Naturwaldreservat “Waldkugel” Naturwaldreservat

Transcription

Naturwaldreservat “Waldkugel” Naturwaldreservat
Urwald
Urwald von
von morgen
morgen vor
vor den
den Toren
Toren Würzburgs
Würzburgs
Naturwaldreservat
“Waldkugel”
bundes für Vogelschutz wies
u. a. die in der Roten Liste aufgeführten Spechtarten Grau-,
Schwarz-, Mittel- und Kleinspecht nach sowie die sehr
seltenen Arten Hohltaube und
Halsbandschnäpper. Fachleute
der Bayerischen Landesanstalt
für Wald- und Forstwirtschaft
fanden 43 Schneckenarten,
davon 12 Arten der Roten Liste
Bayern. Im Naturwaldreservat
Waldkugel wurde die besonders
seltene, heimische Raublungenschnecke Daudebardia brevipes
und Daudebardia rufa nachgewiesen. Sie streckt beim Beutefang ihre stark vergrößerte, mit
Widerhaken besetzte Zunge
vollständig vor, hält damit ihre
Beute, z. B. einen Regenwurm
fest und befördert ihn unzerkleinert in den Schlund. Dort
setzt die Verdauung unmittelbar ein.
Raublungenschnecke
5
Natürliche
Waldgesellschaft
– Artenvielfalt
erhalten
NATURA 2000
Wegen des weltweiten Verlustes
an Pflanzen- und Tierarten
sowie deren Lebensräume hat
man auf der Umweltkonferenz
in Rio 1992 den Erhalt und
die nachhaltige Nutzung der
Biodiversität beschlossen. Unter
Biodiversität versteht man die
Vielfalt des Lebens auf der Erde,
von der genetischen Vielfalt
über die Artenvielfalt bis hin
zur Vielfalt der Ökosysteme.
Ein europäisches NATURA
2000-Schutzgebietsnetz (FFH
– Flora-Fauna-Habitat) ist
zur Zeit weltweit das größte
Naturschutzprojekt und soll den
Artenschwund verhindern. Das
Naturwaldreservat Waldkugel
gehört zum FFH-Gebiet „Irtenberger und Guttenberger Wald“.
Hier werden die natürlichen
Waldgesellschaften, speziell der
Waldmeister-Buchenwald und
seine typischen Tier- und Pflanzenarten (Hirschkäfer, Gelbbauchunke
und die seltene Bechsteinfledermaus)
geschützt und erhalten.
Mittelwaldeichen –
7 Relikte der früheren
Waldbewirtschaftung
Der Würzburger Fürstbischof Julius
Echter führte 1584 per Dekret eine
für die damalige Zeit sehr weitsichtige
6 “Edle” Baumarten
Speierling
Hinweis:
Wenn Sie steiles, und bei Nässe
rutschiges Gelände umgehen wollen,
empfehlen wir dem Forstweg, den
Sie gleich erreichen, nach links zu
folgen bis Sie den Parkplatz erreichen.
Höhlenbäume 8 natürlicher
Wohnraum
Bechsteinfledermaus
Berg- und Spitzahorn, Esche, Kirsche,
Ulme, Elsbeere, Speierling, Wildbirne
und Wildapfel werden als Edellaubbaumarten bezeichnet. Hier kommt
die seit altersher hohe Wertschätzung
dieser Baumarten als Rohstoff für
die Möbelfertigung zum Ausdruck.
Nirgendwo in Bayern findet sich eine
derart hohe Anzahl von Edellaubbäumen in den Wäldern wie hier auf
der Fränkischen Platte. Günstiges
Klima und optimale Nährstoffversorgung sind unabdingbare Voraussetzungen, um zumindest zeitweise
gegen die mächtige Konkurrenz der
Buche bestehen zu können. Häufige
Fruchtbildung und schnelles Jugendwachstum sind die Trumpfkarten von
Ahorn, Esche, Kirsche und Ulme.
Bereits nach wenigen Jahrzehnten
werden sie aber von benachbarten
Buchen in die Zange genommen. Die
beiden Wildobstarten sowie Elsbeere
und Speierling sind besonders seltene
Baumarten, die von Natur aus nur auf
Sonderstandorten eine Überlebenschance besäßen. Die Elsbeeren und
Speierlinge in diesem Waldbereich
sind eine Kostbarkeit und stehen in
Zusammenhang mit der Waldwirtschaft
früherer Jahrhunderte. Sie sind, ebenso wie der hohe Anteil der übrigen
Edellaubbäume, auf die Begünstigung
durch forstliche Eingriffe zurück zu
führen.
Eichen-/Hainbuchenwälder. Erst
seit Aufgabe der Mittelwaldwirtschaft erobert sich die Buche das
verlorengegangene Terrain allmählich wieder zurück.
Mittelwaldeiche
Form der Waldbewirtschaftung ein.
Sie fand unter dem Begriff Mittelwaldwirtschaft in weiten Teilen
Mitteleuropas große Verbreitung.
Kerngedanke war die Kombination
von Bau- und Brennholznutzung. So
bestanden Mittelwälder aus einer
Oberschicht aus älteren Eichen und
einer Unterschicht aus Stockausschlägen verschiedener Laubbäume.
Das Bauholz lieferten die Eichen der
Oberschicht. Gleichzeitig wurde der
gesamte Wald in 20 bis 30 Parzellen
aufgeteilt, wovon jedes Jahr in einer
Parzelle die Unterschicht zur Gewinnung von Brennholz ausgehauen
wurde. Lediglich einige “Laßreitel” –
vielversprechende junge Eichenstämmchen – wurden belassen. Den
abgeschlagenen Stöcken entwuchsen
noch im gleichen Jahr neue Triebe,
die nun bis zum nächsten Brennholzhieb in 20 - 30 Jahren wachsen
konnten. Die Mittelwaldwirtschaft
war somit Keimzelle für die forstliche
Nachhaltigkeit: nicht mehr ernten
als nachwächst. In diesem Waldteil
wurde bis in die dreißiger Jahre des
20. Jahrhunderts Mittelwaldwirtschaft praktiziert. An den etwa 120
bis 130jährigen Eichen ist dies noch
zu erkennen. Die Eichen standen weit
auseinander und bildeten daher tiefangesetzte große Kronen. Die alle
20 bis 30 Jahre wiederkehrenden
Unterholzhiebe führten allerdings
zu einer markanten Änderung der
Baumartenzusammensetzung. Eichen
und Hainbuchen besitzen die Fähigkeit, immer wieder aus den abgeschlagenen Stöcken auszutreiben.
Da Buchen diese Fähigkeit nur in
eingeschränktem Maße aufweisen,
wurden sie mehr und mehr zurückgedrängt. Im Laufe der Jahrhunderte wurden aus Buchenwäldern
Sie stehen hier an einer mächtigen,
ca. 35 m hohen Eiche des Naturwaldreservates. Wenn Sie Ihren
Blick weit nach oben richten,
werden Sie in ca. 10 m Höhe eine
Spechthöhle entdecken. Baumhöhlen können sowohl durch
Fäulepilze entstehen als auch von
Spechten “gezimmert” werden.
Höhlenbäume dienen vielen
Tierarten vornehmlich als Brutplatz
(Hohltaube, Kleiber, Baumläufer,
Eulen) und als Schlafplatz (Käuze,
Baummarder, Fledermäuse).
Kleinsäuger legen in den Höhlen
Nahrungsdepots an. Vögel suchen
im Winter bei starker Kälte auch
tagsüber Schutz in solchen Höhlen.
Die Höhlen unterliegen einem steten Wandel, sowohl was ihren baulichen Zustand als auch ihren
Gebrauch betrifft. So leben in
vermodernden Höhlenbäumen
staatenbildende Insekten mit
Bienen, Wespen und Ameisen.
Höhlenbäume sind also für
viele Tierarten überlebensnotwendig. Mit etwas Glück erspähen
Sie sogar einen der fünf hier vorkommenden Spechtarten
(Schwarz-, Bunt-, Mittel-, Kleinund Grünspecht) oder eine der
Folgenutzer dieser Höhlen wie
Kauz, Baummarder, Siebenschläfer
und verschiedene Meisenarten.
Schwarzspecht
Würzburg
P
H
Hinweg
Lehrpfad „Waldkugel“
Grenze
Naturwaldreservat
Impressum: Amt für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten, Würzburg
Text: Stangl, Bockenheimer, Herr
Bilder: Thierfelder, Groß, Strätz,
ALE Unterfranken, LWF Freising,
Bockenheimer
Konzept, Grafik, Produktion: Ludwig & Höhne
Naturwaldreservat
“Waldkugel”
Gang durch das Naturwaldreservat gelegentlich auf Fichten,
Kiefern, Lärchen und Douglasien.
4 Totholz –
quicklebendig
Abgestorbene, stehende oder
liegende Bäume und Baumteile,
sogenanntes Totholz, ist ein
Charakteristikum des Urwaldes
und stellt eine unverzichtbare
Lebensgrundlage für eine Vielzahl von großteils sehr seltenen
Tier- und Pflanzenarten dar.
Von rd. 5.700 in unseren Wäldern
vorkommenden Käferarten sind
ca. 1.400 in ihrer Entwicklung
auf abgestorbene Holzteile bis
hin zu vollständig vermodertem Holz angewiesen. Von
diesen Arten wiederum sind
70% hochgradig gefährdet.
Letztlich profitieren auch viele
andere Arten wie Wildbienen,
Hornissen, Holzwespen, höhlenbrütende Vögel und Fledermäuse
von hohen Totholzanteilen.
Buchentotholz liefert ein vorzügliches Pilzsubstrat. So wurden bisher 400 verschiedene
Pilzarten an Buchentotholz
nachgewiesen, so viele wie
an keiner anderen Baumart.
Liebe Waldfreunde,
wir laden Sie zu einem zweistündigen Rundgang durch das Naturwaldreservat
“Waldkugel” ein. Sie erleben einen Wald, der sich zu einem Urwald von morgen entwickelt. Die forstliche Nutzung wurde hier 1999 eingestellt. Sie können das Naturwaldreservat auf einem weitgehend naturbelassenen Pfad durchwandern. Dieses Faltblatt
gibt Ihnen an 8 Stationen Informationen zu den nachfolgenden Themen:
reservat “Waldkugel” bestimmt die
Buche das Waldbild. Sie befinden sich
gerade in einem etwa 150-jährigen
Waldteil des Naturwaldreservates.
Die Buchen haben bisher eine Höhe
von 35 bis 40 m erreicht. Vor allem
ihr Dickenwachstum hält bis ins hohe
Alter an. Buchen können immerhin
400 Jahre alt werden. Gegenüber
anderen Baumarten tritt sie lediglich
auf zu trockenen und zu nassen Standorten zurück. Kennzeichnend für die
Buche ist ihre dünne, glatte, auch im
hohen Alter kaum verborkende Rinde.
3 Naturnahe Forst-
wirtschaft - Arbeiten
mit der Natur
Sie stehen direkt auf der Grenze des
Naturwaldreservates und blicken in
die bewirtschaftete Waldabteilung
“Reichenberger Grund” des Stadtwaldes Würzburg. Naturnahe Forstwirtschaft orientiert sich an natürlichen Entwicklungsvorgängen. Sie
sind den Abläufen in Urwäldern in
Buchenwald
1
Naturwaldreservate - Schaufenster
der Natur
Echte Urwälder sind in Mitteleuropa eine ausgesprochene
Rarität. Zu groß war über Jahrhunderte der Nutzungsdruck auf
unsere Wälder. Der Wald war
als Lieferant für Energie und
Bauholz sowie für die Viehwirtschaft überlebenswichtig. Dies
gilt umso mehr für Wälder in
Nachbarschaft
Bunmittelbarer
19
zu größeren Städten. So gibt
es auch im Raum Würzburg
keine von Menschen unberührten Wälder. Aufgrund der
guten klimatischen und standörtlichen Verhältnisse konnte
jedoch ein relativ naturnaher
Waldzustand erhalten werden.
Mit der Ausweisung dieses
Naturwaldreservates wurde der
Grundstein für einen Urwald
von morgen, unmittelbar vor
den Toren Würzburgs, gelegt.
Das Naturwaldreservat “Waldkugel” ist ein gemeinsames
Projekt der Stadt Würzburg
(23,5 ha Stadtwald) der Bayerischen Staatsforsten (49,4 ha
Staatswald) und der Bayerischen
Forstverwaltung. Mit zusammen 72,9 ha ist es gegenwärtig
das zweitgrößte Naturwaldreservat in
Unterfranken. Gleichzeitig ist es das
einzige Buchen-Naturwaldreservat
auf der Fränkischen Platte. Dem
Waldbesucher gewährt es einen
Lehrpfad
„Waldkugel“
AlternativRoute
Grenze
Naturwaldreservat
tung für den Kreislauf in diesem
Naturwaldreservat. Von A wie
„Ameisenbuntkäfer“ bis Z für
„Zunderschwamm“ reichen die
Lebewesen, die auf totes Holz
angewiesen sind. Sie stehen hier
vor einer gewaltigen Totholzbuche, die vom Sturm „Jeanett“
im Oktober 2002 umgeworfen
wurde. Sie ist rd. 36 m lang,
77 cm dick und hat in etwa 16 m
Höhe zwei Eingänge von Schwarzspechthöhlen. Ihr Gesamtvolumen
beläuft sich auf 11 Kubikmeter.
Würzburg
Hinweg
N a t u rw
aldreserva
Waldkugel
5
4 3
2
6
Guttenberg
(zu Reichenberg)
7
1
t
P
H
8
B 19
Reichenberg
Abfahrt
liegendes Totholz
Einblick in die vielfältigen natürlichen
Lebensabläufe unseres Waldes.
Stürme lassen immer wieder Lücken
im Kronendach entstehen. Während
noch Pilze und Insekten abgestorbene
oder geworfene Bäume “bearbeiten”,
keimen bereits junge Bäumchen. Sie
wachsen rasch hoch und schließen die
Lücken wieder. So erneuert sich der
Wald in einem stetigen Prozess des
Sterbens und Geborenwerdens auf
kleinstem Raum. Bayernweit wurden
in den zurückliegenden 25 Jahren 151
Naturwaldreservate mit einer Fläche
von rd. 6.410 ha ausgewiesen.
Uengershausen
Die Rotbuche Mutter des Waldes
2
Buchenkeimling
Würzburg/stehendes Totholz
Heidingsfeld
Totholz ist von größter Bedeu-
Die Rotbuche wird oft Mutter des
Waldes genannt. Sie ist infolge ihrer
hohen Schattenverträglichkeit und
ihres starken Kronenausbaus die konkurrenzkräftigste Baumart in unseren
Wäldern. Von Natur aus wäre daher
der größte Teil Bayerns mit Buchenwäldern bedeckt. Auch im Naturwald-
Form von Sturmwurf, Konkurrenzkampf und Erreichen der physiologischen Altersgrenze nachempfunden.
Um einer drohenden Holzentwertung
zuvorzukommen, werden Buchen in
unseren Wirtschaftswäldern allerdings spätestens im Alter von 130
bis 160 Jahren, Eichen im Alter
200 - 250 Jahren geerntet. Gleichzeitig
wird größter Wert darauf gelegt, von
diesen über viele Baumgenerationen
hinweg an Standort und Klima angepaßten Altbäumen eine artenreiche
Naturverjüngung zu erzielen. Unter
dem Dach der Altbäume entwickeln
sich die Samen zu neuen Bäumen.
Die Forstleute greifen hierbei steuernd ein. So konnten sich im Raum
Würzburg trotz jahrhundertelanger,
intensiver Nutzung die baumartenreichsten Wälder Bayerns entwickeln.
Diese Baumartenvielfalt wurde in den
vergangenen zwei Jahrhunderten
durch eine gezielte Beipflanzung verschiedener Nadelhölzer noch erweitert. So stoßen Sie bei Ihrem weiteren
Durch verschiedenste Pilzarten,
die das Holz zersetzen, werden
Nährstoffe frei und sorgen für
eine hohe Bodenfruchtbarkeit.
Die Wurzeln heranwachsender
Bäume können diese für ihr
Wachstum wieder aufnehmen.
Ohne Insekten als Zersetzungsbeschleuniger würden Pilze doppelt so lange brauchen, um diese
freizusetzen. Je höher der
Zersetzungsgrad des Holzes,
desto mehr Tierarten finden
hier ihre Nahrungsnische. Mit
ansteigender Feuchte kommen
Asseln und Schnecken hinzu.
Insekten wie Borken-, Pracht-,
Bock- und Hirschkäfer sind
besonders auf starkes Totholz
angewiesen. Aus aktuellen
Forschungsergebnissen des
Naturwaldreservates: 2008 wurden im Naturwaldreservat eine
Brutvogel- und eine Schneckenkartierung durchgeführt. Die
Brutvogelkartierung des Landes-
Giebelstadt/
Bad Mergentheim
H
i
Verhaltensregeln:
Amt für Ernährung,
Landwirtschaft und
Forsten Würzburg
Von-Luxburg-Str. 4
97074 Würzburg
Tel. 0931 7904-6
http://www.aelf-wu.bayern.
de/forstwirtschaft/
Sie besuchen ein Naturwaldreservat! Hier ist mit erhöhter Gefahr durch umstürzende Bäume, abbrechende Äste
und querliegende Baumstämme zu rechnen.
Zu Ihrem Schutz und für Ihre
Sicherheit beachten Sie bitte
unbedingt folgende Hinweise:
Betreten für Kinder bis 12
Jahre nur in Begleitung
Erwachsener.
Zunderschwamm
Bei extremen Witterungsbedingungen, insbesondere
bei starkem Wind, sowie in
der Dunkelheit darf das
Naturwaldreservat nicht
betreten werden.
Aus Sicherheits- und Naturschutzgründen soll der Weg
nicht verlassen werden.
Wir wünschen Ihnen eine
interessante und erholsame
Waldwanderung und
danken für Ihr Verständnis.
100% Recycling-Papier
Sie betreten das Naturwaldreservat auf eigene Gefahr,
für eventuelle Schäden wird
keine Haftung übernommen.
Information
Stadt Würzburg
Forstbetrieb
Rathausplatz 2
97084 Würzburg
Tel. 0931/65872
Fax 0931/64922
http://www.wuerzburg.de/
de/umwelt-verkehr/stadtwald/15711.Lehrpfade_in_
Wuerzburg.html

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