Sicherungspflicht von Kindern in Kraftfahrzeugen

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Sicherungspflicht von Kindern in Kraftfahrzeugen
Sicherungspflicht von Kindern in Kraftfahrzeugen
Der Bundesminister für Verkehr
-Strassenverkehrsordnung - Auszug-
§ 21 Personenbeförderung
(1a) "Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr, die kleiner als 150 cm sind,
dürfen in Kraftfahrzeugen auf Sitzen, für die Sicherheitsgurte
vorgeschrieben
sind,
nur
mitgenommen
werden,
wenn
Rückhalteinrichtungen für Kinder benutzt werden, die amtlich genehmigt
und für das Kind geeignet sind.
Dies gilt nicht in Kraftomnibussen mit einer zulässigen Gesamtmasse von
mehr als 3,5 t. Abweichend von Satz 1 dürfen Kinder auf Rücksitzen ohne
Sicherung durch Rückhalteeinrichtungen befördert werden, wenn wegen der
Sicherung von anderen Personen für die Befestigung von
Rückhalteeinrichtungen für Kinder keine Möglichkeit mehr besteht."
Kinder sind bei der Mitfahrt in Kraftfahrzeugen erheblich stärker gefährdet, als
Eltern häufig annehmen. Die meisten Kinder, die im Straßenverkehr getötet
werden, sterben als Mitfahrer im PKW (41 %) und nicht etwa als Fußgänger (36
%) oder als Radfahrer (19 %). In der Altersgruppe der bis zu 5 Jahre alten Kinder
ist dieses Risiko noch größer. Bei den zu beklagenden Todesopfern sind in dieser
Altersgruppe 51 % als Mitfahrer im PKW gestorben. Dieses Risiko wird von den
Eltern meist falsch eingeschätzt. Die meisten Eltern sind der Auffassung, dass die
Kinder beim Radfahren (ca. 56 %) und beim Spielen außer Haus (ca. 35 %) am
stärksten gefährdet sind.
Seit dem 1. April 1993 ist der Schutz für die Kinder erheblich verbessert worden.
Kinder dürfen nur noch mit Rückhalteeinrichtungen für Kinder (Kindersitze)
befördert werden, die amtlich genehmigt und für das Kind geeignet sind.
Diese Vorschrift gilt auf allen Sitzen, auf denen Sicherheitsgurte vorgeschrieben
sind - also auf denen Kindersitze befestigt werden können.
Häufig gestellte Fragen zur Sicherung von Kindern in Kraftfahrzeugen sind:
1.
Wie erkennt man, ob ein Kindersitz amtlich genehmigt und für das
Kind geeignet ist?
Amtlich genehmigte Produkte erkennt man an dem europäischen
Genehmigungszeichen. Wesentlicher Bestandteil dieses Zeichens ist immer
ein E mit einer Zahl von 1 bis 22 in einem Kreis.
Dieses Zeichen muss auf einem Aufnäher oder Aufkleber am Produkt zu
erkennen sein. Darauf ist außerdem die Gewichtsklasse angegeben, für die
der Kindersitz geeignet ist.
2.
Mein Auto hat auf dem Rücksitz nur Beckengurte. Wie sind die Kinder
zu sichern?
Kindersitze, die mit dem Beckengurt befestigt werden können, gibt es bis
zu einem Körpergewicht des Kindes von 25 kg (ca. 6 Jahre). Über dieses
Gewicht hinaus stehen so genannte Sitzerhöhungen zur Verfügung, die nur
mit Dreipunktgurten befestigt werden können. Ist das Kind also schwerer
als 25 kg, so ist es mit dem vorhandenen Dreipunktgurt des Beifahrersitzes
und einer für die Vordersitze geeigneten Sitzerhöhung zu sichern.
Wenn außer dem Fahrer ein weiterer Erwachsener mitfährt, muss dieser den
Beckengurt auf dem Rücksitz verwenden.
Fahren weitere Kinder mit, die schwerer als 25 kg sind, sollten sie mit den
Beckengurten gesichert werden.
3.
Mein Kind ist kleiner als 150 cm, aber schwerer als 36 kg. Auf dem
Genehmigungszeichen des Kindersitzes ist eine Höchstgrenze von 36 kg
angegeben. Wie ist mein Kind in diesem Fall zu sichern?
Für die älteren Kinder besteht der Kindersitz aus einer "Sitzerhöhung",
damit der Erwachsenengurt nicht zu nah am Hals verläuft. Die ECEZulassung (ECE = Economic Commission für Europe der Vereinten
Nationen) für diese Systeme beschränkt z.Z. diese Systeme aus
prüftechnischen Gründen auf ein Körpergewicht bis zu 36 kg. Die
Bundesanstalt für Straßenwesen sowie die staatliche Materialprüfungsanstalt
in Stuttgart hat aber die Eignung auch für Kinder über 36 kg bestätigt. Diese
Systeme müssen daher verwendet werden.
Wenn der Körperumfang eines Kindes im Einzelfall so groß ist, dass es in
keinem System Platz findet, kommt eine Einzelausnahmegenehmigung
durch das Straßenverkehrsamt in Betracht.
4.
Mein Kind ist über 12 Jahre, aber noch keine 150 cm groß. Wie ist es zu
sichern?
Kinder über 12 Jahre werden von der Vorschrift des § 21 Abs. 1 a Satz 1
StVO nicht erfasst. Sie müssen mit dem Erwachsenengurt gesichert werden.
Wenn der Gurt aber zu nah am Hals verläuft, ist die Verwendung eines
Kindersitzes (Sitzerhöhung) möglich.
5.
Mein Fahrzeug hat auf dem Rücksitz keine Sicherheitsgurte. Muss das
Fahrzeug nachgerüstet werden?
Diese Frage wird häufig von Familien aus den neuen Bundesländern gestellt.
Die Frage der Nachrüstungspflicht für ältere Fahrzeuge wurde beim Erlass
der Verordnung geprüft. Von einer allgemeinen Nachrüstungspflicht wurde
jedoch abgesehen. Diese Fahrzeuge müssen nach geltendem Recht
spätestens bei der vorgeschriebenen Hauptuntersuchung auf den Rücksitzen
mit Sicherheitsgurten ausgerüstet sein. Davon gibt es 2 Ausnahmen:
Keine Nachrüstungspflicht besteht, wenn keine Verankerungspunkte für
Sicherheitsgurte im Fahrzeug vorhanden sind oder wenn das Fahrzeug
vor dem 1. Mai 1979 erstmals in den Verkehr gekommen ist.
6.
Mein Kind ist zwar kleiner als 150 cm, der Erwachsenengurt verläuft
jedoch nicht zu nah am Hals. Muss trotzdem ein Kindersitz verwendet
werden?
Wenn der Hersteller des Kraftfahrzeuges die Eignung des eingebauten
Erwachsenengurtes für die Sicherung von Kindern ab einer bestimmten
Körpergröße
bestätigt,
können
die
Straßenverkehrsbehörden
Ausnahmegenehmigungen erteilen.
7.
Mein Kind soll von den Nachbarn oder den Großeltern mitgenommen
werden, und diese haben keinen Kindersitz. Wie sollen wir uns
verhalten?
Die meisten Fälle, in denen Kinder mitgenommen werden sollen, sind
planbar und vorhersehbar. Hier können die Eltern dafür sorgen, dass ein
Kindersitz zur Verfügung steht. An manchen Orten können Kindersitze
ausgeliehen werden (z.B. bei Autohändlern, örtlichen Niederlassungen von
Automobilclubs, Kinderschutzbund). In vielen Fällen können auch die
eigenen Kindersitze z.B. den Großeltern und Nachbarn zur Verfügung
gestellt werden. Großeltern, die häufiger ihre Enkelkinder mitnehmen,
sollten überlegen, ob sie nicht für ihren PKW eigene Kindersitze anschaffen.
Eltern sollten darauf achten, dass ihr Kind nur bei anderen Personen
mitfährt, wenn ein geeigneter Kindersitz zur Verfügung steht.
Auch wenn es manchmal lästig oder zeitaufwendig erscheint, einen
Kindersitz zu beschaffen, so darf dies nicht zulasten der Sicherheit der
Kinder gehen. Bitte bedenken sie: Schon eine einzige ungesicherte Fahrt
kann für das Kind täglich enden oder zu einer lebenslangen Behinderung
führen!
8.
Wie verhalte ich mich, wenn ich ein Kind unvorhergesehenerweise
mitnehmen möchte und ich keinen Kindersitz im Auto habe?
Es sind Situationen denkbar, in denen man Kinder mitnehmen möchte,
obwohl man keinen Kindersitz im Auto hat. Z. B. möchte man ein
Nachbarskind mitnehmen, das an der Bushaltestelle wartet.
In diesen Fällen möchte man gerne hilfsbereit sein und Kinder mitnehmen,
auch wenn sie nicht kindgerecht im Auto sichern kann. Sie sollten aber
bedenken: Nachbarschaftshilfe ist gut und richtig. Gutgemeinte
Nachbarschaftshilfe kann aber - auch wenn nur eine kurze Strecke gefahren
wird - tödlich enden, wenn ein Kind nicht kindgerecht oder überhaupt nicht
gesichert wird. Sie dienen dem Interesse des Kindes mehr, wenn Sie ein
Kind nur gesichert befördern und auf eine Fahrt verzichten, als ein Kind
ungesichert zu befördern. Mit dieser Haltung werden Sie auch bei allem
Verständnis finden, denen die Sicherheit der Kinder am Herzen liegt, wenn
Sie ihnen das Risiko klarmachen, denen Kinder bei ungesicherter
Beförderung ausgesetzt sind.
In Fällen des rechtfertigenden Notstandes (§ 16 Ordnungswidrigkeitsgesetz)
darf ein Kind auch ohne besondere Rückhalteeinrichtungen für Kinder
befördert werden. Ein solcher Fall liegt z.B. vor, wenn ein Kind wegen einer
ernstlichen Verletzung oder schwerwiegender Krankheit dringend zum Arzt
gefahren werden muss und kein Kindersitz zur Verfügung steht.
9.
Wie kann die sichere Beförderung der Kinder durch Sportvereine,
Kirchen, Kindergärten und ähnliche Organisationen und in
Schulbussen (Kleinbusse) sichergestellt werden?
Viele dieser Organisationen setzen eigene Fahrzeuge zur Beförderung von
Kindern ein; auch Eltern engagieren sich in diesen Organisationen, indem
sie auch fremde Kinder mitnehmen.
Wenn Sportvereine, Kirchen etc. eigene Fahrzeuge verwenden, ist die
Anschaffung von Kindersitzen zweckmäßig und auch zumutbar. Sofern
Kinder unterschiedlichen Alters befördert werden oder das Fahrzeug auch
zur Beförderung von Erwachsenen genutzt wird, können die Kindersitze
gewechselt werden. Unzumutbare Belastungen entstehen dadurch nicht;
viele Kindersitze sind für mehrere Altersgruppen geeignet. So gibt es z.B.
Kindersitze, die sowohl für die Gruppe II (15 - 25 kg), Alter ca. 3 - 6 Jahre)
als auch für die Gruppe III (ab 22 kg, Alter ab ca. 6 Jahre) geeignet sind.
Sofern Eltern ihre Kinder nicht selbst zu Sportveranstaltungen bringen,
können sie ohne weiteres die vorhandenen Kindersitze im Transportfahrzeug
am Treffpunkt befestigen. Ggf. können auch Sitze an Treffpunkten (z.B.
Turnhalle, Vereinsheim) deponiert werden, damit immer ein geeigneter Sitz
zur Verfügung steht.
Gewisse Unbequemlichkeiten für die Erwachsenen sind allerdings
unvermeidbar, wenn Kinder sicher befördert werden sollen.
10.
Was können kinderreiche Familien tun?
Familien mit mehr als 3 Kindern können vor der Frage stehen, wie sie alle
Kinder altersgemäß sichern können.
Wichtig ist, dass sich die Familie bei der Anschaffung und der Auswahl des
Fahrzeuges davon leiten lässt, dass alle Familienmitglieder einen sicheren
Platz im Fahrzeug haben. Dazu gehört auch, dass für alle Kinder ein Platz
mit Sicherheitsgurt vorhanden ist, auf dem ein Kindersitz befestigt werden
kann.
Der Bundesminister für Verkehr verkennt nicht, dass einige Familien aus
finanziellen Gründen nicht in der Lage sind, in kürzerer Zeit ein größeres
Fahrzeug anzuschaffen. Die Neuregelung lässt daher zu, ein viertes Kind auf
dem Rücksitz ungesichert zu befördern, wenn alle Möglichkeiten der
Sicherung ausgeschöpft sind und das Fahrzeug noch genügend Raum für das
vierte Kind lässt. Da dies nicht immer der Fall sein wird, können die
Straßenverkehrsbehörden von der Verpflichtung zur Sicherung auf dem
mittleren Sitz Ausnahmegenehmigungen erteilen. Es muss aber ausdrücklich
darauf hingewiesen werden, dass eine solche Ausnahmegenehmigung nur in
sehr eng umgrenzten Fällen in Betracht kommt und versicherungsrechtliche
Nachteile bei einem Unfall nicht auszuschließen sind.