Die Akustik der neuen Synagoge Ohel Jakob in

Transcription

Die Akustik der neuen Synagoge Ohel Jakob in
Die Akustik der neuen Synagoge Ohel Jakob in München
Rudolf Liegl, Hans Högg
Möhler + Partner, 80336 München, E-Mail: [email protected]
Einleitung
Lange Jahrzehnte war die Hauptsynagoge der Israelitischen
Kultusgemeinde München und Oberbayern nach der
Zerstörung der Synagoge an der Maxburg im Jahr 1938 für
die Öffentlichkeit kaum erkennbar in einem Rückgebäude
untergebracht, bis im Jahr 2004 mit dem Bau einer neuen
Synagoge im Herzen von München begonnen werden
konnte. Nach zwei Jahren Bauzeit war es eine große Freude,
am 9. November 2006 die neue und architektonisch
anspruchsvolle Synagoge Ohel Jacob („Zelt Jakobs“)
eröffnen zu können.
Der zentrale Raum mit einer Länge von 22 m, einer Breite
von 13 m und einer Höhe von 8 m wird von einer Glas„Laterne“ mit den Maßen 19 m x 13 m x 9 m überwölbt und
von zwei Seitenemporen eingefasst. Insgesamt ergibt sich
ein Raumvolumen von ca. 6.250 Kubikmetern. Bei großen
Öffentlichkeitsveranstaltungen können sechs Schwingtüren
an der Rückseite geöffnet werden und ein zusätzliches
Volumen von ca. 950 Kubikmetern ankoppeln.
IEF
SCH
TRE
PPE
+1.12
+1.12
8
20
7
21
102 Plätze bei 0.50m
111 Plätze bei 0.45m (Festtag)
+0.80
+0.80
3
24
+0.48
Die akustischen Anforderungen in einer Synagoge sind
tendentiell hoch und es sollte bspw. bei vollbesetzter
Synagoge auch für jüngere, noch weniger „wortgewaltige“
Gemeindemitglieder möglich sein, aus den Schriften zu
lesen und bei vollbesetzter Synagoge an allen Plätzen
verstanden zu werden. Aus religiösen Gründen kommt dabei
anders als bspw. in christlichen Kirchen keine elektronische
Sprachverstärkung in Betracht.
Akustische
Maßnahmen
sollten
sich
in
das
Oberflächengestaltungskonzept, im wesentlichen Gläser,
Naturstein, Zedernholz einfügen und optisch als solche
nicht ablesbar sein.
Ausgangssituation ohne Akustikmaßnahmen
Eine erste Analyse der raumakustischen Verhältnisse zeigte
ohne akustische Maßnahmen erwartungsgemäß eine
vergleichsweise lange Nachhallzeit (s. Abb. 3), verbunden
mit einer schlechten Sprachverständlichkeit für alle
relevanten Sender/Empfänger Kombinationen, wie auch
detailliertere Simulationsberechnungen von Sprachverständlichkeitsmaßen zeigten.
7 STG 16/30
LICHTSCHACHT
TAGESSYNAGOGE
7 STG 16/30
10,00
3 STG
16/30
9,00
SICHERHEITSRÜCKWAND C4
SICHERHEITSBEREICH
FFB 0,00
RFB -0,15
+514,8
+514,7
270 Plätze bei 0.45m (Festtag)
BIMA
8,00
OBERLICHT
236 Plätze bei 0.50m
OPTION
SCHLEUSENTÜR
+0.48
+0.30
FFB 0,00
7,00
7 STG 16/30
LICHTSCHACHT
MIKWE
3 STG
16/30
7 STG 16/30
+0.48
5 STG
17.6/28
102 Plätze bei 0.50m
+0.80
+0.80
111 Plätze bei 0.45m (Festtag)
7
-0.40
+1.12
+1.12
STEINTÜR
Nachhallzeit
LICHTSCHACHT
MIKWE
RFB -0,15
6,00
5,00
4,00
3,00
+514,4
Abbildung 1: Grundriss der Synagoge [1]
2,00
1,00
0,00
125
+19.82
+19.00
250
500
1000
2000
4000
Frequenz
Abbildung 3: Prognostizierte Nachhallzeit ohne akustische
Maßnahmen, ohne Besucher
+8.00
Akustische Maßnahmen
POS
7 STG
15/31
2 STG
15/31
-0.15
23
-0.40
19
18
V3
M 1:50
7 STG
15/31
23 STG
17/28
Abbildung 2: Längsschnitt durch die Synagoge [2]
+30
-0.15
LICHTSCHACHT
+8.00
Als Flächen für die Aufnahme von Akustikelementen boten
sich in erster Linie die Rückwände hinter den Seitenemporen
und Teile der Schwingtüroberflächen an, für die eine
Zedernholzoberfläche angedacht war. Die Lösung, die das
gestalterische Konzept und die akustischen Erfordernisse zur
Deckung
brachten,
lieferten
mikroperforierte,
zedernholzfurnierte Metallkassetten, die rückseitig mit 50
10,00
9,00
8,00
7,00
Nachhallzeit
mm Steinwolle hinterlegt wurden. Damit stand, wie
Messungen des Schallabsorptionsgrads nach ISO 354 im
Prüfstand belegten, ein äußerst leistungsfähiger, breitbandig
wirksamer Schallabsorber zur Verfügung. Die Löcher der
Mikroperforierung weisen eine Lochweite von 0,7 mm auf,
sind erst ab einem Abstand von ca. 50 cm visuell erkennbar
und
entsprechen
damit
den
architektonischen
Ansprüchen.
6,00
5,00
4,00
3,00
2,00
1,00
0,00
125
250
500
1000
2000
4000
Frequenz
Abbildung 6: Nachhallzeiten: prognostizierte Werte ohne
Besucher (durchgezogene Kurve), Messwerte ohne Besucher
(strichpunktiert) und prognostizierte Werte bei vollbesetzter
Synagoge (gestrichelt)
Aus Abbildung 6 wird über die Oktavbandmittenfrequenzen
ein
gleichmäßiger
Nachhallzeitverlauf
und
eine
vergleichsweise geringe Abhängigkeit von der Besucherzahl
deutlich. Aufgrund der stabilen akustischen Bedingungen
treten während der Gottesdienste nur geringe Störungen
durch Unterhaltungen von Gottesdienstbesuchern auf. Die
gute Sprachverständlichkeit zeigt sich in der Praxis
beispielsweise bei den Bar Mizwa – Feiern. Während dieser
Feier werden die Jungen im Alter von 13 Jahren zu
vollwertigen Mitgliedern ihrer Gemeinde. Während der
Feier liest das künftige Gemeindemitglied bei in der Regel
vollbesetzter Synagoge aus der heiligen Schrift (Thora), hält
eine Ansprache an die Gemeinde und ist ohne elektronische
Sprachverstärkung an allen Plätzen gut verstehbar.
Abbildung 4: Blick in die Synagoge zum Thoraschrein
1,20
praktischer Schallabsorptionsgrad
1,00
0,80
0,60
0,40
0,20
0,00
125
250
500
1000
2000
4000
Frequenz
Abbildung 5: Praktischer Schallabsorptionsgrad der mikroperforierten Paneele [3]
Situation mit akustischen Maßnahmen
Abbildung 6 zeigt die prognostizierten und gemessenen
Nachhallzeiten unter Berücksichtigung der Akustikpaneele.
Literatur
[1] Wandel Höfer Lorch Architekten, Saarbrücken
[2] http://www.juedischeszentrumjakobsplatz.de
[3] Lindner AG, 94424 Arnstorf