Fallstudie - InnoSupport

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Fallstudie - InnoSupport
INNOCASE, 2013-1-TR1-LEO05-47533
EIB
GECA
-Fallstudie-
Die Informationen und Ansichten dieser Fallstudie geben die Meinung des Autors wieder. Die
offizielle Auffassung der Europäischen Union kann davon abweichen. Weder die Europäische Union,
noch Personen, die in ihrem Namen arbeiten, können für die hier gegebenen Informationen
verantwortlich gemacht werden.
This project was carried out as a part of the Lifelong Learning Programme of the Center for European Union Education and Youth Programmes of the
Turkish Ministry for EU Affairs (Turkish National Agency, http://www.ua.gov.tr) and funded by the European Commission. Please note that the
GECA
Turkish National Agency and the European Commission are not liable for the views expressed herein.
GECA Tekstil wurde 1990 in Partnerschaft von zwei befreundeten Unternehmern in Manisa
gegründet,
von
denen
einer
der andere
war.of Ozan
undis
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2015.Textilingenieur
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Anil nahmen sich vor, ihre Geschäftstätigkeit mit der Herstellung von Basic T-Shirts
aufzunehmen, die ihnen unter den Jugendlichen in Deutschland, wo beide ihren Magister
gemacht hatten, sehr populär vorkamen. Wie hat dieses Unternehmen, das in den damaligen
Jahren sehr erfolgreiche Geschäfte machte, in den darauffolgenden Jahren die ständigen
Veränderungen in den Marktbedingungen und die Herausforderungen der Konkurrenz
gemeistert? Oder auch nicht?
Als sich die beiden Freunde, von denen einer nach Köln und der andere nach Frankfurt
gegangen war, um ihren Magister zu machen, nach ihrem ersten Jahr in den Sommerferien in
der Ferienwohnung von Ozans Familie in Cesme/Türkei wieder trafen und über ihre
Eindrücke sprachen, hielten sie plötzlich inne, als das Gespräch auf die Modebewegung der
Basic T-Shirts kam, die bei allen Jugendlichen in Deutschland sehr populär zu sein schienen.
Warum sollten sie nicht die Vorreiter dieser Bewegung werden, die auch in der Türkei
langsam im Kommen war? Für das Basic T-Shirt gab es keine bestimmte Jahreszeit. Man
konnte es alle 4 Jahreszeiten tragen. In der Türkei wurde massenhaft Baumwolle von guter
Qualität hergestellt, Die Fertigungskosten waren im Vergleich zu Europa niedriger. Dank der
Tatsache, dass Ozans Vater schon Baumwollhändler war, hatten sie auch schon die
notwendigen Verbindungen zu Stofflieferanten. Es würde dank der verschiedenen Akteure im
gleichen Wirtschaftszweig einfach sein, Geschäftsverbindungen in der Türkei herzustellen.
Wenn man dann im Inland erfolgreich würde, könnte man das Geschäft mit Hilfe der eigenen
Erfahrungen und Verbindungen auch im Ausland erweitern. Sie wiegten alles ab und kamen
zu dem Schluss, dass sie im Vorteil wären. Die beiden Gleichgesinnten gründeten innerhalb
von 6 Monaten offiziell das Unternehmen GECA Tekstil.
Dank der Kostenvorteile und ihrer Möglichkeiten der Rohstoffzufuhr machten sie
Niedrigpreise zu ihrer Unternehmensstrategie und konnten innerhalb des ersten Jahres nach
ihrer Gründung ihr erstes Exportgeschäft mit Basic T-Shirts nach Deutschland abschließen.
Die jungen Unternehmer, deren Unternehmen aufgrund von zufriedenstellenden
Gewinnerträgen rasch wuchs, beschlossen – in Anbetracht der steigenden Nachfrage und den
positiven Rückmeldungen von Kunden sowie der allgemeinen Überzeugung, dass sich die
Nachfrage nach türkischen Textil- und Konfektionswaren dank des Beitritts der Türkei in die
Zollgemeinschaft in den damaligen Jahren erhöhen würde, – es sei die richtige Zeit für einen
großen Schritt nach vorne.
Anil erzählt von der Zeit damals: “Neben unseres Vertriebsvolumens auf dem Binnenmarkt
waren wir auch die ersten Exportmeister. Als sich dann unsere Geschäftsbeziehungen
aufgrund des Ausbaus unserer Kapazität und der steigenden Kundenzufriedenheit festigten,
verbreitete sich der gute Ruf unseres Unternehmens, so dass wir auch in andere Länder
exportieren konnten. Nach Frankreich, in die Niederlande, nach Belgien… Der größte Vorteil,
den die Türkei in den Jahren damals hatte, war der niedrige Kostenaufwand für Rohstoffe von
guter Qualität und für Arbeitskräfte. Dann kam noch ihr logistischer Vorteil dazu. Also China
war damals noch sehr weltfremd und viel zu weit von Europa entfernt. Dann kam das
Abkommen für die Zollgemeinschaft, auf das wir gespannt gewartet hatten. Da unsere
Produkte dadurch ohne Quoten und Steuern auf europäische Märkte gelangen würden,
dachten wir, als Land könnten wir viele Vorteile davon ziehen. Aber es kam leider nicht so
wie erwartet. Es hat sogar uns und viele andere Textilunternehmen eher negativ
beeinträchtigt. Die Grenzen waren plötzlich aufgehoben und jeder konnte mit jedem Handel
betreiben. Die Türkei stand von Tag zu Tag vor noch größeren Herausforderungen des
Wettbewerbs. Obwohl das Textilgewerbe bis 1998 die führende Exportkraft des Landes war,
erlitt es in dem Jahr zum ersten Mal einen Rückgang auf Landesebene. Als dann 2001 die
Wirtschaftskrise und 2005 die Aufhebung aller Quoten darauf folgten und China seinen
großen Durchbruch hatte, begannen für uns geschäftlich die schwierigsten Zeiten überhaupt..
Zuerst mussten wir den Betrieb verkleinern. Aufgrund der Überkapazität in der Herstellung
mussten wir zuerst das Produktionsvolumen verkleinern, dann die Kosten senken und
schließlich leider auch einige unserer Mitarbeiter entlassen. Wir dachten, dass wir aus diesem
Engpass herauskommen könnten, indem wir uns für den Einkauf von Rohstoffen anstelle der
einheimischen Quellen an internationale Lieferanten wendeten.”
Aber hat die Rohstoffbeschaffung die Geschäfte wieder ins Laufen gebracht? “Leider war die
Freude darüber nur kurzlebig. Es reichte nicht aus, uns zu retten”, meinte Ozan und fuhr fort;
“Wir dachten, wenn das Wichtigste für uns die Herstellungskosten sind, dann gibt es
billigeren Stoff nur dort, an dem auch billiger hergestellt wird. Wir versuchten, unser
Einkaufsnetz global einzurichten. Bis dann hatte Außenhandel für uns Export bedeutet. Nun
mussten wir auch den Import lernen. Den Kostenvorteil hatten wir wieder zurückerobert. Die
guten Zeiten sind wieder zurück, dachten wir, aber das war ein Irrtum. Im Laufe eines Jahres
hatten unsere Wettbewerber durch den Import von Rohstoffen den Preisunterschied
aufgehoben. Daraufhin entschlossen wir uns diesmal statt Stoffen Garn zu importieren, dessen
Rohstoff wieder billiger war, und uns durch Investitionen in Webmaschinen rückwendig zu
integrieren. Auf diese Weise würden sowohl unsere Herstellungskosten gesenkt, als auch die
Herstellung von Stoffen neben den Auftragsfertigungen betrieben werden. Allerdings waren
wir dabei mit einem neuen Problem konfrontiert. Wir hatten keine Färberei und die Designs
und Farbenauswahl der Kunden, für die wir im Auftrag fertigten, waren nicht mehr so “basic”
wie früher. Wir konnten keine eigene Färberei einrichten, weil sie eine zu große Investition
voraussetzen würde. Auch wenn es sehr schwierig war, konnten wir schließlich doch mit
Färbereien zusammenarbeiten. Als unsere Geschäfte gerade dabei waren sich zu erholen,
stiegen viele Leute mit Hilfe staatlicher Förderungen und Darlehen ins Textilgeschäft ein. Die
Kapazität der Stoffherstellung wuchs von Tag zu Tag immer mehr. Der Preiswettbewerb trieb
uns wieder in die Enge.”
Ist jetzt alles vorbei, oder erwartet uns ein Neuanfang?
……………
Ozan und Anil mussten infolge ihrer Kenntnisse und Erfahrungen, die sie im Handelsleben
erworben hatten, einsehen, dass sie diesem Preiswettbewerb nicht standhalten konnten, und
ihr Ende langsam aber sicher nahte. Damit die ganze Arbeit und die Investitionen, die sie in
ihr Geschäft gesteckt hatten, nicht umsonst gewesen sind, mussten sie schnell etwas
unternehmen. Genau zu der Zeit ging aus Spanien das Fast-Fashion-Fieber aus, das bald
Europa und die ganze Welt vereinnahmte. Die beiden Unternehmer, die diese Entwicklung
dank ihren Geschäftsbeziehungen in Europa mitverfolgen konnten, wollten diesen Trend
entschieden für sich nutzen. GECA Tekstil, das jährlich nur für 2 Saisons Kollektionen
herstellte, erhöhte deren Zahl, wenn auch anfangs nur mit Mühe und Not. Allerdings kamen
dann die spanische Marke ZARA, H&M und GAP in den Markt und entwickelten und
verbesserten mit ihren jährlich 10-15 Kollektionen nicht nur hinsichtlich der
Herstellungskosten und Qualität ihrer Waren, sondern auch hinsichtlich der Terminierung und
Lieferzeiten neue Geschäftsmodelle, die uns im Wettbewerb mit weitem Abstand überholten.
……………….
Ozan: “Anil, ich glaube, das schaffen wir nicht..
Anil: “Sei nicht so pessimistisch. Lass uns mal nach Europa reisen. Wir könnten unsere
Kunden besuchen und in direktem Gespräch versuchen zu erfahren, was ihre Erwartungen
sind, und anschließend ein paar Tage Urlaub machen und die Lage bewerten.”
……………….
Ozan und Anil kehrten mit einer ganz neuen Perspektive von dieser Reise nach Manisa
zurück. Von ihren Kunden hatten sie erfahren, dass die rasch aufsteigenden Firmen in Europa
eine F&E-Abteilung führten bzw. ein Expertenteam hatten, mit deren Hilfe sie die Trends
nicht nur rechtzeitig erkannten, sondern auch selbst Trends setzen konnten, und somit zu
Marktführern wurden. Daraufhin beschlossen sie, dass es oberste Priorität hatte, jemanden mit
hohen kreativen Kompetenzen einzustellen und die Grundlagen für F&E-Arbeiten zu
schaffen.
……………..
Murat ließ sich bei dem Textilunternehmen, bei dem er beschäftigt war, an einem Freitag
beurlauben, und ging heimlich zu einem Vorstellungsgespräch. Er hatte einem Freund erzählt,
dass er seinen Arbeitsplatz gerne wechseln würde, weil er glaubte, dass die Firma ihm, oder er
der Firma nichts mehr geben könne; woraufhin dieser Freund wiederum seinem engen Freund
Ozan, der seine Unternehmensstrategie für F&E-Arbeiten umgestalten wollte, den Lebenslauf
von Murat schickte. GECA Tekstil lud auf diese Bewerbung hin Murat zu einem
Vorstellungsgespräch, weil er auch Erfahrung in der Textilbranche hatte. Auch wenn das
Gespräch, bei dem Anil und Ozan zugegen waren, sehr gut verlief, hatte Murat nicht viel über
die Aufgabenbeschreibung erfahren können. Anil hatte erklärt, dass Murat direkt unter ihm
arbeiten würde, aber über seine Position im Nachhinein entschieden werden solle, soweit
Murat den Job annähme. Anil hatte auch ausgeführt, dass die Hauptziele des Unternehmens
Wettbewerbsfähigkeit und Innovationen seien; das Unternehmen sollte in vielerlei Hinsicht
umgestaltet, professioneller und härter im Konkurrenzkampf werden. Anil hatte auch betont,
dass dies über F&E und Innovationen möglich sei. Als Murat, der nicht viel über F&E und
Innovationen wusste, ein 1,5 Mal so hohes Gehalt angeboten bekam wie sein aktuelles Gehalt,
fragte er sich: “Lohnt es sich überhaupt einen Job gegen so viel Geld anzunehmen, über den
ich nicht viel weiß, oder werde ich weiterhin nicht vorankommen können, wenn ich meinen
alten Job behalte?” Nach dem Gespräch bedankte er sich bei Ozan und Anil und bat um drei
Tage Zeit, um darüber nachzudenken. Was sollte Murat tun?
…………………
Murat nahm das Angebot an, verstand aber in den ersten zwei Wochen nicht, was eigentlich
seine Aufgaben waren und nahm es auch nicht besonders Ernst. Während fast alle
Abteilungen ihn keines Blickes würdigen wollten, gab es nur ein paar Mitarbeiter, die
meinten, dass das Unternehmen auf diese Weise in nur wenigen Jahren zugrunde gehen
würde, und dass der Grund dafür darin läge, dass niemand sich für innovative Ideen
interessiere und keine Innovationskultur im Unternehmen herrsche. Alle Mitarbeiter hatten
Angst, dass der neue Mitarbeiter die bestehende Ordnung im Unternehmen stören könnte.
Murat war auf sich allein gestellt und glaubte, dass es ein Fehler war, diesen Job anzunehmen.
Als er Ozan auf dessen Reise im Ausland anrief, um seine Kündigung mitzuteilen, bat Ozan
ihn einige Tage zu warten, und dass sie nochmal darüber sprechen sollten, wenn er wieder
zurück in Manisa sei.
Als Ozan und Anil zur Fabrik zurückkamen, änderte sich alles. Ozan nahm Murat an seine
Seite und veranstaltete Versammlungen mit den einzelnen Abteilungen. Er erklärte den
Mitarbeitern, dass sie im Begriff waren, einen wichtigen Schritt für die Zukunft des
Unternehmens zu machen; dass sie diesen Schritt zusammen mit ihm und Murat koordinieren
wollten, und dass er die aktive Kooperation und den Beitrag aller Mitarbeiter dazu wünsche.
Ozan teilte mit, dass er innerhalb eines Monats einen Bericht von Murat erwartet, der die
Schwerpunkte in allen Abteilungen festlegt, zu denen Innovationsarbeiten geleistet werden
sollten, und dass alle ihm dabei helfen sollten, soweit es möglich ist. Aber wo sollte Murat
nur anfangen?

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