Washington_2011_Philipp_Ziegler

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Washington_2011_Philipp_Ziegler
Erfahrungsbericht über das Fall Semester 2011 an der
George Washington University Law School,
Washington DC
von Philipp Ziegler
An erster Stelle steht ein großes Dankeschön an den Lehrstuhl von Prof. Möllers für die
Möglichkeit dieses Austauschs, sowie ein besonderer Dank an Andreas Harrer für die
gesamte Organisation.
Vorbereitungen für den Auslandsaufenthalt
Das wichtigste bei den Vorbereitungen für das Semester in Washington ist mit Sicherheit
Geduld. Zwischen der Bestätigung, dass ich für das Austauschprogramm ausgewählt
wurde und dem Erhalt eines ersten offiziellen Schreibens von der George Washington
University vergingen knapp 6 1/2 Monate. Allerdings ist dies nicht ungewöhnlich, weshalb
man sich keine Sorgen machen sollte wenn es etwas länger dauert bis man seine
Dokumente erhält. Das einzige daraus resultierende Problem war, dass die Beantragung
des Visums und der damit verbundene Aufwand (inkl. Besuch beim Konsulat) sehr knapp
vor meinem Abflugdatum lag. Im Endeffekt hatte ich mein Visum genau eine Woche vor
Abflug in den Händen, obwohl ich mich bereits im März um die Unterlagen aus
Washington bemüht hatte.
Um einen Flug sollte man sich am besten möglichst früh kümmern. Allerdings würde ich
dazu raten erst zu buchen, sobald man einen Überblick über den Prüfungsplan in
Augsburg, sowie den Academic Year Calendar der George Washington University hat
(generell gilt jedoch, je früher desto besser). Prüfungsbedingt konnte ich erst am 13.08.
nach Washington reisen (die Uni dort begann am 15.08.), wobei ich diese extrem kurze
Eingewöhnungszeit von einem Tag nicht unbedingt als schlimm empfunden habe. Die
Orientation Week in der ersten Woche bietet noch mehr als genug Zeit sich einzuleben
und zurechtzufinden.
Bei der Wohnung gilt ebenfalls möglichst früh die Suche zu beginnen. Ich hatte das große
Glück im International Student House (www.ishdc.org) wohnen zu können, was nicht nur
im Vergleich zu einer Wohnung viel einfacher, sondern auch noch eine unglaubliche
Bereicherung für meinen gesamten Aufenthalt war. Man muss sich um nichts kümmern
(keine Einrichtung, Internet, Haushaltsgegenstände etc. besorgen, Verpflegung inklusive
etc.), was vor allem in meinem Fall mit einer Anreise so kurz vor Vorlesungsbeginn sehr
angenehm war, und man teilt das Haus mit ca. 100 anderen
Studenten/Praktikanten/Doktoranden aus der ganzen Welt, was eine tolle Erfahrung ist
und viele neue Eindrücke verschafft.
Washington DC
Philipp Ziegler, 2012
Washington wird nicht umsonst "die mächtigste Stadt der Welt" genannt. In unmittelbarer
Nähe der Law School, die inmitten des Bürobezirks von Washington liegt, befindet sich der
Internationale Währungsfond, die Weltbank, sowie fünf Blocks entfernt das weiße Haus. In
einer solchen Umgebung studieren zu können ist ohne Zweifel eine einmalige
Gelegenheit, eine Kaffeepause vor dem Weißen Haus oder ein Spaziergang zum Lincoln
Memorial bieten sich nicht überall.
Aber abgesehen von den bekannten Sehenswürdigkeiten (Weißes Haus,
Lincoln/Jefferson/Washington Memorial etc.) hat Washington noch viel mehr zu bieten.
Nördlich von Foggy Bottom, dem Bürobezirk in dem auch die Law School liegt, liegt
Dupont Circle, das Zentrum des Nachtlebens von DC. Dort finden sich neben zahlreichen
Clubs und Bars unter anderem auch hervorragende Restaurants (Washington ist bekannt
für seine ausgezeichnete Küche).
Westlich von Foggy Bottom und Dupont Circle liegt das ehemalige Stadtzentrum
Washingtons, Georgetown. Dieses Stadtviertel ist vor allem für seine Designerläden
(Georgetown ist das Shopping-Zentrum der Stadt), aber auch für das wunderschöne
Flussufer des Potomac River bekannt. Gerade im Sommer ist letzteres ein beliebtes Ziel
für Studenten, um den Tag bei Happy Hours ausklingen zu lassen.
Weiterhin bietet Washington auch für Kulturfreunde eine Vielzahl von Möglichkeiten. Das
Smithsonian, der weltweit größte Museumskomplex, erstreckt sich über beinahe die
gesamte Länge der National Mall und beinhaltet unter anderem das Air & Space, das
Holocaust, das National History, sowie das American Art Museum. Alle Museen sind
kostenlos, ein Besuch ist also beinahe Pflicht.
Zusätzlich zu den bereits genannten Sehenswürdigkeiten bietet Washington noch eine
Vielzahl von Events, die beinahe wöchentlich stattfinden. Dabei erstreckt sich die
Bandbreite von Musikfestivals über Kulinarische Events (Taste of DC ist sehr zu
empfehlen) bis hin zu Reden des Präsidenten. Hier gilt es die Augen offen zu halten, fährt
letzterer ab und zu auch mal per Eskorte an der Law School vorbei.
Das Leben an einer US Law School
Philipp Ziegler, 2012
Das Semester beginnt mit einer Einführungswoche, der Orientation Week, welche dazu
dient sich an der Law School zurechtzufinden und seine Kommilitoninnen/Kommilitonen
kennenzulernen. Unser LLM Jahrgang bestand aus ca. 130 Teilnehmern, wobei die
Anzahl der verschiedenen Herkunftsländern nicht viel geringer war. Man wird vom
gesamten Law School Personal sehr herzlich empfangen, und falls es während der ersten
Wochen (oder auch danach) Probleme gibt kümmern sich vor allem Mrs. Joshi und Dean
Karamanian um die Studenten.
In der ersten Woche finden neben zahlreichen angebotenen Veranstaltungen, die
unbedingt genutzt werden sollten, auch vier Vorlesungen des "Fundamental Issues in US
Law" Kurses statt. Nichtsdestotrotz bleibt in dieser Woche auch noch genügend Zeit sich
in Washington zurechtzufinden und eventuelle anfängliche Startschwierigkeiten zu
überwinden.
Mit der zweiten Woche beginnt das eigentliche Law School Leben. Diese Woche wird
auch "add-drop-period" genannt, da man zwar seine Kurse schon gewählt haben sollte, in
dieser Zeit aber immer noch die Möglichkeit hat zu wechseln. Ich hatte mich entschieden 4
Kurse zu belegen, was einer Anzahl von 12 Credits entspricht.
Den Arbeitsaufwand der diesen 12 Credits entspricht empfand ich als angemessen, aber
nicht als ungewöhnlich hoch. Es war mir persönlich wichtig ein gesundes Verhältnis
zwischen Studium und Freizeit zu bewahren, um möglichst viel aus diesem Aufenthalt
mitzunehmen. Und das möchte ich auch allen zukünftigen Teilnehmern raten, denn es ist
definitiv möglich eine Law School erfolgreich zu bestehen ohne 24 Stunden vor dem
Schreibtisch zu sitzen. Wichtig ist vor allem einen kühlen Kopf zu bewahren und sich nicht
von fragwürdigen Aussagen von Kommilitoninnen/-tonen und Professorinnen/en
verunsichern zu lassen.
Nichtsdestotrotz sollte man die Vorlesungen mit entsprechender Vorbereitung besuchen,
denn gemäß der sogenannten "Sokratischen Methode" rufen die (meisten)
Professorinnen/Professoren die Studenten auf und erwarten eine Antwort auf die gestellte
Frage. Auch hier ist Gelassenheit der Schlüssel zum Erfolg. Ist es am Anfang noch
ziemlich ungewohnt vor einem vollen Hörsaal zu sprechen (vor allem als
Nichtmuttersprachler), legt sich auch hier die erste Aufregung sehr schnell und man kann
sich aktiv an der Vorlesung beteiligen. Diese aktive Einbindung der Studenten stellt eine
durchaus angenehme Abwechslung zu den "typischen" (natürlich gibt es auch hier
Ausnahmen) deutschen Vorlesungen dar.
Abgesehen von den Vorlesungen bietet die George Washington University allerdings noch
einiges mehr. Es finden regelmäßig Events statt, die teilweise von der Law School selbst,
teilweise von der Student Bar Association (SBA) organisiert werden. Dabei erstreckt sich
die Bandbreite von reinen Networking Events über Thanksgiving Lunches, bis hin zu
Vorträgen hochkarätiger Redner (z.B. Bruce Sewell, General Council von Apple). Diese
Angebote sollten unbedingt genutzt und besucht werden, denn sie bieten neben
interessanten Einblicken auch die Möglichkeit, neue Kontakte zu knüpfen.
Zum Abschluss dieses Erfahrungsberichtes möchte ich einen kurzen Einblick in die von
mir gewählten Kurse geben, um zukünftige AustauschteilnehmerInnen bei der Kurswahl
zu unterstützen.
Fundamental Issues in US Law (Susan Karamanian)
Philipp Ziegler, 2012
Dieser Kurs ist für alle internationalen LLM Studenten verpflichtend und besteht aus 2
Vorlesungen und einer ITF (International Teaching Fellow) Session pro Woche. In der
Vorlesungen werden grundsätzliche Themen des US-Amerikanischen Rechtssystems, wie
z.B. der Aufbau der Gerichtsbarkeit, Redefreiheit, Grundrechte etc. behandelt. In der ITF
Session hingegen geht es etwas praktischer zu. Man bekommt zusammen mit einer
Gruppe aus etwa 10-12 Studenten einen Mentor zugewiesen der beispielsweise erklärt
wie man Rechtsquellen richtig zitiert, Fälle findet und ein Memo schreibt. Letzteres ist
verpflichtend (ein Closed- und ein Open-Memo) um den Kurs zu bestehen.
Corporations (Michael Abramowicz)
Der Corporations Kurs war der meist besuchte Kurs den ich belegt habe, was nicht
umsonst an Professor Abramowicz selbst liegt. Er legt sehr viel wert darauf dass der Kurs
aktiv gestaltet ist (z.B. durch zahlreiche Filmausschnitte), was sehr positiv auffällt. Er ist
definitiv einer der beliebtesten Professoren der Law School, was man auch an der hohen
Anzahl von Studenten in seinen Kursen sehen kann.
Dennoch ist es wichtig in diesem Kurs nicht den Faden zu verlieren, da oft extrem viel
Stoff in sehr kurzer Zeit behandelt wird.
Professor Abramowicz handhabt die Sokratische Methode etwas anders, er bietet zwei
Systeme zur Auswahl. Entweder man entscheidet sich für zwei Tage im Semester an
denen man besonders oft gefragt wird, oder man wählt die Alternative bei der man
prinzipiell immer gefragt werden kann. Letztere klingt zwar schlimmer, hat aber den Vorteil
dass man Fragen auch weitergeben kann, falls man keine Antwort weiß. Generell ist
Professor Abramowicz aber sehr studentenfreundlich und nimmt es einem nicht übel,
wenn man nicht sofort eine passende Antwort parat hat.
Antitrust (Thomas D. Morgan)
Professor Morgan gibt in diesem Kurs einen Überblick über die Entwicklung des USAmerikanischen Kartellrechts von seinen Anfängen im Jahr 1890 bis in die heutige Zeit.
Durch die zahlreichen Veränderungen die dieser Rechtsbereich in seiner langen
Geschichte erfahren hat, gestaltet sich der Kurs über das Semester hin
abwechslungsreich und durchweg interessant. Professor Morgan lehrt mit sichtlicher
Begeisterung für das Thema (aus seiner Feder stammt das zum Kurs gehörende Fallbuch)
und legt großen Wert darauf die Studenten aktiv mit einzubinden. Genau wie Prof.
Abramowicz versucht er aber nicht durch Fragen einzuschüchtern o.Ä., sondern möchte
lediglich das Interesse an dem Thema wecken.
Foreign Direct Investment (Stanimir A. Alexandrov)
Stanimir Alexandrov, ehemaliger Vize-Außenminister von Bulgarien, Partner bei Sidley
Austin LLP und Vize-Vorstand deren internationaler Schiedsgericht Abteilung, ist ein
echtes Schwergewicht in seinem Fach. Es gibt wahrscheinlich kaum einen anderen
Dozenten, der nicht nur so viel praktische Erfahrung in diesem internationalen
Rechtsbereich, sondern auch so viele spannende Anekdoten auf Lager hat wie ihn. Durch
sein fachliches Wissen, aber eben auch durch Anekdoten, welche einen Einblick in die
praktische Anwendung des Lehrstoffs geben, gestaltete er den Kurs extrem interessant
und anspruchsvoll.
Jeder der sich für dieses Thema interessiert sollte diesen Kurs unbedingt belegen!
Philipp Ziegler, 2012