Hannes Rehm - Bundeskongress Öffentliche Infrastruktur

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Hannes Rehm - Bundeskongress Öffentliche Infrastruktur
s Finanzgruppe
Deutscher Sparkassen- und Giroverband
Key-Note Rede
des stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden der ÖPP Deutschland AG
Herr Prof. Dr. Hannes Rehm
anlässlich des 6. ÖPP Bundeskongresses in Bonn
am 19. September 2011
[Es gilt das gesprochene Wort]
„ÖPP nach der Krise: Befund, Probleme, Perspektiven“
Rede des stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden der ÖPP Deutschland AG Herr Prof. Dr. Hannes Rehm
anlässlich des 6. Bundeskongress ÖPP am 19.09.2011 in Bonn
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Meine sehr verehrten Damen und Herren,
ich freue mich sehr, heute auf dem 6. Bundeskongress ÖPP zu Ihnen sprechen zu dürfen.
Die Einladung habe ich vor allem aus zwei Gründen sehr gerne angenommen. Zum einen,
war ich - wie vermutlich vielen von Ihnen bekannt ist - Vorstandsvorsitzender eines
öffentlich-rechtlichen Instituts aus dem Norden unserer Republik, welches nach einer
aktuellen Erhebung des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes auf Platz 4 der PPPFinanzierer liegt. Zum anderen habe ich aktuell die Ehre, stellvertretender
Aufsichtsratsvorsitzender der ÖPP Deutschland AG zu sein.
Insofern liegt es mir am Herzen, Ihnen heute meine Sichtweise auf das ÖPP Geschehen
darzustellen.
Meine Damen und Herren,
im Gegensatz zu vielen anderen Ländern ist es Deutschland gelungen, die Finanzmarkt- und
Wirtschaftskrise nach einer rezessiven Phase gut zu überstehen. Die Folgen der Krise sind in
der Eurozone und den Vereinigten Staaten von Amerika - wie jeder von uns leider täglich der
Presse entnehmen kann - längst nicht überwunden. Wir befinden uns meiner Einschätzung
nach in einer dramatischen Diskussion um die Leistungsfähigkeit der Industrienationen.
Dabei stellen sich an den Märkten Fragen nach den Verschuldungs-kapazitäten und den
langfristigen Einnahmen- und Ausgabenstrukturen der Öffentlichen Haushalte - national
wie international.
Blicken wir nach Deutschland. Eine weitere Erhöhung der Verschuldung der Öffentlichen
Haushalte auf allen drei föderalen Ebenen durch faktisch uneingeschränkte
Kreditaufnahmemöglichkeiten, auch zur Durchführung dringender Investitionen in die
Infrastruktur unseres Landes, ist zwar denkbar, aber aus meiner Wahrnehmung heraus nicht
der richtige Weg.
Insofern denke ich, ist die konsequente Haushaltskonsolidierung mit Hilfe der eingeführten
Schuldenbremse der einzig richtige Weg. Wenden wir unseren Blick auf die kommunale
Verschuldung: Allein in den Jahren 1992 bis 2008 wurde ein Defizit von rd. 32 Mrd. EUR
realisiert. Von 2009 bis 2014 wird in den kommunalen Haushalten ein weiteres Defizit von
51 Mrd. EUR verbunden mit dem Anwachsen der Kassenkredite auf über 40 Mrd. EUR
prognostiziert. Damit ist jede weitere Zunahme der Verschuldung - insbesondere auf
kommunaler Ebene - kritisch zu bedenken.
Diese allgemeine Situation wiederum eröffnet in der Zukunft Chancen für Öffentlich-Private
Partnerschaften (ÖPP). Dabei möchte ich mich gleich verwahren gegen den Dauervorwurf
und eines der unsachlichen Gegenargumente der ÖPP-Gegner, dass ÖPP Bauen ohne Geld
sei!!
ÖPP bieten vielmehr durch den Lebenszyklusansatz erhebliche Potenziale zur Realisierung
von Effizienzvorteilen, die bei einer herkömmlichen Beschaffung nicht erzielt werden oder
werden können. Insbesondere ist sehr nachvollziehbar, dass derjenige, der nicht nur baut,
sondern das Investitionsobjekt dann auch langfristig auf vereinbartem Niveau zu betreiben
hat, nachhaltiger baut, als ohne diese Verpflichtung. Auch das vielschichtige Thema der
Unterhaltungskosten bekommt die Öffentliche Hand so gut in den Griff.
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ÖPP bietet ferner die Möglichkeit, privates Kapital mit in die Finanzierung einzubeziehen
und z. B. über nutzerfinanzierte Modelle auch die Rückführung der Verbindlichkeiten nicht
aus dem laufenden Haushalt nehmen zu müssen.
Bevor ich aber auf die Perspektiven von ÖPP weiter eingehe, gestatten Sie mir einen kurzen
Befund der aktuellen Situation verbunden mit einer Problemanalyse.
Sie sehen, ich komme nun so langsam zu den Inhalten meiner Vortragsüberschrift.
Zu konstatieren ist schlechterdings, dass auch am ÖPP-Markt die Krise nicht spurlos
vorübergegangen ist. Vermutlich konnte sie das auch gar nicht, wenn man allein die
Refinanzierungsbedingungen der Banken nimmt, die z. B. langfristige und großvolumige
Projektfinanzierungen zumindest bis Mitte 2010 erheblich erschwert hatten.
Blickt man zurück auf das Jahr 2010 stellt man einen Rückgang der begonnenen ÖPPProjekte fest. Gegenüber dem Jahr 2009 sind die Vertragsabschlüsse um fast 40 %
zurückgegangen, das Investitionsvolumen ging sogar um ca. 70 % zurück. In absoluten
Zahlen sank das Investitionsvolumen von 1, 4 Mrd. EUR in 2008 auf 1,19 Mrd. EUR in 2009.
Dann kam leider der Absturz auf 366 Mio. EUR in 2010.
Die Gründe für diesen Rückgang werden im Markt - so meine Wahrnehmung - vielfältig
diskutiert.
Zum einen werden immer wieder die Auswirkungen des Konjunkturpaketes II angeführt, das
zwar zu einer schnellen wirtschaftlichen Erholung beitragen hat, aber auch über die
Verfahrensvorschriften dazu führte, dass insbesondere die Kommunen ÖPP-Projekte
zunächst zurückgestellt haben. Viele Kommunen mussten ihre personellen Ressourcen auf
die Abarbeitung des Konjunkturprogrammes konzentrieren. ÖPP Projekte konnten aus
Kapazitätsgründen und wegen des längeren Planungsvorlaufs dann nicht weiterverfolgt
oder neu angegangenen werden.
Die Nachwirkungen der Finanzkrise beeinflussten die Refinanzierungsbedingungen und die
Risikobereitschaft der Banken erheblich, insbesondere bei der Zwischenfinanzierung oder
der Endfinanzierung von Vorhaben, bei denen allein auf das Projekt oder auf die Bilanz des
Investors abzustellen war. Dies hat sicherlich auch zur Unsicherheit bei allen Beteiligten
beigetragen.
Aber klar möchte ich hier an dieser Stelle sagen:
ÖPP-Projekte sind auch in der Kapitalmarktkrise finanzierbar geblieben. Sicherlich gab es
sogar bei den Forfaitierungsmodellen Schwierigkeiten. Die Banken mussten sich auf die
veränderte Situation knapper und teurer Liquidität einstellen. Dennoch konnten die
Projekte - auch mit langen Zinsfestschreibungen - analog der klassischen Finanzierung
unterlegt werden.
Viel schwerer als dies wiegt meines Erachtens der Umstand einer Eintrübung des generellen
Meinungsumfeldes für ÖPP.
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Ich möchte behaupten, das liegt vor allem an der sich verstärkenden kritischen Haltung der
Politik und mancher gesellschaftlicher Gruppen gegenüber dem zweiten „P“. Darauf gehe
ich aber gleich noch näher ein.
Eine generelle Abkehr von ÖPP ist jedoch trotz des Rückgangs der Projekte aus meiner Sicht
nicht erkennbar. Der Bund nutzt den Beschaffungsansatz im Hochbau zwar leider noch
immer erstaunlich zurückhaltend aus, jedoch wurde mit Unterzeichnung des Projektes für
den Neubau des Bundesbildungsministeriums im August diesen Jahres nun das erste zivile
Hochbauprojekt des Bundes auf den Weg gebracht .
Angesichts der bei Gründung der ÖPP AG den Gesellschaftern in Aussicht gestellten
möglichen neuen Bundesprojekte bleibt das deutlich zu wenig.
Hier muss mehr passieren!
Ein erfreulicher Befund ist, dass sich im ersten Halbjahr 2011 das Investitionsvolumen im
Hoch- und Tiefbau mit knapp 700 Mio. EUR gegenüber dem gesamten Jahr 2010 bereits
nahezu verdoppelt hat. Seit Jahresanfang ist demnach eine deutliche Erholung des Marktes
zu verzeichnen.
Auf Bundesebene gibt es weiter positive Entwicklungen im Bereich des Verkehrswegebaus.
Nach den ersten Erfahrungen in der praktischen Umsetzung der vier A-Modell-Pilotprojekte
hat der Bund eine 2. ÖPP-Staffel mit acht Projekten angestoßen, die ein reines Bauvolumen
von rund 1,5 Mrd. Euro umfassen. Es ist geplant, die Vergabeverfahren für diese Projekte bis
2012 zu starten. Beim Blick auf die Projekte der 1. Staffel sind die Qualität der
Leistungserbringung und die Termintreue besonders hervorzuheben: Sowohl bei dem
Pilotprojekt A8 als auch bei dem Pilotprojekt A4 haben die Auftragnehmer die bereits
anspruchsvollen Vertragstermine noch unterboten, d. h. die Verkehrsfreigaben konnten
jeweils vor den vertraglich vereinbarten Terminen erfolgen.
Somit können wir zusammenfassend Folgendes feststellen:
ÖPP hat sich als Beschaffungsvariante in Deutschland bewährt. Insgesamt sind in
Deutschland seit 2002 bis heute insgesamt 171 ÖPP-Projekte abgeschlossen worden. Diese
Projekte haben (Stand Juni 2011) ein Gesamtvolumen von 6,9 Mrd. Euro, wovon 4,4 Mrd.
Euro auf den Hochbau und 2,3 Mrd. Euro auf den Straßenbau entfielen.
Der Schwerpunkt der bisherigen Hochbauprojekte liegt allerdings eindeutig im
kommunalen Bereich.
Hier möchte ich nun an meine Bemerkung von vorhin anschließen. Sie erinnern sich; es war
die mit dem zweiten „P“.
Die Kritik an ÖPP kommt in Deutschland vor allem aus Nichtregierungsorganisationen, von
Gewerkschaften und häufig auch von der Politik selbst. Im Vergleich zu unseren
europäischen Nachbarn Niederlande, Belgien, Großbritannien, Frankreich, Schweiz und
Polen scheint es hierzulande in Sachen ÖPP nicht wirklich voranzugehen. Ohne im Einzelnen
darauf eingehen zu können, ist festzustellen, dass der Beschaffungsansatz inzwischen in
fast allen Europäischen Staaten genutzt wird.
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Auch in Ländern, die bisher sehr vorsichtig beim Einsatz der Beschaffungsform ÖPP waren,
zeichnet sich eine offenere - zunehmend von den Fragestellungen der Wirtschaftlichkeit und
der Steigerung der Qualität der öffentlichen Infrastruktur gekennzeichnete Nutzung des
ÖPP Instrumentariums ab. Hier möchte ich nur auf die Modernisierung des Karolinska
Hospitals vor den Toren Stockholms mit einem Investitionsvolumen von fast einer Milliarde
Euro im Jahr 2010 hinweisen.
Erstaunlicherweise wird aber der größte Infrastrukturmarkt in Europa mit hohem
Marktpotenzial - nämlich Deutschland- denken wir an die DIFU Studie und den ermittelten
Investitionsbedarf in den Kommunen von rd. 700 Mrd. EUR - von vielen Marktteilnehmern
weitgehend umgangen. Die eigenen Marktteilnehmer verdienen ihre Margen im Ausland.
Warum nicht in Deutschland? Nicht nur ein paar wenige aktive Mittelstandsunternehmen
ärgern sich über unverändert heterogene, komplizierte Ausschreibungen. Fragen, wie:
Warum ist das so? bleiben unbeantwortet.
Folgende Vermutung liegt nahe:
Die eigentlichen Kunden des ÖPP Marktes, die öffentliche Hand, wollen das „Produkt“ ÖPP
(noch) nicht. Dies kann viele Gründe haben. Es scheint aus irgendeinem Grund vorteilhafter
zu sein, keine Meinung Pro ÖPP zu haben. Keine Entscheidung = kein Risiko = keine
politische Auseinandersetzung mit den üblichen ÖPP-Gegnern.
Was sind dafür die Ursachen ?
Ich denke, es ist das geringer gewordene Vertrauen unserer Gesellschaft in den Markt und
damit verbunden die kritischere Grundhaltung gegenüber den „Privaten“; im Gegenstück:
Ein werdender Glaube an den Staat als vermutlich „besseren“ Unternehmer.
Sie kennen die Vorwürfe, die auch in den Gemeinderäten und Stadtparlamenten aktuell bei
jedem ÖPP Projekt diskutiert werden: Intransparenz der Verträge, vermeintliche
Mittelstandsfeindlichkeit, mangelnde Effizienz und Kritik an den
Beschäftigungsverhältnissen. Die erfolgreiche Umsetzung von Projekten erfordert nicht nur
eine funktionierende Kommunikation zwischen den Vertragspartnern, sondern auch zu den
Bürgern. Der Projektansatz muss letztlich auch die konkreten Nutzer überzeugen, um
weitere Verbreitung zu finden.
Was sagen denn aber zum Beispiel diese konkreten Nutzer ?
Die aktuelle Allensbach Studie kommt zum Ergebnis, dass 97 % der kommunalen
Auftraggeber mit den ÖPP-Projekten und der Zusammenarbeit mit den Privaten zufrieden
bis sehr zufrieden sind. Anders ist auch die Erkenntnis, dass 14 Kommunen seit 2002 zwei
ÖPP Projekte realisiert und fünf Kommunen sogar 3 - 4 Projekte durchgeführt haben - also
Wiederholungstäter sind - nicht zu interpretieren. Auch die Mehrheit der Schulleiter und der
Elternvertreter halten es laut der Allensbach Studie für gut, dass ÖPP im Schulbereich
genutzt wird.
Ich persönlich kenne im Übrigen keine einzige Umfrage, die einen solch hohen Wert der
Zufriedenheit mit der Leistungserstellung im konventionellen Vergabeverfahren durch
unsere öffentlichen Verwaltungen aufweist.
Rede des stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden der ÖPP Deutschland AG Herr Prof. Dr. Hannes Rehm
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Vermutlich gibt es diese Befragungen auch gar nicht - man sollte sie schleunigst
durchführen.
Das Ausschöpfen des vorhandenen kommunalen ÖPP-Potenzials hängt des Weiteren
entscheidend von den Rahmenbedingungen ab. In den Kommunen besteht nach wie vor ein
hoher Informationsbedarf. Dabei wünschen sich Kommunen vor allem Standardisierungen
in den Vertragswerken und neutrale Beratungsangebote. Die ÖPP-Kompetenzzentren auf
Länderebene leisten hier bereits wertvolle Arbeit. Auch die Partnerschaften Deutschland AG
muss hier für die kommunale Ebene einen Beitrag leisten.
Denn insbesondere die Gestaltung der sehr komplexen und umfangreichen Verträge, das
anschließende Controlling der Vereinbarungen im Betrieb sowie die Risikoidentifizierung
und -bewertung stellen manche Kommunen vor große Herausforderungen.
Die Diskussion um die Standardisierung bei ÖPP ist im Übrigen - so meine ich - genauso alt
wie ÖPP selbst. Bereits die ehemalige Bundes Task Force PPP und nun die ÖPP Deutschland
AG engagiert sich neben anderen Marktteilnehmern in dem Bereich. Das
Bundesfinanzministerium unterstützt diese Bemühungen durch Beauftragung der ÖPP AG
im Rahmen der Grundlagenarbeit, eine mittelstandsfreundliche Standardisierung von PPP
Verträgen zu entwickeln. Dennoch sind viele Hürden noch nicht genommen.
Ein Beispiel:
Ich bin ja gelernter Banker. Und als Finanzierer von Projekten - egal welcher Art interessiert mich die Frage der Sicherheitenstellung und der Vertragskonstellation sehr.
Wenn ich an die „Forfaitierung“ denke, die Ihnen im Detail besser bekannt sein dürfte als
mir, ist für uns als Banker die notwendige „Einredeverzichtserklärung“ höchst relevant.
Nun hat sich vor rund 4 Jahren der Ostdeutsche Sparkassenverband für die Länder
Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt genau dieser Frage
der Standardisierung angenommen und gemeinsam mit PWC - Herr Prof. Weber war damals
dabei - ÖPP-Musterverträge entwickelt und mit einigen Landesbanken, den
Innenministerien und den Kommunalaufsichten erfolgreich abgestimmt. Ergebnis war, dass
es in den vier genannten Ländern somit zu einem „Standard“ gekommen war.
Darin enthalten war auch die „Einredeverzichtserklärung“.
Sie fragen sich, warum ich Ihnen das hier berichte?
Weil ich aufgrund einer ganz aktuellen Marktanalyse des Deutschen Sparkassen- und
Giroverbandes zur Erkenntnis gekommen bin, dass es in Deutschland so ca. 10
Beratungsunternehmen gibt, die zusammen einen sehr nennenswerten Marktanteil bei PPP
ausmachen. Hier finde ich die alte 20:80 Regel bestätigt. Zudem gibt es nur rd. 10 Banken,
die den ÖPP Markt in Deutschland dominieren.
Aus Vorgenanntem schließe ich: Wenn die Marktteilnehmer wirklich Standards wollten, kann
man sie durchaus zügig hinbekommen, siehe das erfolgreiche Projekt des Ostdeutschen
Sparkassenverbandes.
Daher ist mir nicht verständlich, dass es keine deutschlandweit einheitlich akzeptierte
„Einredeverzichtserklärung“ gibt.
Rede des stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden der ÖPP Deutschland AG Herr Prof. Dr. Hannes Rehm
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Die ÖPP AG sollte im Rahmen der oben angesprochenen mittelstandsfreundlichen
Standardisierung der Vertragskonzepte genau diesen Aspekt aufgreifen!
Besondere Erwartungen habe ich aber derzeit an die Bereitstellung des neuen
Standardrechenmodells für Hochbauprojekte durch die ÖPP AG. Denn mit diesem Modell hat
die ÖPP AG einen wunden Punkt aufgegriffen: den notwendigen Standard für die
Durchsetzung von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen.
Das Modell wurde bereits im Vorfeld den kommunalen Spitzenverbänden, den ÖPPLandeskompetenzzentren und den Rechnungshöfen vorgestellt und ist auf breite
Zustimmung gestoßen - ein wichtiger Meilenstein.
Ich hoffe, dass die ÖPP AG das Modell nun auch in die Fläche bringt, die Gesellschafter der
AG mitnimmt und umfassend Schulungen anbietet. Vor allem die Berater sollten das Tool
beherrschen und anwenden.
Nicht zuletzt in meiner Eigenschaft als stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrates der
ÖPP Deutschland AG lege ich Ihnen ans Herz, einmal beim „Stand“ der Gesellschaft
vorbeizuschauen und - bei Bedarf - in die vertiefte Diskussion der hier nur kurz
angerissenen Themen einzutreten.
Ausblick
Nicht nur in Anbetracht der Konsolidierungserfordernisse in den öffentlichen Haushalten
kann es sich keine Gebietskörperschaft leisten, eine potenziell wirtschaftlichere oder gleich
wirtschaftliche Beschaffungsalternative außer Betracht zu lassen. Sie muss sie zumindest
eingehend prüfen!
Die Grundlagenarbeit zur Vereinfachung von ÖPP-Prozessen und die Förderung des
Wissenstransfers werden helfen, die Hemmschwelle zur ÖPP-Anwendung weiter abzubauen.
ÖPP-Modelle werden daher zunehmend auch in anderen als den klassischen Bereichen
Hoch- und Tiefbau zum Einsatz kommen.
Mit der Umsetzung der Schuldenbremse auf der Ebene des Bundes im Jahr 2016 und der
Länder werden sich die staatlichen Investitionsspielräume weiter verengen. Der größte Teil
der Investitionen muss dann aus den normalen Steuereinnahmen finanziert werden.
Ich halte es für eher unwahrscheinlich, dass öffentliche Investitionen über mehr
Steuereinnahmen finanziert werden können. Vermutlich werden vermehrt Wege der
Nutzerfinanzierung gesucht und gefunden werden.
Vor diesem Szenario werden ÖPP-Ansätze an Bedeutung gewinnen. Denn ÖPP passt zu
einer nachhaltigen Finanzpolitik aufgrund des quasi integrierten
Entschuldungsmechanismus der Investitionen. Zudem kann auch privates Kapital, welches
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ja aktuell nach sicheren Anlagemöglichkeiten sucht, in die Finanzierung eingebracht
werden.
Allerdings:
Wenn man auf die letzten 10 Jahre PPP Landschaft in Deutschland zurückblickt, so wird
eines sehr, sehr deutlich.
Wir müssen unsere Bemühungen darum intensivieren, Hürden aus dem Weg zu räumen und
Vorurteile durch erfolgreiche Kommunikation abzubauen. (Nichts tun bringt nichts und
keinen voran.)
Ohne dies wird sich kein PPP Markt entwickeln, der der deutschen öffentlichen Hand weitere
Werkzeuge zur Beschaffung von öffentlicher Infrastruktur und/oder Möglichkeiten für
Effizienzsteigerung bietet.
Als einen wichtigen Treiber in der Zukunft sehe ich die Einführung der Schuldenbremse.
Aber das alles wird nicht ausreichen, wenn nicht die Befürworter von PPP weiter an Bord
bleiben, den Markt stützen und auch die ÖPP AG ihren Beitrag zur Förderung und
Verbreitung der Beschaffungsalternative PPP nicht deutlich verstärkt.
Sie ist zumindest von den privaten Gesellschaftern zur Förderung und zum Ausbau der ÖPP
Marktes gegründet worden. D. h. sie muss sich nun fast 2,5 Jahre nach dem Startschuss
intensiv um den Markt kümmern, die Rahmenvertragspartner entsprechend pflegen und das
„Produkt“ PPP in die Fläche tragen.
Dies sollte mittels gezielter Kommunikation, gemeinsam mit ihrem gesamten Netzwerk und
mit vollem Vertriebseinsatz aller Mitarbeiter der Gesellschaft angegangen werden.
Des Weiteren ist es erforderlich, die Kernaufgaben der Gesellschaft zu stärken. Und das ist
der Öffentliche Hochbau im Bund, Länder und teilweise auf der kommunalen Ebene.
Segmente wie Dienstleistungsprojekte oder IT sollten erst bei nachhaltigem Erfolg im
Kernbereich in den Fokus gerückt werden.
Nur so kann aus meiner Sicht die ÖPP AG gezielt zu Stabilisierung und letztlich zum Ausbau
des ÖPP Marktes beitragen.
Für die kommenden Jahren erwarte ich eine Belebung bei der Zahl der Vertragsabschlüsse,
denn mehr als 100 neue ÖPP-Projekte sollen sich gegenwärtig in der Vorbereitung oder in
der Ausschreibung befinden.
Mit jedem abgeschlossenen Projekt werden die Vorteile des ÖPP Beschaffungsansatzes
deutlicher und die angesprochenen Vorbehalte werden mehr und mehr in den Hintergrund
treten.
Meine Damen und Herren,
ich habe den Befund und die Probleme sowie die Herausforderungen für ÖPP/PPP benannt
und Ihnen kurz skizziert, wie wir uns diesen in der Zukunft stellen können
Rede des stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden der ÖPP Deutschland AG Herr Prof. Dr. Hannes Rehm
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Meine Damen und Herren,
nutzen Sie die Angebote der heutigen Veranstaltung, um die Vorteile und vielfältigen
Einsatzmöglichkeiten von ÖPP Projekten kennen zu lernen!
Ich wünsche Ihnen einen erfolgreichen Tagungsverlauf!

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