Weihnachtsbaumproduktion in den Vereinigten Staaten

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Weihnachtsbaumproduktion in den Vereinigten Staaten
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Wald & Jagd
BAUERNBLATT | 26. Dezember 2015 ■
Blick über den großen Teich nach North Carolina
Weihnachtsbaumproduktion in den Vereinigten Staaten
Verkaufsfertige, geschnittene Frasertannen.
Frühe Zapfenbildung an Abies fraseri ist ein Problem.
Auf einer elftägigen Studienreise informierte sich kürzlich eine
Gruppe von Weihnachtsbaumproduzenten und Baumschulern aus
Deutschland und Ungarn in North
Carolina über die dortige Baumproduktion und Vermarktung.
Weiterhin standen Besuche von
Forschungs- und Versuchseinrichtungen, die zur Forst- und Umweltfakultät der NC State University in
der Hauptstadt Raleigh gehören,
auf dem Programm. Wissenschaftler und Berater dieser Institutionen begleiteten die Gruppe ständig, sodass ein reger Wissens- und
Erfahrungsaustausch stattfinden
konnte. Insgesamt wurden zwölf
Weihnachtsbaumfarmen und zwei
Baumschulen besucht.
zentriert sich auf 15 Counties (Bezirke) im Westen des Bundestaates,
nahe der Grenzen von Tennessee
und Virginia. Diese Region war das
Ziel der Studienreise.
gund Michigan. Etwa 13.000 Produzenten in den USA bewirtschaften insgesamt eine Fläche von über
140.000 ha. Hauptbaumarten sind
Abies balsamea (Balsamtanne),
Pseudotsuga (Douglasie), Abies fraseri (Frasertanne) und Abies nobilis
(Edeltanne). Bedeutend sind aber
auch einige Pinus-Arten (Kiefer).
Die Rangfolge ist in den einzelnen
Staaten unterschiedlich.
In North Carolina begann der
Weihnachtsbaumanbau vor etwa
50 Jahren am Südrand des Appalachengebirges, begünstigt durch
moderate Temperaturen und ergiebige Niederschläge, auch im
Sommer. Der Anbau heute kon-
Im Verhältnis zur Einwohnerzahl
stehen in den US-amerikanischen
Haushalten wesentlich weniger
natürliche Weihnachtsbäume als in
Deutschland. Während hierzulande jährlich etwa 24 Millionen Bäume gehandelt werden, sind es in
den USA bei etwa dreifacher Bevölkerung 28 bis 33 Millionen Bäume.
Nur etwa 21 % der Haushalte kaufen einen natürlichen Baum. Absatzpotenzial gibt es in den 32 %
Haushalten ohne Baum und den
etwa 47 % mit einem Kunstbaum.
Bäume wachsen im Osten
wie im Westen
In allen 50 Staaten baut man
Weihnachtsbäume an. Die größten Anbaugebiete liegen in Oregon, gefolgt von North Carolina- Church Cline Nursery.
Frasertanne dominiert
Anbau
Seit einigen Jahren nehmen die
Zahl der Anbauer und die Größe
der Anbaufläche ab. Ein Überangebot an Bäumen im Zeitraum 2008
bis 2014 hat kleinere Farmer zur
Aufgabe bewogen, bei anderen
fehlt ein Nachfolger. Zurzeit gibt
es noch etwa 1.500 Betriebe mit
über 12.000 ha Fläche. Die jährliche
Menge geernteter Bäume beträgt
fünf bis sechs Millionen Gepflanzt
wird zu über 95 % die Frasertanne.
Deren natürliches Verbreitungsgebiet befindet sich ebenfalls in den
Appalachen, auf Höhen zwischen
1.200 und 2.000 m. Es reicht in die
genannten Nachbarstaaten hinein. In Regionen um 1.000 m Höhe
wachsen die besten Fraserkulturen.
Tiefere Lagen in den südlicheren
Counties mit ihren für die Südstaaten typischen heißen Temperaturen sind für den Anbau der Frasertanne nicht geeignet. Hier produziert man Cupressocyparis leylandii, Cupressus arizonica, Juniperus
virginiana und Pinus strobus.
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■ BAUERNBLATT | 26. Dezember 2015
Aufwendiger Formschnitt
per Hand
Die Amerikaner bevorzugen einen kegelförmigen, künstlich anmutenden Baum. Ab dem dritten
Standjahr wird deshalb der Neuzuwachs jedes Baumes im Zeitraum
von Juli bis Ende August in Form
geschnitten. Im Verkaufsjahr erfolgt in der Regel allenfalls noch
ein geringer Schnitt. Diese Handarbeit führen fast ausschließlich
mexikanische Arbeiter mit der Machete aus. Ohne diese, so die häufige Aussage der Anbauer, wäre
die Produktion kaum noch möglich. Sie bekommen einen Mindestlohn, der in den einzelnen Staaten
unterschiedlich hoch ist und hier
bei 10,30 US-$ liegt, dazu kommen
weitere Kosten und Aufwendungen.
Im Oktober beginnt die Rodung
der ersten Bäume. Per Lkw erfolgt
der Transport der überwiegend
palettierten Bäume in alle anderen Staaten. Abnehmer sind meistens Großhändler und Ladenketten. Der Baumverkauf an den Endkunden startet überall Mitte November. An Thanksgiving, einem
der bedeutendsten Feiertage, jeweils am vierten Donnerstag im
November, muss der Baum in der
Wohnung stehen.
Da es im Oktober häufig noch
warm und sonnig ist, müssen die
geschlagenen Bäume schnell aus
den Quartieren zu schattigen Lagerplätzen abtransportiert werden. Geschieht dies nicht, gibt es
Verbrennungen an den Nadeln der
Frasertanne.
Der natürliche Bestand der Frasertanne ist durch die Anfang des
Diese Frasertanne in den Wäldern ist abgestorben durch Läusebefall.
20. Jahrhunderts aus Europa eingeschleppte Tannenstammlaus (Adelges piceae) stark bedroht. Seit Mitte der 1950er Jahre tritt sie in den
Wäldern auf. Bis jetzt sind durch
die Laus bereits 80 % der Bäume
abgestorben. In den Weihnachtsbaumkulturen ist sie zusammen
mit der aus Asien eingeschleppten Hemlocktannenschildlaus (Fiorinia externa) der bedeutendste
Schädling. Ein weiteres großes Problem ist die Phytophthora-Wurzelfäule. Bei mehrmaligem Nachbau
führt sie zu erheblichen Baumausfällen, sodass nach alternativen
Baumarten gesucht wird. In ersten Anlagen mit Abies nordmanniana musste man jedoch feststellen, dass sie früher austreibt als die
Frasertanne und deshalb spätfrostgefährdet ist. Hinzu kommt, dass
die Hemlocktannenschildlaus sie
gleich als attraktiven Wirtsbaum
angenommen hat. Fichtenarten
lassen sich gut kultivieren, aber
kaum vermarkten. Verkaufsfertige Bestände von Picea abies und
Picea pungens ,Glauca‘ stehen zur
Vernichtung an.
Die Weihnachtsbaumproduktion in den USA wird durch Forschung und Beratung stark von
den Forstfakultäten der Universitäten in den Staaten Oregon, Washington, Michigan und North Carolina unterstützt. So befassen
sich Wissenschaftler unter der Leitung von Professor John Frampton an der Universität in Raleigh
unter anderem mit genetischen
Fragen zu den Herkünften, der
Nadelhaltbarkeit und der Wider-
Einkürzung des Terminaltriebes. Die
Machete dient als Längenmaß.
Fotos: Kurt Lange
standsfähigkeit der Frasertanne
gegenüber Läusen und Phytophthora. Eine unerwünschte Eigenschaft dieser Baumart ist, dass sie
früh viele Zapfen bildet, die in aufwendiger Handarbeit zu entfernen
sind. Dies zu verhindern oder zumindest zu regulieren, ist ebenfalls
ein Forschungsprojekt. Mitarbeiter
von Universitäten sind in der Beratung tätig oder arbeiten mit Beratungsinstitutionen zusammen.
Ein Weg, der auch in Deutschland
wünschenswert wäre.
Kurt Lange
Landwirtschaftskammer
Tel.: 0 41 20-70 68-213
[email protected]
PEFC aktuell
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Im Rahmen der „Regionenoffensive“ werden deutschlandweit
sieben neue Regionalassistenten
die Arbeit von PEFC Deutschland
unterstützen. In der Region Nord
ist Sebastian Schlag der neue Regionalassistent und zuständig für
das Gebiet Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg. Der
gelernte Forstwirt hat in Göttingen Forstwissenschaften studiert und in diesem Jahr sein Referendariat bei den niedersächsischen Landesforsten erfolgreich
beendet. Sebastian Schlag ist Ansprechpartner für alle PEFC-Interessierten, für Waldbesitzer und
Unternehmen der Holzbranche. Er
wird die regionalen Arbeitsgruppen bei ihrer Arbeit unterstützen
und im kommenden Jahr die internen Audits übernehmen.
Mit der Schaffung der Regionalassistenten sind nun erstmals
Ansprechpartner von PEFC direkt
vor Ort für jeden verfügbar. Auch
in der Kommunikation mit der Öffentlichkeit können nun auf regionaler Ebene neue Wege eingeschlagen werden. Der Regionalassistent ist erreichbar unter
Tel.: 041-18 12 50 41 und schlag@
pefc.de.
PEFC ist die größte Institution zur
Sicherstellung nachhaltiger Waldbewirtschaftung durch ein unab-
und sozial nachhaltiger Forstwirtschaft.
PEFC Deutschland e. V. wurde
1999 gegründet und entwickelt
die Standards und Verfahren der
Zertifizierung, stellt der Öffentlichkeit Informationen bereit und
vergibt die Rechte am PEFC-Logo in Deutschland. PEFC ist in
Deutschland das bedeutendste
Waldzertifizierungssystem: Mit
PEFC-Regionalassistent Sebastian 7,3 Mio. ha zertifizierter WaldfläSchlag.
Foto: hnf che sind bereits rund zwei Drittel
der deutschen Wälder PEFC-zerhängiges Zertifizierungssystem. tifiziert.
Holz und Holzprodukte mit dem
PEFC-Siegel stammen nachweis- pm/Isa-Maria Kuhn
lich aus ökologisch, ökonomisch Landwirtschaftskammer