- Alpinschule Drei Zinnen

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- Alpinschule Drei Zinnen
Titelstory Dolomiten
Titelstory
Dolomiten
Ganz bei
Zinnen
Sie schaffen locker Top-Platzierungen unter den schönsten
Bergen weltweit. Sie sind Traumziele für Kletterer und
Wanderer. Und sie feiern diesen Herbst drei Jubiläen
wichtiger Erstbegehungen – die Drei Zinnen. Höchste Zeit,
wieder einmal hinzufahren.
T & F Dietmar Denger
Ausbalanciert: die Drei
Zinnen im Morgenlicht,
fotografiert am Weg
zum Toblinger Knoten.
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Das Welterbe
ist wieder ein
gen haben die Große Zinne längst unter die magische Marke von
steigen vom Parkplatz an der Auronzo-Hütte über
Stück kleiner
3000 Metern abgetragen: Alte Karten vermerken 3006 Meter, seit
die kleine Passhöhe des Paternsattels herauf. Von
geworden. Im ersten Tageslicht hatte sich eine Gewitterwolke wie
einem Felssturz ist bei 2999 Meter Schluss – sieht man aber nicht!
dort blickt man zum ersten Mal auf die gewaltigen
ein riesiger, schwarz gefärbter Wattebausch auf die Große Zinne
Nordwände. „Viele gehen nur bis dort, einige Ko-
Kein
Klimpern
mit
Klemmkeilen.
Tschechien. Und dazwischen Gero Nischik.
Der hagere junge Mann fällt auf mit seinem
Hut und dem langen Hipster-Bart. Wie sich
herausstellt, ist der kultige Gesichtsbewuchs
herabgesenkt. Es blitzte und der Donner ließ die Drei-Zinnen-Hüt-
6.30 Uhr. In der leeren Gaststube ist Hüttenwirt Hugo Reider
te vibrieren, das Dröhnen hallte vom Paternkofel zurück und prallte
die Erosion egal. Er wühlt sich an einem Tisch durch Rechnungen
mit voller Wucht auf die Nordwände. Dann goss es wie aus Eimern.
und Formulare. Und seufzt durch seinen dicken, grauen Bart. „Ach
7.00 Uhr. Lange vorher tapsen die ersten Hüt-
herrje!“ Das klingt eher lustig. Wie bei Willi, dem Freund von Biene
tengäste die Treppe hinab. Das Gewitter mag
5.00 Uhr. Oben am Gipfel, noch ein paar Meter über dem eiser-
Maja, dem man seine Anwandlungen von Verzagtheit auch irgend-
manche bereits früh geweckt haben, trotzdem war es bis jetzt auffäl-
Spontan fällt einem eher „Wahnsinniger“ ein – aber ein netter
nen Kreuz, konnte sich ein einziger Tropfen inmitten des Gewit-
wie nie abnahm. Und ist auch so gemeint: „Nicht falsch verstehen,
lig ruhig in der Hütte mit ihren immerhin 100 Lagerplätzen und 40
Wahnsinniger: 161 Etappen, hat er ausgerechnet, wird er für die
tersturms am Fels festklammern. Nur wenige Sekunden lang. Doch
Hüttenwirt ist ein toller Job“, erklärt Hugo auch gleich. „Nur die
Betten. Kein Klimpern mit Klemmkeilen, Friends und Karabinern
rote „Via Alpina“ brauchen. Auch eine Möglichkeit, seine Zeit nach
Zeit genug, ein paar Moleküle aus dem grauen Kalkstein zu lösen
Bürokratie wird immer schlimmer.“ Das habe mit der EU zu tun,
zur Morgendämmerung. Der jetzige Bau von 1935 war allenfalls an-
dem Geographie-Studium zu verbringen. „Von Triest nach Mona-
und dann fix mit seiner Beute im nächsten Riss zu verschwinden.
mit Südtirol als autonomer Provinz von Italien. Italien wiederum …
fangs noch Basis für Kletterer, erklärt Hugo: „Selbst die Nordwand
co, 2495 Kilometer, 170 000 Höhenmeter.“ Und so begeistert, wie
So schnell der Regen kam, so rasch ging er. Wie von einer Riesen-
sprechen wir lieber über etwas Schönes!
an der Großen Zinne ist für die Cracks heute eine Sache von ein
er diese Daten wohl nicht zum ersten Mal rekapituliert, wirkt er wie
hand über den Paternsattel geschoben, verschwanden die Wolken.
60 Jahre alt ist Hugo gerade geworden. Im Winter arbeitet er als
paar Stunden. Die fahren morgens hoch, machen ihr Ding und sind
ein Trekking-Missionar. Viele werden ihm auf seiner Mission wohl
Als ginge der Vorhang vor den gigantischen Nordwänden auf für
Rechtsanwalt. Im Sommer ist er auf der Drei-Zinnen-Hütte – seit
abends wieder zu Hause.“ Die Hütte ist überwiegend gemütliches
nicht folgen. „Bislang habe ich erst drei Leute getroffen, die den
ein spektakuläres Schauspiel der Natur: Sonnenaufgang an den Drei
60 Jahren! Es gibt also kaum einen besseren Gesprächspartner,
Wanderziel und Basis für Klettersteiggeher. Von den alten Zeiten
Weg auch gehen.“ Ach was!
Zinnen.
wenn es um Veränderungen rund um die Zinnen geht. „Viel in-
künden allenfalls die Schwarz-Weiß-Fotos an den Wänden der bei-
reaner aber bis zur Hütte – mit Sonnenschirm!“
reiner Pragmatismus. Denn Gero ist ein halbes
Jahr lang in den Bergen unterwegs. Da braucht
man keine Rasur. Rein sachlich betrachtet,
müsste man ihn als Weitwanderer bezeichnen.
Vielleicht stimmt die Anekdote mit dem Tropfen gar nicht.
ternationaler ist es geworden“, stellt er fest. „Tschechen, Polen
den Stuben. Dafür geht es um 7.30 Uhr rund – in erfrischendem
8.00 Uhr. Nicht nur Gero macht sich auf die Socken. Vor der
Aber sie könnte stimmen. Schließlich gehören die Dolomiten
und Ungarn kommen schon länger. Jetzt aber immer mehr Rus-
Sprachgewirr. Junge Familien nehmen Platz, eine Schülergruppe
Türe wuselige Aufbruchstimmung. Klettersteig-Sets werden in
zu einer der aktivsten Abbruchhalden der Natur. Frost und Re-
sen, Amerikaner, Japaner. Und Chinesen oder Koreaner.“ Fast alle
aus den USA, viele Pärchen, ein älterer Japaner, eine Clique aus
Rucksäcke gestopft. Die Hausberge der Hütte, der plumpe Tob-
Seen sehen: die Zinnenseen nahe der Drei-Zinnen-Hütte.
Auch nach 60 Jahren gibt es für Hüttenwirt Hugo noch Neues zu entdecken.
Zwölferkofel
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Drei Zinnen, eine Line:
Sportstudent und
Sommeraushilfe
Daniel beim Slacklinen vor Traumkulisse.
Wo Festhalten zu
Fanatismus
wurde: Schützen­gräben
auf dem Weg zur
Oberbachernspitze.
linger Knoten und der steile Paternkofel, der mit seinen Spitzen
und Türmchen an eine gotische Kathedrale erinnert, bieten beliebte
Klettersteige. Nicht nur wegen der Aussicht: Teils führen sie über
restaurierte alte Steige aus dem Ersten Weltkrieg, am Paternkofel
sogar durch einen Stollen.
Ganz so hoch hinaus wollen Stephanie und Daniel heute nicht. Die
beiden Sommer-Aushilfen genießen die paar ruhigen Stunden, bis
ab Mittag wieder die Tagesgäste einfallen. Daniel, Sportstudent aus
Sillian, hat vor dem kleinen Nebengebäude mit den Lagern seine
Slackline gespannt. Eine tolle Kulisse beim Zeitvertreib: Im Süden
die Zinnen in der Morgensonne, im Osten der gewaltige Zwölferkofel im Gegenlicht. Von hier sieht er aus wie der Half Dome im
Yosemite-Tal, findet Stephanie. „Ich bin schon im Yosemite geklet-
Auf Spurensuche: Steffie Rogger von der Büllelejochhütte
studiert die alten Bergnamen.
tert, herrlich!“ Die Floristin aus dem Pustertal ist Aussteigerin auf
Zeit. Irgendwann hat sie den Rucksack gepackt und ist ein halbes
Jahr durch Kanada und die USA gereist. Jetzt verdient sie sich auf
Buch alte Bergnamen von Belluno. Bald macht sie in Innsbruck ih-
der Hütte das Geld für ihren nächsten Trip: „Nach Südamerika
ren Abschluss. „Die Menschen begreifen oft nicht, dass Wandel ein
oder Nepal.“ In den ruhigen Vormittagsstunden liest sie schon
steter Prozess ist. Jede Tracht und Tradition war irgendwann das
mal Reiseführer, geht klettern oder läuft ihre Lieblingstour hinauf
Ergebnis mutiger Veränderungen. Warum also krampfhaft daran
zur Büllelejochhütte. „Da musst du auch hoch, total nett, und von
festhalten?“
der Hütte noch schnell rauf zur Oberbachernspitze, die Aussicht
Oberhalb der Hütte sieht man noch die Reste aus einer Zeit, in der
ist gigantisch!“
Festhalten zu Fanatismus wurde: Der halbstündige Weg hinauf
zur Oberbachernspitze (2675 Meter) führt durch Schützengräben,
10.00 Uhr. Auf der Büllelejoch-Hütte (2528 Meter) ist es in der
vorbei an den Ruinen steinerner Stellungen und durch einen mat-
Tat sehr nett! Im Gegensatz zur großen Drei-Zinnen-Hütte, die
schigen Stollen der Dolomitenfront. Fast hundert Jahre danach
der Club Alpino Italiano – um es höflich zu sagen – vergessen hat zu
ist noch Beklemmung zu spüren beim Gedanken an das irrsinnige
renovieren, duftet es in der gemütlichen kleinen Flucht am Büllele-
Sterben in der Traumkulisse. Der Nebel am Gipfel passt da gut zur
joch nach frischem Holz. Mit 13 Lagerplätzen erinnert das Refugi-
Stimmung.
um irgendwie an eine Studenten-WG. Hüttenwirtin Gretie studiert
schließlich Psychologie, Tochter Stefanie Linguistik. Wenn man
12.45 Uhr. 400 Meter tiefer findet Markus Kantioler einen
bis jetzt schon überrascht war, wie jung und bunt es um die Zinnen
Schatz! Kurz vor der Langalm im oberen Rienztal hätte ich ihn
zugeht, trifft man in Steffie Rogger eine Art Botschafterin der neu-
fast übersehen in seinem beigen Hemd auf mausgrauem Geröll.
en Zeiten. Mit pinker Sonnenbrille, Nasenring und buntem Tuch
„Ein Leinkraut“, ruft der Ranger vom Naturpark Drei Zinnen, fast
hatte ich sie für einen Gast aus der Stadt gehalten, vielleicht aus
am Boden liegend, „was ganz Besonderes!“ Die Natur rund um das
Mailand. „Wir leben im Hier und Jetzt, darum würde ich auch nie
UNESCO-Weltnaturerbe Drei Zinnen zu schützen, ist die Aufgabe
ein Dirndl anziehen“, sagt Steffie. Sie liebt und lebt Veränderungen
von Kantioler und seinen Kollegen. „Aber nicht nur. Wir wollen
nicht nur, sondern forscht auch dazu. Gerade büffelt sie in einem
auf Führungen auch dafür sorgen, dass die Leute besser verstehen,
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Hand angelegt: Stephanie Lauton, Aushilfe auf der Drei-Zinnen-Hütte, nutzt beim Bouldern am Toblinger Knoten die gästefreie
Stunde. Bergführer Hannes Pfeifhofer und Christian Sordo (rechts) zeigen (ein bisschen), was sie können.
Verschnaufpause: Martina Tschurtschenthaler auf der Langalm.
warum die Landschaft hier so schützenswert ist.“ Dabei lernt man
Von der Langalm aus führt ein traumhaft schöner Weg an den
beispielsweise das Leinkraut kennen und erfährt, dass sich sogar
Nordwänden entlang auf den Weg vom Paternsattel und zur
ein kleines Kriechgewächs prima an Veränderungen in den Bergen
Drei-Zinnen-Hütte. Um 16 Uhr bin ich wieder dort. Die Tages-
anpassen kann. „Wenn sich die Oberfläche bewegt, ausgelöst etwa
gäste auch. Hunderte! Ein derart internationales Publikum gibt’s
durch starke Regenfälle, wächst die Pflanze einfach mit und verlän-
im Alpenraum sonst nur in Chamonix, Salzburg und an der Kasse
gert ihre Wurzeln.“ Ich bin offensichtlich nicht der Einzige, der das
von Schloss Neuschwanstein. Doch nervig ist es nicht. Der Auflauf
spannend findet. „Das Interesse an der Natur wächst spürbar. Und
gleicht ein wenig einem Happening, einem Alpen-Woodstock, bei
zum Glück sind die Leute heute auch viel sensibler geworden“, freut
dem alle vereint in Verzückung geraten beim Anblick der drei fel-
sich der junge Ranger.
sigen Stars. So schön sind diese Drei Zinnen, dass man gern an das
Gute in der Welt glauben mag. Vielleicht legen deshalb viele auf
14.00 Uhr. Einen sensiblen Umgang mit der Natur, ja mit dem
dem weiten Kalk-Plateau vor der Hütte ihre Namen aus Steinen.
ganzen Kosmos, schreibt sich auch die Langalm auf die Fahnen.
Oder ein Peace-Zeichen. Oder ein Herz, das ein bezauberndes altes
„Om mani padme hum“, das Lieblings-Mantra der Tibeter, wird
Pärchen aus den weißen Steinchen formt. Ein paar freche US-Gö-
von den Gebetsfahnen über der Gästeterrasse hinauf zur West-
ren haben sich stattdessen für einen Riesenpenis entschieden. Viele
lichen Zinne getragen „Die Philosophie dahinter tut auch uns in
Besucher haben derweil schon den Rückweg angetreten. Wie eine
den Alpen gut“, findet Martina, Schwiegertochter in spe. Ziemlich
Ameisenstraße sieht der Trek am Fuß des Paternkofels aus.
„kuhl“, diese Alm. Martina serviert heute in Lederhose und KletterShirt hausgemachten Kuchen und allerlei Gutes aus der Milch ihrer
17.00 Uhr. Jetzt kommen die Experten. Mit dem Bergwacht-
Alm-Kühe. Zwischendurch gönnt sie sich eine kleine Pause, löffelt
Landrover rumpeln Hannes Pfeifhofer und Christian Sordo die
Joghurt und träumt von neuen Kletterrouten an den Zinnen, die vor
sandige Piste zur Drei-Zinnen-Hütte herauf. Die beiden Berg-
der hübschen kleinen Alm gewaltig in den Himmel ragen.
führer zählen zu den besten Alpin-Kletterern Südtirols, wie
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Keine Fata Morgana:
So schnell wie diese
Regenpfütze entstanden ist, versickert sie
auch wieder im Boden.
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Reiner Kauschke im Gespräch
Große Zinne
Kaum jemand hat sich an den Drei Zinnen
so abgearbeitet wie Reiner Kauschke. 1963
verbrachte er mit Peter Siegert und Gerd Uhner
17 Tage anlässlich der Begehung ihrer WinterDirettissima in der Nordwand der Großen Zinne
– bei bis zu 30 Grad unter Null. Kauschke, der
im August 75 Jahre alt wurde, ist Legende.
Herr Kauschke, wann …
Ich bin der Reiner!
Reiner, wie lang liegt die letzte Tour auf
die Große Zinne zurück?
Zwei Tage.
gestellt. War das ein anderes Klettern
damals?
Naja, wir hatten zumindest unsere Taschenlampen, um uns zu verständigen. Aber klar
ist: Zu meiner Zeit bist du losgegangen mit
dem Wissen, dass nichts passieren darf.
Beneidest du die neue Klettergeneration
von heute?
Ja und nein. Es ist schon unglaublich, was
heute geleistet wird. Andererseits, wenn ich
an die Verpflichtungen etwa durch Sponsoren denke, dann denke ich daran, dass wir
wirklich nur zum Spaß unterwegs waren. Wir
hatten ganz normale Jobs. Als ich zu der
Zeit nach Südtirol zog, habe ich Blitzableiter
installiert, später gründete
ich in Toblach eine Familie.
Klettern war Kontrast, war
Freiheit.
››Hin und wieder
muss ich hoch, um
glücklich zu sein.‹‹
Du fährst gern Rad, habe
ich gehört?
Auch so eine Leidenschaft,
die von damals geblieben ist. Ende der 50er,
ich wohnte in Stuttgart, fuhren wir zum Klettern in die Dolomiten mit dem Rad. 1959
ging es auch mal etwas weiter, von Stuttgart
bis Johannesburg, einmal durch Afrika.
Reiner Kauschke, Zinnen-Veteran
Wie bitte?
Ja, ich war allein oben, aber nur auf dem
Normalweg. Ich weiß nicht, wie oft ich schon
raufgestiegen bin. Irgendwann habe ich aufgehört zu zählen. Aber von all den Bergen,
auf denen ich stand, ist mir die Große Zinne
der liebste. Es ist ganz seltsam, vielleicht ist
es wirklich der Berg meines Lebens.
Da lang. Und da. Und da. Am Paternsattel.
ich erfahre. Tagsüber waren sie auf Tour in Cortina, jetzt ho-
Wenn sie schon mal da sind, möchte ich die zwei auch klettern se-
len sie noch schnell eine Wanderin mit Knieproblemen ab.
hen. Und so steigen sie schnell mal eine Seillänge am Toblinger
Schon erstaunlich, was die neue Klettergeneration so alles in einen
Knoten und eine hoch zum „Würstl“, wie die eigentümlich dürre
Tag packen kann. Auch an jenen Klassikern, deren Erstbegehungen
Felsnadel am Fuß des Paternkofels genannt wird. Das Klettern sieht
im September im Hochpustertal gefeiert werden: Die Durchstei-
bei den Beiden so relaxed aus wie Wassertreten im Kneipp-Bad.
gung der Westwand, mit der Hans Dülfer vor 100 Jahren von sich
reden machte; die wilde Linie durch die Nordwand der Großen
18.00 Uhr. Ab jetzt ist Essenszeit. Es wird mit einem Mal unwirk-
Zinne, mit der Emilio Comici vor 80 Jahren Klettergeschichte
lich ruhig vor der Hütte. Wer will, hat die Traumberge um 22 Uhr
schrieb oder die Winter-Direttissima von Reiner Kauschke (s. In-
gar ganz für sich allein. Man muss nur vor die Tür gehen. Unter
terview rechts). Heute alles eine Sache von Stunden! Die Comici-
dem aufsteigenden Vollmond heben sich die Nordwände ab wie die
Route etwa machte Christian schon als 13-Jähriger mit seinem On-
Schattenrisse von Riesen. Kein Mucks ist zu hören, nur zwischen-
kel Herbert – Bergführer in der Alpinschule Dreizinnen in Sexten,
durch zischelt der Bergwind zwischen den Rissen im Kalk bei sei-
so wie er und Hannes. Und Hannes räumt auch optisch radikal mit
nem Weg hinab ins Rienztal. Müsste man jetzt unterm Sternenhim-
den letzten Bergführer-Stereotypen auf. Beim Anlegen der Ausrü-
mel die schönsten Berge der Welt wählen, wäre die Entscheidung
stung muss er schon mal aufpassen, dass er seine Dreadlocks nicht
eine Herzenssache – und ganz einfach!
@
im Hüftgurt einklemmt. Gerade hat er mit Freunden eine Erstbegehung in der Nordwand der Großen Zinne gemacht: „Ohne Rauch
stirbst du auch“, eine wilde Zickzacklinie im VI., VII. Schwierigkeitsgrad. In der ersten Seillänge gar VIII+. An den Zinnen sind
Hannes und Christian bis hin zum X. Grad unterwegs und führen
die Kunden nach Wunsch in ein paar Stunden durch jeden Klassiker.
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Weitere Bilder aus der Traumlandschaft Drei Zinnen unter
www.bit.ly/Titelstory_Zinnen
Heute ist man auch umfassend vernetzt
per Handy. Ihr wart ganz allein auf euch
Was sind deine nächsten Pläne?
Heute helfe ich einem Freund beim Unkrautzupfen. Und morgen besuche ich meine
Tochter, die wohnt 60 Kilometer entfernt im
Eisacktal. Natürlich mit dem Rad.
Es stand einmal
in ALPIN: Mehr
über die Drei
Zinnen in unserer
historischen
Sonderbeilage.
Alpin Tipp
Hans Dülfer durch die Westwand
– das war vor 100 Jahren. Emilio
Comici durch die Nordwand –
das war vor 80 Jahren. Reiner
Kauschke im Winter auf die
Große Zinne – das war vor 50
Jahren: Drei gute Gründe, diese
drei alpinistischen Meilensteine
zu feiern. Von 20. – 22. September feiert das Hochpustertal
seine Bergsteiger-Pioniere. Es
werden Filme gezeigt, Alex Huber
spricht über seine spektakulären
Zinnen-Routen und AlpinChefredakteur Bene Benedikt
moderiert eine Diskussion über
die Kletterethik an den Zinnen.
Es werden die Jubiläumsrouten
geklettert, und gegessen wird
auch. Anmeldung und weitere
Informationen beim Tourismusverein Sexten oder Toblach,
[email protected], Tel. +39 0474
710 310, [email protected],
Tel. +39 0474 972 132.
Alle Infos zu den Drei Zinnen finden Sie ab Seite 40. å
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