nutzerverhalten in energie+ wohnsiedlungen

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nutzerverhalten in energie+ wohnsiedlungen
NUTZERVERHALTEN IN
ENERGIE+ WOHNSIEDLUNGEN
Prof. Dr.-Ing. John Grunewald
Technische Universität Dresden
(mit Volker Stockinger)
(Hochschule für angewandte Wissenschaften München)
B2
Der Erfolg energetischer Optimierungsmaßnahmen sowohl in
der Bestandssanierung als auch beim Neubau muss am konkret
erreichten Ergebnis gemessen werden. Bisherige Betrachtungen
unterschätzen regelmäßig den Einfluss sozioökonomischer Faktoren. Das Nutzerverhalten hat elementaren Einfluss auf den Energieverbrauch von Gebäuden. Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass die
Reduzierung des Energiebedarfs in der Bestandssanierung auf Grund des veränderten Nutzerverhaltens zwischen 10 und 30% niedriger ausfällt als erwartet. Der Rebound-Effekt bewegt sich damit in einer wirtschaftlich relevanten
Größenordnung.
Allerdings ist das Energieverhalten von Menschen so unterschiedlich wie die
Menschen selbst. Abweichungen von ±100 Prozent und mehr im Nutzerverhalten von Wohnsiedlungen sind nicht ungewöhnlich. Diese Tatsache macht
die Voraussage des Energiebedarfs einzelner Gebäude lediglich im Rahmen
statistischer Wahrscheinlichkeiten möglich. Für größere Gebäudeensembles
sind genauere Aussagen möglich und sinnvoll, wenn geeignete statistische
Daten über das Nutzerverhalten vorliegen.
Während durch die Gebäudedämmung ausschließlich der Heizenergiebedarf
und durch die Gebäude- und Anlagentechnik primär die Erzeugungs- und Ver-
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teilverluste beeinflusst werden können, hat das Nutzerverhalten Auswirkungen auf alle Ressourcenverbräuche im Gebäude. Bewohnern energieeffizienter Gebäude ist der Einfluss des eigenen Verhaltens auf den Energieverbrauch
durchaus bewusst. Befragungen zeigen jedoch, dass die Größe des Einflusses
stark unterschätzt wird. Komfort geht den Nutzern vor Energieeinsparung. Der
hierfür notwendige Energieverbrauch wird als Luxus gesehen.
Um das Bewusstsein für den Einfluss des Nutzerverhaltens auf den Energieverbrauch zu schärfen, müssen Werkzeuge zur Nutzersensibilisierung zum Einsatz
kommen. Die Sensibilisierung des Nutzers hat einen besonders hohen Stellenwert. Jede eingesparte Kilowattstunde Nutzenergie braucht nicht erzeugt und
verteilt werden, was gleichzeitig zur Reduzierung der Erzeugungs- und Verteilverluste führt. Durch energiebewusstes Verhalten – beispielsweise durch
Lastverschiebungen entsprechend der Bereitstellung der elektrischen Energie
aus den Eigenerzeugungsanlagen – können der Eigendeckungs- und der Eigennutzungsgrad gesteigert werden. Diese Maßnahmen sind ohne Mehraufwand oder Einschränkungen im Nutzerkomfort umsetzbar.
Der Einfluss auf den Energieverbrauch ist für einen Nutzer jedoch erst verstehbar, wenn er die Auswirkungen einer Verhaltensänderung nachvollziehen
kann und daraus lernt. Das ist beispielsweise durch den Einsatz von Visualisierungs-Werkzeugen realisierbar. Das Einsparpotential durch Verbrauchsvisualisierung kann bei flächendeckendem Einsatz bei 15-25 Prozent liegen, was
Verbrauchsvisualisierung zu einem wichtigen Werkzeug moderner Versorgungskonzepte macht.
[1] Stockinger, Volker. 2014. Energie+Siedlungen und -Quartiere – Definition,
Planung, Betrieb, Nutzung, Bilanzierung und Bewertung. Dresden, Deutschland.
(Dissertationsschrift)
NUTZEREINFLUSS AM BEISPIEL DES
LUDMILLA WOHNPARKS LANDSHUT
STOCKINGER, VOLKER. 2014. ENERGIE+ SIEDLUNGEN UND -QUARTIERE – DEFINITION, PLANUNG, BETRIEB, NUTZUNG, BILANZIERUNG UND BEWERTUNG. DRESDEN, DEUTSCHLAND.
(DISSERTATIONSSCHRIFT)
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