Damals gab es nichts Besseres

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Damals gab es nichts Besseres
Donnerstag, 15. November 2012/ BCM_15_11_222_Zeitzeugen/ rl
Pressemitteilung
„Damals gab es nichts Besseres“
Zeitzeugen erinnern bei der Bremen Classic Motorshow an Rennsporthistorie
Die Autos hatten Flügel, die Teamchefs schräge Ideen und die Fahrer Flausen im Kopf: Motorsport
war in den 70ern und 80ern meist unbeschwert, aber gefährlich. Die Schau „Rennen und Rallyes –
die wilden Jahre“ auf der Bremen Classic Motorshow bringt von Freitag bis Sonntag, 1. bis 3.
Februar 2013, in der Messe Bremen Rennwagen und Zeitzeugen zusammen.
Mal war es Senf auf der Türklinke. Ein andermal entdeckte einer der Rennfahrer einen Fisch im
Helm, der dritte fand seine Hotelzimmereinrichtung nach dem Training auf dem Flur vor. „Auf der
Strecke waren wir Konkurrenten, aber abseits davon haben wir nur Blödsinn gemacht“, sagt einer,
der fast immer dabei war: Hans-Joachim Stuck, heute Präsident des Deutschen Motor Sport
Bundes (DMSB).Der legendäre Rennfahrer genoss den Motorsport der 70er-Jahre als junger
Wilder – und gewann 1972 auch gleich die erste Deutsche Rennsport-Meisterschaft (DRM),
Vorläuferin der heutigen DTM, auf einem 300 PS starken Ford Capri RS 2600.
„Toll, dass wir Stuck für die Eröffnung der Messe gewinnen konnten“, freut sich darum MesseProjektleiter, Frank Ruge. „Und den passenden Wagen zeigen wir auch.“ Neben dem Capri ist
in der Messe Bremen auch der Porsche 935 zu sehen, mit dem John Fitzpatrick in der Saison
1978 mehrfach auf die ersten Plätze in der Deutschen Rennsport-Meisterschaft fuhr. Insgesamt
wollen die Bremer rund zehn Geschosse auf vier Rädern präsentieren, die an die RundkursRennserie und die fast zeitgleich gestarteten Rallye-Weltmeisterschaften erinnern.
Die DRM: Sie war geboren, als die Oberste Nationale Sportkommission, Vorläuferorganisation des
DMSB, 1972 auf Drängen der Hersteller alle Meisterschaften der vielen Hubraumklassen
zusammenfasste, um einen Titel von internationalem Rang zu schaffen. Gestartet wurde auf
Pisten, Flugplätzen und Bergrennstrecken in zwei Hubraumdivisionen – bis und ab zwei Liter –, als
Piloten versuchten sich Formel-1-Fahrer, Tourenwagen- und Semi-Profis.
„Damals gab es nichts Besseres. Ich bin echt happy, dass ich diese Zeit erleben durfte“, schwärmt
Hans-Joachim Stuck. Die Frisuren der Piloten waren gewagter als das Flügelwerk der Autos, die
Bauchentscheidungen der Technischen Kommissare wichtiger als das Reglement und der
Vollvisierhelm eine echte Innovation. „Und es gab weder Telemetrie noch ABS oder
Traktionskontrollen“, erinnert sich Stuck. „Manchmal sind wir mit Autos auf eigenen Achsen zum
Rennen gefahren – Auspuff abmontiert, Sitzbänke raus, los. Und es gab auch keine
Ladedruckbegrenzung – jeder hat seinen Motor ausgereizt, bis der einem irgendwann um die
Ohren flog.“ Auch das Publikum war immer nah dran: „Da gab es keine Stellwände und
Motorhomes.“ Stuck grinst, wenn er heute an Mentaltrainer und Physiotherapeuten denkt: „Wir
haben Cola gesoffen und Fritten gefressen – und dann sind wir echte Rennen gefahren.“
Anfangs starteten hauptsächlich Ford und BMW auf den Rundkursen, dann kamen Porsche,
Lancia und Opel hinzu, gelegentlich wurden NSU und Fiat gesichtet. Als sich Mitte der 80er-Jahre
das DRM-Ende ankündigte, waren die Boliden der Gruppe C zugelassen – zum Beispiel der BMW
M1 mit knapp 1.000 PS. Unvergessen ist auch die Fahrerhorde: neben Rekordmeister Heyer auch
die drei zweifachen Meister Dieter Glemser, Klaus Ludwig und Bob Wollek oder Charaktere wie
Harald Ertl, Stefan Bellof, Jochen Mass und Waltraud Stöhr-Odenthal.
Die Teams waren ebenso legendär: Ford, Joest, Brun, Zakowski, Schneider, um nur einige zu
nennen. Und natürlich: Schnitzer. „Früher hat man viel mehr machen können am Auto“, erinnert
sich Herbert Schnitzer, der nicht nur 1978 die DRM mit Harald Ertl und einem selbst entwickelten
BMW-Turbo-Motor gewann, sondern eben mit Bruno Spengler am Steuer 2012 die Deutsche
Tourenwagen Masters einstrich. Der Ur-Bayer kommt wie Stuck nach Bremen, um dem Publikum
als Zeitzeuge zu berichten, und bringt seinen BMW 2002 mit, der 1977 startete.
Die Rallye-Titanen der 1973 gegründeten Rallye-Weltmeisterschaft kämpften derweil mit einem
Problem, das die Rundstreckenpiloten nicht kannten: Wahre Menschenmassen ließen den Fahrern
nur eine enge Gasse, und das bei Vollgas. Als mutig galt, wer den vorbeirasenden Boliden
berührte. Walter Röhrl, Rallye-Weltmeister von 1980 und 1982: „Portugal war am schlimmsten.
Wenn ich heute ein Video darüber sehe, bin ich schockiert, wie abgebrüht ich einst war.“
Tatsächlich wischte er selbst einmal gut 20 Mann von einer Brücke, als er mit dem Fuß am Pedal
hängen blieb. Nur einer konnte wegen Beinbruchs nicht helfen, den Wagen wieder auf die Straße
zu wuchten – die anderen taten das mit Vergnügen.
Die Bremen Classic Motorshow zeigt einen Opel Ascona 400 wie den, mit dem Röhrl siegte. Zu
sehen ist unter anderem auch ein Lancia Stratos, dominierend Mitte der 70er. 1982 wurden dann
die Gruppe-B-Boliden mit Allradantrieb und über 500 PS zugelassen, für die zum Beispiel der Audi
quattro S1 in der Schau steht. 1986 zog die oberste Motorsportbehörde FIA schließlich nach
schweren Unfällen die Handbremse und verbannte die Rennmonster. Röhrl: „Man muss sich das
mal vorstellen: 1973 bin ich die engen Straßen der Rallye Monte Carlo mit 140 PS gefahren, 1986
am gleichen Felsen und am gleichen Abgrund aber mit 535 PS.“
Die Messehallen sind von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Die Tageskarte kostet 15 Euro. Mehr Infos auch
unter www.classicmotorshow.de.
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