Erlebnisbericht vom Einsatz in der eingestürzten Eishalle Bad
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Erlebnisbericht vom Einsatz in der eingestürzten Eishalle Bad
Erlebnisbericht vom Einsatz in der eingestürzten Eishalle Bad Reichenhall Vom 2.1. zum 4.1.2006 Von Michael Brandl, Feuerwehr Freilassing http://www.feuerwehr-freilassing.de/ feuerwehr weblog feuerwehr-weblog.de Erlebnisbericht – Einsatz beim Einsturz der Eishalle Bad Reichenhall Erlebnisbericht – Einsatz beim Einsturz der Eishalle Bad Reichenhall Ich war von 02.01.2006 – 04.01.2006 mehrmals am Feuerwehreinsatz nach dem Eishallen-Einsturz von Bad Reichenhall beteiligt. In den folgenden Zeilen möchte ich meine persönlichen Erlebnisse und Gefühle während des Einsatzes schildern. Der 02.01.2006 war ein besonderer Wintertag. Den ganzen Tag über fiel Schnee. Es war ein besonders nasser und schwerer Schnee. Ich wollte ursprünglich im Hof den Schnee zur Seite schaufeln, habe es jedoch auf den Abend verschoben, um nicht zweimal beginnen zu müssen. Gegen 16:00 Uhr erreichte mich die Meldung über den Einsturz der Eishalle in Bad Reichenhall. Ich begab mich ins Feuerwehrgerätehaus der Feuerwehr Freilassing. Als ich dort ankam bereiten Kameraden gerade das Schnelleinsatzzelt und unsere Vorräte an Decken vor, da diese Materialien bereits von der Einsatzleitung angefordert worden waren. Mit unserem Versorgungs-LKW brachten zwei Kameraden das Zelt und die Decken an die Einsatzstelle. Als der LKW vom Hof fuhr, kam über Funk die Meldung, dass weitere Kräfte und weiteres Material der Feuerwehr Freilassing benötigt wurden. Der RW 2 wurde angefordert. Unverzüglich besetzte ich mit zwei Kameraden das Fahrzeug. Zusammen mit dem ELW rückten wir kurze Zeit später zum zirka 20 Kilometer entfernten Einsatzort aus. Uns folgte das LF 16/12. Die Anfahrt gestaltete sich aufgrund der extremen Witterungsverhältnisse sehr schwierig, wir konnten nicht auf der Hauptstrecke fahren und mussten eine Nebenstrecke benutzen. Ich hatte bei der Anfahrt ein sehr mulmiges Gefühl, schließlich lies das, was am Funk zu hören war, nicht auf viel Gutes schließen. Ich fragte meine beiden Kameraden, wie es ihnen geht. Beide waren ebenfalls sehr angespannt. Nach zirka 30 – 40 Minuten hatten wir die Einsatzstelle erreicht. Wir stellten die Fahrzeuge zunächst in etwa 500 Meter von der Einsatzstelle entfernt ab und warteten auf weitere Anweisungen. Nach fünfminütigem Warten ging es dann Schlag auf Schlag. Gerade waren wir noch damit beschäftigt, angefordertes Beleuchtungsmaterial ans Objekt zu bringen, schon wurden mein Truppmann und ich abgezogen um das Schnelleinsatzzelt in Stellung zu bringen. Verletzte sollten darin versorgt werden können – andere Zelte waren bereits aufgebaut und voll in Betrieb. Unser Zelt wäre eines der nächsten gewesen – es stellte sich jedoch heraus, dass es keine große Anzahl von Verletzten mehr unter den Trümmern gab. Nun kam ich etwas zur Ruhe und konnte mir ein kurzes Bild von der Einsatzstelle machen. Unglaublich, was hier passiert war – ich war früher auch oft in dieser Halle beim Eislaufen. Zu diesem Zeitpunkt wurden alle Helfer aus der Halle abgezogen – die Arbeit war zu gefährlich – das Dach musste zunächst gesichert werden. Kräne, Bagger und andere Baumaschinen rollten an – einige kamen sofort zu Einsatz, anderen wurden Bereitstellungsräume zugewiesen. Wir gingen zurück zum Fahrzeug und wärmten uns auf. Seite 2/4 Erlebnisbericht – Einsatz beim Einsturz der Eishalle Bad Reichenhall Nachdem klar war, dass die Sicherungsarbeiten einige Zeit in Anspruch nehmen werden, begaben wir uns, vorbei an der eingestürzten Halle, in die eingerichtete Verpflegungsstelle für Einsatzkräfte. Die Stimmung im Raum, in dem auch viele andere Helfer saßen, war sehr gedrückt – ich glaube keiner wollte und konnte das Unglück so richtig realisieren. Wir wollten helfen, mussten jedoch zunächst aufgrund der großen Gefahr für die Einsatzkräfte warten. Später bekamen wir weitere Aufträge zur Ausleuchtung der Einsatzstelle. Als wir die Anforderung zu Rettungsarbeiten in der Halle bekamen, wusste ich nicht, was mich erwarten würde. Finden wir Überlebende? Ich hoffte es. Wir holten Schaufeln, Trennschleifer, Rettungssäge und viele weitere Geräte aus unseren Fahrzeugen und begaben uns in die Halle. Wir schaufelten zusammen mit Kräften der Polizei den teilweise meterhoch liegenden Schnee aus der Halle. Immer wieder richtete sich mein Blick nach oben. Rutschen weitere Teile nach? Fallen Trümmer herab? Das Gefühl unter diesen Umständen zu arbeiten ist unbeschreiblich – ich hatte so etwas zuvor nicht erlebt. Leider sah ich in der Halle Menschen, denen wir nicht mehr helfen konnten, wir hatten jedoch noch die Hoffnung helfen zu können. Wie lange wir schaufelten und Blechteile zur Seite schafften, kann ich nicht mehr sagen. In den frühen Morgenstunden wurden wir abgelöst und zunächst aus dem Einsatz entlassen. Ich war ausgepowert – nicht nur körperlich. Auf dem Heimweg sagte unser Maschinist zu mir, er sei froh, nicht mehr in der Halle zu sein. Dies konnte ich bestätigen, ich hatte die gleichen Gefühle. Mein erschöpfter Truppmann neben mir schlief zu diesem Zeitpunkt bereits. Am darauf folgenden Vormittag fuhren wir erneut nach Bad Reichenhall um nicht mehr benötigte Gerätschaften abzuholen. Jetzt bei Tageslicht, wurde das Ausmaß des Unglücks erst richtig sichtbar – ich fühlte mich leer und hilflos. Nach einer guten Stunde verließen wir die Einsatzstelle wieder. In den Abendstunden des 04.01.2006 fuhren wir zur Ablösung eingesetzter Kräfte für sechs Stunden an die Einsatzstelle. Diesmal waren wir mit Abstützarbeiten beschäftigt, um ein Einfahren von schweren Bergungsgeräten in die Halle zu ermöglichen. An diesem Abend lief auch die Suche nach der letzten Vermissten – sie konnte, wie ich später aus den Medien erfahren konnte, einige Zeit nach unserem Abrücken von anderen Einsatzkräften aufgefunden werden. Am Freitag den 06.01.2006 hatten wir die Möglichkeit im Rahmen einer Einsatznachbesprechung über unsere Erlebnisse zu sprechen. Seite 3/4 Erlebnisbericht – Einsatz beim Einsturz der Eishalle Bad Reichenhall Der Einsatz an sich beschäftigt mich derzeit nicht – vielmehr die Frage nach dem „Warum“. Warum mussten so viele unschuldige Menschen, die meisten von ihnen Kinder, bei diesem Unglück ihr Leben lassen? Ich weiß, dass mir diese Frage zum derzeitigen Zeitpunkt niemand beantworten kann… Den Angehörigen der Opfer wünsche ich viel Kraft und Mut, um dieses schwere Schicksal tragen zu können. Freilassing, 08.01.2006 Michael Brandl Seite 4/4