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Der Lärm. Die Geräusche der schweren Maschinen waren das, was Freya Schlichting
gewöhnungsbedürftig fand, als sie zum ersten Mal auf einer Bohrinsel arbeitete. Kopfhörer gehören zur Arbeitskleidung, die Kommunikation findet meist über Funk statt.
Und die zu kleinen Wohnungen ausgebauten Container, in denen alle Mitarbeiter auf
der Bohrinsel untergebracht sind, stehen in unmittelbarer Nähe zum Arbeitsplatz. Aber
da muss man erst einmal hinkommen. Ein Bericht von Petra Engelke.
Freya Schlichting absolvierte den einzigen Studiengang in Deutschland, der speziell auf diese
Arbeit vorbereitet: „Petroleum Engineering“ an der TU Clausthal. Seit Oktober 2008 ist die
27-jährige Ingenieurin angestellt bei E.ON Ruhrgas E&P, kaum zwei Monate nach dem
Abschluss darf sie zu ihrem ersten Einsatz auf die Nordsee-Bohrinsel „Transocean GSF Labrador“. Konkret heißt das: Ein Flug nach Norwich, umsteigen in einen Hubschrauber – und
unbequeme Sicherheitskleidung anlegen. Wasserdicht, wärmeisoliert, dazu eine grüne Manschette, die den Kollegen signalisiert, dass Schlichting sich noch nicht so gut auskennt und im
Notfall besondere Anleitung braucht.
.
Vorher musste sie zu einem mehrtägigen Sicherheitstraining. Mutig und ein wenig sportlich
muss man für den Job schon sein: Beispielsweise sind manche der Rettungsboote so auf
der Bohrinsel angebracht, dass man sich mit ihnen in einem steilen Winkel 30 Meter tief ins
Wasser fallen lässt. Das Prozedere muss sitzen. Zig Vorschriften gibt es zu beachten, Alkohol
ist absolut tabu, Medikamente kann man nur nach Voranmeldung mitbringen, und Rauchen
wäre fatal.
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Wirtschaftsstandort
Nordsee-Bohrinsel
rund 450 Öl- und Gasplattformen
über 10.000 km Pipelines
über 100.000 Mitarbeiter
Höhepunkt der Förderung: 1999
(ca. 6 Millionen Barrel Erdöl)
Brent, eine der ersten in der Nordsee
gefundenen Ölsorten, dient heute als
Standard- und Vergleichswert
für den Ölpreis
Raue Burschen und Zimperliesen
Sicherheit ist auch für Marit Berling ein Thema. Die
48-jährige Geophysikerin ist Platform Manager auf
Sleipner, einer Ölplattform des norwegischen Unternehmens StatoilHydro. „Besonders wenn ich mit
neuen Mitarbeitern zu tun habe, ist es mir wichtig,
dass sie auf Arbeitssicherheit achten. Manche Menschen haben dazu nicht die richtige Einstellung“, sagt
sie. Gerade die Komplexität auf dem engen Raum –
manche Bohrinseln sind gerade einmal so groß wie
ein Fußballfeld – findet sie faszinierend.
Bohrinsel ist gar nicht immer der passende Begriff.
Nur die Plattformen, auf denen nach Öl und Gas
gesucht wird, nennen Fachleute so. Auf den anderen
wird schließlich nicht mehr gebohrt, sondern Energierohstoff produziert. Trotzdem sind Bohr-Ingenieure
überall in den Offshore-Standorten gern gesehen. Sie
treffen auf Kollegen, die illustre Berufsbezeichnungen
wie Roughneck oder Derrickman tragen. Klingt so, als
hätten es Frauen, noch dazu Akademikerinnen, in diesem Umfeld schwer. Doch auf jeder Ölplattform steht
Teamwork an erster Stelle, und Gleichberechtigung ist
eine Selbstverständlichkeit. Körperlich schwere Arbeit
verrichten Techniker und Handwerker. Die Ingenieure
sind an der manuellen Arbeit selten direkt beteiligt,
sie haben eher mit Computern zu tun – für Zimperliesen ist die Arbeit dennoch nicht geeignet. „Man darf
keine Angst vor Schmutz haben, der ist einfach da, da
kommt man nicht drumherum“, sagt Freya Schlichting.
Diese Umgebung nutzen Frauen inzwischen als Karrieresprungbrett. Die Norwegerin Margareth Ovrum
etwa war eine der Ersten, die zur Platform Managerin
aufstiegen. Sie ist mittlerweile Executive Vice President im Bereich „Technology & New Energy“ bei StatoilHydro.
Englisch ist Pflicht – Schottisch geht auch
Gefragt sind neben Bohrspezialisten auch Lagerstätten- und Produktionsingenieure, ebenso finden Chemiker, Geologen, Geowissenschaftler und (Geo-)Physiker eine berufliche Herausforderung mitten in der
Informationen und Jobbörsen: Nordsee. Die Offshore-Arbeit ist im Vergleich zu Jobs
an Land besser bezahlt. Allerdings taucht man dabei
in eine Welt ein, für die nicht jeder geschaffen ist. Die
Schichten beginnen meist sehr früh morgens, dauern
www.nordseebohrinseljobs.de
zwölf Stunden und länger. „Es ist nicht wie anderswww.rigzone.com/jobs/
wo, wo man nach der Arbeit nach Hause geht und
www.offshore-technology.com/jobs/
dann nichts mehr damit zu tun hat. Man wohnt gleich
nebenan, hört noch alles, das lässt einen nie ganz
los“, sagt Freya Schlichting.
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Je nach Arbeitgeber ist man für zwei oder vier
Wochen auf der Plattform, danach geht es meist für
ebenso lang an Land – man sollte aber nicht darauf
bauen, dass diese Zeit ein reiner Urlaub sei, rät Marit
Berling. Schließlich gehören auch Besprechungen mit
der Firmenzentrale und Weiterbildungsmaßnahmen
zum Berufsprofil. Um einen solchen Job zu bekommen, braucht es Flexibilität: „Ich erwarte von allen
Mitarbeitern sowohl die Fähigkeit als auch die Bereitschaft, Neues zu lernen“, so Berling. „Wenn es nötig
ist, müssen sie auch die Art und Weise ändern, wie
sie ihre Arbeit normalerweise gemacht haben.“
Etwas ganz Neues lernen musste Freya Schlichting
bei ihren Arbeitseinsätzen zunächst nicht. All das,
was sie an der Uni in Präsentationen zu sehen
bekam und analysierte, kann sie jetzt live erleben.
„Ich musste mich allerdings an den schottischen
Akzent gewöhnen“, lacht sie. Bei ihren Arbeitseinsätzen fliegt sie auf Bohrinseln, die ihr Unternehmen
komplett mit dem technischen Personal angemietet
hat. Ihre Aufgabe ist es dann, die geplanten Arbeitsabläufe zu prüfen, vor Ort zu überwachen und gegebenenfalls zu korrigieren.
Junge, komm bald wieder!
Auch Peter Reichetseder hat auf Ölfeldern und Bohrinseln in aller Welt gearbeitet, und dabei lernte er
immer wieder Menschen kennen, die das seit Jahrzehnten tun. „Es gibt einen gewissen Menschenschlag, der das gerne mag“, sagt er. „Der arbeitet
zwei oder vier Wochen am Stück und hat dann frei,
genießt das Leben mit der Familie. Ich denke, Seeleute haben einen ähnlichen Lebensstil.“
Heute besucht Reichetseder die Ölplattformen zu
Informations- und Kontrollzwecken. Der 55-jährige
Ingenieur ist COO der E.ON Ruhrgas E&P – die junge
Tochter des Energieriesen hat 2003 mit eigener
Suche nach Gasquellen begonnen. Geologen und
Geophysiker werden dabei als „Visionäre“ gebraucht.
Sie erstellen Modelle des Gesteinsuntergrunds und
schätzen Wahrscheinlichkeiten ab, wo Erdöl und -gas
liegen könnten und wie groß die Lagerstätten sein
mögen. Einen Doktortitel müssen diese Experten
nicht mitbringen, die Personalabteilung hält andere
Einstellungskriterien für wichtiger.
Leiden Sie unter Platzangst?
„Wenn man die Kernanforderungen wie Flexibilität,
Mobilität und Begeisterung nicht erfüllt, dann helfen
auch die besten Noten nichts“, sagt Nico Widdecke,
HR Manager bei E.ON Ruhrgas. „Wir müssen das
Gefühl haben, dass der Kandidat sich in diesem
wachsenden Umfeld gut zurechtfindet, sich im Team
gut präsentiert, sozial hineinpasst und in seinem Denken und seinen Strukturen nicht festgefahren ist,
sodass man ihn stetig in eine neue Situation hineinbringen kann.“
Auch Internationalität steht hoch im Kurs: Auf Bohrinseln wird Englisch gesprochen, und man hat mit Kollegen aus aller Herren Länder zu tun. Ein Auslandssemester oder ähnliche interkulturelle Erfahrungen
bringen Bewerber auf Widdeckes Kandidatenliste
weiter nach oben. Die Sprachkenntnisse testet er im
Vorstellungsgespräch, lässt sich etwa die Abschlussarbeit auf Englisch erklären, um zu prüfen, ob die
Fachbegriffe sitzen. Mit dem Master in der Tasche
sollten Ingenieure sich aber auch fragen, ob ihre Persönlichkeit zu einem Job auf der Bohrinsel passt. Auf
Bohrinseln ist kaum Platz. Das bedeutet weniger Privatsphäre, als man gewöhnt ist. „Es ist ein sehr sozialer Beruf. Wenn man zwei oder vier Wochen auf der
Bohrinsel ist, kommt man nicht drumherum, sich mit
den Leuten gut zu verstehen. Für Einzelgänger kann
das schwierig werden“, meint Freya Schlichting.
Wo Profis grün hinter den Ohren sind
In der spärlichen Freizeit gehen viele Bohrinsel-Profis
gern in den Fitnessraum, sie ziehen sich mit einer der
täglich angelieferten Zeitungen in ihre Kabine zurück
oder organisieren Quizabende – wenn sie können:
„Selten endet mein Arbeitstag vor 21.30 Uhr“, sagt
Marit Berling, „da bleibt nicht viel Zeit.“ Auf den meisten Bohrinseln kann man deshalb rund um die Uhr
etwas zu essen bekommen, auch per Zimmerservice
jenseits der Büffetzeiten.
Frischen Fisch gibt es da natürlich, allerdings keinen,
der von der Ölplattform aus geangelt wurde. Sicherheit geht eben über alles. Das führt auch dazu, dass
sich Freya Schlichting immer noch wie ein Greenhorn
fühlen darf: Sie trägt einen grünen Helm, der signalisiert, dass sie noch nicht genug Erfahrung auf der
Plattform gesammelt hat, um einen roten Helm zu
tragen. Diese Signalfarben werden auch bei einem
Wechsel neu verteilt: Wenn Marit Berling wieder einmal auf eine neue Bohrinsel wechselt, wird auch sie
wieder zum Grünhelm.
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