Schaurige Laute und stürmisches Liebesspiel
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Schaurige Laute und stürmisches Liebesspiel
Dachsranz Schaurige Laute und stürmisches Liebesspiel Der Dachs, das „Wildtier des Jahres“ 2010, hat ab Juli einen Höhepunkt seiner Ranzzeit. Ist Meister Grimbart sonst eher schwer im Revier zu entdecken, macht er jetzt mit schaurigen Schreien auf sich aufmerksam. Dr. Claudia Gangl erzählt aus seiner Biologie. Nicht nur wir Menschen sehnen uns nach sommerlichen Tagen, an denen es lange hell ist, denn sie wirken sich positiv auf unser Gefühlsleben aus. Auch einige heimische Tierarten kommen „in Stimmung“, denn für sie beginnt die Paarungszeit. So findet beim Europäischen Dachs ab Juli der Höhepunkt der Ranz statt. Zwar können sich die Marder, zu denen der Dachs zählt, das ganze Jahr über fortpflanzen, gerade die jungen Weibchen aber werden jetzt im Hochsommer ranzig, nahezu zeitgleich mit der Rehbrunft. Unser größter Vertreter der Marderartigen macht in der Ranzzeit gerne auf sich aufmerksam, indem er schaurige Laute und Schreie von sich gibt, die wohl am ehesten an das „Geschrei“ eines Kindes erinnern. Sie begleiten sein stürmisches Liebesspiel, bei dem vor der Paarung ein regelrechter „Brautkampf“ ausgetragen wird. Ihre Paarungsbereitschaft signalisiert die Fähe dann mit einem Kreiseltanz, worauf der Rüde sie nach Marderart mit einem rabiaten Nackenbiss packt. Egal ob eine Fähe im Früh- Dachse führen ein intensives, soziales Familienleben Erst im Alter von ungefähr zwei Monaten verlassen die Jungen im Frühsommer erstmals den Bau. Dabei führt die Fähe die Jungdachse gezielt zu ergiebigen Nahrungsgründen. Die Nahrung bestimmt die Größe des Territoriums Dachse legen sich feste Reviere zu, deren Grenzen durch ein System von Markierungsstellen abgegrenzt und auch verteidigt werden. Diese Revierkämpfe führen nicht selten zu erheblichen Verletzungen. Die Größe eines Territoriums hängt vom Nahrungsangebot ab. Erlaubt ein reichhaltiges Nahrungsangebot das Überleben mehrerer Dachse, so kann eine Bildung sozialer Gruppen oder auch das friedliche Zusammenleben von verwandten Familienclans erfolgen. Ist ein Mutterbau groß genug, ist auch eine gemeinsame Winterruhe mehrerer Familien möglich. Ein Dachsbau kann über Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte benutzt werden. Dem Dachs als „Wildtier des Jahres“ 2010 der Schutzgemeinschaft Deutsches Wild ist auch eine Sonderbriefmarke gewidmet. Jungtiere eines Dachspaares bleiben meist über den Winter noch im elterlichen Bau. Weibliche Nachkommen ziehen nicht selten in Nachbarkammern ein. Für junge Dachse könnte es sinnvoller sein, im Geburtsterritorium zu verbleiben und später den Familienbau zu übernehmen, als sich zu zerstreuen und einen eigenen Bau anzulegen. Voraussetzung hierfür ist aber, dass das elterliche Territorium ausreichend Nahrung für alle darin lebenden Dachse bietet. Bejagbar ist der Dachs bei uns in Bayern von August bis Oktober. Dann können wir uns über einen prächtig gegerbten Balg und einen deftigen Dachsschinken freuen. Jüngere Dachsfähen werden jetzt im Sommer ranzig, während ihre älteren Artgenossinnen oft schon ab dem Frühjahr befruchtet wurden. Auch wenn man Grimbart auf der Nahrungssuche häufig als Einzelgänger antrifft, führen Dachse ein sehr intensives und soziales Familienleben. In einem Bau lebt ein dominantes Paar lebenslang zusammen. Die zunächst rein weiß behaart und nicht sehend geborenen Jungtiere werden bis zu vier Monate lang gesäugt. Um sie in der Dunkelheit gut zu finden, markiert die Mutter sie mit ihrer Stinkdrüse. 7/2010 29 Foto: M. Migos Dr. Claudia Gangl ist Diplom-Biologin und Jägerin, Falknerin und Fischerin. Sie engagiert sich beim Münchner Jägerverein als Jungjägerausbilderin in den Bereichen Wildtierkunde, Naturschutz und Hege. In der BJV-Geschäftsstelle ist sie für die Organisation des Präsidialbüros zuständig und betreut als Fachreferentin den Bereich Wildbiologie. jahr oder jetzt im Sommer befruchtet wird – das Werfen aller Jungen findet ungefähr im Februar oder März statt. Dieses Phänomen resultiert ähnlich wie beim Reh aus einer Art Eiruhe, also einer verzögerten Einnistung der befruchteten Eizelle in die Gebärmutterwand. Sie kann die Tragzeit um bis zu zehn Monate verlängern, während sie regulär nur etwa 60 Tage beträgt. Ausschlaggebend für die erfolgreiche Einnistung des Eis und die Entwicklung der Würfe sind offenbar der Hormonspiegel im Blut, Umweltbedingungen und Fettreserven, also die Kondition der Fähe. Fitte Weibchen, bei denen die Einnistung der Eizelle und ihre Entwicklung früher im Winter erfolgen, werfen im folgenden Jahr auch etwas früher. Ein weiterer Einfluss der Herbstmast zeigt sich darin, dass Dachsweibchen, die in schlechter Kondition in die Winterruhe gehen, eher ihre Reproduktion abbrechen, als solche, die im Herbst ausreichend Fettspeicher aufbauen konnten.