Jugendsozialarbeit an Stuttgarter Schulen

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Jugendsozialarbeit an Stuttgarter Schulen
Jugendsozialarbeit
an Stuttgarter Schulen
Rahmenkonzept
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Vorwort
Liebe Leserinnen und Leser,
die Zusammenarbeit von Schule und Jugendsozialarbeit hat in
Stuttgart eine lange und immer lebendige Tradition. Die Anfänge reichen zurück ins Jahr 1981. Damals wurde Schulsozialarbeit in den ersten vier Hauptschulen eingerichtet. Aufgrund
der Erfolge und der zunehmenden Anforderungen an die Hauptschulen konnte das Angebot bis heute für alle Hauptschulen
und ab dem Schuljahr 2010/2011 für 50 Prozent der Förderschulen ausgebaut werden.
Nach anfänglicher Skepsis wird die Schulsozialarbeit mittlerweile
von den Hauptschulen als ein qualitätvolles Angebot der Jugendhilfe geschätzt. Schulsozialarbeit unterstützt Schule bzw. Lehrerinnen und Lehrer in der individuellen Begleitung und Förderung
von Schüler/-innen, in der Vernetzung und Öffnung der Schule
und in der internen Schulentwicklung.
Zur Förderung der beruflichen Übergänge und zur Unterstützung aktiver und passiver Schulverweigerer/-innen sind in den
vergangenen Jahren eine Reihe befristeter Projekte an den
Hauptschulen eingerichtet worden. Finanziert werden diese Maßnahmen vom Bund, dem Europäischen Sozialfonds (ESF), dem
Land Baden-Württemberg oder von der Bundesagentur für
Arbeit. Diese Angebote sind in guter Abstimmung der beteilig-
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ten Akteure sowie nach dem Stuttgarter Grundsatz, dass ein
Jugendhilfeträger möglichst für alle Angebote an einer Schule
zuständig sein sollte, implementiert worden.
Durch die Vielzahl der Angebote mit unterschiedlichen Schwerpunkten ist ein höherer Abstimmungsbedarf erforderlich, sowohl
auf den Entscheidungsebenen als auch auf der Arbeitsebene.
Das vorliegende Rahmenkonzept ist die Basis für eine verlässliche und verbindliche Zusammenarbeit von Jugendsozialarbeit und Schule in der Zukunft.
arbeit an Schulen zukünftig zwischen beiden Systemen abgestimmt wird.
Jugendhilfe und Schule haben das gemeinsame Ziel, junge Menschen zu befähigen, ein selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Leben zu führen. Wir sind zuversichtlich, dass wir mit
dieser Vereinbarung eine weitere Grundlage geschaffen haben,
die uns diesem Ziel näher bringen kann.
Zunächst werden die gesetzlichen Grundlagen, Ziele und Angebote der Jugendsozialarbeit an Schulen beschrieben. Darüber
hinaus gibt das Konzept Auskunft über die Aufgabenvielfalt der
Systeme und beschreibt sowohl die thematischen Schnittstellen
als auch die originären Aufgaben der handelnden Personen aus
dem Schul- und Jugendhilfesystem. Damit wird in einem Arbeitsfeld mit unterschiedlichen Handlungslogiken und Prinzipien Verlässlichkeit und Sicherheit bei den Akteuren vor Ort geschaffen.
Das Rahmenkonzept wird die Zusammenarbeit von Schule und
Jugendsozialarbeit auf der strategischen Ebene voranbringen,
da die inhaltliche und strukturelle Ausrichtung der Jugendsozial-
Ulrike Brittinger,
Bruno Pfeifle,
Leiterin des Staatlichen Schulamts Stuttgart
Leiter des Jugendamts Stuttgart
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1. Jugendsozialarbeit an Schulen –
gesetzliche Grundlagen und Auftrag
Angebote der Jugendhilfe an Schulen sind Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe nach dem achten Sozialgesetzbuch (SGB
VIII). Die gesetzlichen Grundlagen der Jugendsozialarbeit an
Schulen werden allgemein im §1 (Recht auf Erziehung) und
differenziert im §13, Abs. 1 beschrieben. Danach sollen sich die
Angebote insbesondere an junge Menschen richten, die zum
Ausgleich sozialer Benachteiligungen oder zur Überwindung
individueller Beeinträchtigungen sozialpädagogische Unterstützung benötigen.
Aufgaben der Jugendsozialarbeit an Schulen sind nach der gesetzlichen Regelung die Unterstützung und Förderung der schulischen und beruflichen Ausbildung, die Eingliederung in die
Arbeitswelt sowie die soziale Integration junger Menschen. Die
Maßnahmen der Jugendsozialarbeit sind in jedem Fall mit den
Schulen und der Schulverwaltung abzustimmen (§ 13, Abs. 4).
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2. Stuttgarter Strukturmodell der sozialräumlichen
Jugendsozialarbeit an Schulen
Die Träger der Jugendsozialarbeit an Schulen werden in Stuttgart nach dem Prinzip der Sozialraumbezogenheit ausgewählt.
Das bedeutet, dass für die Angebote an den jeweiligen Schulstandorten insbesondere Träger in Frage kommen, die in diesem
Sozialraum bereits tätig sind (z. B. Einrichtungen der Offenen
Jugendarbeit, Mobiler Jugendarbeit, Hilfen zur Erziehung). Diese
Träger sind dann auch Anstellungsträger der Sozialarbeiter/
-innen, die an den Schulen tätig sind. Die Mitarbeiter/-innen
sind in den Teams der bestehenden Einrichtungen dieser Träger
eingebunden.
Dieses Strukturmodell bietet mehrere Vorteile:
| Das Schulpersonal sowie Schüler/-innen und Eltern profitieren
von den Sozialraumkenntnissen und beruflichen Verbindungen der Trägermitarbeiter/-innen zu sozialen, kulturellen und
berufsbezogenen Einrichtungen und Institutionen im Sozialraum.
richtungen und Institutionen im Sozialraum gegeben, die Öffnung der Schule in den Sozialraum wird erleichtert.
| Die Einbettung in eine sozialräumliche Einrichtung erleichtert
die Nutzung außerschulischer Personal- und Sachressourcen
(Projektarbeit mit Kollegen/-innen, Räume, Materialien, Spielgeräte, Finanzen) für die schulbezogene Tätigkeit.
| Durch das Team der Jugendhilfeeinrichtung erfährt der/die
Sozialarbeiter/-in Unterstützung, Reflexion und Selbstvergewisserung in der eigenen Arbeit an der Schule.
Dieses Strukturmodell war handlungsleitend bei der Implementierung der Sozialarbeit an Schulen. Aufgrund der guten Erfahrungen wurden weitere Angebote („Die 2. Chance“, Berufseinstiegsbegleiter, Vertiefte Berufsorientierung) nach diesem
Strukturprinzip eingerichtet. Um eine gute und reibungslose
Abstimmung der Angebote zu gewährleisten, soll auch künftig
für die Jugendsozialarbeit an einem Schulstandort möglichst ein
Träger zuständig sein.
| Schüler/-innen können schnell und unbürokratisch in die weiteren Einrichtungen des Träges begleitet und vermittelt werden.
| Mit Beginn des Angebots ist eine gute sozialräumliche Vernetzung zwischen Schule, Jugendhilfe und außerschulischen Ein3
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3. Jugendsozialarbeit an Schulen –Ziele und Selbstverständnis
Jugendsozialarbeit und Schule (§1 Schulgesetz für Baden-Württemberg) sehen sich in der Verantwortung, Jugendliche zu
unterstützen, eine positive Schulkarriere zu absolvieren und sie
für ein selbstbestimmtes Leben vorzubereiten. Beide Systeme
richten ihr Tun an diesen Zielen aus.
Auswirkungen auf Vernetzung und Kooperation sowie die
Schulentwicklung. Von Verbindungen und Wechselwirkungen
zwischen den Arbeitsbereichen ist auszugehen.
Jugendsozialarbeit ist ein sozialpädagogischer Arbeitsansatz, der
insbesondere an folgenden Arbeitsprinzipien ausgerichtet ist:
Für die Jugendsozialarbeit lassen sich diese allgemein formulierten Ziele in drei Arbeitsbereiche übersetzen:
| demokratische Kommunikationsprozesse und Mitbestimmung
(Aushandlungsprozesse) initiieren, gestalten und unterstützen,
1. die Befähigung der Schüler/-innen zur eigenständigen
Lebensgestaltung und Entwicklung zu einer gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit;
| lebenslagenorientierte, ganzheitliche und flexible
Unterstützung und Förderung junger Menschen,
2. die Vernetzung der Systeme Jugendhilfe und Schule und die
Vermittlung zwischen den Systemen sowie die Öffnung des
Schullebens in den Sozialraum;
3. die Unterstützung in der internen Schulentwicklung.
Im praktischen Handeln hat der erste Arbeitsbereich Priorität.
Die beiden anderen Bereiche sind zum einen notwendige Voraussetzung für das Gelingen des 1. Arbeitsbereiches. Außerdem
haben Aktivitäten im Bereich der individuellen Begleitung und
Unterstützung der Schüler/-innen und ihrer Eltern immer auch
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| Freiwilligkeit bei der Teilnahme und Mitgestaltung der
Angebote.
Diese Arbeitsprinzipien und die darauf aufbauenden Methoden
und Angebote sind eine Bereicherung für das Schulleben.
Sozialarbeiter/-innen gelingen oftmals Zugänge zu jungen Menschen, die von Lehrer/-innen nicht mehr erreicht werden
können. Darüber hinaus ermöglichen individuelle und mehr im
informellen Bereich angesiedelte Lernangebote der Jugendsozialarbeit den Schüler/-innen die Möglichkeit, ihre Begabungen
und Talente entdecken und zeigen zu können. Diese Erfahrungen stärken die jungen Menschen in ihrer Selbsteinschätzung
und in ihrem Selbstbewusstsein.
Eine von Jugendsozialarbeit und Schule gemeinsam vorgenommene Entwicklung, Durchführung und Auswertung lebenslagenorientierter Einzelfallhilfen und Projekte ermöglichen den
Lehrer/-innen einen ganzheitlicheren Blick auf ihre Schüler/
-innen. Das Problembewusstsein und Verständnis auf die (außerschulischen) Lebenswelten werden durch die Zusammenarbeit
erhöht, das Verhalten „schwieriger“ Schüler/-innen wird nachvollziehbar. Ins Schulleben integrierte Arbeitsprinzipien der
Jugendsozialarbeit wie Partizipation und Mitbestimmung können Schüler/-innen und ihre Eltern aktiv einbeziehen. Jugendsozialarbeit kann hier neue Schulkulturen unterstützen, die sich
an den Lebensrealitäten und individuellen Lebenslagen ihrer
Schüler/-innen ausrichten.
einen sicheren und selbstbewussten Stand an der Schule einnehmen zu können. Dafür erweist sich das Stuttgarter Strukturmodell insofern als Vorteil, als dass durch die Einbettung des/
der Sozialarbeiters/-in an der Schule in ein erweitertes Team
diese Reflexion und Vergewisserung leicht möglich ist.
Die Auseinandersetzung mit systemfremden Arbeitsprinzipien
gilt in gleicher Weise auch für das Schulsystem. Auch Lehrer/
-innen sind gefordert sich mit den Prinzipien der Jugendsozialarbeit auseinenderzusetzen sowie offene und partizipative
Methoden in das Schulleben einzubinden und diese nicht als
Einmischung und Verunsicherung, sondern als Bereicherung
und Stärkung ihrer Arbeit erleben.
Eine gute Zusammenarbeit der Systeme ist auf beiden Seiten
aber auch mit Stolpersteinen und Befürchtungen verbunden
und verlangt hohe Flexibilität. Wenn Jugendsozialarbeit mit und
an Schulen erfolgreich arbeiten will, muss sie sich in gewisser
Weise auf das Schulsystem einlassen, mit der Schule kooperieren und Prinzipien der Schule anerkennen. Gleichzeitig muss sie
ihre Haltungen, Prinzipien und ihr eigenständiges Profil bewahren. Die Träger und Mitarbeiter/-innen der Jugendsozialarbeit an
Schulen erleben dies häufig als einen Spagat zwischen den
Erwartungen der Schule und dem eigenen professionellem Tun.
In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die eigene Tätigkeit
und das eigene Wirkungsfeld immer wieder zu reflektieren, um
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4. Angebote der Jugendsozialarbeit an Schulen
4.1. Schulsozialarbeit an Förderschulen, Hauptschulen,
Werkrealschulen und Realschulen
Seit dem Schuljahr 2010/2011 steht das Angebot Schulsozialarbeit in sieben von elf Förderschulen zur Verfügung. Zusätzlich
verfügt eine Stuttgarter Realschule über Schulsozialarbeit.
Schulsozialarbeit ist eine ganzheitliche, lebensweltbezogene
und lebenslagenorientierte Förderung und Hilfe für Schüler/
-innen im Zusammenwirken mit der Schule und der Familie.
Sie knüpft an den bedeutsamen Lebensphasen und Lebenssituationen von Jugendlichen an, in denen es zu Verhaltensschwierigkeiten und drohender Ausgrenzung (z. B. Mobbing,
Schulverweigerung) kommen kann. Schulsozialarbeit ist präventive Jugendhilfe und vermittelt grundsätzliche Lebensbewältigungskompetenzen. Sie arbeitet aber auch intervenierend in
akuten Konflikt- und Krisensituationen.
Ziele der Schulsozialarbeit
| Soziale Integration der Schüler/-innen, gewaltfreie Konfliktlösung und Kommunikation, Abschluss einer positiven Schulkarriere, Vermeidung einer aktiven und passiven Schulverweigerung; Schüler/-innen entwickeln Kompetenzen zur eigenständigen und ressourcenorientierten Lebensgestaltung sowie
zur gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit.
| Stärkung der Erziehungsverantwortung der Eltern durch aktivierende Elternarbeit,
| Unterstützung der Schule bei der Öffnung in den Sozialraum,
Entwicklung einer sozialen Kultur und Gestaltung als Lebensraum für Kinder und ihre Familien,
| zusätzlich für Förderschulen: Erfolgreiche (Re)Integration von
Förderschüler/-innen nach individuellen Erfordernissen in das
Regelschulsystem.
In Stuttgart bieten alle 34 öffentlichen Haupt- und Werkrealschulen Schulsozialarbeit an. Gegenüber den befristet eingerichteten Projekten (siehe 4.2 bis 4.4) ist die Schulsozialarbeit in
Stuttgart das einzige dauerhaft verankerte Strukturelement der
Jugendsozialarbeit an Schulen und bietet damit die strukturelle
Basis für alle weiteren Angebote der Jugendsozialarbeit an
Schulen. Gemäß dem Stuttgarter Strukturmodell der Jugendsozialarbeit an Schulen ist der jeweilige Träger der Schulsozialarbeit auch für alle weiteren Angebote an einem Schulstandort
zuständig.
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Zielgruppe
| Alle Schüler/-innen ab den Eingangsklassen und deren Eltern
Angebote
| Einzelfallhilfe, Unterstützung (und Vermittlung an weiterführende Hilfen) von Schüler/-innen,
| Beratung und Unterstützung der Eltern, Einbeziehung in Hilfeprozesse, Einbeziehung der Eltern in das Schulleben,
| Projekte zur Förderung sozialer Kompetenz, Prävention,
Verbesserung des Schulklimas,
| Unterstützung der Schüler/-innen im Übergang von der Schule
in die Ausbildung,
| Angebote zur Freizeitgestaltung für Schüler/-innen,
| spezifische Angebote für Mädchen und Jungen,
| Büro mit offenen Sprech- und Beratungszeiten für Schüler/
-innen, auch als niedrigschwellige Anlaufstelle für Eltern,
| offene Treffs als Orte der Kommunikation und Belebung des
Schulalltags eröffnen den Schüler/-innen Partizipations- und
Gestaltungsmöglichkeiten,
| Beratung von Schulleitung und Lehrer/-innen,
| Vermittlung außerschulischer Kontakte für Schüler/-innen z. B.
zu Vereinen und Kultureinrichtungen,
| Kooperation mit außerschulischen Institutionen, Vernetzung
mit sozialen Einrichtungen im Stadtteil.
lastung. So kann sich Schulsozialarbeit verstärkt auf Einzelfallhilfen, Projekte für Klassen fünf bis neun/zehn, Abstimmung mit
Schulkollegien und die Kooperation mit externen Partnern konzentrieren.
Träger
Träger der Angebote sind der Caritasverband für Stuttgart, die
Evangelische Gesellschaft für Stuttgart, die Stuttgarter Jugendhausgesellschaft, die Stiftung Jugendhilfe Aktiv und die St. Josef
gGmbH.
Finanzierung
Das Angebot Schulsozialarbeit wird mit einer jährlichen pauschalen Zuwendung, unter Berücksichtigung eines Eigenanteils
der Träger, finanziert. Der Trägeranteil muss mindestens zehn
Prozent des anerkannten Aufwands betragen. Landesmittel stehen nicht zur Verfügung.
Vermittlung an weitere Angebote an Schulen
Über die Schulsozialarbeit und die Schulleitung werden Schüler/
-innen an zusätzliche Angebote mit spezifischer Zielsetzung,
wie „Die 2. Chance“, „Berufseinstiegsbegleiter“, herangeführt.
Schulsozialarbeit hat hier die Funktion des Schnittstellenmanagers und des Türöffners für weitergehende Angebote. Gleichzeitig erfährt sie durch diese Spezialangebote eine wichtige Ent7
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Modul 2: Online-Bewerbungstraining
Die Schüler/innen lernen das Internet für Bewerbungen zu nutzen. Sie informieren sich online über Ausbildungsberufe, Schulische Weiterbildung sowie über mögliche Arbeitgeber und
deren Praktikums- und Ausbildungsplätze. Außerdem erstellen
sie eine Mappe für die Online-Bewerbung.
4.2. Vertiefte Berufsorientierung für Werkreal-, Hauptund Realschulen nach §33 SGB III
Ziel:
Unterstützung bei der Berufswegeplanung und beruflicher
Orientierung
Zielgruppe
Schüler/-innen an allen Werkrealschulen und Hauptschulen
Angebot
Das Angebot gliedert sich in drei Module.
Modul 1: Berufliches Planspiel
Ein berufliches Planspiel ermöglicht Schüler/innen der Klassen
acht oder neun sich innerhalb eines halben Tages in eine simulierte Berufswelt hineinzuversetzen. Sie durchlaufen spielerisch
unterschiedliche Stationen des Bewerbungsalltags wie Berufsberatung, Einstellungstest, Assessmentcenter, Firmen und Berufliche Schulen. Sie können alternative Berufswünsche entwickeln,
sich informieren, welche Möglichkeiten ihnen zur Weiterbildung
im Bereich beruflicher Schulen zur Verfügung stehen und Informationen zu Rechten und Pflichten von Azubis erhalten.
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Modul 3: Vor- und Nachbereitung der Module 1 und 2
In unmittelbarer Nähe zur Schule bieten Infobüros der Träger
Einzelberatung und Vor-/Nachbetreuung für die Teilnehmer/
-innen des Planspieles und des Online-Bewerbungstrainings an.
Darüber hinaus werden Schüler/-innen bei ungeklärten Fragen
der Berufsorientierung begleitet und unterstützt, z. B. durch
Stärken- und Schwächenanalyse, Reflexion über Neigungen und
Fähigkeiten, Erstellen und Korrigieren von Bewerbungsmappen.
Sie können Vorstellungs- und Telefongespräche üben sowie
Stellen als Hospitanten und Betriebspraktikanten suchen. Eine
Überleitung zur Berufsberatung wird gewährleistet.
Träger
Träger der Angebote sind der Caritasverband für Stuttgart, die
Evangelische Gesellschaft für Stuttgart und die Stuttgarter
Jugendhausgesellschaft. Die Projektleitung und Gesamtkoordination liegt bei der Stuttgarter Jugendhaus gGmbH.
Finanzierung und Projektlaufzeit
Die Agentur für Arbeit Stuttgart sowie das Jugendamt finanzieren das Projekt zu je 50 Prozent. Das Projekt ist befristet bis zum
31. Juli 2011.
4.3 „Die 2. Chance“
Ziel:
Ziel des Projektangebots „Die 2. Chance“ ist es, einer aktiven
und passiven Schulverweigerung entgegenzuwirken. Die
Schüler/-innen sollen (wieder) regelmäßig die Schule besuchen,
sich aktiv am Unterricht beteiligen und eine stabile Leistungsentwicklung zeigen. Der Schulabschluss wird angestrebt. Mit
Blick auf das Ziel sollen soziale und familiäre Probleme aufgearbeitet werden.
Zielgruppe
„Die 2. Chance“ richtet sich an aktive und passive Schulverweigerer/-innen. Dieses Angebot ist mit einem Stellenbudget in
Höhe von 500 Prozent ausgestattet. Damit können insgesamt
75 Schüler/-innen betreut werden. Das Angebot steht allen
Stuttgarter Werkrealschulen und Hauptschulen zur Verfügung.
Angebot
Mit Unterstützung von Casemanager/-innen gehen die jugendlichen Schulverweigerer/-innen ihre persönlichen und sozialen
Probleme an, die einem erfolgreichen Schulbesuch und Schulabschluss im Weg stehen. Die Casemanager/-innen sind dabei das
Bindeglied zwischen Schüler/-innen, Schulleitung, Lehrer/-innen
und Eltern. Sie koordinieren die Einzelmaßnahmen und Unterstützungsangebote und dokumentieren den Verlauf und Prozess.
Arbeitsweise und Vorgehen
| Schnelle und unbürokratische Hilfe für Schüler/-innen und
Eltern
| Auseinandersetzen mit der Schulverweigerung und Suche der
zugrunde liegenden Ursachen
| Perspektiven als Motivation für den regelmäßigen Schulbesuch aufbauen
| Begleitung der Schüler/-innen in Krisensituationen
| Festlegung eines individuellen Förderplans
| Absprache und Überprüfung der getroffenen Vereinbarungen
| Nutzung von Netzwerken: Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Institutionen sowie Einbeziehung von Angeboten, die
die Zielsetzung der „2. Chance“ unterstützen
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Träger
Träger der Angebote sind der Caritasverband für Stuttgart, die
Evangelische Gesellschaft für Stuttgart und die Stuttgarter Jugendhausgesellschaft. Die Projektleitung und Gesamtkoordination liegt beim Caritasverband für Stuttgart.
Finanzierung
Das Angebot „Die 2. Chance“ wird aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) und aus Projektmitteln des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend finanziert.
Die Projektfinanzierung ist bis zum 31. August 2011 gesichert.
Teilnehmende Werkrealschulen
| Altenburgschule (Bad Cannstatt)
| Bismarckschule (Feuerbach)
| Elise von König-Schule (Münster)
| Friedensschule (Stuttgart-West)
| GWRS Heumaden
| Lerchenrainschule (Stuttgart-Süd)
| Luginslandschule (Untertürkheim)
| Schillerschule (Bad Cannstatt)
| Uhlandschule (Zuffenhausen)
| Wilhelmschule (Wangen)
Ziel
Haupt- und Werkrealschüler/-innen soll der Übergang in die
Ausbildung durch individuelle Förderung und Begleitung erleichtert werden.
Angebot
Schüler/-innen ab Klasse acht erhalten maßgeschneiderte Unterstützungs- und Förderangebote mit dem Ziel, ihre Leistungen
in der Schule zu verbessern. Die Schüler/-innen werden auf
ihren weiteren beruflichen und/oder schulischen Werdegang individuell vorbereitet. Während der anschließenden Ausbildung
werden die jungen Menschen begleitet, um sie in kritischen
Situationen zu stabilisieren. Ausbildungsabbrüche sollen so
vermieden werden.
Zielgruppe
Je Schule 20 Schüler/-innen ab Klasse acht, die eine individuelle
Unterstützung benötigen.
Die Themen- und Arbeitsschwerpunkte der Berufseinstiegsbegleiter/-innen sind Einzelcoaching der Schüler/-innen, Erlernen
von Schlüsselkompetenzen, Stärken- und Schwächenanalyse,
4.4 Berufseinstiegsbegleiter
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Bewerbungstrainings, Begleitung während des Bewerbungsprozesses und, bei Bedarf, kontinuierliche Unterstützung während
des ersten Ausbildungsjahres.
Träger
Die Projektträger sind die Evangelische Gesellschaft für Stuttgart
e.V., der Caritasverband für Stuttgart e.V. und die Stuttgarter
Jugendhaus gGmbH. Die Projektleitung und die Gesamtkoordination hat die Evangelische Gesellschaft für Stuttgart e. V.
Finanzierung
Das Projekt ist zunächst finanziert bis zum 31. Januar 2012. Die
Finanzierung erfolgt aus Mitteln der Bundesagentur für Arbeit.
Eine Erweiterung des Projektes für die Uhland-, Schiller-,
Bismarck-, Friedens- und Wilhelmschule ab Herbst 2010 ist vorgesehen.
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5. Kooperationsstrukturen: Jugendsozialarbeit und Schulen in Stuttgart
Damit konstruktive und tragfähige Verbindungen zwischen
Jugendsozialarbeit und Schule entstehen, ist eine enge Kooperation und Abstimmung auf mehreren Ebenen notwendig.
Die Ergebnisse der Sitzung werden in gemeinsamen Vereinbarungen fixiert und gegebenenfalls Arbeitsaufträge zur Bearbeitung an die Arbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit an Schulen
delegiert.
Diese beinhaltet folgende dreiteilige Kooperationsstruktur:
1. Lenkungsgruppe Jugendsozialarbeit an Förder-, Hauptund Werkrealschulen
Zwischen den Trägern der Jugendsozialarbeit an Schulen, dem
Jugendamt, dem Staatlichem Schulamt und den geschäftsführenden Schulleiter/-innen finden jährlich Gespräche statt. Sie
tauschen Erfahrungen aus und nennen Entwicklungsthemen, die
aus Sicht von Schule und Jugendhilfe in der Arbeit an und mit
den Schulen im kommenden Jahr bearbeitet werden sollten:
| Auswirkungen der Schulentwicklungen auf die Angebote der
Jugendsozialarbeit (Werkrealschulen, Inklusion, Ganztagesschulen),
| Entwicklung abgestimmter Förderkonzepte bei gefährdeten
Schüler/-innen,
| Entwicklungen geschlechterbewusster und interkultureller
Arbeitsansätze,
| Neue Formen der Familienaktivierung,
| Qualifizierung und gemeinsame Fortbildungen von Schul- und
Jugendhilfepersonal,
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| Abstimmung bzgl. öffentlicher Fördermaßnahmen und Ausschreibungen.
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2. Arbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit an Schulen
Die Arbeitsgemeinschaft besteht aus Trägervertreter/-innen der
Jugendsozialarbeit an Schulen, delegierten Rektoren/-innen von
Förder-, Haupt- und Werkrealschulen sowie Vertreter/-innen des
Staatlichen Schulamtes und des Jugendamtes. Die Arbeitsgemeinschaft tagt vierteljährlich. Sie hat den Auftrag, sich gegenseitig über aktuelle Themen und Entwicklungen, die sich an den
Schulen ergeben, zu informieren und die Weiterentwicklung der
Angebote und der Kooperation an und mit den Schulen zu
befördern. Darüber hinaus bringt sie ihre Erfahrungen und Entwicklungsthemen in die Lenkungsgruppe ein und setzt Vereinbarungen bzw. Aufträge aus der Lenkungsgruppe um.
Die Koordination dieser Arbeitsgruppe liegt bei der verantwortlichen Stelle des Staatlichen Schulamtes und der Jugendhilfeplanung des Jugendamtes.
3. Individuelle Vereinbarungen zwischen Trägern der
Schulsozialarbeit und den Schulen
3.1 Vereinbarungen bei der Angebotseinrichtung
Die Tätigkeit eines Sozialarbeiters/einer Sozialarbeiterin an Schulen erfordert eine hohe Bereitschaft zur Zusammenarbeit und
Abstimmung zwischen den Beteiligten. Klare Absprachen über
Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten sind ebenso erforderlich wie Vertrauen und Zutrauen in die jeweiligen Kompetenzen
der anderen Berufsgruppe.
Im Tätigkeitsbereich der Schulsozialarbeit hat sich bewährt, im
Prozess der Implementierung des Angebots eine Vereinbarung
zwischen Schule und dem Träger der Schulsozialarbeit zu schließen, um einen verlässlichen und verbindlichen Rahmen für die
Zusammenarbeit zu haben.
3.2. Jährliche Gespräche zwischen Träger und Schulleitung an
den einzelnen Schulen
Zu Beginn des neuen Schuljahres finden zwischen den Trägern
der Schulsozialarbeit und der jeweiligen Schulleitung Gespräche
statt. Dabei wird zunächst eine Auswertung des vergangenen
Jahres vorgenommen sowohl fachlich, inhaltlicher Art als auch
in Bezug auf die Zusammenarbeit. Anschließend bringen die
Träger unter anderem die in der Lenkungsgruppe vereinbarten
Entwicklungsthemen sowie die spezifischen Themen ein, die für
die jeweilige Schule wichtig sind. Die Schule benennt ebenfalls
ihre Entwicklungsthemen. Ziel des Gesprächs ist es, für das
kommende Schuljahr eine abgestimmte und standortbezogene
Maßnahmenplanung (wie die Themen mit welchen Partnern
umgesetzt werden) für beide Partner verbindlich zu vereinbaren.
Die Vereinbarung enthält Aussagen zu folgenden Punkten:
| Verständigung auf gemeinsame Ziele hinsichtlich auf Entwicklung der Schule und ihrer Schüler/-innen,
| Verständigung auf eigenständige und gemeinsame Aufgaben
und Angebote von Schule und Schulsozialarbeit,
| Verständigung auf verbindliche Formen der Kooperation
(Inhalte und Struktur) zwischen Schule und Jugendhilfeträger,
| Verständigung über Bereitschaft beider Systeme, Personalund Finanzressourcen einzubringen.
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6. Perspektiven
An Schulen werden in naher Zukunft weit reichende Veränderungen stattfinden, die auch Auswirkungen auf die Jugendsozialarbeit an Schulen haben und von beiden Partnern ein hohes
Maß an Flexibilität und Veränderungsbereitschaft abverlangen.
6.1 Jugendsozialarbeit an Schulen und die Ganztagesschulentwicklung
In den kommenden Jahren werden in Stuttgart eine Vielzahl
von Grund- und weiterführenden Schulen zu Ganztagesschulen
aus- bzw. umgebaut. Dies bedeutet, dass sich Schulen stärker
als bisher zu zentralen Lebensorten junger Menschen wandeln.
Für Schulen und für die Jugendsozialarbeit ergibt sich eine Reihe von Fragestellungen. So erfordert und ermöglicht ein rhythmisierter Tagesablauf ein neues Zusammenspiel von formellen
und informellen Formen des Lernens. Träger der Jugendsozialarbeit übernehmen an Ganztagesschulen mehr Aufgaben im
Bereich der Betreuung und freizeitpädagogische Angebote.
Durch diese Entwicklung wird eine noch engere Abstimmung
zwischen Schule und Jugendsozialarbeit notwendig.
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6.2 Entwicklungen der Werkrealschulen
Die Entwicklungen der Werkrealschulen werden auf das Angebot und die Schwerpunkte der Jugendsozialarbeit Auswirkungen haben, auch wenn diese heute noch nicht abzusehen sind.
Sicher ist, dass die Anforderungen steigen werden, da mittelfristig von einer höheren Zahl von Schülerinnen und Schülern
auszugehen ist, eine weitere Klassenstufe hinzukommen und
der neue Abschluss weitere Herausforderungen mit sich bringen
wird. Gegebenenfalls kann hier mit Ressourcenverschiebungen
reagiert werden, da Schließungen kleinerer Hauptschulen für
die kommenden Jahre nicht auszuschließen sind. Erste Planungsschritte zur Gestaltung dieser Entwicklung sind bereits abgesprochen.
6.3 Ausbau der Jugendsozialarbeit an Grund- und weiterführenden Schulen
Für die kommenden Jahre ist der Ausbau der Jugendsozialarbeit
für Grund- und Realschulen sowie Gymnasien ein wichtiges
Thema. Vor dem Hintergrund der Erfolge an den Hauptschulen
wird sowohl im Stuttgarter Gemeinderat als auch aus dem
Schulsystem der Wunsch nach bedarfsgerechten Lösungen vorgebracht.
6.4 Projekte an Schulen
„Vertiefte Berufsorientierung“, „Berufseinstiegsbegleiter“ und
„Die 2. Chance“ sind befristet eingerichtete Projekte, die aus
Mitteln des Bundes, des Europäischen Sozialfonds (ESF) oder der
Agentur für Arbeit finanziert werden. Das Programm „Berufseinstiegsbegleiter“ wird zum Schuljahr 2010 um fünf Schulen
erweitert.
Aufgrund der Befristungen und neuer Programme, die aufgelegt werden, wird im Bereich der Projekte an Schulen Bewegung und Veränderung bestehen bleiben.
Die Bewältigung aktueller und künftiger Herausforderungen
von Schule mit ihren Schüler/-innen und Eltern ist auf ein gelingendes Zusammenspiel von Schule und Jugendhilfe, von Lehrer/
-innen und (Schul)Sozialarbeiter/-innen angewiesen. Mit dem
vorliegenden Rahmenkonzept und den vereinbarten Strukturen
der Zusammenarbeit sind wichtige Grundlagen dafür gelegt,
dass dieses Zusammenspiel auch künftig gelingen kann.
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Herausgeberin:
Landeshauptstadt Stuttgart, Jugendamt in Verbindung mit
der Abteilung Kommunikation
Gestaltung: Sabine Bothner
Fotos: Thomas Kunsch (Seite 2), ccvision (Titel, Seite 13),
Stuttgart Marketing GmbH (Seite 7), Christian Hass (Seite 5, 33),
Ute Schmidt-Contag (Seite 9), Anatol Dreyer (Seite 15)
Dezember 2010
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