Die Zukunft der Lutherbibel Dahlgrün und Haustein geben Band über

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Die Zukunft der Lutherbibel Dahlgrün und Haustein geben Band über
URL: http://www.uni-jena.de/Mitteilungen/PM130610_Lutherbibelbuch.pdf
Die Zukunft der Lutherbibel
Dahlgrün und Haustein geben Band über "Anmut und Sprachgewalt"
heraus
Es heißt, er habe dem Volk aufs Maul geschaut. Der ehemalige Mönch Martin Luther machte im
16. Jahrhundert die Heilige Schrift für alle Lesekundigen zugänglich. Die "Lutherbibel" gilt bis heute
als eines der bedeutendsten literarischen Werke. Umgangssprachlich ist Luthers Bibelübersetzung
jedoch keineswegs. "Luthers Übersetzung ist vielmehr eine hochtheologische", sagt Prof. Dr. Jens
Haustein von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Und so verwundert es nicht, dass die
Übersetzung Luthers bis heute Wissenschaftler beschäftigt. Derzeit arbeiten Wissenschaftler an
einer Durchsicht der Übersetzung und gleichen diese mit den Urtexten ab.
Der Jenaer Lehrstuhlinhaber für Germanistische Mediävistik hat nun gemeinsam mit Prof. Dr.
Corinna Dahlgrün, Lehrstuhl für Praktische Theologie, das Buch "Anmut und Sprachgewalt. Zur
Zukunft der Lutherbibel" herausgegeben. Darin enthalten sind Beiträge von zahlreichen
Wissenschaftlern aus dem deutschsprachigen Raum, die an der gleichnamigen Jenaer Tagung im
Jahr 2012 teilgenommen hatten.
Die theologische und kulturelle Bedeutung von Luthers Bibelübersetzung
Ziel der Tagung war es, das "Lutherdeutsch" genauer zu betrachten und zu ergründen, worin die
theologische und kulturelle Bedeutung von Luthers Bibelübersetzung liegt. Daran anknüpfend
wurde diskutiert, ob und wie Luthers Deutsch modernisiert und wie weit von seiner Übersetzung
abgewichen werden darf. "Luthers Übersetzung liegt erstaunlich nah am Urtext, die moderne
philologische Exegese hat aber teilweise einen anderen semantischen Gehalt herausgefunden",
erklärt Prof. Haustein den Grund für Anstrengungen, Luthers Übersetzung zu überarbeiten.
Fachleute aus den Bereichen Exegese, Kirchengeschichte, Systematische Theologie, Liturgik und
Germanistik haben sich zu diesem Thema in Jena getroffen und ziehen in ihren Beiträgen nun
eine Zwischenbilanz der Bibel-Durchsicht.
Ob Luthers Fassung überhaupt verändert werden darf, fragt sich Dr. Christoph Kähler. Eine
Modernisierung der Sprache werde nicht stattfinden, wohl aber eine "behutsame Pflege eines
sprachlichen und theologischen Schatzes", schreibt der Vorsitzende des Lenkungsausschusses für
die Durchsicht der Luther-Bibel. Neben ihm kommen elf weitere Autoren in Einzelbeiträgen zu
Wort. "Luther hat mit seiner Übersetzung zentrale Begriffe geprägt, die nicht mehr zu ändern sind",
sagt Prof. Haustein. Dazu gehören Begriffe wie Gnade und Freiheit. Hochsensibel müsse demnach
vorgegangen werden, wolle man Luthers Übersetzung modernisieren. "Im Übersetzen hat sich
letztlich auch Luthers Theologie herauskristallisiert", erklärt Prof. Dahlgrün. Zudem seien viele
Begrifflichkeiten längst in Literatur und Liedkultur eingeflossen. "Man denke nur an die
Kirchenmusik von Bach bis Mendelssohn."
Die Zukunft der Lutherbibel
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Erklären statt ersetzen
Prof. Haustein plädiert daher für eine Erklärung der Begriffe, statt sie komplett zu ersetzen. Dies
geschah etwa im Jahr 1975. "Damals wurde auch das Wort Weib komplett gestrichen", weiß der
Jenaer Mediävist, da die Luther-Übersetzung an den modernen Sprachgebrauch angepasst
werden sollte. 1984 wurde davon vieles wieder zurückgenommen. "Auch der vertraute Luther-Ton
kam mit der Überarbeitung von 1984 wieder zurück", sagt der Mediävist. Er ist gegen die Tendenz,
die Luther-Sprache zu glätten. Schließlich stehe man gerade an der Universität Jena auch in der
Tradition der Reformation. "Diese Universität ist aus dem Geiste der Reformation
hervorgegangen", betont Prof. Haustein. Zudem habe Martin Luther sehr bewusst "knallige
Begriffseinheiten" gebildet, die bis heute Vorstellungen prägen. Das Problem: Teilweise habe
Luther sich dabei nicht mehr ganz an die Textgrundlage gehalten und recht frei übersetzt.
Gleichzeitig aber sei seine Übersetzung prosodisch, so dass sich ein Eingreifen in den Text als
recht schwierig gestalten würde. Diese besondere Musikalität der Luther-Sprache drohe mit
neuerlichen Eingriffen schnell zerstört zu werden.
Bibliographische Angaben:
Corinna Dahlgrün und Jens Haustein (Hg.): Anmut und Sprachgewalt. Zur Zukunft der Lutherbibel.
Beiträge der Jenaer Tagung 2012. Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 2013, Preis: 32 Euro,
ISBN 978-3-438-06248-2
Kontakt:
Prof. Dr. Jens Haustein
Institut für Germanistische Literaturwissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Fürstengraben 18, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 944250
E-Mail: [email protected]
Meldung vom: 10.06.2013 10:54 Uhr
Dahlgrün und Haustein geben Band über "Anmut und Sprachgewalt"heraus
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