringguth noch mal?
Abg. Wolf-Dieter Ringguth: Ich habe noch mal eine ganz kurze Frage, vielleicht
auch, weil mit Glücksspiel ja nicht jeder so viel Ahnung haben muss: Vorhin, als die
Rahmenbedingungen geschildert wurden, auch gerade für die Spielbanken in unserem Land, ist gesagt worden, dass die personalen Sachkosten gestiegen sind, das
Brutto-Spielergebnis und der Tronc aber gesunken ist. Jetzt mal Frage zu dem
Tronc, also zu Zeiten meinetwegen, ganz großen Zeiten des ganz großen Spiels Anfang des letzten Jahrhunderts, was weiß ich, Dostojewski oder so, da habe ich mal
gelesen, da stand der Tronc –, dem Croupier sozusagen als Trinkgeld zur Verfügung, der hat das aber auch dann, der hat aber auch kein Gehalt bekommen oder
so, sondern er lebte im Grunde von der Tronc. Das war sein Gehalt sozusagen. Wie
ist denn das heute organisiert, ich weiß es einfach nicht genau, und wenn es heute
nicht mehr so ist, zu wie viel Prozent deckt den diese Tronc zum Beispiel ja auch
Personalkosten ab, damit unsereins da mal eine Vorstellung zu kriegt, wenn wir hier
was verändern wollen. Also ein bisschen was zur Tronc, ich weiß zu wenig darüber.
Vors. Marc Reinhardt: Gut, wer möchte darauf antworten? Herr Fritz.
Thomas Fritz: Ja, kurz einmal zu den Troncs erklärt: Ganz früher war es tatsächlich
so, dass Croupiers in Spielbanken oder auch ähnlichen – mussten nicht Spielbanken
sein, Casinos oder auch manche Gastronomien hatten die Erlaubnis – tatsächlich
wie Subunternehmer gearbeitet haben, die also nur von den Trinkgeldern der Schriftsteller oder Fürsten leben mussten und auch konnten. Da gab es das System eines
Troncs nicht. Der Gesetzgeber hat in Deutschland das dann eingeführt, dass der
Tronc nur für die Gesamtheit der Belegschaft verwendet werden kann und kein persönlicher Bezug zwischen dem Trinkgeld und dem Croupier mehr besteht. Nur für die
Gesamtheit der Arbeitnehmer, das ist auch verfassungsrechtlich wohl sehr sinnvoll,
um schon alleine den Verdacht abzuwenden, dass der, der die Karten gibt, wenn er
es denn gut tut, für den Gast sich danach dann größere Autos leisten kann. Aus die__________________________
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- 14/42 sem Grund wird das abgeliefert, und der Betreiber oder der Konzessionär verwaltet
das Geld und zahlt das an die Arbeitnehmer, ausschließlich an die Arbeitnehmer
aus. So ist das zu der Tronc-Geschichte, das ist in allen Bundesländern so, und was
die Deckung der Personalkosten anbetrifft, die liegt in unserem Haus ungefähr bei 40
Prozent, 30 – der Arbeitnehmervertreter weiß besser bescheid –, bei 30 Prozent, ich
weiß nicht, bei den Auszählbanken auch, in etwa. Das hängt natürlich damit zusammen, dass wir natürlich in Mecklenburg-Vorpommern nicht wie in Wiesbaden oder
Bad Homburg oder auch in Baden-Baden ganz so viele Fürsten als Gäste haben, die
jetzt, sagen wir mal, am Abend in Baden-Baden oder auch in Wiesbaden bis zu
100.000 Euro Tronc geben, die kommen noch nicht so häufig in unsere Ferienorte –
kann sich ja noch ändern, aber bisher ist das nicht der Fall, und natürlich, ein Gast,
der jetzt mit Einern, Zweiern oder Fünfern auf dem Tableau spielt, der gibt natürlich
auch nur ein, zwei oder fünf Euro Trinkgeld, und dadurch aber natürlich brauche ich
die gleiche Anzahl an Croupiers, wie ich die in Wiesbaden oder Baden-Baden brauche. Dadurch ist das in unserem Bundesland schon seit jeher problematisch, dass
der Tronc das deckt.
Vors. Marc Reinhardt: Vielen Dank, Herr Fritz! Weitere Wortmeldungen liegen mir
nicht vor, dann danke ich den Herren Anzuhörenden für Ihre Bereitschaft, hier Auskunft zu geben, wünsche Ihnen noch einen erfolgreichen Tag und einen guten
Heimweg und schließe somit diese Sitzung. Die nächste Sitzung des Innenausschusses beginnt dann in zehn Minuten um 10:45 Uhr hier im Saal.
Ende der Sitzung: 10.35 Uhr
He/Au
Marc Reinhardt
Vorsitzender
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