ECDL_4_R European Computer Driver Licence for
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ECDL_4_R European Computer Driver Licence for
Abschlussbericht zu einem Projekt im Studiengang Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Georg Disterer Juni 2016 ECDL_4_R European Computer Driver Licence for Refugees Studierende trainieren Flüchtlinge in Computer- und Sprachkenntnissen Im Sommersemester 2016 haben an der Hochschule Hannover Studierende der Wirtschaftsinformatik im Rahmen ihres Studiums eine Schulung geplant und durchgeführt, in der Flüchtlinge Kenntnisse und Fähigkeiten im Umgang mit PCs erlernen konnten. Zudem wurden die Sprachkenntnisse der Flüchtlinge wesentlich verbessert, denn Schulungs- und Rahmenprogramm wurden in deutscher Sprache durchgeführt. Am Ende der zwei Schulungswochen haben die Flüchtlinge Prüfungen nach dem Ausbildungsstandard „European Computer Driver Licence“ (ECDL) erfolgreich abgelegt. ECDL ist ein international anerkannter „Computerführerschein“, der auch von der Stiftung Warentest als Nachweis für Computerfähigkeiten empfohlen wird. Daraus abgeleitet hatte das Projekt an der Hochschule den Titel „ECDL for Refugees“, kurz ECDL_4_R. Das Vorhaben wurde am 3.6.2016 mit einer kleinen Feier abgeschlossen, bei der die ECDLZertifikate als Nachweise für die frisch erworbenen PC-Kenntnisse überreicht wurden. Während der Feier sprachen Thorsten Schumacher, Vizepräsident der Hochschule Hannover, und Prof. Dr. Manfred Krause, Dekan der Fakultät für Wirtschaft und Informatik, Grußworte zu den beteiligten Flüchtlingen und Studierenden. Anschließend wurde bei bestem Sommerwetter vor dem Gebäude der Fakultät gemeinsam gegrillt. In der Schulung wurden 25 Flüchtlinge von 12 Studierenden geschult und trainiert, damit die PCKenntnisse zum Schluss mit dem Bestehen der ECDL-Prüfungen nachgewiesen werden konnten. Zudem wurden mit dem Kurs die Sprachkenntnisse der Flüchtlinge wesentlich verbessert und gefestigt, da der Kurs in deutscher Sprache durchgeführt wurde. Eine Besonderheit war die enge Zusammenarbeit von Studierenden und Flüchtlingen in diesem Schulungsvorhaben. Die Flüchtlinge kamen aus einem Flüchtlingsheim in Hannover und stammen aus 9 Ländern mit 6 verschiedenen Landessprachen. Studierende und Flüchtlinge an der Hochschule Hannover Die Flüchtlinge verbesserten durch die Schulung ihre Berufsfähigkeiten und ihre Chancen auf den Einstieg ins hiesige Beschäftigungssystem, denn sie erlangten grundlegende Kenntnisse und Fähigkeiten in der Benutzung von Computern, trainierten ihre Kenntnisse der deutschen Sprache und lernten die Arbeitsatmosphäre an einer deutschen Hochschule kennen. Darüber hinaus bekamen sie bei mehreren Werksbesichtigungen Einblicke in das hiesige Wirtschafts- und Beschäftigungssystem. Das Vorhaben diente damit zugleich der Sprach- und der Berufsqualifizierung. Schulungssituation im PC-Räumen der Hochschule Hannover Seite 2 setzt haben, die aus vielen verschiedenen Ländern und sehr „anderen“ Lebensumständen stammen. Bei der Auswahl der teilnehmenden Flüchtlinge wurde primär auf eine ausreichende Motivation (Interesse, Neugier) gesetzt. Dadurch waren die Vorkenntnisse in der Handhabung von PCs sowie die Sprachkenntnisse eher gering und sehr unterschiedlich. Deshalb musste zur Sicherstellung des Schulungserfolgs besondere Sorgfalt eingesetzt und hoher Aufwand erbracht werden. Schulungssituation im PC-Räumen der Hochschule Hannover Ausreichende Sprachkenntnisse sowie grundlegende PC-Kenntnisse sind in nahezu allen Beschäftigungen in Deutschland eine notwendige Voraussetzung. Und die Flüchtlinge haben nun größere Chancen bei Bewerbungen um Praktikumsoder Arbeitsstellen, wenn sie ihren Unterlagen ein Zertifikat der Hochschule Hannover über das erfolgreiche Absolvieren einer Schulung in deutscher Sprache sowie einen „Computerführerschein“ nach ECDL beifügen können. Bildungs- und Berufsexperten sind darin einig, dass die Integration der Flüchtlinge nur gelingt, wenn sie schnell in Beschäftigungsverhältnisse vermittelt werden können. Die Studierenden absolvierten das Projekt im Rahmen ihres Studiums der Wirtschaftsinformatik, haben dafür also Leistungspunkte und Noten bekommen. Sie lernten im Projekt den wichtigen Bereich der Schulung von Benutzern von Informationssystemen kennen und bewältigen. Insbesondere die professionelle Planung, Organisation und Durchführung einer IT-Schulung wurden im Projekt erlernt und geübt. Besichtigung eines Wasserwerks im Rahmenprogramm Zudem wurden die sozialen Kompetenzen der Studierenden dadurch gestärkt, dass sie sich intensiv mit einer Gruppe von Benutzern auseinanderge- Die Schulung führte zu einer intensiven Zusammenarbeit von Studierenden und Flüchtlingen und förderte die Integration. Während der Schulungen und im Rahmenprogramm zur Auflockerung bestanden viele Möglichkeiten des gegenseitigen Kennenlernens und des Austauschs, wenn Besichtigungen von Unternehmen, Sportaktivitäten oder gemeinsame Mittagessen anstanden. Gemeinsame sportliche Aktivitäten im Rahmenprogramm Die Zusammenarbeit und die gemeinsamen Erlebnisse von Studierenden und Flüchtlingen haben Berührungspunkte ihres alltäglichen Lebens geschaffen, die das gegenseitige Kennenlernen und das Verständnis füreinander gefördert haben. Den Flüchtlingen wurden Einblicke in den Alltag der Studierenden an einer deutschen Hochschule gegeben. Als Gaststudierende der Hochschule wurde den Flüchtlingen unmittelbare Teilhabe an diesem Alltag ermöglicht. Das Projekt fand in einem gesellschaftlichen Umfeld und während einer öffentlichen Debatte zur Integration von Flüchtlingen statt, die einen sehr gespaltenen Eindruck vermittelt haben. Auf der einen Seite wurde die sogenannte „Willkommenskultur“ und Integrationsbereitschaft in Deutschland international hochgelobt, Präsident Obama bescheinigte der Kanzlerin (in Hannover), sie stünde mit ihrer Flüchtlingspolitik „on the right side of history“, das Wirtschaftsmagazin Forbes lobte ihr humanistisches Vorgehen. Auf der anderen Seite verkündet Horst Seehofer nach einem Koalitionsgespräch im Seite 3 Mai, das Ende eben dieser Willkommenskultur sei „notariell besiegelt“. Auf der einen Seite wurden vorsichtig Erwartungen verbreitet, die Integration der Flüchtlinge könnte zur Lösung von Problemen des hiesigen Beschäftigungssystems und der Sozialsysteme beitragen. Auf der anderen Seite wird befürchtet, dass Flüchtlinge den Arbeitsmarkt ruinieren, indem sie Arbeitsplätze wegnehmen. "Das Bild, das Deutschland aktuell abgibt, könnte widersprüchlicher nicht sein. Auf der einen Seite gebe es großartige, mitfühlende Willkommenskultur, auf der anderen Seite würden rassistische Ressentiments mit erschreckender Hemmungslosigkeit ausgelebt" (Amnesty International). Das Projekt wurde in Zusammenarbeit mit dem DRK-Flüchtlingsheim „Alter Flughafen“ durchgeführt, dortige Sozialarbeiter waren insoweit in das Projekt eingebunden und haben das Vorhaben tatkräftig unterstützt. Zur Deckung von Kosten für Prüfungsgebühren, Schulungsunterlagen, Fahrtkosten, Mittagessen, Abschlussfeier u.ä. wurde das Projekt unterstützt durch die Fakultät für Wirtschaft und Informatik der Hochschule Hannover. Detailinformationen zum Vorhaben Das Projekt wurde geplant und vorbereitet ab März 2016, der Schulungskurs begann am 23.5.2016 und endete nach 14 Tagen am 3.6.2016 mit den Abschlussprüfungen und einer Feier zur Überreichung der Zertifikate an die Flüchtlinge. Die Schulungen fanden ganztags von 9:00 bis 17:00 Uhr in den Räumen der Hochschule Hannover statt. Didaktische Besonderheiten: Die Studierenden absolvierten das Projekt im Rahmen ihres Studiums der Wirtschaftsinformatik, erhielten dafür also Leistungspunkte und Noten. Schulungs- und Rahmenprogramm wurden von den Studierenden organisiert und durchgeführt. Abschlussveranstaltung mit Übergabe von Zertifikaten Das Projekt fand also statt zu Zeiten einer öffentlichen Debatte zur Integration von Flüchtlingen, die mehrfach belastet und politisch sowie ideologisch aufgeladen war. Vor allem war die Situation durch große Unsicherheit bezüglich der Integration von Flüchtlingen in die deutsche Gesellschaft gekennzeichnet. Mit dem Vorhaben, dass Studierende in der Hochschule Flüchtlinge schulen und damit deren Beschäftigungschancen verbessern, haben sich die Verantwortlichen und die Teilnehmer/innen dieser Unsicherheit ausgesetzt und insoweit auch ein Stück „offene Hochschule“ geschaffen. Schulungsinhalte: Die Flüchtlinge trainierten intensiv ihre Sprachkenntnisse und erlernten zugleich grundlegende PC-Kenntnisse, deren Beherrschung sie abschließend in Prüfungen nach ECDL nachwiesen. Das Vorhaben diente damit zugleich der Sprach- und der Berufsqualifizierung. Förderung von Teilhabe: Studierende und Flüchtlinge verbrachten die Schulungstage vollständig miteinander, incl. Mittagessen, Sportaktivitäten, Besichtigungen und Vorführungen. Die Flüchtlinge erfuhren dadurch soziale Integration durch die gemeinsamen Aktivitäten mit den Studierenden, lernten eine deutsche Hochschule „von innen“ kennen und erhielten bei den Besichtigungen Einblicke in das Wirtschafts- und Beschäftigungssystem. Teilnehmer/innen: 12 Studierende der Wirtschaftsinformatik an der Hochschule Hannover, 8 Männer und 4 Frauen 25 Flüchtlinge aus dem DRK-Heim „Alter Flughafen“, Männer zwischen 20 und 35 Jahren, aus den Ländern: Montenegro, Kosovo, Afghanistan, Pakistan, Marokko, Nepal, Sudan, Albanien, GuineaBissau. Gesamtleitung und -verantwortung: Prof. Dr. Georg Disterer Gemeinsames Grillen zum Projektabschluss