Der grosse Schritt nach Vero Beach

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Der grosse Schritt nach Vero Beach
Civil Aviation
Cockpit 06 2012
Der Weg ins Airline-Cockpit (12)
Der grosse Schritt nach
Vero Beach
Nach dem intensiven VFR-Training in Grenchen und einem ausgiebigen FNPT-2-Block in Zürich-Kloten folgt
der nächste Ausbildungsschritt in Vero Beach, USA. Ein grosser Schritt über den Atlantik in eine anforderungsreiche, aber auch besonders schöne Phase auf dem Weg zum Linienpiloten.
S
eit den 1960er-Jahren bildet die Swiss
(und früher die Swissair) in Vero
Beach, Florida, zukünftige Linienpiloten aus – als erster internationaler Kunde übrigens der renommierten Flugschule
Flight Safety International. Damals rekrutierte sich eine grosse Mehrheit der Swissair-Piloten aus Milizpiloten der Schweizer
Luftwaffe. Diese wurden in den USA an ein
internationales ATC-Umfeld und in das im
Luftverkehr gebräuchliche Englisch herangeführt; gute englische Sprachkenntnisse
waren zu dieser Zeit weniger verbreitet, als
sie heute sind.
Für Vero Beach sprach – und spricht noch
immer – das optimale Trainingsumfeld. In
einem Umkreis von nur wenigen Meilen
gibt es eine grosse Anzahl von unterschiedlichsten Trainingsflugplätzen mit nur kurzen Anflugwegen – und meistens guten
Wetterbedingungen. Peter Fasler, Head of
Training bei SAT, nennt einen weiteren
wichtigen Grund, der für Florida spricht:
«Wir produzieren bei SAT pro Jahr rund
15 000 Blockstunden, davon mehr als die
Hälfte in Vero Beach. Damit reduzieren wir
einen bedeutenden Anteil an Emissionen
in unserer dicht bebauten Schweiz.» Und
Fasler spricht einen zusätzlichen, nicht unerheblichen Punkt an: «Es gibt auch ein ökonomisches Argument. In den USA kommen
uns die Flugstunden noch immer günstiger
als in der Schweiz. Und dies trotz zusätzlicher Reise- und Aufenthaltskosten vor Ort.»
Die SAT-Schüler wohnen jeweils zu dritt in
einer auf dem Flight-Safety-Campus zur
Verfügung gestellten Wohnung. Dies fördert die Teambildung und die Selbstständigkeit – nicht wenige der jungen Leute sind
zum ersten Mal in ihrem Leben über eine
Dauer von 14 Wochen auf sich selbst gestellt. Auf der anderen Seite: In Vero Beach
Foto: mt
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Peter Fasler, Head of Training SAT und Captain
A320 bei der Swiss.
entstehen schöne Freundschaften, die sich
oft über das ganze Leben erstrecken; alle
ehemaligen Vero-Beach-Absolventen erinnern sich gerne an ihre Zeit in Florida.
Anforderungsreiches Programm
Peter Fasler hat die Erfahrung gemacht, dass
man in der Schweiz auch nicht die erforderliche Anzahl Flugzeuge und Fluglehrer
bereitstellen könnte: «In den Modulen F3
(VFR Proficiency) und F4 werden jährlich
rund 8000 Flüge absolviert. Diese Module
beinhalten zunächst die Einweisung auf
den Piper Warrior, dann wird im Modul F4
auf Piper Arrow gewechselt (Einführung
IFR), um zum Ende auf der zweimotorigen
Piper Seminole die MEP-Berechtigung zu
erlangen und weitere IFR-Trainingsflüge
zu absolvieren. Der Ausbildungsumfang
in Vero Beach ist bei MPL- und ATPL-Anwärtern nicht ganz deckungsgleich; MPLPiloten absolvieren 45 Simulator-Stunden
mehr und dafür 35 Flugstunden weniger
im Echt-Cockpit. ATPL-Schüler kommen in
Vero Beach auf den drei Flugzeugtypen auf
insgesamt 81 Flugstunden – ein intensives
Programm! Gemäss JAR-FCL müssen mindestens 140 Flugstunden (von 195 total) im
Flugzeug absolviert werden. Der Syllabus
von SAT sieht ein Total von 210 Stunden vor.
➔
Ausbildungszeitachse
Flight Safety als Partner
Der Unterricht wird von Fluglehrern von
Flight Safety erteilt. Ein Schweizer Trainingssupervisor (TRS) überwacht die Qualität der Ausbildung und sorgt für JARFCL-Konformität (Flight Safety ist eine
FAA-Organisation). Die TRS – Copiloten
der Swiss – werden vom Schweizer Carrier
gestellt und besoldet. Die Ausbildung zum
TRS dauert zirka zwei Jahre. Im Durchschnitt üben die TRS etwa zehn Jahre lang
ihre Funktion aus.
Im Rahmen der Swiss AviationTraining
FTO werden die US-Instruktoren vorgängig umfangreich gemäss SAT-Syllabus und
-Philosophie ausgebildet. Wie mir mehrere US-Instruktoren vor Ort bestätigten, ist
es eine Ehre und ein beruflicher Karriere­
schritt, von SAT als Fluglehrer ausgewählt
zu werden. Pro Jahr stossen sechs bis zehn
Flight-Safety-Fluglehrer zum Team. In Spitzenzeiten sind bis zu 14 Fluglehrer für SAT
im Einsatz.
Flight Safety International FSI geht auf die
frühen 1950er-Jahre zurück. Die grösste und
wohl bekannteste Flugschule der Welt wurde wesentlich von einem Schweizer dritter
Generation geprägt: Albert (Al) L. Ueltschi,
ein ehemaliger PanAm-Captain, gründete
die Flugschule und erkannte schon früh den
Wert von synthetischem Training. Ueltschi
blieb FSI als CEO bis 2003 erhalten. Bei FSI
werden auch Piloten anderer bekannter
Fluggesellschaften ausgebildet.
Max Ungricht
Details zum Pilotenberuf der Swiss finden sich
im Internet unter:
www.swiss-aviation-training.com.

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