Soloabspacken, weil die Pfeifen nicht können 21.10.2011
Transcription
Soloabspacken, weil die Pfeifen nicht können 21.10.2011
Soloabspacken, weil die Pfeifen nicht können 21.10.2011 Freitagabend. Kurz nach acht Uhr abends. Ich war den ganzen Tag im Büro, dann noch beim Sport und schließlich wieder zu Hause. Bei meiner Nachbarin, die links über mir wohnt habe ich gleich noch das Paket abgeholt, auf das ich schon seit Tagen warte. Eine neue Tasche. Ich bin taschensüchtig. Schlimmer als eine Frau. Ich besitze auch unzählige Schuhe, aber einen Schuhtick habe ich nicht. Die muss ich auch mal ausmisten – fällt mir gerade ein. Aber nicht heute. Heute will ich weggehen. Der Bass donnert aus meinen Lautsprechern in den Raum. Immer mal wieder fällt einer aus. Inzwischen ist meine Anlage fast zwanzig Jahre alt. Die macht es wohl nicht mehr lange. Ich drehe sie lauter. Wenn sie schon stirbt, dann wenigstens mit ordentlich Druck unter den Membranen. Wer möchte denn schon im Siechtum langsam das Zeitliche segnen? Genau, keiner! Also hampel ich zum Regler und drehe an ihn. Aber nicht bis zum Anschlag, das hält niemand aus. Schon gar nicht mein Nachbar zur Rechten. Die Wand zwischen mir und ihm ist keine tragende und deswegen auch nicht massiv. Ungünstiger hätte man es fast nicht haben können. Ich höre ihn Klavier spielen und er mich stöhnen beim Ficken. Die Frage ist nun nur, wer mehr von der Durchlässigkeit hat? Ein super Titel prallt in den Raum. Noch mit offener Hose und hüpfendem Glied springe ich von der Schüssel auf, vergesse dabei die Spülung zu drücken und spurte ins Wohnzimmer um dem Radiomann zuzujubeln, was für tolle Musik er doch ausgewählt hat. Großartig. Das nächste und übernächste Lied reißen mich auch noch richtig vom Hocker. Die Minuten verstreichen und der Geruch des nicht weggespülten Scheißehäufchens in der Porzellanschüssel kann sich mühelos bis zur Küche vorarbeiten. Irgendwann erreicht er dann auch das Wohnzimmer. Ich rieche es. Die Buchse habe ich mir schon wieder hoch gezogen, nur die Hose hängt noch auf halb acht. Tanzend durchstoße ich die Wand aus Scheißegeruch und arbeite mich ins Bad vor. Die Spülung reißt den Haufen nicht ganz mit. Ich nehme, immer noch tanzend, Klopapier von der Rolle und schubse die braune Wurst ins Wasser. Es spritzt mir ins Gesicht. War wohl doch mehr, als ich zunächst dachte. Angewidert ergießen sich erneut Bäche von Spülwasser ins Becken. Sie schaffen es nicht, die braunen Reste mit sich zu nehmen. Wieder Klopapier. Ich wische in der Schüssel. Tanzend, was auch sonst? Leider habe ich zu wenig Papier genommen und unter meinen Fingernagel schiebt es ordentlich viel Braunes. Es wird immer besser. Aus dem Radio donnert der nächste Schlager und ich muss zurück zum Tanzen. Unterm Fingernagel Scheiße, Klospritzwasser im Gesicht und auf dem weißen Oberteil, Hose immer noch auf halb acht, nur die Buchse ist, wo sie hingehört. Aber darauf kommt es wirklich nicht mehr an. Es schellt an der Tür. Die Nachbarin von links oben. Sie hatte noch vergessen, dass auch ein zweites Paket bei ihr abgegeben wurde. Sie hatte es in der Küche. Das andere stand im Flur. Als sie sieht, wie ich aussehe, so mit meinem vollgeschissenen Fingernagel, dem Klowasser im Gesicht und der heruntergelassenen Hose fragt sie dann doch, ob es mir gerade gelegen sei. Wieder fällt einer der Lautsprecher aus. Sie erschrickt kurz, als er wieder einsetzt und es plötzlich doppelt so laut ist. Nein, mir würde es schon passen – schreie ich ihr entgegen und nehme das Paket. Als die Tür zufällt wünscht sie mir noch ein schönes Wochenende. Ja, du mich auch. Zurück ins Bad. Hand in die Schüssel und die inzwischen etwas arg trockenen Stellen abknibbeln. Die Fingernägel sind völlig ruiniert. Selbst nach gut zwanzig Minuten Händewaschen ließ sich die Scheiße nicht endgültig lösen. Nur das Fingernagelschneiden könnte jetzt noch helfen. Ich habe aber besseres zu tun: Tanzen. Mal wieder donnert ordentlich Bass ins Zimmer. Es bellt erneut die Türklingel. Nachbar, rechts neben mir. Er möchte, dass ich leiser mache. Auch er mustert mich von oben bis unten. Auch er wird das Spritzwasser und die Scheiße entdeckt haben. Ich sage ganz ruhig, dass es mir gerade etwas sehr unpässlich wäre, die Musik leiser zu machen und schlage ihm die Tür vor der Nase zu, ohne eine Chance zur Antwort zu lassen. Irgendwann an diesem Abend wollte ich noch weggehen, weil ich so eingetanzt war, aber die Pfeifen von Freunden hatten natürlich keine Zeit für mich: Verdammte Scheiße! Tanzend.