Sie zeigen Geschichten aus ihrem Leben «Sie wollen dem

Transcription

Sie zeigen Geschichten aus ihrem Leben «Sie wollen dem
Donnerstag, 6. Dezember 2012 | Nordwestschweiz
Region Aarau
31
Rolf Portmann,
Inhaber der
Kino Aarau AG,
über den Film
«Anna Karenina», der ab heute
im Kino läuft.
Zeitloser Klassiker
als Fest der Sinne
Die Eritreer Teame Frezgy, Tsegay Tesfagabr und Haile Kidane (v.l.) proben im Untergeschoss der Aarauer Kirche Peter und Paul.
PATRICIA SCHOCH
Sie zeigen Geschichten aus ihrem Leben
Aarau Sieben Asylanten aus Eritrea führen ein Theater auf – die az war bei einer Probe dabei
VON DANIEL VIZENTINI
«‹Eritrean Comedy› ist in Afrika ein
bekannter Film. Nun wird er zum
ersten Mal hier in Europa vorgeführt.» Mit diesem Satz beginnt Moderatorin Kathrin Jordi das Stück.
Dann stellt sie jeden der sieben
Schauspieler vor, als fände gerade eine Filmpremiere statt.
Sieben Flüchtlinge aus Eritrea –
von denen sechs noch nie Theater gespielt haben – erzählen Geschichten
aus ihrem Leben. Die Flucht vor dem
eritreischen Regime, die lange und
meist erfolglose Arbeitssuche in der
Schweiz, die Begegnung mit regimefreundlichen Eritreern, die sich in
der Schweiz als Flüchtlinge ausgeben
– solche Szenen spielen sie auf der
Bühne nach. In einer langen Passage
zu Beginn des Stücks tun sie dies in
ihrer Muttersprache Tigrinya, die
meistgesprochene Sprache in Eritrea.
Dann stellen sie auf Deutsch um.
«Habt ihr alles verstanden? Nein? Das
wollte ich hören», sagt einer der
Männer zum Publikum. «Ich erzähle
euch eine Geschichte.»
Teame Frezgy, einer der sieben
Darsteller, war vor seiner Flucht in
die Schweiz ein bekannter Comedy-
Schauspieler in Eritrea. In der tatsächlich existierenden Fernsehserie
«Eritrean Comedy» spielte er früher
die Figur des Hadera. Im Stück, das
nun in Aarau aufgeführt wird, flüchtet Hadera vom eritreischen Diktator
und kommt in die Schweiz.
«Wir zeigen euch, wie das Leben
von Hadera in Aarau ist», sagt einer
«Sie wollen dem
Schweizer Publikum
einiges mitteilen.»
Jonas Egloff, Regisseur
der Darsteller. Verschiedene Szenen
werden vorgeführt. In einer trifft Hadera auf einen anderen Eritreer.
«Zahlst du zwei Prozent deines Einkommens an den Diktator?» – «Ja»,
sagt Hadera. «Bist du also für den Diktator?» – «Nein, bin ich nicht.»
Regimefreundliche Eritreer, die
im Ausland leben, zahlen der Regierung in ihrem Heimatland einen Beitrag. Dies tun zum Teil auch Eritreer,
die gegen das Regime sind; aus Angst
vor Strafen gegen sie selber und ihre
Familien, die in Eritrea leben. In einer anderen Szene steht einer der
Darsteller in einem Arbeitsvermittlungsbüro. «Haben Sie Sprachkenntnisse?», wird er gefragt. «Ich spreche
Englisch, Italienisch und ein bisschen Deutsch», antwortet er. «Haben
Sie ein Diplom?» – «Nein, ich habe
kein Diplom.» Mit einer Absage verlässt der Darsteller das Büro wieder.
Abschlussarbeit an der Hochschule
«In Eritrea gibt es Arbeit für Personen ohne Ausbildung. Hier gibt es
das nicht», sagt einer der Schauspieler nach der Probe. Und ohne Diplome oder Arbeitszeugnisse sei es sehr
schwierig, in der Schweiz eine Arbeit
zu finden. Im Stück möchten die sieben Flüchtlinge diese und andere Situationen schildern. «Zu den Proben
haben sie immer wieder Texte gebracht über Dinge, die sie dem
Schweizer Publikum mitteilen wollen», sagt Regisseur Jonas Egloff. Der
junge Aarauer studiert an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK)
Theaterpädagogik, «Eritrean Comedy» ist seine Abschlussarbeit.
«Letztes Jahr führten wir an der
ZHdK ein Projekt mit Asylbewerbern
durch», sagt Egloff. Diese Erfahrung
wollte er nach Aarau bringen. «Ich
hatte das Gefühl, ein solches Projekt
bringt Aarau viel mehr als Zürich.» In
einer kleinen Stadt seien sich die
Menschen näher und Asylanten in
der Öffentlichkeit präsent.
Die sieben Schauspieler leben seit
zwei bis fünf Jahren in der Region.
Alle haben genehmigte Asylgesuche
und eine Aufenthaltsbewilligung. «Es
ist eine schwierige Situation: Sie dürfen zwar hier sein und arbeiten, können aber kaum eine Stelle finden»,
sagt Egloff. Mit dem Theater erhielten die Flüchtlinge immerhin ein
Sprachrohr. Für die Zuschauer ist das
Stück aber nicht immer einfach zu
verstehen. Nicht alle Schauspieler
sprechen gut Deutsch. Neben der Anfangszene auf Tigrinya gibt es deshalb auch einen langen Monolog auf
Englisch. «Es war schwierig, das
Stück zusammenzustellen. Aber es
war auch eine bereichernde Herausforderung», sagt Egloff.
Eritrean Comedy 12. und 13.12., 20 Uhr,
16.12., 17 Uhr, im Roschtige Hund, Aarau
Mehr Fotos von den Theaterproben auf
www.aargauerzeitung.ch
PRA-Statuten trotz Kritik akzeptiert Widerstand gegen Werkgebäude
Gretzenbach An der Gemeindeversammlung vom Montagabend nahmen 44 der 1645 Stimmberechtigten
teil. Dies entspricht gerade mal 2,6
Prozent. Von den 15 traktandierten
Geschäften gab einzig die Satzungsänderung des Planungsverbandes der
Region Aarau zu einer Wortmeldung
Anlass. Der Antrag auf Ablehnung
ging aber nicht durch, er wurde mit
23 gegen 9 Stimmen abgewiesen.
Gretzenbach ist Mitglied beim
PRA wie auch die Solothurner Gemeinden Schönenwerd, Niedergösgen,
Eppenberg-Wöschnau
und
Erlinsbach. Bis anhin sind bei wichtigen Beschlüssen im Planungsverband einstimmige Entscheide erforderlich, was grundlegende Neuerungen praktisch verunmöglicht. Auch
die Reform auf der Basis des Regio-
nalentwicklungskonzepts REK wäre
erschwert, wenn nicht gänzlich blockiert. Die Revision soll deshalb die
Satzungen reformfähig machen. Anstelle der Einstimmigkeit ist eine
Zweidrittelmehrheit vorgesehen. Gemeinderat Mario Schenker kritisierte, dass mit der Satzungsänderung
der direkte Einfluss der einzelnen
Gemeinde genommen werde und beantragte Ablehnung.
Das Budget 2012 schliesst bei einem Aufwand von 12,2 Mio. Franken
mit einem Aufwandüberschuss von
fast 230 000 Franken ab. Mario
Schenker, für die Finanzen zuständig, gab zu bedenken, dass die Neuverschuldung nur finanziert werden
kann, wenn die Rechnungsergebnisse in den nächsten Jahren deutlich
besser ausfallen. (AZ)
Lostorf An der ausserordentlichen
Gemeindeversammlung in Lostorf
haben am Dienstagabend 73 der
2788 Stimmberechtigten teilgenommen. Ganz knapp mit 35 Ja zu 34
Nein wurde in Sachen Werkhof-Neubau Eintreten beschlossen. Die
Schlussabstimmung über den Kredit
von brutto 5,53 Mio. Franken (netto
4,634 Mio.) findet am 3. März 2013
statt.
Kritisiert wurde die Entsorgungsstelle, die beim Werkgebäude am
Rande des Dorfs zu weit entfernt sei.
Nicht begeistert zeigten sich Anwohner. Sie befürchten Lärm in ihrem
Quartier. Sie hätten das Werkgebäude lieber im Bereich der Kreisschule
gesehen. Bauverwalter Stefan Götschi hielt solchen Vorbehalten entgegen, dass der Kanton eine Landeinzo-
nung nicht akzeptieren würde. Auch
das Raumprogramm stiess auf Kritik,
insbesondere das Sitzungszimmer,
die teure Kücheneinrichtung für Vereinsnutzungen sowie der Jugendraum.
Die Versammlung genehmigte ohne Gegenstimme den jährlich wiederkehrenden Zusatzbeitrag über
35 000 Franken zuhanden der Stiftung von Schloss Wartenfels. Des
Weiteren hiessen sie die Teilrevision
der Statuten der Kreisschule Mittelgösgen gut sowie den Lostorfer Anteil zur Sanierung von Rohrleitungen
in der Kreisschule Mittelgösgen
(226 480 Franken). Ja sagte der Souverän auch zur Teilrevision der Dienstund Gehaltsordnung. Die Versammlung konnte um 21.30 Uhr geschlossen werden. (AZ)
1000 Seiten Weltliteratur in einen
zweistündigen Kinofilm umzusetzen, ist bereits ein Meisterstück.
Umso mehr, wenn es sich dabei
um Tolstois bedeutende Tragödie
über unerfüllbare Liebe, tiefe Leidenschaft, Ehre und Moral in russischen Adelskreisen des 19. Jahrhunderts handelt.
1874: Russlands Oberschicht
gleicht einem Schauplatz der Eitelkeiten. Mitten in dieser prunkvollen Leben entflammt der
schnittige Offizier Wronski in unwiderstehlicher Liebe zur bezaubernd schönen Anna Karenina.
Wider alle Zwänge und Regeln
der Familie, wider alle Vernunft,
die Missachtung und Ablehnung
durch die Gesellschaft ignorierend, bricht Anna aus ihrer unglücklichen Ehe aus, verlässt ihren geliebten Sohn.
Regisseur Wright hat erkannt,
dass Tolstois komisch-tragische
Romanfiguren ein Leben führen
wie im Theater und verlegt die
Handlung auf die Bühne. Die Darsteller kommen und gehen durch
Türen und Kulissen. Fantasie vermischt sich gekonnt mit der Realität. Mal fühlt man sich im Theatersaal, mal draussen in weiten,
wunderbaren Landschaften. Der
Film versetzt den Zuschauer in
längst vergangene romantische
Zeiten und lässt ihn in herrlich
opulenten, traumhaften Kulissen,
prächtigen Kleidern, kunstvoll arrangierten Szenen schwelgen.
Keira Knightley als wunderschöne, sexy Anna ist ideal besetzt. Sie verkörpert Eleganz, Leidenschaft, Stolz, überbordende
Vitalität und Abenteuerlust; zeigt
hervorragend, wie aus Spiel Verhängnis wird. Anna Karenina ist
eine ungewöhnliche, kunstvolle,
gelungene Neuverfilmung eines
(fast zu) unendlichen Liebesleidens, in der einzig die kurzen
oberflächlichen Einblicke in politische Themen etwas befremdlich
wirken. Ein zeitloser Klassiker als
wahres Fest der Sinne.
Tiefrotes Budget
wurde genehmigt
Niedergösgen In Niedergösgen haben am Dienstagabend 60 der 2273
Stimmberechtigten an der Budgetgemeindeversammlung teilgenommen.
Sie hiessen den Voranschlag 2013
mit einem Aufwandüberschuss von
rund 1,087 Mio. Franken gut. Ferner
stimmten sie einem Kreditbegehren
über 420 000 Franken für den kompletten Ersatz der Wasserleitung in
der Stiftsherrenstrasse zu. Es betrifft
dies die zweite Etappe der Verbindung Rebmattweg-Strickweg. Ebenso
genehmigten sie die Änderungen im
Feuerwehrreglement und in der Gemeindeordnung. Die Neueinstufung
der Löhne des Werkpersonals sowie
die Anpassung in der Dienst- und Gehaltsordnung wurden genehmigt.
Polizeivertreter des Kantons Solothurn orientierten über Massnahmen
zur Steigerung der Sicherheit in den
Dörfern. Dazu eingeladen hatte der
Gemeinderat, weil in der Vergangenheit immer wieder Chaoten die Gemeinde belästigen. Die Gemeinde
hat wenig Möglichkeiten, um die
Missstände zu beseitigen. Die Kantonspolizei hat deshalb das Projekt
«Hotspot» ins Leben gerufen. (AZ)