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ZEIT ONLINE 2008−07−17T09:42:34.939570+00:00
[http://www.zeit.de/online/2008/29/interview−prof−investoren]
Bundesliga
Geld schießt doch Tore
Drei Wochen vor dem Liga−Start werden Hoffenheim und FC Bayern zu
neuen Vorbildern. Denn die Entwicklung der Vereine zu Unternehmen
wird weitergehen, sagt der Ökonom Tobias Kollmann
Professor Tobias Kollmann verbrachte in seiner Kindheit viel Zeit hinter dem Tor des 1. FC Köln, da sein
Vater Pressefotograf war und ihn mit zu den Spielen nahm. Heute lehrt der Fußballfan BWL und
Wirtschaftsinformatik der Universität Duisburg−Essen. Er forscht unter anderem zu Geschäftsmodellen im
Internet. Zuletzt prüfte er die Attraktivität von Fußballvereinen für Investoren und entwickelte verschiedene
Fondsmodelle, die den Einstieg von Unternehmen oder Privatpersonen in einen Verein ermöglichen.
ZEIT ONLINE: Herr Kollmann, Sie sagen, Geld schießt keine Tore, aber es bereitet sie vor . Warum soll
das so sein?
Tobias Kollmann: Die Wahrheit liegt nicht mehr nur auf dem Platz, sondern zunehmend auch in der Bilanz.
Dafür gibt es drei Indizien: Geld schießt doch Tore und damit Bayern München zum Titel; Hoffenheim
schafft es mit einem Investor in die 1. Bundesliga und finanzschwache Traditionsvereine spielen nicht
automatisch in den höheren Spielklassen.
ZEIT ONLINE: Was machen die Bayern anders oder besser als die Konkurrenz?
Kollmann: Der perfekte Fußballklub setzt sich aus den internen Faktoren Team, Konzept, Kapital und den
externen Faktoren Fanbasis, Heimatstadt und Marke zusammen. Diese Kriterien sind bei den Bayern alle
gleichermaßen sehr gut erfüllt. Insbesondere durch das vorhandene Kapital konnte man in der vergangenen
Saison wertvolle Spieler kaufen, die dann den Verein zumindest auf nationaler Ebene nach vorne schießen
konnten.
ZEIT ONLINE: Was bedeuten denn ihre internen und externe Faktoren genau?
Kollmann: Die internen Faktoren betreffen zunächst die vorhandenen spielerischen Fähigkeiten der
Mannschaft und die sportlichen und wirtschaftlichen Kompetenzen im Vereinsmanagement. Diese werden
ergänzt durch ein sportliches und wirtschaftliches Konzept zur Erschließung der Potenziale und zur
Weiterentwicklung in der Zukunft. Die Kapitalbasis ermöglicht es dem Verein, in diese Zukunft zu
investieren. Die externen Faktoren sind das Umfeld, in dem sich der Verein bewegt. Wie viele Fans sind
vorhanden oder erschließbar? Wie attraktiv sind die Heimatstadt mit Infrastruktur und Stadion, die ansässigen
Unternehmen und das Einzugsgebiet? Welche Bekanntheit hat der Verein regional und überregional? Konnten
die sportlichen Erfolge zusätzlich einen Markenwert erschaffen?
ZEIT ONLINE: Also jene Faktoren, auf die ein Investor achtet, bevor er Geld ausgibt. Bei welchen Vereinen
sieht es denn gut aus?
Kollmann: Nach unseren Studienergebnissen stehen die Vereine Hamburger SV, Hertha BSC Berlin,
Eintracht Frankfurt, 1. FC Köln, Borussia Mönchengladbach, 1860 München, Fortuna Düsseldorf, Rot−Weiß
Essen, Dynamo Dresden, Waldhof Mannheim, KFC Uerdingen 05 und der Bonner SC in den verschiedenen
Ligen ganz oben im Fanvotum, während Klubs wie Werder Bremen oder der VfB Stuttgart offensichtlich so
gut aufgestellt sind, dass sie aus Fansicht keine Investoren nötig haben. Wir hatten anhand der oben genannten
Faktoren und einer Umfrage unter den Fans der Bundesligavereine ermittelt, welche Vereine sich besonders
für externe Investoren eignen würden. Bayern München als nationaler Vergleichsmaßstab und Vereine wie
Leverkusen oder Wolfsburg, die bereits Investoren an Bord haben, wurden nicht untersucht.
ZEIT ONLINE: Wie beurteilen Sie die wirtschaftliche Entwicklung der Bundesliga insgesamt?
Kollmann: Sehr gut, auch wenn wir den Vorsprung anderer Ligen noch nicht aufgeholt haben. Aber auch mit
deutschen Fußballvereinen kann man inzwischen richtig Geld verdienen. Alle 18 Erstligavereine waren laut
DFL in der Spielzeit 2006/2007 profitabel und auch immerhin 12 Vereine der 2. Bundesliga wiesen für diesen
Zeitraum ein positives Ergebnis nach Steuern aus. Insgesamt sieht es gar nicht so schlecht aus, auch im
internationalen Vergleich.
ZEIT ONLINE: Woran liegt es dann, dass die großen Stars immer noch in England, Spanien oder Italien
spielen?
Kollmann: Der Rückstand auf die europäischen Topligen wurde zwar verkleinert, aber die Bundesliga hat
immer noch Nachholbedarf. Man muss sich nur die Halbfinals der vergangenen Champions−League−Saison
(FC Chelsea gegen FC Liverpool sowie Manchester United gegen FC Barcelona, Anm. d. Red.) anschauen:
Drei der vier Vereine hatten externe Investoren an Bord. Das bestätigt den Trend, sich durch externe
Investoren das Kapital zu sichern, welches für die notwendigen Investitionen gebraucht wird. Ich bin daher
sehr gespannt, inwieweit sich die massiven Investitionen vom VfL Wolfsburg mit VW im Rücken in der
nächsten Saison bemerkbar machen werden.
ZEIT ONLINE: Das Geld von VW war beim VFL Wolfsburg allerdings schon länger vorhanden, das Team
spielte trotzdem meist gegen den Abstieg.
Kollmann: Aber mit der Verpflichtung von Felix Magath und einem Entwicklungskonzept wurden die
Hausaufgaben gemacht. Und deshalb ist der VfL nun auf dem Weg nach vorne. Die Balance zwischen den
internen und externen Faktoren hat vielleicht noch nicht gestimmt. Es war zwar Geld vorhanden, aber es
müssen eben auch die richtigen Leute mit dem richtigen Konzept an den richtigen Positionen sitzen, um das
Potenzial zu erschließen. Vielleicht stimmt das jetzt.
ZEIT ONLINE: Was sagen Sie zu Vereinen wie Sachsen Leipzig oder Fortuna Düsseldorf? Dort scheinen
eigentlich alle "Ihre" externen Faktoren erfüllt, die Infrastruktur ist dank der WM−Arenen auf dem neuesten
Stand. Trotzdem spielen die Klubs seit Jahren nur in Amateurligen.
Kollmann: Was in der Vergangenheit im Einzelfall falsch gemacht wurde, kann ich nicht beurteilen. Aber
unsere Studie hat ergeben, dass diese Vereine eine besonders gute Chance haben, wieder nach oben zu
kommen, wenn die Hausaufgaben in allen Bereichen gemacht werden.
ZEIT ONLINE: Bei Sachsen Leipzig wollte vor einem Jahr Red Bull mit viel Geld einsteigen. Die
Zusammenarbeit scheiterte unter anderem an Protesten der Fans. Hat ein strategischer Investor in solchen
Fällen überhaupt eine Chance?
Kollmann: Ja, wenn man die Anhänger inhaltlich und wirtschaftlich mit in das Projekt einbindet. Man könnte
so beispielsweise auch Anteile am Klub an die Fans verkaufen, sie quasi auch zu Investoren machen. Es muss
also nicht immer der reiche russische Oligarch sein, der versucht, alles an sich zu reißen und alles zu
verändern. Zumal er dies sowieso nicht tun würde: Er hat ja vor allem Interesse an einem erfolgreichen
Verein, an einem erfolgreichen Produkt. Das Rückgrat dieses Produktes sind immer noch die Fans. Vielleicht
kann ein Mischmodell aus Faninvestoren und Einzelinvestor beide Seiten zusammenführen.
ZEIT ONLINE: Stehen Fanbeteiligungen nicht seit dem Börsengang von Borussia Dortmund in einem
schlechten Licht? Die Aktie ist fast nichts mehr wert. Die Mannschaft konnte den Abstieg nur knapp
verhindern.
Kollmann: Ein Börsengang ist für einen Verein nur eine einmalige Kapitalspritze und die Teilhaberschaft ist
nicht beliebig bei gleichzeitigem Mittelzufluss erweiterbar. Ein Fanfonds bündelt dagegen die Fans mit der
Möglichkeit, jederzeit weitere hinzuzunehmen, und er kann zusätzlich so gestaltet sein, dass mit jährlichen
Mitgliedschaftsgebühren dauerhaft Geld in die Kasse kommt. Gleichzeitig könnte man über die Anteile hinaus
mit der Fondszugehörigkeit bestimmte Sonderrechte verbinden, wie zum Beispiel ein gemeinsames Training
mit den Profis. Zudem könnte ein Fanvertreter für den Fonds in das Kontrollgremium des Vereins gewählt
werden, der dann bei Entscheidungen mitreden kann. Das Konstrukt müsste natürlich auf die Gegebenheiten
des einzelnen Vereins angepasst werden.
ZEIT ONLINE: Wie kann sich ein Verein davor schützen, dass Investoren zu viel Einfluss auf die sportliche
Arbeit nehmen?
Kollmann: Grundsätzlich gilt: Die Personen, die hinter dem Kapital stehen, müssen zum Verein passen. Das
Schicksal des Klubs darf nicht der Eitelkeit eines Einzelnen unterliegen. Wenn die richtigen Leute
zusammenkommen, funktioniert das auch. Den Rest kann man über vertragliche Vereinbarungen absichern.
Das Ganze muss ein Gemeinschaftsprojekt zwischen Geldgebern, Vereinsführung und Fans sein − so wie es
in Hoffenheim offensichtlich der Fall ist.
ZEIT ONLINE: Wird es in Zukunft mehr Modelle nach Hoffenheimer Vorbild geben?
Kollmann: In zehn Jahren wird etwa die Hälfte der Vereine in der Bundesliga Investoren haben, die sie
unterstützen. Die Modelle für deren Einbindung können dabei aber sehr unterschiedlich sein. Die generelle
Entwicklung der Fußballklubs zu Wirtschaftsunternehmen wird aber eindeutig weitergehen. In den
Führungsgremien werden dabei sowohl Fußball− als auch Wirtschaftsexperten sitzen. Letztere werden dabei
nicht unbedingt selbst einmal erfolgreich gegen den Ball getreten haben müssen. Durch diese Symbiose
bekommen die Klubs eine noch professionellere Führungsstruktur, die sich deutlich von den
Vereinsstrukturen der Vergangenheit unterscheiden wird.
ZEIT ONLINE: Die alten Rasenheroen, die ihren Verein zu neuem Ruhm führen, werden also aussterben?
Kollmann: Das muss nicht sein. Es gibt durchaus Fußballer mit der nötigen wirtschaftlichen Kompetenz. Die
derzeitige Führung von Bayern München (um Uli Hoeneß und Karl−Heinz Rummenigge, Anm. d. Red.) ist
ein gutes Beispiel. Auch ein Oliver Kahn hat vielleicht das Potenzial, diesen Weg zu gehen. Solche Fälle wird
es weiterhin geben.
Die Fragen stellte Adrian Bauer.
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