Auslandssemester an Brock University in St. Catharines, Ontario

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Auslandssemester an Brock University in St. Catharines, Ontario
Auslandssemester an Brock University in St. Catharines, Ontario (Kanada)
Zeitraum: September 2014 - Dezember 2014
1. Die Planung
Bereits zu Beginn meines Masterstudiums pflegte ich den Plan ein Semester im Ausland zu
absolvieren. Hierfür standen für mich die beiden Möglichkeiten: Auslandssemster oder
Auslandspraktikum zur Auswahl. Nach vielen Gesprächen mit Studenten, welche bereits im Ausland
waren, habe ich mich für die erste Möglichkeit entschieden. Die Vorteile liegen zum Einen darin, das
Bildungssystem in einem anderen Land kennenzulernen und zum Anderen das Studentenleben im
Gastland hautnah miterleben zu dürfen. Nachteilig sind natürlich die oft anfallenden
Studiengebühren. Doch dieses Vorhaben als Investition in die Zukunft zu betrachten, hilft hierbei
enorm. Der zweite Schritt war für mich die Entscheidung des Gastlandes. Ich wollte im Rahmen
dieses Auslandssemesters definitiv meine englischen Sprachkenntnisse testen und verbessern. Nach
einer intensiven Recherche habe ich mich für das Land Kanada entschieden. Das erstklassige
Bildungssystem und die Tatsache, dass die kanadischen Universitätssemester zwei Wochen nach dem
Ende des Prüfungszeitraums in Deutschland beginnen, haben mich überzeugt. Ich hatte so die
Möglichkeit, ohne Zeitverzug in meinem Studium ein sehr gutes Bildungssystem in einem reizvollen
Land kennenzulernen.
Da ich mein Auslandsemester am Ende des Masterstudiums durchführen wollte, konnte ich scheinund klausurfrei in Richtung Kanada starten. Diese Tatsache brachte auch den großen Vorteil hervor,
dass ich mir die Universität in Kanada nach meinen eigenen Kriterien aussuchen konnte, weil ich
nicht auf den deutschen Vorlesungsplan Rücksicht nehmen musste. Bei der Entscheidungsfindung
der richtigen Universität habe ich mir das Internet zu Nutze gemacht. Meine Konzentration lag bei
der Suche auf dem Fächerangebot. Bei meiner Suche bin ich auf die Brock Universität in St.
Catharines gestoßen. St. Catharines liegt in Ontario, ca. 100 km südlich von Toronto. Diese
Universität hat mich überzeugt, weil sie einen Studiengang anbietet, welcher meiner Fachrichtung in
Deutschland (Wirtschaftsingenieurwesen) sehr gut entspricht. Die Brock Universität ist in Ontario für
seine sehr gute Wirtschaftsfakultät bekannt, so dass vor einigen Jahren die European Business School
(EBS) ein Partnerprogramm mit der Brock University gestartet hat. Studenten der EBS absolvieren die
erste Hälfte ihres Bachelorstudiengangs in Deutschland und die zweite in Kanada. Danach erhalten
sie einen Abschluss von beiden Universitäten. Ich habe mich durch solche Referenzen von der
Qualität der Universität überzeugt. Erfreulicherweise ist die Brock University seit Januar 2009 auch
im Verzeichnis von College Contact aufzufinden, so dass ich den Bewerbungsprozess hierrüber
initiieren konnte.
2. Die Vorbereitung
Die Brock University wurde im Januar 2009 in das Repertoire von College Contact aufgenommen. In
diesem Rahmen wurde die Regelung eingeführt, dass deutsche Studenten keinen TOEFEL für die
Aufnahme benötigen. College Contact überzeugte die Brock University, dass deutsche
Hochschulstudenten der englischen Sprache mächtig sind und eliminierte somit eine mögliche Hürde.
Die finale Version meiner Bewerbung habe ich Mitte Januar 2014 an die Brock University geschickt
und 6 Wochen später hielt ich meine Zusage in den Händen. Neben der formellen Zusage enthielt der
Brief auch Broschüren über die Region und kleine Poster der Universität. So wächst die Vorfreude
natürlich ungemein und die weiteren Vorbereitungen konnten beginnen.
Für mich bedeutete dies zu allererst einen neuen Reisepass zu beantragen. Wer nur ein Semester in
Kanada studieren will, benötigt prinzipiell kein Visum. Nur wer neben dem Studium auch noch
arbeiten möchte, muss sich um ein Visum bemühen. Anschließend informierte ich mich über
mögliche Flüge. Meinen Flug habe ich schlussendlich über das sta Reisebüro gebucht. Nach langer
Recherche konnten sie mir die günstigste und bequemste Verbindung von Hamburg nach Toronto
anbieten. Ich habe meinen Flug so gebucht, dass ich neun Tage vor Semesterbeginn in Kanada
gelandet bin. Anschließend habe ich begonnen im Internet nach Zimmern in St. Catharines zu
schauen. Ich kann wirklich empfehlen in eine WG zu ziehen und nicht ein eigenes Apartment
anzumieten. Die Wege in Kanada sind lang und ohne Mitbewohner und Auto kann man dann schon
ziemlich einsam sein. Ich muss allerdings gestehen, dass es sehr schwierig war im Vorfeld aus
Deutschland ein Zimmer zu suchen. Es haben sich dabei mehrere Probleme ergeben: Zum Beispiel
waren die Vermieter verstimmt darüber, das Zimmer für nur vier Monate zu vermieten. Ich habe ca.
drei Monate vor dem Semesterbeginn mit der Suche begonnen und da sind die Hauseigentümer
noch optimistisch, langfristige Mietverträge vergeben zu können. Aber auch kurz vor meiner Abreise
nach Kanada habe ich es nicht geschafft, ein geeignetes Zimmer zu finden. Ich sollte bei allen mir
angebotenen Wohnungen den Mietvertrag für die vier Monate unterscheiben, ohne die Zimmer auf
Fotos gesehen zu haben. Ich habe mich daher dazu entschlossen, mich vor Ort um die Zimmersuche
zu bemühen.
Eine weitere wichtige Angelegenheit während der Vorbereitungsphase ist natürlich das Einschreiben
in die Kurse. Die Brock University hat dafür ein Onlinetool entwickelt, welches durch mehrere E-Mails
vom Office of International Service gut beschrieben und dadurch verständlich wird. Es gilt also die
interessanten Kurse herauszusuchen und die bestmögliche Kombination zu finden. Anschließend
musste ich meine Liste mit den Wunschkursen an das Office for International Service schicken. Diese
besorgten dann bei den entsprechenden Fachgebieten die “Freigabe” für die jeweilige Vorlesung.
Diese sind nötig, damit auch Kurse belegt werden können, welche normalerweise spezielle
Vorkenntnisse, d.h. bestimmte Kurse, als Zugangsvoraussetzung verlangen. Im Vorfeld an das
Auslandssemester muss übrigens keine Auslandsversicherung abgeschlossen werden, weil die
Universität eine Pflichtversicherung bereithält. Diese wird zusammen mit den Studiengebühren an
die Universität überwiesen und ist dann für die Dauer des Aufenthaltes gültig.
Das Auslandssemester in Kanada konnte also beginnen!
3. Die Situation am Ort
Nach den ersten Tagen in einem Hostel in Niagarafalls machte ich mich auf die Zimmersuche.
Prinzipiell kann ich sagen, dass ich auch noch eine Woche vor Beginn der Vorlesungen ein großes
Angebot an Zimmer vorgefunden habe, welche auch für vier Monate vermietet wurden. Da die WGs
in St. Catharines meistens alleinstehende Häuser sind, ist auch die Größe der Räume prima. Viele
dieser Häuser bestehen aus einem Erd- und einem Kellergeschoss. Es gibt daher ein riesiges Angebot
an im Keller befindlichen Räumen. Diese Zimmer besitzen leider nur kleine Fenster und leiden daher
am Mangel von Tageslicht, sind aber durch reichlich vorhandene künstliche Beleuchtung und helle
Farben durchaus bewohnbar. Ich habe mich nach drei Besichtigungen für ein Zimmer in einer WG
entschieden, welches auch ein Kellerraum war. Meine Erfahrung hat mich gelehrt, dass es sich dort
für vier Monate sehr gut leben lässt. Für ein gelungenes Semester sind vielmehr die Mitbewohner als
die Qualität der Zimmer entscheidend. Neben mir wohnten noch zwei weitere Studenten im
Kellergeschoss. Zusammen haben wir uns ein Wohnzimmer, ein Badezimmer und eine kleine Küche
geteilt. Eine größere Küche gab es im Erdgeschoss, wo sich auch noch ein großes Wohnzimmer, ein
Bad und die Zimmer für die anderen drei Mitbewohner befanden.
Von der WG aus bestand der Weg zum Campus aus einer 5-minütigen Fußstrecke und einer 10minütigen Busfahrt. Es gibt viele Häuser in dieser unmittelbaren Umgebung der Brock University,
welche an Studenten vermietet werden. Natürlich befinden sich auch viele Wohnungen direkt auf
dem Campusgelände und können ebenfalls von ausländischen Studenten angemietet werden. Ich
würde aber empfehlen, sich im Vorfeld mit den sehr strengen Regeln der Studentenwohnheime
auseinanderzusetzen und möchte an dieser Stelle erwähnen, dass sehr viele junge Studenten diese
Wohnmöglichkeit in Anspruch nehmen. Mir entstand daher der Eindruck, dass das Leben auf dem
Campus zwar durch kurze Wege aber auch mit großen Einschränkungen verbunden ist.
3.1 Die Kurswahl
Wie bereits beschrieben, findet das Belegen der Kurse online statt. Es existieren auf der Homepage
ausführliche Beschreibungen der Kurse und natürlich auch die Angabe der Vorlesungszeiten. Bei der
Beschreibung der Kurse spiegelt die erste Nummer nach der Kursbezeichnung das Studienjahr
wieder, in welchem der Kurs offiziell belegt werden sollte. Bei dem Kurs MGMT 1P96 beispielsweise
deutet die 1 darauf hin, dass an diesem Kurs sehr viele Erstsemestler teilnehmen. Ich habe meine
Kurse so gewählt, dass ich meine Interessen abdecken konnte. Im Allgemeinen ist das System an der
Brock University, und ich gehe davon aus in ganz Kanada, sehr viel verschulter als jenes in
Deutschland. Der Unterricht wird von sehr vielen Hausaufgaben in Form von Aufsätzen,
Präsentationen, Gruppen- und Projektarbeiten begleitet. Ich habe deshalb für jeden Kurs zwischen 5
und 15 Stunden pro Woche zu Hause arbeiten müssen. Die Anzahl der Studenten pro Kurs lag
zwischen 12 und 40 und hat somit ein gutes Lernklima ermöglicht. Die kleine Gruppengröße führt zu
einer Erwartung der regen Teilnahme am Unterricht. So floss die mündliche Beteiligung mit ca. 10%
in die Abschlussnote ein. Die anderen 90% setzen sich dann aus den Hausaufgaben- und den
Klausurnoten zusammen. In den meisten Fächern gab es eine Zwischenklausur (Mitte bis Ende
Oktober) und eine Abschlussklausur im Dezember. In den Vorlesungen die ich besucht habe, wurde
sehr viel Wert auf das Arbeiten in Gruppen gelegt. Dank dieser Lernmethodik wurden schnell
Freundschaften geschlossen und die Sprachkenntnisse erweitert.
3.2 Die speziellen Angebote für internationale Studenten
Das Office of International Service hat sich vorbildlich um alle internationale Studenten gekümmert
und mir wirklich das Gefühl gegeben, dass ich willkommen und besonders bin. Zudem haben sie in
regelmäßigen Abständen lohnenswerte Veranstaltungen organisiert. Ich habe nicht an allen
teilnehmen können, aber bei vielen Aktivitäten hätte man echt etwas verpasst. So kann ich zum
Beispiel das Christmas Banquet im Dezember sehr empfehlen. Die Stimmung, der Veranstaltungsort
und das Essen waren großartig und das Geld allemal wert. Aber auch bei Fragen und Problemen
konnte man sich an das Office wenden. Die Mitarbeiter haben sich ebenfalls über kurze Besuche,
verbunden mit ein wenig Smalltalk, sehr gefreut.
3.3 Das Sport - , Freizeit- und Kulturangebot
Die Brock University bietet ein vielseitiges Sportangebot an. Das in den Campus integrierte
Schwimmbad, die Sporthallen, das Fitnessstudio und die Indoor Laufbahn werden für dieses Angebot
genutzt, stehen aber den Studenten auch in ihrer Freizeit zur Verfügung. Ich habe also regelmäßig
von diesen Sporteinrichtungen Gebrauch gemacht. Es gibt an der Brock University auch einen
Theatersaal, in welchem regelmäßig Vorstellungen jeglicher Art stattfinden. Die hohen Eintrittspreise
schrecken allerdings ab, so dass ich nur ein Theaterstück gesehen habe. In der Freizeit spielt in
Kanada die Natur eine bedeutende Rolle. Um diese auch kennenzulernen kann ich die Aktivitäten des
Brock Outdoors Clubs sehr empfehlen. Fast wöchentlich bietet der von Studenten organisierte Verein
ein- oder mehrtägige Ausflüge an. Dabei werden sowohl Ziele in St. Catharines als auch weiter
entfernte Ziele anvisiert. Besonders schön und daher nur zu empfehlen ist der Algonquin Park. Dieser
Nationalpark wurde von dem Brock Outdoors Club mehrmals besucht und ist ein einzigartiges
Paradies. Ob als Wanderer oder Kanufahrer, in diesem Park wird die Schönheit der Natur Kanadas
ganz deutlich.
Aufgrund der Nähe von St. Catharines zu Toronto und den regelmäßig angebotenen Busfahren
zwischen diesen beiden Städten, habe ich die größte Stadt Kanadas häufig besucht. Dort habe ich
Museen besichtigt und mir Konzerte angehört. Auch zum Ausgehen bietet diese Stadt viele
Möglichkeiten. Von hier aus fahren ebenfalls Reisebusse nach New York, die wirklich komfortabel
sind und eine echte Alternative zum Fliegen darstellen. Desweiteren befindet sich St. Catharines nur
zehn Autominuten von den Niagarafällen entfernt. Dieses Naturschauspiel ist großartig!
3.4 Das öffentliche Verkehrssystem
Das öffentliche Verkehrsnetz in St. Catharines ist sehr übersichtlich. Die Busse fahren häufig nur im
dreißig Minutentakt und beenden ihren Service Abends um ca. 23 Uhr. Danach müssen dann alle
Einwohner auf das eigene Auto oder die Taxis umsteigen. Ein Lob muss ich an dieser Stelle aber doch
noch äußern: Die Busfahrer/ -innen waren stets gut gelaunt und die freundlichen Stimmen vermisse
ich bereits jetzt schon. Das Ticket für das öffentliche Verkehrssystem ist in den Studiengebühren der
Universität enthalten.
4. Die Situation nach der Rückkehr
Das Semester in Kanada endete im Dezember, so dass ich am 23.12.2014 wieder nach Deutschland
geflogen bin. Ich habe in meinem Auslandssemster viele neue Erfahrungen gesammelt und
spannende Eindrücke erhalten. Vieles wird wahrscheinlich erst in den nächsten Wochen mein
Bewusstsein erreichen, aber einige Dinge sind mir bereits ganz deutlich geworden. So fielen mir
besonders die vielen verschiedenen Kulturen in Kanada auf, die dieses Land extrem vielseitig
erscheinen lassen. Interessant war es auch ein ganz anderes Bildungssystem kennenzulernen in dem
Vorlesungen eine Art Dienstleistung darstellen. Die Studenten bezahlen für ihre Bildung und
Professoren erscheinen als Dienstleister. Ich möchte auch die Erfahrung nicht missen, stundenlang
mit dem Mietwagen über menschenleere Straßen zu fahren, um dann am Ende der Reise eine
hübsche kleine Stadt zu entdecken. Ich habe während meiner Zeit tolle Menschen getroffen und
neue Freundschaften geschlossen und ganz nebenbei meine Englischkenntnisse verbessert. Es war
immer wieder spannend im alltäglichen Leben seine eigene Kultur quasi neu zu entdecken und zu
teilen.

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