Menschen im Restaurant Er weiß, dass er es kann
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Menschen im Restaurant Er weiß, dass er es kann
Menschen im Restaurant Er weiß, dass er es kann aus: AHGZ-Druckausgabe Nr. 2014/25 vom 21. Juni 2014 Den Michelin-Stern trägt Marco Akuzun als Tattoo auf seiner Brust. „Für einen zweiten Stern ist hier noch Platz“, sagt der junge Koch in seiner lockeren Art und meint es doch ernst. Seit Januar 2013 ist Marco Akuzun Küchenchef im Restaurant Top Air im Airport Stuttgart. Im 23. Jahr schmückt sich „Claus Wöllhafs Baby“ (Zitat Akuzun) als einziges Airport-Restaurant Europas mit dem begehrten Stern, den einst dort Martin Öxle erkochte. Alex Seifermann, Rainer Sigg und Claudio Urru verteidigten ihn. Marco Akuzun tat es ihnen auf Anhieb nach und begeistert mit innovativer Kochkunst, die sich als äußerst aufwendig darstellt. Dabei war dem in Friedrichshafen am Bodensee geborenen Sohn einer deutschen Mutter und eines türkischen Vaters der Kochberuf nicht gerade in die Wiege gelegt worden. Akuzun bekennt ohne Umschweife, nach der 10. Klasse „keinen Bock mehr auf Schule“ gehabt zu haben. Auf Drängen der Mutter („Auf der faulen Haut liegen gibt es nicht“) und nach Hinweisen eines Freundes auf eine freie Lehrstelle im Storchen im nahen Oberuhldingen ließ er sich auf das Abenteuer in der Küche mit dem Hintergedanken ein: „Mal schauen, was ich später machen werde.“ Die Begeisterung für die Spitzengastronomie weckte bei ihm Manfred Lang (Residenz am See, Meersburg), der ihn nach der Lehre einstellte. „Er hat mir eine Chance gegeben, mich motiviert und mit Produkten und Techniken vertraut gemacht, die ich zuvor nicht kannte. Er hat in mir das Feuer, die Leidenschaft für das anspruchsvolle Kochen geweckt“, bekennt Akuzun. Es schlossen sich einige Wanderjahre mit vielen Stationen an, unter anderem als Küchenchef auf Burg Staufeneck bei Rolf Straubinger. In gleicher Funktion kehrte er für zwei Jahre zu Manfred Lang zurück, ehe er sich als Urrus Souschef im Top Air verdingte und diesen dann ablöste. Akuzun kocht fordernder und mutiger als sein Vorgänger und sieht sich selbst immer wieder als Grenzgänger. Der Gault Millau beschreibt seinen Kochstil als „ein Miniatur-Wunderland auf dem Teller, eine filigrane Masse unterschiedlicher Texturen und Aromen, ohne die handwerkliche Klasse aus den Augen zu verlieren“. Mit der erwähnten Treffsicherheit bei seinen Aromenspielen kann sich Akuzun identifizieren, nicht aber mit der getroffenen Einstufung auf 15 Punkte. „Meine Gerichte müssen Power haben und dennoch harmonisch sein. Grundsätzlich reichen drei bis vier Hauptprodukte, deren Konsistenz ich variiere.“ Das heißt dann beispielsweise Medaillon vom Black Cod (Schwarzer Kabeljau) mit Blutwurst, Erbsen (roh frittiert, ferner als Flan und Creme mit Wasabi und Minze), Spargel (roh mariniert weiß und grün), ergänzt um Morcheln, Morchelerde, geeiste Sauerrahmperlen und Zitronenschalencreme. Fürwahr ein kraftvolles Gericht, bei dem die sehenswerte Optik nicht Selbstzweck ist. Dass inzwischen viele Starköche das Potenzial auf Airports erkannt haben, zeigen Neueröffnungen von Giles Dupont und Thomas Byrne in Genf und von Heston Blumenthal in London-Heathrow. Dazu Marco Akuzun: „Es bleibt nur zu hoffen, dass die Neueröffnungen auch Bestand haben.“ Claus Wöllhaf jedenfalls tut einiges, um sein gastronomisches Vorzeigeobjekt weiterhin glänzen zu lassen. Er investierte jüngst in ein zeitgemäßes Outfit des Restaurants eine stattliche sechsstellige Summe. ZU MARCO AKUZUN Geboren 1982 in Friedrichshafen Ausbildung Kochlehre im Gasthof Storchen, Oberuhldingen Stationen u.a. Romantik Hotel Residenz am See, Meersburg; Burg Staufeneck, Salach Heutige Tätigkeit Küchenchef Restaurant Top Air im Stuttgarter Flughafen