Auf den Spuren des Hl. Jakobus
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Auf den Spuren des Hl. Jakobus
Auf den Spuren des Hl. Jakobus Seit mehr als 20 Jahren kennen & schätzen wir uns und hatten alle unsere Anfänge bei den Rosbacher Ministranten - erst als Mini und später als Maxis in der Verantwortung. Aus dieser gemeinsamen Arbeit hat sich eine besondere Freundschaft entwickelt, die wir als Alexander Safaric, Benjamin Kammerich, Martin Trojca & Bernhard Woopen immer noch pflegen. Doch gerade in Zeiten von immer mehr Verantwortung im Beruf, sowie Verpflichtungen daheim, wird es immer schwieriger sich regelmäßig zu sehen. Aus diesem Grunde begeben wir uns Jahr für Jahr auf Pilgerreise. So fuhren wir im Jahr 2011 nach Israel, 2012 erkundeten wir die Schätze Polens mit Tschenstochau u.v.m., 2013 ging es im Sommer ab zum WJT nach Rio und im Herbst mit den Rosbacher Maxis auf den Weg nach Rom zu einer Studienreise. Letztes Jahr stand eine Rundfahrt mit Assisi, Florenz & Pisa auf dem Plan. Nach diesen vielfältigen Fahrten haben wir uns letztes Jahr darauf verständigt, in diesem Jahr über den Tag der deutschen Einheit den „Jakobsweg“ zu pilgern. Da jeder über wenig Urlaubstage verfügt, aber Santiago de Compostela unbedingt sehen wollte, entschieden wir uns, die letzte Etappe (ca. 115 km) fußläufig zu bestreiten und Santiago nach 4 Tagen Marsch zu erreichen. Es begann am Do., 01.10.2015! Wir versammelten uns pünktlich am Flughafen Frankfurt-Hahn, von wo aus wir per Ryanair nach Santiago flogen. In Santiago angekommen, brachte uns ein Taxi bis kurz vor Sarria in unsere erste Unterkunft, die wir aufgrund unserer späten Anreise schon im Internet gebucht haben. Kaum angekommen, spürten wir von da an diese unglaubliche Herzlichkeit der Einheimischen. Da die Küchen in der nahen Umgebung schon alle kalt waren, aber wir vier großen Jungs noch Hunger hatten, war es für die Herbergsmutter selbstverständlich uns in ihrem SEAT gerade in die Innenstadt zu fahren, um dort noch Essen zu bekommen. Das von ihr empfohlene Lokal stellte sich tatsächlich als ein Geheimtipp heraus, denn selbst in den späten Abendstunden war dieses Restaurant gut besucht. Gut gestärkt ging es dann wieder zurück in die Unterkunft. An Tag 2 wurde es ernst; erste von vier Etappen stand auf dem Plan mit insgesamt 31 km. Für gewöhnlich haben wir bei unseren Pilgerreisen Anfang Oktober immer Glück mit dem Wetter. Allerdings kündigte sich hier ein Unwetter zum Ende unserer Wanderung an, weshalb wir an den ersten beiden Tagen möglichst viel wandern wollten, um am Montag, 05.10.2015 in Santiago anzukommen. Am Morgen schon eine weitere Überraschung – wir wurden vertraut mit der wahnsinnigen Rücksichtsnahme aller Pilger auf dem Jakobsweg. Das sehr reichhaltige Frühstück stand in einem Frühstücksraum zur Verfügung, in dem sich Pilger selbst bedienen konnten. Das Schöne war, dass unsere Mitpilger im Haus, die schon um 07.00 Uhr aufbrachen, ihr Geschirr in die Spülmaschine einräumten und frischen Kaffee aufschütteten. Ähnlich sauber hinterließen auch wir nach einer guten Stärkung den Frühstücksraum und machten uns mit „Sack & Pack“ (jeder mit ca. 10% seines Körpergewichts auf den Schultern) auf den Weg. Trotz Dunkelheit am frühen Morgen waren schon ungemein viele mit der „Jakobsmuschel“ auf dem Rucksack unterwegs. Gegen 09.30 Uhr klarte es dann auf und man kam bei angenehmen Temperaturen in den Genuss der Landschaft. Wir durchschritten viele kleine Gäschen in Dörfern, so dass wir uns teils wie in Windeck fühlten. Vor allem unsere beiden „Eicher Jungs“ fühlten sich zwischen den vielen Traktoren & Kühen auf den Weiden sehr wohl. Generell ist der Jakobsweg landschaftlich ein Genuss, bei dem man die Ruhe genießen kann, sowie die Herzlichkeit der Mitpilger spürt, die sich gegenseitig einen „Buen Camino“ (Guten Weg) wünschen. Zudem gibt es immer mal Gruppen- oder Einzelpilger, mit denen man auf dem Weg ins Gespräch kommt. Eins ist zum Ende des Tages für jeden von uns spürbar. Das angegebene Höhenprofil im Wanderbuch beschreibt nicht wirklich das bergige Terrain. Die Strecken sind generell sehr gut begehbar, teils Kies, teils Wald, hier & da aber auch schon asphaltiert. „Casa Molar“ in Ventas de Naron war dann unsere zweite Unterkunft. An der Stelle der Ankunft haben sich alle ein „grande“ (großes) Radler verdient, was im weiteren Verlauf zu einem Ritual wurde. Bei diesem Kaltgetränk genossen wir den Sonnenuntergang auf der Anhöhe, um uns anschließend im Bad frisch zu machen. Obwohl wir lediglich 2 Duschen & Toiletten hatten, bemühten sich alle 20 Pilger im Haus kein Hindernis für die anderen zu sein, so dass gegen frühen Abend gemeinsam gegessen werden konnte. Da wir in Sarria alla card gegessen haben, waren wir nun gespannt, was uns für 9€ im Pilgermenü erwartet. Aber es war nicht nur reichlich, sondern auch wirklich sehr lecker. Die Dame des Hauses servierte zum ersten Gang Spaghetti, zum Hauptgang konnte man zwischen Fisch und Fleisch mit Beilage wählen und beim Dessert fühlten wir uns alle an unsere Kindheit erinnert - „Vignetta“-Eis. Neben all dem Essen gab es auch noch für je 2 Personen eine Flasche Wein, bei der es angesichts der Gesprächigkeit anderer Mitpilger nicht blieb, so dass sich zügig die Tische neu formierten und wir junge Leute aus Australien kennen lernten. Diese waren mit einer internationalen Gruppe unterwegs, die sich erst im Verlauf des Jakobsweg kennen lernten und ab dann Tag für Tag gemeinsam die Herbergen aufgesucht haben. Nach einer mehr oder weniger erholsamen Nacht ging es dann am frühen Morgen auf die längste Etappe – 37 km kamen bei klarem Himmel zusammen, um am späten Nachmittag Castaneda zu erreichen. Nach leckerem Frühstück und lockerem Dehnen ging es im Morgengrauen Schritt für Schritt näher unserem Ziel. Unglaublich kommt es einem vor, welche Strecke man zurück legt, wenn man sich in einem fesselnden Gespräch befindet. Da wir 4 Jungs uns lange nicht mehr gesehen haben und nun ganz viel Zeit hatten, kamen alle Themen auf den Tisch bzw. auf die Strecke. ;D Neben den Gesprächen sind die Phasen, in denen man zwischendurch auch mal alleine geht, von großer Bedeutung. Diese innere Ruhe, in der man den Alltag hinter sich lassen kann, einfach nur himmlisch! Selbstverständlich denkt man auch über all seine mitgebrachten Sorgen nach. Manchmal kommt man zu einem Entschluss, manchmal holt man sich Rat, manchmal nimmt man sich etwas vor. Das ist einer der vielen Momente, die den Jakobsweg so besonders machen. Die täglich eigens vorbereiteten Impulse stärkten uns auf dem Weg und gaben uns Kraft & Zuversicht. Die gesungenen Lieder, sowie der tägliche Rosenkranz gaben uns ein unglaubliches Gefühl der Gemeinschaft. Es ist einfach nur herrlich, unter Gleichgesinnten unterwegs zu sein und das gleiche Verständnis vom Glauben zu haben. Trotz der ersten Blasen, die sich ankündigten, waren wir Gott allzeit nahe. Schade nur, dass so viele Kapellen & Kirchen auf dem Wegesrand von uns geschlossen aufgefunden wurden. Wie wir später in Santiago erfuhren, handelt es sich oftmals um Vandalismus oder Diebestrieb, die wohl regional für viel Unheil sorgten, so dass viele Pforten geschlossen bleiben. Trotz allem fanden wir in Palas de Rei eine Kirche, die ihre Tore offen hatte und wir stellten fest, dass wir in der Mittagszeit nicht die Einzigen waren, die diese Gelegenheit nutzten wollten, um im Gebet an die zu denken, die wir daheim gelassen haben. Diese Kirche wird am Ausgang von dem Küster bewacht, der es sich auch nicht nehmen lässt, die Pilgerausweise eigenständig zu stempeln. Neben dem Pilgerausweis, den wir über die „Jakobusfreunde Paderborn“ besorgt haben, sollte jeder allzeit seinen Personalausweis griffbereit haben. Bei Betreten einer Unterkunft unterliegen die Herbergsbesitzer der Meldepflicht und füllten somit für jeden Pilger einen Meldebogen aus. Auch nach unserer längsten Etappe sind wir in Castaneda oben auf dem Berg in der familiären Unterkunft „Casa Santiago“ angekommen. Trotz bestem Schuhwerk wurden die Blasen nun nicht weniger und auch wenn mehr als die Hälfte der Strecke schon geschafft war, so begleitete einen jeden von uns ein Wehwehchen. Begleitet von dem Herbergsvater, der sich gefreut hat, seine Deutschkenntnisse bei uns einzusetzen, aßen wir auch hier sehr deftig & preiswert. Zudem haben wir die Möglichkeit unsere Wäsche zu waschen und anschließend maschinell zu trocknen, was hier anlässlich kalter Mauern & kalt gebliebener Heizkörper sein Geld wert ist. Dafür verfügt jede Herberge über Warmwasser, so dass die abendliche Dusche zum Genuss wird! Meist stehen auch Bettwäsche und Handtücher zur Verfügung, obwohl man sich darauf beim Packen des Reiserucksacks nicht verlassen sollte. Nach dem leckeren Abendessen und einem Blick auf die Karte sind es von Castaneda nur noch 45 km bis Santiago. Jedoch lässt die Wettervorhersage nichts Gutes verheißen. Ein großes Unwetter zieht von Südfrankreich in Richtung Santiago und wir sind mittendrin. Laut Vorhersage ist der morgige Vormittag komplett nass, bevor es gegen 14.00 Uhr wieder aufklaren soll. Mit einem etwas mulmigen Gefühl geht es zu Bett, in der Hoffnung, dass es morgen nicht ganz so schlimm wird ... Nach gemütlichem Frühstück konnte nun unsere Funktionskleidung zum ersten Mal unter Beweis stellen, wie witterungstauglich diese ist. Nach 2 Stunden Regen sind wir alle noch relativ unbeschadet in der Kirche in Arzua zur Hl. Messe angekommen. Es ist schön, mit anzusehen, wie sich langsam die Kirche füllt. Die Kokis aus der Gruppenstunde kommen und Platz nehmen, eine Solistin sich mit Gitarre in Position bringt, um vor der Messe zwei Lieder mit den Kindern einzuüben. Eins ist aber festzustellen, alle wissen um das Wetter draußen und bewundern uns, dass wir uns trotzdem auf den Weg gemacht haben und nun mit ihnen die Messe feiern. Eine Gläubige kommt zu uns und überreicht uns selbst geschnitzte Kreuze, mit der Bitte für sie zu beten. Bei Messstart begrüßt der Pfarrer neben seinen Gläubigen auch uns als Pilger und heißt uns nach kurzem „Small-Talk“ über das Mikro herzlich Willkommen in seiner Gemeinde. Nach der Messe kommt es noch zu der einen oder anderen Begegnung, bevor es im Anschluss weiter auf dem „Camino“ geht. Der Regen ist der Sonne gewichen, so dass wir nun schnell trocknen und strammen Schrittes weitergehen können. Auch wenn nach jeder Pause die bisherigen km spürbar sind, überwindet jeder seinen inneren Schweinehund, weil wir als Gruppe in Santiago einlaufen möchten. Nun, da absehbar war, dass wir bei dem Wetter unser Etappenziel erreichen, lassen wir in der kommenden Bar in der empfohlenen Unterkunft anrufen, um unsere Betten zu reservieren, weil wir erst gegen 18.00 Uhr das Städtchen Arca Pedrouzo erreichen werden. In der Hochsaison (MaiAugust) ist es üblich, dass die Pilger schon ab 14.00 Uhr in den Unterkünften sind, um sich ihre Betten zu sichern. Generell ist es empfehlenswert, gemeinsam mit dem Pilgerausweis sich ein Unterkunftsverzeichnis mitzubestellen, weil das anlässlich der Pilgerkommentare zu den Unterkünften Gold wert sein kann. So ist dort auch vermerkt, welche Unterkünfte sonntags geschlossen sind. Nach diesen Rezensionen haben wir auch unsere Unterkünfte ausgewählt und hatten jedes Mal wirklich ins Schwarze getroffen. Generell ist die Herzlichkeit & Ehrlichkeit der Herbergsbesitzer etwas ganz Besonderes, weil man sich immer geborgen fühlt, obwohl man täglich an einer anderer Stelle nächtigt. Nur noch 20 km – Santiago vor Augen, aber die Wehwehchen werden immer größer und das Wetterradar besagt leider auch nichts Gutes. Aber wir hoffen auf ein wenig Glück, wie am heutigen Tage, an dem es nach der Messe aufgehört hat zu regnen … Nach einer guten Nacht ließ der Blick beim Frühstück aus dem Fenster schon erahnen, was auf uns zukommt. 50l/m² Regen und eine heftige Windböen, aber wir bauen auf Gottvertrauen und wollen am Nachmittag in Santiago im gebuchten Hotel (als Belohnung) sein und n.M. noch die 19.30 Uhr Abendmesse geduscht in der Kathedrale miterleben. Doch bis dahin mussten wir noch Bäche überwinden, die vorher Wege darstellten. Kanaldeckel, die aufgrund der Wassermassen hoch stiegen, Bäume die sich furchterregend hin und her bewegten. Dazu kommt weit und breit keine Unterstellmöglichkeit! Als dann eine in Sicht war, strömten alle dorthin, total durchnässt und trotzdem warfen uns alle diese Fröhlichkeit, diese innere Wärme zu, die all den Regen zumindest ein wenig hat vergessen lassen. Als weiteres sorgt 7 km vor Santiago der Pilgerspruch „no vino, no camino“ für einige Aufmunterung. Viel wichtiger aber ist die Nachricht, dass es in 30min. für ein Zeitfenster von etwa 2 Stunden aufhellt. Also die ideale Möglichkeit, zumindest die letzten km sich nicht mit dem Regen zu beschäftigen, sondern einfach nur den Weg Revue passieren zu lassen und die Erlebnisse auf dem diesjährigen Jakobsweg zu genießen … In Santiago angekommen, machten wir uns frisch, um Einlass in die Kathedrale (nur ohne Gepäck) zu erhalten und fanden es einfach nur unglaublich nach all den Erlebnissen nun endlich den Hl. Jakobus im Altarbereich umarmen zu können. Zudem war es eine Besonderheit noch an diesem Montagabend die Hl. Messe erleben zu können, in der anschließend das große Weihrauchfass von den Kathedral-Meistern durch die Kirche geschwungen wurde. Ein absolut unvergleichbares Erlebnis, weil das Schwingen eines so großen Weihrauchfasses im Kirchraum etwas Einmaliges ist. In Santiago erleben wir dann das Übliche einer Pilgerstadt. Viele Touristen, überall Kommerz und Verlust dieser Herzlichkeit der Menschen, die uns unterwegs überall begegnet ist. Und trotzdem strahlen die Kathedrale & der all gegenwärtige Hl. Jakobus einen besonderen Glanz aus! Nach einer erholsamen Nacht in Santiago ging es dann Dienstag Mittag zum Hochamt, in dem einige von uns, als weiteres Highlight, mitgedient haben. Im Anschluss versammelten wir uns mit den deutschsprachigen Pilgern zum Pilgeraustausch im ehemaligen Kloster vor der Kathedrale. Dort tauschten wir uns in einer sehr lebendiger Runde mit den anderen Pilgern aus und waren erstaunt, was andere im Stande zu leisten sind. So hat ein 75 Jahre alter Mann den Jakobsweg per Rad von der Pfalz bis nach Santiago selber (ca. 2.400 km) in 23 Tagen bestritten. Neben seiner Fitness waren auch seine vielen Erlebnisse zu bestaunen. Zudem ein junges Pärchen, sowie eine Mutter, die sich Jahr für Jahr auf den Jakobsweg macht, um abzuschalten und viele weitere. Nach dem Austausch ging es zum gemeinsamen Essen, bevor der Pilgerleiter so nett war, uns eine exklusive Führung durch Santiago mit vielen wichtigen Details zu geben, bevor wir am Nachmittag glücklich die „Compostela“ (Urkunde für den gewanderten Weg) abholen konnten! Insgesamt eine wahnsinnig tolle Erfahrung, bei der wir Respekt & Rücksicht unter den Pilgern, sowie seitens der Einheimischen kennen lernen durften. Ehrliche Herbergsbesitzer, die einem ein Stück Heimat bieten wollen. Alles für einen machen würden und das auch noch zu einem fairen Preis. Zudem diese Herzlichkeit, die man an jedem Straßenrand kennen lernt und gerade das Unwetter hat deutlich gemacht, dass die Pilger zusammen stehen und einer den anderen aufmuntert. Generell kennt man solche Wassermassen nur aus einem Katastrophenfilm und unter normalen Umständen würde man sich dem Unwetter auch nicht aussetzten, aber hier hatten wir ein gemeinsames Ziel, dass uns durch die Regenmengen geführt hat. Abseits des Regens laden die herrlich natürlichen Wege ein, einfach mal abzuschalten und die Natur zu genießen. Die Aussichten sind sehr sehenswert und es ist absolut spannend mit welchen Motiven sich Menschen auf den „Camino“ machen und mit welcher Freude sie einem begegnen. Schön ist auch, dass wir spirituell wieder neue Kraft für unseren Alltag getankt haben und voller Vorfreude auf das kommende Jahr blicken, in dem wir uns gemeinsam auf den Weg des Weltjugendtages nach Krakau machen werden. Eine absolute gelungene Erfahrung, die wir nur weiter empfehlen können in diesem Sinne wünschen wir allen einen „Buen Camino“, Martin Trojca