Begleitmaterial zu - Gestalte Deine eigene DSCHUNGEL

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Begleitmaterial zu - Gestalte Deine eigene DSCHUNGEL
Begleitmaterial zur Vorstellung
CLYDE UND BONNIE
EIN B-MOVIE FÜR DAS THEATER VON HOLGER SCHOBER
EINE KOPRODUKTION VON GUERILLA GORILLAS, DSCHUNGEL WIEN UND THEATERLAND
STEIERMARK
SCHAUSPIEL / 90 MIN. / EMPFOHLEN AB 15 JAHREN
ANSPRECHPERSON für Informationen, Anmeldung und Kartenreservierung
Mag. Christina Bierbaumer / Mo. - Fr. 09:00 - 17:00
Fon +43.1.522 07 20 -18 / Fax +43.1.522 07 20 -30
[email protected] / www.dschungelwien.at
1 INHALTSVERZEICHNIS
ZUR PRODUKTION................................................................ 3
AUSZÜGE AUS DEM STÜCK ..................................................... 7
GESCHICHTLICHER HINTERGRUND ........................................... 10
FILME, SONGS UND STÜCKE ÜBER BONNIE UND CLYDE.................... 13
IMPULSTEXTE.................................................................... 15
KONTAKT......................................................................... 24
2 1. ZUR PRODUKTION
„Clyde und Bonnie“
Ein B-Movie von Holger Schober
Inszenierung:
Dominik Günther
Ausstattung:
Christian „Etsch“ Elgner
Produktionsleitung: Holger Schober
Clyde: Ralf Wegner
Bonnie:
Nina Sarita Müller
Aufführungsrechte Verlag Autorenagentur Berlin
Dauer: 70 Min., keine Pause
Freigegeben ab 15 Jahren
3 Produktionsnotizen
„Clyde und Bonnie“ ist eine Uraufführung des jungen, österreichischen Autors Holger Schober, der
für sein letztes Stück „Hikikomori“, das auch in Wien am TAG zu sehen war, u.a. für den Deutschen
Jugendtheaterpreis nominiert war. „Hikikomori“ hat seitdem viele Inszenierungen an deutschen
Stadttheatern erfahren, und wurde von der „Deutschen Bühne“ als „wohl prägendstes
Jugendtheaterstück der nächsten Zeit“ bezeichnet. Wichtig ist das deshalb, weil der Regisseur
dieser Produktion, Dominik Günther, nun auch der Regisseur von „Clyde und Bonnie“ ist. Er ist
übrigens für „Hikikomori“ aktuell für den FAUST, den deutschen Theaterpreis, vergleichbar mit dem
NESTROY nominiert. „Clyde und Bonnie“ feierte 2008 beim Uraufführungsfestival WERKSTATT 08 am
Theater Oberzeiring Premiere und wurde bereits in zahlreichen deutschen und österreichischen
Städten aufgeführt.
Der Autor des Stücks, Holger Schober
Ausbildung und beruflicher Werdegang
1996-2000 Schauspielstudium am Max Reinhardt Seminar in Wien
2000-2002 Kulturmanagementausbildung am Institut für Kulturkonzepte
2000-2005 künstlerischer Leiter von Theater KINETIS
2005-2007 im Leitungsteam des TAG (Theater an der Gumpendorfer Straße)
ab 2007 künstlerischer Leiter Guerilla Gorillas
ab 2009 künstlerischer Leiter Wiener Klassenzimmertheater
2009-2011 künstlerischer Leiter u\hof: Theater für junges Publikum am Landestheater Linz
Arbeiten als Schauspieler, Regisseur und Autor
Arbeiten als Schauspieler u.a. am Volkstheater Wien, Landestheater Linz, den Wiener Festwochen,
den Hamburger Kammerspielen, am Theater im Rabenhof, am Theater Drachengasse, für Film (u.a.
"Mein Russland" – Max Ophüls Preis 2002, "Die Fälscher" - Oscar 2008) und Fernsehen ("Polterabend",
"Vier Frauen und ein Todesfall", "Winzerkönig", etc.).
Arbeiten als Regisseur am Theater Oberzeiring, dem Theater an der Gumpendorfer Straße,
dem Landestheater Linz, dem Theater des Kindes Linz und DSCHUNGEL WIEN.
Arbeiten als Autor für das Theater: 35 uraufgeführte Stücke, unzählige Inszenierungen seiner
Stücke, zahlreiche Auszeichnungen.
Arbeiten als Drehbuchautor für den ORF.
Zum Inhalt
„Clyde und Bonnie“ lernen sich in einem Videoshop kennen und verlieben sich in der ersten Sekunde
in einander. Sie kommen beide aus zerrütteten Familien, haben auch sonst viel durchgemacht und
besitzen keine Perspektive, was die Zukunft bringen soll. Deshalb machen sie es ihren berühmten
4 Namensvettern gleich und fangen an, Banken zu überfallen, um sich ein besseres Leben schaffen zu
können, und weil - so Clyde - eine Bank zu überfallen moralisch vertretbar ist, weil das ja auch alles
Verbrecher sind und außerdem sind die ja versichert. Auf Bonnies Frage, ob es denn moralisch
vertretbar wäre, die Versicherungen um ihr Geld zu erleichtern, meint Clyde, jemand der in der
Versicherungsbranche tätig ist hat keinen Anspruch auf Moral. Das leuchtet auch Bonnie ein, und so
beginnen sie ihren neuen „Job“. Sie zeigen auch durchaus großes Talent für das Handwerk des
Bankräubers und treiben die Polizei mit ihrer ausgeklügelten Fluchtmethode zur Verzweiflung. Aber
wenn man mit dem Feuer spielt, dann kann man sich auch verbrennen und wenn man sich selbst in
die Schusslinie stellt, darf man sich nicht wundern, wenn man eine Kugel abfängt.
Zum Konzept
In „Clyde und Bonnie“ spielt Holger Schober mit den Versatzstücken des B-Movies und des Hollywood
Actionfilms und reflektiert damit die Stimmungswelt, in der sich Jugendliche von heute im Kino und
im Fernsehen wieder finden. „Clyde und Bonnie“ ist sowohl Hommage an das B-Movie, wie auch eine
kritische Hinterfragung der Mechanismen und Klischees, die in diesen Filmen vorherrschen. Holger
Schober kann dabei auf eigene Erfahrungen zurück greifen, nicht umsonst enthält sein Gehirn ein
nahezu enzyklopädisches Filmwissen und auch nicht umsonst wurde er wegen seiner Art, Dialoge zu
schreiben schon der „Steirische Tarantino“ genannt.
„Clyde und Bonnie“ beschäftigt sich mit dem Thema, Jung-zu-Sein, in einer Welt, in der alle großen
Gedanken schon gedacht wurden und alle großen Taten schon getan wurden. Was soll man tun,
wenn alle anderen einem nicht zutrauen, dass man etwas tut? Wie soll man leben, wenn alle
anderen glauben, man wäre nicht lebensfähig und hätte das Leben auch nicht verdient? Wohin kann
man kommen, wenn man das Gefühl hat, man könne sich nicht bewegen?
„Clyde und Bonnie“ ist ein Stück über wahre Liebe, Jugendarbeitslosigkeit und den Wunsch, das
Leben in die eigene Hand zu nehmen.
Das Stück arbeitet sich dabei, mit der gebotenen Ironie, aber auch mit dem nötigen Ernst, durch die
Dramaturgie eines B-Movies und liefert damit einen inhaltlichen und ästhetischen Beitrag zu unseren
modernen Sehgewohnheiten.
Dominik Günther inszeniert diese Geschichte als rasante Show und findet für die einzelnen
Situationen plastische Sprach- und Körperbilder. Wie schon in der gemeinsamen Arbeit mit Holger
Schober an „Hikikomori“ arbeitet er viel mit der Energie der Schauspieler und des Publikums.
Kraftvolle Szenen, in der die beiden Protagonisten ihren Frust in die Welt hinausschreien, werden
von leisen, beinahe zärtlichen Momenten abgelöst. Die Inszenierung findet immer den richtigen Ton,
mal rotzig schnodderig, mal behutsam, mal angepisst, mal verletzlich. Die beiden Protagonisten
5 bilden dabei so eine starke Einheit, dass eventuell das Gefühl aufkommen kann, sie wären eine
Person und die Geschichte spielt sich vielleicht nur in ihren Köpfen ab.
„Clyde und Bonnie“ ist ein Jugendtheaterstück der neuen Generation. Schnell, frech, provokant und
intelligent und entspricht damit genau dem Lebensgefühl, seiner jugendlichen Zielgruppe. Die
Botschaft wird hierbei nicht mit dem Zeigefinger aufgedrückt sondern sie steckt zwischen den
Zeilen. Jugendliche wollen nichts vorgekaut bekommen, sie wollen selbst mitdenken. In diesem
Sinne soll an das alte Zitat von Helmut Qualtinger erinnert werden, der auf die Bitte, er solle den
Unterschied zwischen deutschem und österreichischem Kabarett erklären folgendes sagte: „In
Deutschland geht einer auf die Bühne und sagt, der Bundeskanzler ist ein Trottel. In Österreich geht
ein Trottel auf die Bühne und sagt, der Bundeskanzler ist super.“ In diesem Sinne ist der
Jugendtheateransatz von Holger Schober und Dominik Günther derselbe: Theater muss knallen.
Theater muss sinnlich sein. Theater muss einem eine gute Zeit machen. Die Botschaft muss drunter
liegen, aber sie soll nicht im Vordergrund stehen, sie soll nicht der einzige Grund sein, warum man
ein Stück macht, sondern sie soll die Basis sein. Theater muss bewegen, muss aufrütteln, muss aber
auch mal Spaß und Lust auf mehr machen.
„Clyde und Bonnie“ ist ein modernes High Speed Stück, das genau die Waage zwischen Ernst und
Komik, zwischen Weinen und Lachen, zwischen Anspruch und Unterhaltung hält.
6 2. AUSZÜGE AUS DEM STÜCK
„Clyde und Bonnie“ ist ein Stück, das sich auf mehreren Ebenen abspielt. Es gibt eine immer wieder
kehrende Szene in der Clyde und Bonnie in der Bank von Polizisten umzingelt sind und es für sie
keinen Ausweg mehr gibt. Diese Szene hat immer wieder neue Auflösungen, mal stirbt Bonnie, mal
Clyde, mal beide, mal überleben sie. Dazu gibt es Szenen zwischen den beiden, die in ihrem
privaten Raum stattfinden. Dann gibt es noch Szenen, die bei einem fiktiven Psychiater spielen, zu
dem sie beide geschickt werden, der aber in Wirklichkeit nur ein Spiel zwischen ihnen beiden ist.
Unterbrochen wird das immer wieder von Monologen, mit denen sich Clyde und Bonnie direkt an das
Publikum wenden.
Im Folgenden finden sich die Kennenlern-Szene zwischen Clyde und Bonnie und die erste Clydebeim-Psychiater-Szene als Appetizer für das Stück…
Love Story
Innen/Videoshop/Tag
Bonnie:
Der ist ganz cool. Obwohl ich Gwyneth Paltrow nicht so gerne mag.
Clyde:
Wieso nicht ?
Bonnie:
Weiß nicht, das ist einfach keine Schauspielerin in meinen Augen. Weiß nicht
warum die so ein Theater um die machen.
Clyde:
Ich finde sie ganz okay.
Bonnie:
Und hübsch ist sie auch nicht.
Clyde:
Naja.
Bonnie:
Wer bist du?
Clyde:
Soll das eine philosophische Frage sein?
Bonnie:
Nein. Ich weiß nicht. Nein.
Clyde:
Oder ist es nur zur Information?
Bonnie:
Du gefällst mir.
Clyde:
Bist du immer so direkt.
Bonnie:
Nein. Eigentlich nie. Nur wenn es wichtig ist.
Clyde:
Und wie komme ich zu der Ehre.
Bonnie:
Du gefällst mir.
Clyde:
Meinst du jetzt rein optisch?
7 Bonnie:
Nein.
Clyde:
Du weißt schon dass Direktheit nicht immer das richtige Mittel ist oder?
Bonnie:
Ich meine nicht, dass du hässlich bist, oder so aber ich meine du sprichst mich nicht
optisch an.
Clyde:
Vielen Dank.
Bonnie:
Ich meine nicht nur. Du gefällst mir eben. Als ganzes. Das kann man einfach nicht
erklären.
Clyde:
Wie heißt du?
Bonnie:
Bonnie.
Clyde:
Nein, ich meine wirklich.
Bonnie:
So heiße ich. Bonnie.
Clyde:
Verarsch mich nicht.
Bonnie:
Stimmt aber.
Clyde:
Bonnie. Wie die Knight Rider Bonnie ?
Bonnie:
Nein, wie die coole Bonnie. Die Bonnie aus dem Film mit Faye Dunaway.
Clyde:
Soso, die coole Bonnie.
Bonnie:
Und wie heißt du?
Clyde:
Clyde.
Bonnie:
Wirklich ?
Clyde:
Nein.
Bonnie:
Schade. Naja, wäre auch ein ziemlicher Zufall gewesen.
Clyde:
Ja.
Bonnie:
Darf ich dich trotzdem Clyde nennen.
Clyde:
Du darfst mich nennen wie du willst, es ist ein freies Land.
Bonnie:
Guten Tag Clyde.
Clyde:
Guten Tag Bonnie. Freut mich dich kennen zu lernen.
Bonnie:
Mich auch.
Clyde:
Ja.
Bonnie:
Und was machst du so?
Clyde:
Meinst du hier, oder beruflich?
Bonnie:
Weiß nicht, ich glaube so allgemein.
Clyde:
Nicht viel.
Bonnie:
Das ist aber nicht viel.
Clyde:
Das würde es bedeuten.
Bonnie:
Hast du Lust was zu machen?
Clyde:
Okay.
Bonnie:
Hast du ein Auto?
Clyde:
Ja.
8 Bonnie:
Hast du es draußen?
Clyde:
Ja.
Bonnie:
Ist es cool?
Clyde:
Nein.
Bonnie:
Macht ja nichts. Wollen wir gehen.
Clyde:
Ja.
Growing Up
Innen/Therapieraum/Tag
Clyde:
Ich weiß nicht wieso ich den Hund umgebracht habe Herr Doktor. Ich weiß, Sie sind kein
Doktor aber ich fühle mich besser, wenn ich zu Ihnen Herr Doktor sagen kann, denn dann habe ich
das Gefühl, Sie verstehen etwas von ihrem Beruf. Weiß auch nicht, warum einem Titel so ein
Vertrauen einflößen, ich meine, ich bin viermal hintereinander zu dem Schüler gewählt worden, der
mit Sicherheit einmal im Gefängnis landet. Sie finden das schräg, dann sollten Sie sich erst mal die
anderen Kategorien anschauen, die es in der Schülerzeitung gab. Vom „Mädchen das am
wahrscheinlichsten als nächste entjungfert wird“ über den „Jungen mit den ekeligsten Pickeln“ bis
zu dem „Mädchen dass die wenigsten Schüler mögen“, da war alles dabei. Sie glauben, das Leben ist
hart, dann waren Sie nie auf meiner Schule. Trotzdem wollte ich keinem von diesen Arschlöchern
die Rübe wegpusten wozu auch? Die meisten Typen die in meiner Schule großen Nummer waren,
oder zu solchen gemacht wurden, arbeiten heute bei irgendwelchen Versicherungen in
irgendwelchen Großraumbüros, an irgendwelchen Fällen von irgendwelchen Typen, die in
irgendwelchen anderen Büros und an irgendwelchen anderen Sachen arbeiten ohne irgendwas dabei
zu empfinden. Ich meine wie schlimm muss das sein, einen Job zu haben, der dich so kalt lässt, dass
er dich nicht einmal ankotzt. Diese Typen sind doch schon tot, haben niemals gelebt, dass sie in der
Schule beliebt waren, dass waren nur Zuckungen, elektrische Impulse, Leben ist was anderes. Von
dem her wollte ich keinem von denen die Rübe runter schießen, so ist es doch viel lustiger. Ich weiß
überhaupt nicht, wie Sie darauf kommen Herr Doktor, glauben Sie, nur weil ich einen Hund
gesprengt habe, will ich irgendwelche Leute umbringen? Also ich sehe da keinen kausalen
Zusammenhang. Ein Hund ist ein Hund, das ist wie ein Gebrauchsgegenstand und wenn ich meinen
Badezimmerschrank in die Luft jagen würde, dann würde sich doch auch keiner beschweren, gut ein
bisschen laut wäre es vielleicht, aber ich würde es ja auch nicht auf dem Balkon machen. Warum ?
Es gibt kein Warum? Warum sollte es ein Warum geben? Man tut was man tut und wenn nicht dann
tut man was anderes. Warum ? Darum.
9 3. GESCHICHTLICHER HINTERGRUND
Quelle: wikipedia.org
Bonnie und Clyde (Bonnie Elizabeth Parker, * 01. Oktober 1910 in Rowena, Texas; † 23. Mai 1934
im Bienville Parish, Louisiana; Clyde Chestnut Barrow, * 24. März 1909 in Telico, Texas; † 23. Mai
1934 im Bienville Parish, Louisiana) waren US-amerikanische Kriminelle, deren Leben das Vorbild für
den gleichnamigen Film von 1967 abgab, einen der bekanntesten Filme seiner Zeit.
Die realen Personen
Bonnie und Clyde reisten während der Weltwirtschaftskrise durch den Südwesten der Vereinigten
Staaten. Sie raubten Banken aus und verursachten üblicherweise ein Chaos mit ihrer Bande. Man
schätzt, dass sie für dreizehn Morde, etwa ein Dutzend Bankraube und ungezählte Überfälle auf
Läden und Tankstellen verantwortlich waren.
Ihre Verbrechen sorgten, neben denen John Dillingers und Ma Barkers, in der Zeit von 1931 bis 1935
für erhebliches Aufsehen in den USA, wo diese Periode zuweilen als die „Ära der Volksfeinde“
bezeichnet wurde.
Bonnie Parker wurde in Rowena, Texas geboren. Sie liebte die Schriftstellerei und die Künste. Ihr
Gedicht „The Story of Bonnie and Clyde“ ist eine bemerkenswert persönliche Beschreibung ihrer
Eskapaden. Ihr Vater Charles Parker war Maurer. Als er 1914 starb, zog Bonnies Mutter Emma Krause
Parker mit Bonnie, deren älterem Bruder Hubert und der jüngeren Schwester Billie in einen Vorort
von West Dallas, die sog. „Cement City“. Bonnie war eine gute Schülerin. Als sie sechzehn war,
heiratete sie ihre Sandkastenliebe Roy Thornton. Obwohl es keine gute Ehe war, ließ sie sich nicht
scheiden, auch nicht, nachdem Thornton 1929 zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Parker
hatte eine Tätowierung über ihrem rechten Knie mit der Aufschrift Roy and Bonnie.
Clyde Barrow wurde in Telico nahe Dallas geboren. Er war eins von vielen Kindern einer armen
Landarbeiterfamilie. Zum ersten Mal aktenkundig wurde er 1926, als er wegen Autodiebstahls
verhaftet wurde. Dies hielt ihn jedoch nicht davon ab, seine kriminelle Laufbahn mit einer Serie von
Raubüberfällen fortzusetzen, die er in der Umgebung von Dallas beging.
Während ihr Mann im Gefängnis war, jobbte Bonnie im Dallas Café. Dieses schloss jedoch im
November 1929. Im Januar 1930 begegneten sich Bonnie und Clyde in Oak Cliff, nahe Dallas. Die
beiden wurden ein Paar. Zwei Monate später wurde Clyde inhaftiert, konnte aber mit Hilfe einer
Pistole, die Bonnie an den Wachen vorbeischmuggelte, ausbrechen. Er wurde eine Woche später in
Ohio wieder gefasst und musste seine Strafe bis 1932 im Gefängnis von Crockett in Texas verbüßen.
10 Im Februar 1932 wurde er auf Bewährung entlassen. Daraufhin begann seine und Bonnies
gemeinsame kriminelle Karriere.
Sie beraubten Lebensmittelgeschäfte, Tankstellen und kleinere Banken. Ein Raubversuch scheiterte
im März 1932, und Bonnie wurde in Kaufman, Texas zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, aber bereits
im Juni wieder freigelassen. Das Duo führte eine kleine Gruppe gleichgesinnter Krimineller an, die
später als die Barrow-Bande bekannt wurde. Clydes Bruder Buck und dessen Frau Blanche waren
zwei besonders berüchtigte Mitglieder. Während eines Zugriffs der Polizei 1933 in der Nähe von
Platte City, Missouri wurde Buck tödlich verletzt und seine Frau festgenommen.
Am 1. April 1934 ermordeten Bonnie und Clyde in der Nähe von Grapevine in Texas zwei HighwayPolizisten und fünf Tage später einen weiteren Polizisten bei Commerce in Oklahoma. Insgesamt
töteten sie in den Jahren zwischen 1932 und 1934 neun Polizeibeamte. Am 23. Mai 1934 fand die
Gewaltserie der beiden ein Ende. Aus einem Hinterhalt nahe ihrem letzten Versteck am Black Lake
in Louisiana wurden sie um 9:15 Uhr von Beamten, die im Bienville Parish am Straßenrand auf ihr
Auto, einen Ford Deluxe, warteten, getötet, indem sie mit einem Kugelhagel „durchsiebt“ wurden.
Ihre Leichen wurden öffentlich in Dallas präsentiert, bevor sie in den Gräbern ihrer jeweiligen
Familien beigesetzt wurden.
Barrow soll angeblich einen Brief an die Ford Motor Company geschrieben haben, in dem er das
„Dandy-Auto“ dieser Firma lobte. Der Brief war mit „Clyde Champion Barrow“ unterschrieben. Die
Echtheit dieses Briefes ist zweifelhaft. Etwa zur selben Zeit erhielt Ford einen ähnlichen Brief von
jemandem, der behauptete, John Dillinger zu sein. Die Firma benutzte beide Briefe in ihrer
Werbung. Bonnies oben erwähntes Gedicht „The Story of Bonnie and Clyde“ wurde von etlichen
Zeitungen veröffentlicht.
Weltwirtschaftskrise
Die Krise stürzte viele Familien in bittere Not: Wanderarbeiterin, Kalifornien 1936, (Fotografin:
Dorothea Lange)
Als Weltwirtschaftskrise bezeichnet man den 1929 einsetzenden schweren volkswirtschaftlichen
Einbruch in allen Industrienationen, der sich unter anderem in Unternehmenszusammenbrüchen,
massiver Arbeitslosigkeit und Deflation äußerte. Die Gleichzeitigkeit der Krisenerscheinungen wurde
gefördert durch die gewachsene Verzahnung der Einzelwirtschaften und Finanzströme
(Kapitalmobilität). Die Weltwirtschaftskrise beendete die so genannten „Goldenen zwanziger
Jahre“.
Ein zuerst nur leichter Rückgang des Wachstums der weltweit führenden US-amerikanischen
Volkswirtschaft ließ den spekulativ überbewerteten Aktienmarkt der USA am 24. Oktober 1929, dem
Schwarzen Donnerstag, zusammenbrechen. Dies führte zu einer Umkehr der Finanzströme. Gelder,
die in den Jahren davor in andere Volkswirtschaften investiert worden waren, wurden überstürzt
abgezogen. In vielen europäischen Staaten und in anderen Staaten der Welt löste dieser Kreditabzug
11 schwerste wirtschaftliche Krisenerscheinungen aus. In der Kette der Ereignisse kam es unter
anderem zu Massenarbeitslosigkeit und einem massiven Rückgang des Welthandels durch
protektionistische Maßnahmen.
In den einzelnen Staaten wurde unterschiedlich auf die Herausforderung reagiert: Ausgehend von
den skandinavischen Ländern, insbesondere Schweden, begannen die funktionierenden Demokratien
mit dem Übergang zum Wohlfahrtsstaat, um in das Marktgeschehen einzugreifen. Zaghafte
Reformansätze des US-Präsidenten Hoover wurden ab 1933 als „New Deal“ von seinem Nachfolger
Franklin D. Roosevelt verstärkt, so auch durch wachstumsfördernde, öffentliche Investitionen, die
durch vermehrte Schuldenaufnahme („Deficit spending“) finanziert wurden (Zu weiteren politischen
und kulturellen Auswirkungen der Krise in den USA siehe Große Depression.) Viele Staaten, wie
beispielsweise Großbritannien, koppelten ihre Währungen vom Golddevisenstandard ab und konnten
so wenigstens ihre Währungsreserven erhalten. Das Deutsche Reich unter Reichskanzler Heinrich
Brüning versuchte dagegen durch Stärkung seiner Währung, einhergehend mit rapidem Sozialabbau,
aus der Krise zu kommen. Dies trug zu einer Radikalisierung der Politik bei, die den Aufstieg des
Nationalsozialismus begünstigte.
Als Folge der Weltwirtschaftskrise fand ein Paradigmenwechsel in der Volkswirtschaftslehre statt.
Die bisher geltende klassische Wirtschaftstheorie wurde weitgehend vom Keynesianismus abgelöst.
Dieser forderte stärkere staatliche Eingriffe und stellte die Nachfrage in den Vordergrund. Diese
Änderung der Wirtschaftspolitik wurde in den Folgejahrzehnten jedoch teilweise rückgängig
gemacht.
Der Zusammenhang mit der aktuellen Wirtschaftskrise liegt auf der Hand und könnte einen
spannenden Ansatzpunkt für die Diskussion im Unterricht bieten.
12 4. FILME, SONGS, STÜCKE ÜBER BONNIE UND CLYDE
Es gibt vier Filme über das Paar.
Der erste Film „You Only Live Once“ von Fritz Lang entstand bereits 1937.
1958 kam „The Bonnie Parker Story“mit Dorothy Provine heraus.
1967 machte Warren Beatty, der auch die Rolle des Clyde übernahm, den Film „Bonnie und Clyde“.
Die Regie führte Arthur Penn, Bonnie wird von Faye Dunaway dargestellt. Der Film stellt die Figuren
in einem romantischen Licht dar. Er erhielt einerseits viele positive Kritiken und trug beträchtlich
zum glamourösen Image des kriminellen Pärchens bei, andererseits löste er auch eine Kontroverse
wegen möglicher Gewaltverherrlichung aus.
1992 erschien die Fernsehverfilmung "Bonnie & Clyde: The True Story". Im Gegensatz zu der eher
romantischen Version von Warren Beatty bemühte man sich hier um größtmögliche Authentizität. So
wurde, abgesehen davon, dass es sich bei den beiden Hauptakteuren um Teenager handelt, auch an
Originalschauplätzen in Texas gedreht.
1993 kam der Film „Teenage Bonnie and Klepto Clyde“ heraus, der das Thema nicht nur in die
heutige Zeit transportiert, sondern auch jugendliche ProtagonistInnen wählt. Ein junges Pärchen
beschließt seine Kleinstadt-Langeweile über Bord zu werfen und macht sich auf eine blutige Tour.
Der Name des Films setzte die Erwartungen des Publikums sehr herab. Die Story und die Umsetzung
an sich sind jedoch durchaus gelungen, wie auch verschiedene Kommentare – etwa in der IMDb –
zeigen.
1994 erschien der Film „Natural Born Killers“ von Oliver Stone, der die Geschichte von Bonnie und
Clyde ebenfalls mehr oder weniger frei in die Gegenwart versetzt.
Bollywood hat diese Geschichte 2005 ebenfalls in dem indischen Film „Bunty Aur Babli“
romantisierend adaptiert.
Der älteste Hitsong zu diesem Thema stammt von Georgie Fame („Ballad of Bonnie & Clyde“) und
erschien im März 1968.
1996 ist auf dem Album „Opium fürs Volk2 der Toten Hosen zum ersten Mal der Titel „Bonnie &
Clyde„ enthalten, der sich ebenfalls recht romantisierend mit den beiden auseinandersetzt.
Campino spricht als Sänger eine imaginäre weibliche Person an, die er auffordert, mit ihm „die
Pferde zu stehlen“ und ein Leben zu führen wie Bonnie und Clyde.
Außerdem gibt es von Serge Gainsbourg einen Song mit dem Titel „Bonnie and Clyde“, (gesungen
zusammen mit Brigitte Bardot) ein Lied von Eminem mit dem Titel „Bonnie and Clyde“ und ein
Duett des Rappers Jay-Z mit einer der Sängerinnen von Destiny's Child, Beyoncé Knowles, das den
Titel „Bonnie and Clyde“ trägt und sowohl im Text als auch im Musikvideo die Bonnie-und-ClydeThematik sehr romantisierend aufgreift. Tupac schrieb in seinem 1996 veröffentlichtem Song „Me
and My Girlfriend“, dass er mit seiner Waffe „Bonnie and Clyde“ sei.
13 2006 wurde im Jungen Ensemble Stuttgart das Stück „Bonnie und Clyde – ein Stück für drei
Schauspieler und einen Fluchtwagen“ von Thomas Richhardt, das mit den Biographien von Bonnie
Parker und Clyde Barrow arbeitet, uraufgeführt.
14 5. IMPULSTEXTE
Die folgenden Texte sollen Basis für eine nähere Beschäftigung mit der Materie sein, sollen zum
Nach- und Weiterdenken anregen und sollen die Möglichkeit bieten, sich in die Gedankenwelt und
die inhaltliche Ebene des Stückes besser hinein zu fühlen.
Bonnie & Clyde
Von den Toten Hosen (erschienen auf dem Album „Opium für das Volk“)
Wir sind uns vorher nie begegnet,
doch ich hab dich schon lang vermisst.
Auch wenn ich dich zum ersten Mal hier treff,
ich wusste immer wie du aussiehst.
Mit dir will ich die Pferde stehln,
die uns im Wege sind.
Ich geh mir dir durch dick und dünn
bis an das Ende dieser Welt.
Leg deinen Kopf an meine Schulter,
es ist schön, ihn da zu spürn,
und wir spielen Bonnie und Clyde.
Komm, wir klauen uns ein Auto,
ich fahr dich damit rum
und wir spielen Bonnie und Clyde.
Was wir zum Leben brauchen,
werden wir uns schon irgendwie holen.
Wir rauben ein paar Banken aus
oder einen Geldtransport.
Wir schießen zwei, drei, vier, fünf Bullen um,
wenn es nicht mehr anders geht.
Jeder weiß genau, was er da tut,
wenn er uns aufhalten will.
Leg deinen Kopf an meine Schulter,
es ist schön, ihn da zu spüren,
und wir spielen Bonnie und Clyde.
15 Auch wenn uns die ganze Welt verfolgt,
wir kümmern uns nicht drum,
denn wir sind Bonnie und Clyde.
Wenn uns der Boden untern den Füßen brennt,
machen wir uns aus dem Staub.
In den Bergen hängen wir alle ab,
die etwas von uns wollen.
Lebendig kriegen sie uns nie,
egal wie viele es sind.
"Tod oder Freiheit" soll auf unserem Grabstein stehn.
Leg deinen Kopf an meine Schulter,
es ist schön ihn da zu spüren,
und wir spielen Bonnie und Clyde.
Komm wir bomben uns durchs Leben
und öffnen jede Tür,
denn wir sind Bonnie und Clyde.
Leg deinen Kopf an meine Schulter,
es ist schön, ihn da zu spüren,
und wir spielen Bonnie und Clyde.
Unsere Liebe soll ein Sprengsatz sein,
der ständig explodiert.
Du bist Bonnie, ich bin Clyde
16 Gedicht „The Story of Bonnie and Clyde“ von Bonnie Parker 1934
You've read the story of Jesse James-Of how he lived and died;
If you're still in need
Of something to read
Here's the story of Bonnie and Clyde.
Now Bonnie and Clyde are the Barrow gang.
I'm sure you all have read
How they rob and steal
And those who squeal
Are usually found dying or dead.
There's lots of untruths to these write-ups;
They're not so ruthless as that;
Their nature is raw;
They hate the law-The stool pigeons, spotters, and rats.
They call them cold-blooded killers;
They say they are heartless and mean;
But I say this with pride,
That I once knew Clyde
When he was honest and upright and clean.
But the laws fooled around,
Kept taking him down
And locking him up in a cell,
Till he said to me,
"I'll never be free,
So I'll meet a few of them in hell."
The road was so dimly lighted;
There were no highway signs to guide;
But they made up their minds
If all roads were blind,
They wouldn't give up till they died.
17 The road gets dimmer and dimmer;
Sometimes you can hardly see;
But it's fight, man to man,
And do all you can,
For they know they can never be free.
From heart-break some people have suffered;
From weariness some people have died;
But take it all in all,
Our troubles are small
Till we get like Bonnie and Clyde.
If a policeman is killed in Dallas,
And they have no clue or guide;
If they can't find a fiend,
They just wipe their slate clean
And hang it on Bonnie and Clyde.
There's two crimes committed in America
Not accredited to the Barrow mob;
They had no hand
In the kidnap demand,
Nor the Kansas City Depot job.
A newsboy once said to his buddy:
"I wish old Clyde would get jumped;
In these awful hard times
We'd make a few dimes
If five or six cops would get bumped."
The police haven't got the report yet,
But Clyde called me up today;
He said, "Don't start any fights-We aren't working nights-We're joining the NRA."
18 From Irving to West Dallas viaduct
Is known as the Great Divide,
Where the women are kin,
And the men are men,
And they won't "stool" on Bonnie and Clyde.
If they try to act like citizens
And rent them a nice little flat,
About the third night
They're invited to fight
By a sub-gun's rat-tat-tat.
They don't think they're too smart or desperate,
They know that the law always wins;
They've been shot at before,
But they do not ignore
That death is the wages of sin.
Some day they'll go down together;
They'll bury them side by side;
To few it'll be grief-To the law a relief-But it's death for Bonnie and Clyde.
19 Werner Wtangl: Auswirkungen von Arbeitslosigkeit auf Jugendliche aus
psychologischer Sicht(*
Erschienen in:
Junge Kirche. Fachzeitschrift für Kinder- und Jugendpastoral unter dem Titel "Jugendlich und
arbeitslos ...", Jg. 37., Heft 3, S. 9-11.
Zu den Entwicklungsaufgaben im Jugendalter zählt die
Vorbereitung auf bzw. der Beginn einer beruflichen Laufbahn. Ziel
ist die ökonomische und soziale Absicherung, die auch ein
Mindestmaß an persönlicher Entfaltung und gesellschaftlicher
Anerkennung garantiert.
In Europa sind derzeit etwa 15 Prozent der Jugendlichen ohne
Arbeit, wobei Österreich die höchste Jugendarbeitslosigkeit seit
Ende des 2. Weltkrieges aufweist (36628 Jugendliche unter 25 Jahren, davon 21116 männliche und
15512 weibliche). Der Trend zu höher qualifizierten Erstberufen verschärft die
Arbeitsmarktsituation für wenig qualifizierte Jugendliche. Das mit Abstand höchste Risiko, arbeitslos
zu werden, haben PflichtschulabsolventInnen (Arbeitslosenquote 14,6% ).
Schon SchülerInnen fühlen sich heute vom Problem der Arbeitslosigkeit bedroht, sodass Jungsein
heute nicht mehr die unbeschwerte Zeit des Lernens, spielerischen Ausprobierens und der
allmählichen Vorbereitung auf einen Beruf ist. Bei der ersten Bewerbung erleben viele, dass ein
schlechtes Abschlusszeugnis nur geringe Verwertungschancen am Arbeitsmarkt findet. Ursprüngliche
Vorstellungen, dass ein Beruf Spaß machen und den eigenen Fähigkeiten entsprechen sollte, werden
bald verworfen, denn es geht nur mehr darum, überhaupt in Erwerbsarbeit aufgenommen zu
werden. Dabei ist die berufliche Erstplatzierung für das gesamte Berufsleben (Einkommen,
Aufstiegschancen) entscheidend, da die Mechanismen des Arbeitsmarktes eine nachträgliche
Korrektur selten zulassen.
Durch das knappe Angebot an Ausbildungs- und Arbeitsstellen kommt es zu einem verstärkten
Konkurrenzkampf, ohne dass die persönliche Qualifikation ein Garant für den Einstieg oder Verbleib
im gewählten Beruf wäre. Die Folge ist zum einen die Abhängigkeit von Sozial- oder
Arbeitslosenhilfe in einer konsumorientierten Gesellschaft, in der der Erwerb und Besitz
verschiedener "In-Güter" kultiviert und damit als gesellschaftliches "Muss" verinnerlicht wird, zum
anderen ist die Etikettierung "arbeitslos" gleichzusetzen mit persönlicher Entwertung, denn ein
Beruf dient zur wechselseitigen Identifikationsschablone, mit deren Hilfe Menschen in Bezug auf
ihre soziale Stellung eingeschätzt werden. Im subjektiven Erleben des einzelnen Jugendlichen wird
20 ein Paradox des Jungseins deutlich, wenn von Marketingstrategen Jugendlichkeit als Götzenbild
aller Konsumorientierungen angeboten wird, also Jugendliche als Konsumenten hochwillkommen
sind, diese aber von der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen bleiben.
Psychologische Probleme der Arbeitslosigkeit
Der Abbau traditioneller Bindungen (Glaubensgemeinschaften, Familie) und der Übergang von einer
Pflichtethik zu einer Entfaltungsethik machen die Selbstverwirklichung zum Leitbild, sodass
Misserfolge als Zeichen individueller Untüchtigkeit gelten und nicht als Folge von Umständen. Diese
Individualisierung ist häufig mit Isolierung verbunden, wobei neue Formen der Vergemeinschaftung
(Cliquen, WGs, Sekten u. Ä..) wenig Unterstützung bieten. Für die aktuelle Jugendszene sind
Hedonismus und Gegenwartsorientierung kennzeichnend, wobei es in der Jugendphase darum geht,
"Spaß" zu haben, das Leben zu genießen, und eher wenig an eine schwer vorhersehbare Zukunft zu
denken. Dies führt u.U. auch zu überhöhten Ansprüchen an Beruf und Arbeitsplatz. Wenn ein Beruf
den persönlichen Ansprüchen nach Selbstverwirklichung nicht entspricht, kommt es zu frühzeitigen
Auflösungen von Arbeitsbeziehungen.
Eine kurzfristige Arbeitslosigkeit ist für die Mehrzahl Jugendlicher heute eine normale und deshalb
wenig abschreckende Erfahrung, jedoch eine langfristige Arbeitslosigkeit vermittelt neben der
Chancenlosigkeit am Arbeitsmarkt auch eine im Leben, die zur Suche nach anderen
Überlebensformen führt. Arbeitslosigkeit ist daher als eine Ursache für die Erhöhung der
Delinquenzgefährdung bei Jugendlichen zu sehen, wobei berücksichtigt werden muss, dass der
erklärende Schluss keine Prognose bedeutet.
21 Die negativen Folgewirkungen längerer Arbeitslosigkeit sind in einer Vielzahl von Untersuchungen
nachgewiesen (siehe Tabelle). Mit zunehmender Dauer kommt es nicht nur zu finanziellen
Belastungen und Einschränkungen, sondern zu teilweise massiven Beeinträchtigungen des
psychischen und körperlichen Wohlbefindens. Die Erfahrung keine Arbeit zu haben bzw. "nicht
gebraucht zu werden" führt zu weit reichenden Entwicklungsbeeinträchtigungen, sodass die
Handlungsbereitschaft sinkt, das Selbstvertrauen und die eigene Wertschätzung abnehmen, das
Zeitgefühl sowie soziale Kontakte verloren gehen, und aggressive und apathische Verhaltensweisen
zunehmen. Jugendliche ohne qualifizierte Bildungsabschlüsse reduzieren ihre persönlichen
Ansprüche und Lebensziele, es kommt häufig zur psychischen Destabilisierung bis zur Depressivität.
Arbeitslose mit entsprechenden psychischen und physischen Problemen haben natürlich noch
weniger Chancen, eine Arbeit zu finden.
Untersuchungen bei wenig Qualifizierten in schwierigen Beschäftigungsverhältnissen zeigten, dass
etwa bei einem Viertel sinnhaft-subjektbezogene Erwartungen an die Arbeit (Selbstverwirklichung,
Sozialkontakt, soziale Anerkennung) in den Hintergrund treten und eine defensive Anspruchshaltung
dominiert, die durch eine Betonung materieller Interessen und die Abwehr von Arbeitsbelastungen
charakterisiert ist. Für viele Jugendliche geht durch eine frühe Arbeitslosigkeit damit auch jeglicher
Bezug zur Ausübung eines Berufes verloren - sofern er überhaupt entwickelt werden konnte - und
reduziert sich auf den Faktor der finanziellen Absicherung.
Im Hinblick auf Langzeitarbeitslosigkeit gibt es unterschiedliche Anpassungsstrategien: Die
resignative Anpassung ist gekennzeichnet durch eine zunächst leichte Verbesserung des psychischen
Wohlbefindens, das aber deutlich unter demjenigen von Menschen in Beschäftigung bleibt. Bei einer
konstruktiven Anpassung kompensieren Arbeitslose den Verlust der latenten individual- und
sozialpsychologischen Funktionen von Arbeit mit anderen sozialen Aktivitäten (Hobbies,
Schwarzarbeit, soziale Kontakte). Einige Faktoren verschärfen auch die bestehenden
Anpassungsprobleme: persönliche, familiäre oder gesundheitliche Krisen, die während der
Berufstätigkeit vom Einzelnen zumindest einigermaßen bewältigt werden können, führen in der
Situation der Arbeitslosigkeit zu einer Überforderung bzw. zu einer Erhöhung der individuellen
Verletzlichkeit. Dieser Verstärkungseffekt ist mitverantwortlich für die beobachtbare psychosoziale
Problemdichte von vielen Langzeitarbeitslosen.
Obwohl ein direkter Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und Kriminalität kaum nachzuweisen
ist, verleiten Einzelfälle auch Experten manchmal zu einer fragwürdigen Generalisierung. Jedoch
sind unausgefüllte Ziele, Langeweile, Spannungsarmut und sinkender Abwechslungs- und
Alternativreichtum ein Nährboden für abweichendes Verhalten. Die psychosozialen Belastungen
führen über Selbstzweifel und Schuldgefühle zu innerer Aggressivität, sodass sich Formen der
Realitätsflucht durch Alkohol und andere Drogen bis hin zur offenen Aggressivität entwickeln
können. Die im Jugendalter latent vorhandenen Konfliktpotenziale verstärken sich dann im
22 Einzelfall in kleinen "Geschäften" am Rande der Legalität. Man vermutet, dass der Anstieg von
Jugendarbeitslosigkeit mit der Zahl der Selbstmorde korreliert, auch wenn heute Aggressionen eher
nach außen gerichtet werden.
Durch einen erzwungenen Rückzug in die Familie wird der ohnehin konfliktträchtige
Ablösungsprozess verzögert, und stellt die Jugendlichen erneut unter bestehende elterliche Werte
und Normen. In dieser Verzögerung bzw. Verspätung des sozialen Reifungsprozesses kann die größte
Gefahr der Dauererwerbslosigkeit von Jugendlichen gesehen werden. Soziale Entwicklungsdefizite
und der Verlust von Berufs- und Zukunftsperspektiven machen die davon Betroffenen beinahe
zwangsläufig zu Problemgruppen von heute und Randgruppen von morgen. Solche
Entwicklungsregressionen befördern einer Art von "Zwangsinfantilität".
Weibliche Jugendliche haben eher Schwierigkeiten in der Berufsausbildung, da sie sich neben dem
Erlernen ihres Berufes nach traditionellen Vorstellungen auch mit den Aufgaben und Pflichten einer
Frau in der modernen Gesellschaft vertraut machen sollen. Gründe für die geringe Eigeninitiative zu
einer Berufsausbildung sind daher einerseits in der geschlechtsspezifischen Erziehung in der Familie
zu finden, andererseits an der an Ehe, Haushalt und Familie orientierten Lebensplanung, die
teilweise schon von Kindheit an vermittelt wird.
Viele Frauen bevorzugen eine Kurzausbildung, jedoch bleiben technische Berufsmöglichkeiten auch
heute noch häufig unbeachtet. Während in den letzten Jahren 30 neue Lehrberufe geschaffen
wurden, übernehmen Mädchen noch immer traditionelle "Lehrberufe", von denen zwei Drittel in nur
fünf Lehrberufen ausgebildet werden.
Selbst bei guter Konjunktur war es selten möglich, jährlich mehr als durchschnittlich 40% der
Lehrstellenbewerberinnen unterzubringen, aber der beobachtbare Wertewandel wird vorwiegend
von den weiblichen Heranwachsenden getragen, denn Mädchen sind heute ehrgeiziger und auch
selbstbewusster. "Karriere machen", "sich selbstständig machen" und "Verantwortung übernehmen"
ist für sie ebenso wichtig wie für Burschen. Daraus resultieren besondere Ansprüche an den
Arbeitsmarkt, die dieser in einer prekären wirtschaftlichen Situation nur unzureichend erfüllen
kann. Auf Grund dieses im Hinblick auf die Berufstätigkeit veränderten und eher egalitären
Rollenbildes wirkt sich die Arbeitslosigkeit bei weiblichen Jugendlichen psychologisch kaum anders
aus als bei männlichen Betroffenen.
23 6. KONTAKT
Info und Kartenreservierung
Mag. Christina Bierbaumer
Kontakt Pädagogische Einrichtungen | Kulturvermittlung
DSCHUNGEL WIEN Theaterhaus für junges Publikum
MuseumsQuartier | Museumsplatz 1 | 1070 Wien
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Bei weiteren Fragen, Wünschen, Anregungen kontaktieren sie bitte:
Holger Schober (Autor)
Mobil:
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