der Flughafen Berlin Brandenburg International (BBI)

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der Flughafen Berlin Brandenburg International (BBI)
Siedlungsentwicklung und Raumordnung
Der im Gesamtraum Berlin – Brandenburg zu erwartende
Bedarf an Luftverkehrskapazitäten soll durch rechtzeitige
Bereitstellung vornehmlich innerhalb des bestehenden internationalen Flughafensystems, insbesondere unter Verringerung der Lärmbetroffenheit, gedeckt werden. Dabei
soll der nationale und internationale Luftverkehrsanschluss für Berlin und Brandenburg möglichst auf einen
Flughafen konzentriert werden. Hierbei soll eine enge
räumliche Beziehung des Flughafens zum Aufkommensschwerpunkt Berlin mit kurzen Zugangswegen und unter
Einbindung in das vorhandene Verkehrssystem, insbesondere zum Schienennetz und zum öffentlichen Personennahverkehr, angestrebt werden. Die für den Flughafen
sowie für seine Funktionsfähigkeit notwendigen Flächen
sollen gesichert werden. Für die allgemeine Luftfahrt sollen ergänzend regionale Flugplätze geschaffen werden.
Der Anteil des Kurzstreckenluftverkehrs soll zugunsten
des Eisenbahnfernverkehrs erheblich verringert werden.
Ein Beispiel für ein Planungsverfahren:
der Flughafen Berlin Brandenburg
International (BBI)
Der Bau des Flughafens Berlin Brandenburg International (BBI) ist das gegenwärtig wichtigste, aber auch umstrittenste raumordnerische Projekt der Region. Bedingt
durch die Teilung Berlins bis 1990 verfügt die Stadt seit
den 1970er Jahren über drei Passagierflughäfen. Mit dem
prognostizierten Anstieg des Luftverkehrsaufkommens
und den errechneten Bedarfskapazitäten stellte sich nach
der Wende die Frage nach der Zukunft dieser Flughäfen.
1996 wurde daher ein Konsensbeschluss zwischen beiden Bundesländern und dem Bund gefasst, der den Neubau eines Single-Flughafens in Schönefeld und die Schließung der anderen beiden Flughäfen vorsah.
Zuvor waren neben Schönefeld auch Standorte bei
Sperenberg und bei Jüterbog raumordnerisch geprüft
worden (Raumordnungsverfahren). Entscheidungsgrundlage für die raumordnerische und landesplanerische Bewertung des Projektes waren v. a. drei Unterlagen der
gemeinsamen Landesplanung: zunächst das übergeordnete Landesentwicklungsprogramm LEPro, dann der
Landesentwicklungsplan für den engeren Verflechtungsraum (LEPeV) und der Landesentwicklungsplan Flughafenstandortsicherung (LEP-FS).
80.1 Auszug zur Luftverkehrsentwicklung aus dem Landesentwicklungsprogramm (LEPro), §19 (11)
Zur Deckung des Luftverkehrsbedarfs in Brandenburg
und Berlin sind die Planung und der Ausbau des Internationalen Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld vordringlich zu betreiben. Damit soll gleichzeitig das vorhandene
Flughafensystem Berlin-Tegel, Berlin-Tempelhof und Berlin-Schönefeld abgelöst werden. Aufgrund der zu erwartenden Verkehrsnachfrage sind ausreichende Flächen für
Erhalt und Ausbau des bestehenden Verkehrsflughafens
Berlin-Schönefeld freizuhalten. Die landesplanerische Absicherung der ggf. über den Bestand des Flughafengeländes hinaus erforderlichen Flächen bleibt einer Fortschreibung des LEPeV auf der Grundlage eines ergänzend
aufzustellenden Landesentwicklungsplans in enger Anbindung an die luftverkehrsrechtliche Fachplanung vorbehalten.
Zunächst war geplant, den neuen Flughafen teilweise
privat zu finanzieren. Seit 2003 sind aber die Bundesländer Berlin und Brandenburg sowie der Bund alleinige
Eigentümer der Berlin Brandenburg Flughafen Holding
GmbH (BBF). Ein Unternehmen dieser Holding, die
Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH (FBS), begann 1997
mit der Planung des Flughafenprojektes (Abb. 81.1). Mit
der so genannten Planfeststellung beantragte es die Baugenehmigung.
80.2 Auszug aus dem Landesentwicklungsplan für den engeren
Verflechtungsraum (LEPeV) von 1998, Ziffer Z 6.5.1
Tegel
Tempelhof
1997
2001
2005
Passagiere
(Mio.)
8,7
9,9
11,5
Luftfracht (t)
20 507
27 970
20 730
Siedlungsentwicklung und Raumordnung
Schönefeld
1997
2001
2005
Passagiere
(Mio.)
0,9
0,8
0,5
Luftfracht (t)
265
580
570
1997
2001
2005
Passagiere
(Mio.)
2,0
1,9
5,1
Luftfracht (t)
16 670
12 900
10 600
Phase
Beschreibung
Beispiel BBI
1. Planerstellung
Der Träger des Vorhabens erstellt einen
Plan seines Projektes.
Juni 1997: Die Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH (FBS) beginnt
mit der Planung des Flughafens BBI.
2.
Einreichung
des Planes
Der Träger des Vorhabens reicht seinen
Plan bei der zuständigen Anhörungsbehörde ein, die für die folgenden Schritte
3. bis 5. verantwortlich ist.
Dezember 1999: Die Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH reicht
seine Planungen und einen Planfeststellungsantrag beim Landesamt für Bauen, Verkehr und Straßenwesen Brandenburg (LBVS)
ein. Das LBVS fordert den Antragsteller zur Überarbeitung und
Ergänzung der Planungen auf, was bis März 2000 erfolgt.
3.
Erörterung
• Träger öffentlicher Belange (u. a. Kommunen, Behörden, Vereine, Kirchen)
werden zu Stellungnahmen zum Projekt
aufgefordert.
März 2000: Träger öffentlicher Belange (u. a. betroffene
Gemeinden, Bundes- und Landesministerien, Ämter, Naturschutzverbände) werden zu Stellungnahmen zu den Planungen
aufgefordert.
4.
Öffentliche
Auslegung
• Vom Projekt direkt Betroffene können
innerhalb einer Frist Einwendungen
gegen das Projekt formulieren.
Mai bis Oktober 2000: Auslegung der Planungsunterlagen in den
betroffenen Gemeinden durch die Anhörungsbehörde. Bis zum
Ende der Frist am 25. Oktober 2000 werden 133 684 Einwendungen von mehr als 60 000 Einwendern vorgebracht.
5.
Anhörung
• Durch die Anhörungsbehörde wird
rechtzeitig ein Anhörungstermin bekannt gegeben.
• An der Anhörung sollen Genehmigungsbehörde, Träger des Vorhabens,
Träger öffentlich Belange, Betroffene
teilnehmen.
• April bis Dezember 2001: Anhörungen mit insgesamt 136 Trägern öffentlicher Belange, die Stellungnahmen abgegeben hatten
• Mai bis September 2001: Start der Anhörungen mit den Privatpersonen, die Einwändungen abgegeben hatten
• Januar 2002: Abschluss der Anhörung mit 9 Einzelerörterungen
6.
Weiterleitung der
Anhörungsergebnisse
Zum Ergebnis der Anhörung wird eine
Stellungnahme abgegeben. Stellungnahmen, Planungen und nicht erledigte Einwendungen werden an die Genehmigungsbehörde weitergeleitet (Abschlussbericht).
• bis Juni 2002: Erarbeitung und Weiterleitung des Abschlussberichtes durch die Anhörungsbehörde LBVS an die Genehmigungsbehörde, das Verkehrsministerium Brandenburg
• 2003: Start der bauvorbereitenden Maßnahmen am BBI (Umsiedlung, archäologische Untersuchungen) vor Planfeststellung.
• April 2003 bis März 2004: Auslegung, Erörterung und teilweise
Anhörung zu Planergänzungen und -änderungen
7.
Planfeststellungsbeschluss
• Die Genehmigungsbehörde wägt entscheidungsrelevante Faktoren ab. Sie erteilt oder verweigert einen Planfeststellungsbeschluss.
• Im Genehmigungsfall ist der Planfeststellungsbeschluss verwaltungsrechtlich
bindend. Nachgeordnete Verfahren wie
Baugenehmigungen usw. gelten als erledigt. Gerichtliche Prüfung ist möglich.
• bis August 2004: Das Verkehrsministerium prüft u. a. Bedarfsgerechtheit, raumordnerische Verträglichkeit, Infrastruktur,
Standortalternativen, Lärmbelastungen, Immissionen, Wasserwirtschaft, Natur- und Landschaftsschutz, Denkmalschutz und
private Belange. Es führt eine Umweltverträglichkeitsprüfung
(UVP) durch. Nach Abwägung entscheidet es positiv über das
Projekt BBI (Planfeststellungsbeschluss).
• Baubeginn: 2006, geplante Inbetriebnahme: 2011
81.1 Ablauf eines Planfeststellungsverfahrens
• August 2001: Das Oberverwaltungsgericht Frankfurt/Oder
erklärt den Satz 6.5.1 des LEPeV (Abb. 80.2) als nichtig
(Gründe: fehlende Abwägung; Nichtbeteiligung betroffener
Gemeinden). Durch das gesetzlich darüber stehende LEPro
(Abb. 80.1) gilt das Projekt aber dennoch raumordnerisch
ausreichend verankert. Das Urteil hat daher keine unmittelbaren Auswirkungen.
• Februar 2005: Das Oberverwaltungsgericht Frankfurt/Oder
erklärt den Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung (LEP-FS) für ungültig, weil dieser nach seiner Auffassung unter Verstoß gegen Anforderungen höherstehenden
Rechts zustande gekommen ist. Es erklärt, dass damit der
Flughafenstandort Schönefeld aber nicht in Frage gestellt ist.
Die Genehmigungsbehörde überarbeitet daraufhin den LEPFS.
• Februar 2006: Als letzte Instanz beschäftigt sich das Bundesverwaltungsgericht mit vier Musterklagen, die es aus allen
Klagen gegen die Genehmigung des Ausbaus ausgewählt hat.
Die Musterklagen beschäftigen sich mit der Rechtfertigung
des Flughafens (Bedarf, Kapazität, Ausbaudimensionen), der
Standortwahl (Passung zu Raumordnung und Landesplanung, Frage der ausreichenden Prüfung von Alternativstandorten), der Flugsicherheit am Standort Schönefeld und der
Lärmbelastung (mit Nachtflugbetrieb).
• März 2006: Das Bundesverwaltungsgericht weist die Klagen
ab, spricht aber Auflagen aus (Nachtflugverbot von 0–5 Uhr,
Verbesserung der Lärmschutzmaßnahmen, Neubestimmung
des Gebietes mit Anspruch auf Entschädigungen). Der Planfeststellungsbeschluss muss in den Punkten Lärmschutz und
Nachtflug geändert werden.
81.2 Gerichtliche Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Planfeststellungsverfahren
80.3 Die Berliner Flughäfen 2005
80
81