NI Nierenfunktion, Glomeruläre Filtration

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NI Nierenfunktion, Glomeruläre Filtration
Niere
NI
Nierenfunktion, Glomeruläre Filtration
GK
GK 9
Vorbereitung:
Schmidt/Lang/Thews (29. Aufl),
Kapitel 29 Niere
Kapitel 30 Wasser und Elektrolythaushalt
Klinke/Pape/Silbernagl (5. Aufl.),
Kapitel 12 Die Funktion der Nieren
Kapitel 13 Salz und Wasserhaushalt
Deetjen/Speckmann (4. Aufl.),
Kapitel 10 Niere
Kapitel 11 Säure-Basen-Haushalt
Kapitel 12 Wasser- und Salzhaushalt
Golenhofen (4. Aufl.), Kapitel 14 Wasserhaushalt und Nierenfunktion
Vorlesung: Physiologie für Mediziner
Physik-Praktikum: Versuch 310: „Gasgesetze / Atmung“
Vorbereitung online:
Medizinisches Lerninformationssystem (LernIS)
http://www.khk.uni-duesseldorf.de
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folgenden Kurs bearbeiten: Niere
NI 1
Niere
Hausaufgaben:
Zur Vorbereitung auf den Praktikumstag arbeiten Sie bitte die angegebenen Kapitel in den
Lehrbüchern und die Vorlesungsmaterialien durch und beantworten sie folgende Fragen:
1. Nennen Sie die Flüssigkeitsräume des Körpers und ihre ungefähren Volumina!
Raum
Voumen [l]
2. Wie hoch sind die mittleren Elektrolyt-Konzentrationen der extra- und intrazellulären
Flüssigkeiten (mmol/l)?
Na+
K+
Ca2+ion
Ca
2+
total
Mg
2+
Cl
-
HCO3
-
HPO42+
H2PO4-
extrazellulär
intrazellulär
3. Änderungen der Plasma-Elektrolyt-Konzentrationen können lebensbedrohliche Zustände
hervorrufen. Welche Ionen spielen die Hauptrolle, welche Abweichungen sind tödlich?
4. Nennen Sie die aufeinanderfolgenden Abschnitte des Blutgefäß-Systems und des TubulusSystems der Niere! In welchen Gefäß-Abschnitten fließt arterielles, in welchen venöses Blut?
5. Wie ist der Glomerulus-Filter aufgebaut? Welche Substanzen werden im Glomerulus filtriert?
Welche hält der Filter partiell, welche vollständig zurück?
6. Wie werden Nieren-Durchblutung und Glomerulus-Filtration bei Änderungen des arteriellen
Blutdrucks konstant gehalten?
7. Stellen Sie den Verlauf der Osmolarität entlang des Nephrons grafisch dar. Zeigen Sie die
Zusammenhänge für eine maximale Antidiurese bzw. Diurese.
Osmolarität [mOsm/l]
1500
1200
900
600
300
0
prox. Tubulus Henle´sche
Schleife
NI 2
dist. Tubulus Sammelrohr
Niere
8. Nennen Sie Substanzen, die in den Tubuli primär aktiv resorbiert bzw. sezerniert werden! Wo
finden diese Prozesse statt?
9. Was versteht man unter der Clearance (Klärrate) einer Substanz? Wie wird sie berechnet, welche
Dimension hat Sie?
Benutzen Sie die Symbole CXP und CXU für Konzentration der Substanz x im Plasma und Urin
und VU für das Urin-Volumen pro Zeiteinheit.
10. Formulieren Sie das Prinzip der Messung der glomerulären (Volumen-) Filtrationsrate (GFR).
Welche Bedingungen muß eine Substanz erfüllen, deren Klärrate gleich der GFR ist? Welche
Substanzen sind geeignet?
11. In welchem Bereich liegen die Normwerte der GFR, in welchem Bereich die Normwerte für die
Plasma-Kreatininkonzentration? Warum reicht eine einfache Messung der Plasmakreatininkonzentration u.U nicht aus, um eine Niereninsuffizienz zu diagnostizieren?
12. Gibt es Substanzen, deren Clearance vom jeweiligen Plasma-Spiegel abhängt? Beispiele!
13. Beschreiben Sie das Prinzip der Bestimmung des renalen Plasma-Flusses (RPF) mit Hilfe der
PAH-Clearance und leiten Sie die Gleichung zur Berechnung ab!
Tip: Gehen Sie dabei von der Definition der PAH-Menge (MPAH) aus, die pro Zeiteinheit im
arteriellen Blut antransportiert und im Nieren-Venenblut, respektive im Urin abtransportiert
werden und benutzen Sie die folgenden
Symbole:
[PAH]a, [PAH]v = PAH-Konzentration im arteriellen Plasma bzw. im Nieren-Venen-Plasma;
VU = Urin-Volumen pro Zeiteinheit; [PAH]U = PAH-Konzentration im Urin
14. Bei der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) können große Mengen Glucose im Urin
ausgeschieden werden. Dabei kommt es zu einer starken Diurese. Welche Diurese-Form liegt vor?
Welche anderen Diurese-Formen kennen Sie?
15. Stellen Sie den Verlauf der Resorption von Na+, Cl-, HCO3-, Innulin, Glukose entlang des
proximalen Tubulus grafisch dar.
Tragen Sie dazu das Verhältnis der Substanz im Ultrafiltrat (hier= Plasma) und im entsprechenden
Abschnitt des Tubulus-Lumens auf (d.h. ein Wert von 0,5 bedeutet, dass an einer gegebenen
Position im prox. Tubulus die Konzentration der Substanz 50 % der ürsprünglich filtrierten
Konzentration beträgt).
2,5
CTf/CUF
2
1,5
1
0,5
0
proximaler Tubulus
NI 3
Niere
16. Beschreiben Sie grafisch die Abhängigkeit der renalen PAH-Ausscheidung (RAPAH ) und der
PAH-Filtration (FPAH) von der PAH-Konzentration im arteriellen Plasma.
RAPAH bzw. FPAH (mg/min)
250
200
150
100
50
0
0
200
400
600
800
1000
CPAH Pl (m g/l)
Hilfestellung: GFR = 120 ml/min, Filtrations-Fraktion = 20 %.
Bis zu einer Plasma-Konzentration von 1 mmol/l ≈ 200 mg/l (MG = 194) wird praktisch alles
PAH aus den peritubulären Kapillaren in das Tubulus-Lumen sezerniert und im Urin
ausgeschieden. Bei weiterem Anstieg der Plasma-PAH-Konzentration nimmt die
filtrierte Menge weiter zu, aber die Sekretionsrate bleibt konstant.
17. Wie wird der osmotische Gradient im Nierenmark gebildet? Welche Solute sind vor allem daran
beteiligt?
18. Welche Bedeutung kommt den Hormonen ADH, Aldosteron und ANP zu? Über welche
Mechanismen entfalten sie Ihre Wirkung?
19. Welche Bedeutung hat die Niere für den Säure-Base-Haushalt des Organismus?
NI 4
Niere
Zusammenfassung
Die Bestimmung der glomerulären Filtrationsrate (GFR) dient der Diagnose
von Nierenerkrankungen. Sie gibt Aufschluss über die Filtrationsleistung der
Glomeruli. Eine verminderte GFR ist immer ein Hinweis auf eine
Nierenerkrankung. Zur Messung der glomerulären Filtrationsrate kann jede
Substanz verwendet werden, auf die folgende Bedingungen zutreffen:
1.
2.
3.
4.
Die Substanz muss frei filtrierbar sein.
Sie darf nicht im Tubulus reabsorbiert oder sezerniert werden.
Sie darf nicht von der Niere metabolisiert oder synthetisiert werden.
Sie darf die glomeruläre Filtrationsrate nicht beeinflussen.
Die GFR wird durch den effektiven Filtrationsdruck (Peff), die
Filtrationsfläche A und die hydraulische Leitfähigkeit LP der Filter in den
Glomeruli bestimmt. In der Niere führt eine hohe Leitfähigkeit in
Verbindung mit einem hohen Kapillardruck zu einer Filtration von 20 % des
renalen Plasmaflusses. Dieses Ultrafiltrat (180 L/d) wird auf dem Weg über
die Tubuli zu den Sammelrohren aufkonzentriert, so dass normalerweise nur
etwa 0.5–1 % des filtrierten Volumens ausgeschieden werden. Durch
unabhängige Regulation der Widerstände von Vas afferens und Vas efferens
können renaler Plasmafluss und Peff unabhängig voneinander eingestellt
werden, so dass die GFR unabhängig vom arteriellen Druck konstant
gehalten werden kann.
Fallbeispiel
Ein 48-jähriger Speditionskaufmann, der seit zwei Jahren wegen arterieller Hypertonie behandelt wird,
klagt seiner Hausärztin, dass er während der letzten drei Monate immer öfter unter Kopfschmerzen
leide. Seinen Posten als Vereinsvorsitzender im Kegelclub habe er deshalb abgegeben. Auch bliebe
ihm immer häufiger die Luft weg, und er fühle sich richtig schlapp. Selbst das Essen schmecke ihm
nicht mehr. Entweder sei das wohl die Frühjahrsmüdigkeit oder er vertrage die Hochdrucktabletten
nicht – was denn sie als Ärztin dazu meine.
Die Hausärztin weiß, dass ihr Patient die Tabletten nicht regelmäßig einnimmt; da er aber ohnehin nur
selten in die Praxis kommt, nutzt sie die Gelegenheit zu einer gründlichen Untersuchung. Sie diagnostiziert: trockene, schuppende Haut; Blutdruck 220/110 mmHg; Systolikum über der Herzspitze;
basale, feinblasige Rasselgeräusche über der Lunge. Auf der Thoraxaufnahme sieht man außer
einem linksverbreiterten Herzen Zeichen einer beginnenden Lungenstauung. Bei der
Oberbauchsonographie zeigen sich beidseitig verkleinerte Nieren mit verschmälertem, echodichtem
Parenchym.
Zwei Tage später liegen die Laborbefunde vor: Hb 9.0 g/L bei normochromer, normozytärer Anämie,
erhöhte Nierenretentionswerte mit Kreatinin 6.5 mg/dL und Harnstoff 29.2 mmol/L; Hyperphosphatämie mit 2.5 mmol/L; Hypokalzämie mit 1.85 mmol/L. Die Hausärztin veranlasst die stationäre
Aufnahme in die Medizinischen Einrichtungen der HHU.
Verdachtsdiagnose
Eine chronische Niereninsuffizienz tritt bei allen Erkrankungen auf, die nach und nach das Nierenparenchym zerstören. Im Anfangsstadium zeigen sich keine oder nur diskrete Symptome. Je länger
harnpflichtige Substanzen zurückgehalten werden, desto deutlicher treten die Symptome der Urämie
hervor. Im Vordergrund stehen kardiovaskuläre Störungen, ergänzt durch gastrointestinale
Symptome, eine renale Anämie, Osteopathie und schließlich durch eine Neuropathie.
NI 5
Niere
Physiologisches Kernwissen
Die Niere befreit den Körper von Abbauprodukten des Stoffwechsels, überschüssigen Ionen und
Wasser. Diese außerordentlich komplexe Aufgabe erfüllt die Niere durch drei wesentliche
Mechanismen:
1. Glomeruläre Filtration
2. Tubuläre Sekretion
3. Tubuläre Reabsorption
Die Harnbildung beginnt im Glomerulus. Dort wird ein Filtrat (Primärharn) aus dem durchströmenden
Blutplasma abgepresst. Die Basalmembran zwischen Kapillarendothel und innerem Blatt der
Bowmanschen Kapsel stellt dabei die Filtrationsmembran dar. Sie besitzt Poren (Durchmesser circa:
4×14 nm), welche den freien Durchgang von niedermolekularen Plasmabestandteilen gestatten. Die
Grenze für uneingeschränkte Filtrierbarkeit liegt bei einem Molekulargewicht von etwa 5000 g/mol.
Im Bereich von 5000-50000 g/mol ist die Filtration reduziert und größere Plasmamoleküle, wie z.B.
das Albumin (MG = 67000 g/mol, ∅ = 7 nm), können den Filter so gut wie nicht (Filtration < 0.1 %)
passieren. Das Filtrat (Primärharn) stellt ein (fast) proteinfreies Ultrafiltrat des Plasmas dar. Neben der
Porengröße der Filtrationsmembran spielt auch ihre elektrische Ladung eine entscheidende Rolle. Die
Basalmembran ist, wie auch die meisten Plasmaproteine, bei physiologischem pH-Wert negativ
geladen; d.h. dass selbst Proteine, die zwar aufgrund ihrer Molekülgröße die Membran passieren
könnten, durch gleichgerichtete elektrische Ladungen von der Basalmembran abgestoßen werden.
Gleichzeitig wird dadurch auch ein „Verkleben“ der Filter durch ionische Interaktionen verhindert.
Als glomeruläre Filtrationsrate (GFR) bezeichnet man das Volumen, welches pro Zeiteinheit in beiden
Nieren abgepresst wird. Es beträgt normalerweise 120 mL/min bzw. 180 Liter/Tag. Die filtrierte
Stoffmenge/Zeit errechnet sich aus der jeweiligen Plasma-Konzentration mal GFR; für Na+ z.B. sind
das täglich 26 mol, für Glucose und Harnstoff rund 0.8 bzw. 1 mol. Davon erscheinen allerdings ganz
unterschiedliche Anteile im Urin.
Unabhängig von der Wirkung des antidiuretischen Hormons (ADH) werden 85 % des abfiltrierten
Wassers vorwiegend im proximalen Tubulus resorbiert, die restlichen 15 % im distalen Tubulus und
im Sammelrohr. Für die Rückresorption in letzteren gelten zwei Voraussetzungen:
1. Ein osmotischer Gradient Rinde-Innenmark, der durch den GegenstromverstärkerMechanismus der Henle-Schleife aufgebaut wird.
2. Wasserdurchlässigkeit der Epithelien von distalem Tubulus und Sammelrohr unter
Einwirkung von ADH.
Bei normalen Trinkgewohnheiten werden nur 1-2 L Endharn/Tag (0.5-1 % der GFR) ausgeschieden.
Bei reduzierter ADH-Freisetzung können jedoch bis zu 15 % der GFR (bis zu 27 Liter pro Tag)
ausgeschieden werden (Diabetes insipidus). Gesteigerte Harnproduktion findet sich auch bei
Erhöhung der Nierenmarkdurchblutung (z.B. bei Blutdruckanstieg, auch nach Kaffee- oder
Teegenuss).
NI 6
Niere
Glomeruläre Filtration
Die glomeruläre Filtration als Teilvorgang im renalen Ausscheidungsprozess ist von folgenden
Größen abhängig:
•
effektiver Filtrationsdruck
•
Eigenschaften des Filters wie Form, Größe der Fläche, elektrische Ladung der Porenmembran,
Größe und Verteilungsdichte der Poren
•
Eigenschaften der im Blutplasma gelösten Substanzen (Molekülgröße, -form, -ladung und
-masse)
Um den quantitativen Zusammenhang der Einzelfaktoren klarer fassen zu können, ist es zweckmäßig,
hierzu auf einfache Verhältnisgleichungen zurückzugreifen. In der einfachsten Darstellung läßt sich
die GFR analog zum Ohm’schen Gesetz als Produkt einer wirksamen Druckdifferenz (effektiver
Filtrationsdruck, Peff) über die Gefäßwand und einem Leitfähigkeitswert (Kehrwert des Widerstandes)
auffassen. Dieser Wert wird in der Nierenphysiologie als Filtrationskoeffizient (Kf) bezeichnet. Es gilt
daher:
GFR
mL
min
mL
= Kf mmHg min
HG]
Peff [mm Hg]
(1)
Die glomeruläre Filtrationsrate ist definiert als Volumen pro Zeit ; sie entspricht also einem Fluss
(mL/min).
Der effektive Filtrationsdruck Peff, die treibende Kraft für den Filtrationsprozess, ist das Ergebnis
hydrostatischer und onkotischer Druckdifferenzen auf beiden Seiten (intravasal versus extravasal) der
Gefäßwand (Abb. 1). Es ist ersichtlich, dass der kapilläre Blutdruck (Pcap) die wesentliche nach
auswärts gerichtete Größe darstellt. Der hydrostatische Druck in der Bowman-Kapsel PBow und der
kolloidosmotische Druck des Plasmas πcap wirken Pcap entgegen Der Vollständigkeit halber wurde
auch der kolloidosmotische Druck in der Bowman-Kapsel πBow angegeben, der aber praktisch gleich
Null zu setzen ist.
Insgesamt ergibt sich:
Peff = Pcap - πcap – PBow + πBow
(2)
* 15 mmHg = 48 mmHg- 20 mmHg –13 mmHg + 0 mmHg
(P = hydrostatischer Druck, π = kolloidosmotischer Druck, cap = kapillär, Bow = Bowman‘sche Kapsel, * am
arteriellen Ende der Glomeruluskapillare, vgl. Abb. 1)
Abb. 1 verdeutlicht, dass der Blutdruck entlang der Glomeruluskapillare nur minimal abfällt. Im
Gegensatz dazu kommt es infolge der Auswärtsfiltration zu einem starken Anstieg des
kolloidosmotischen Drucks, der die Abnahme von Peff bis zur Einstellung eines
Filtrationsgleichgewichts bewirkt. Die Folge ist, dass das Ausmaß der Filtrat-Bildung von proximal
nach distal abfällt und beim Erreichen des Filtrationsgleichgewichts keine Flüssigkeitsfiltration mehr
erfolgt.
NI 7
Niere
Der Filtrationskoeffizient Kf in
Gleichung (1) ist eine „Materialkonstante“. In diese Größe gehen die
hydraulische Leitfähigkeit (LP) und die
Filterfläche
(A)
ein:
Der
Filtrationskoeffizient ist das Produkt
der Durchlässigkeit der Gefäßwand für
Wasser und der Austauschfläche:
Druck [mmHg]
(3)
Die in den Gleichungen (1) und (3)
auftauchenden Faktoren Kf und LP sind
Größen, die sich einer direkten
Messung entziehen. Sie werden daher
üblicherweise nach Messung der
anderen Größen berechnet. Dies ist
offensichtlich
für
Kf,
dessen
Berechnung die Bestimmung des
effektiven Filtrationsdrucks und der
glomerulären
Filtrationsrate
zur
Voraussetzung hat.
50
40
30
20
10
π cap
π cap
PBow
Pcap
Filtrat
Kf = LP A
Pcap
Pcap
π cap
π Bow
Filtrationsgleichgewicht
PBow
GFR=Peff×Kf
Abb. 1: Einfluss hydrostatischer und kolloidosmotischer
Drücke auf die glomeruläre Filtration.
Nach Umstellung von Gleichung (1) erhält man:
Kf = GFR/Peff
(4)
Bei Kenntnis der Austauschfläche A (zum Beispiel Abschätzung der Membranfläche anhand
morphometrischer Daten) läßt sich ebenfalls Lp ermitteln.
Die hier angestellten prinzipiellen Überlegungen treffen allgemein für Filtrationsprozesse im Bereich
der Endstrombahn zu. Wie eingangs bereits erwähnt, differieren jedoch die Einzelfaktoren der
Ultrafiltration lokal erheblich. So sind an den Glomeruluskapillaren der Niere hydraulische
Leitfähigkeit und Filtrationskoeffizient so groß, dass normalerweise 20 % des intravasalen Flusses
glomerulär filtriert werden. Diese Filtrationsrate ist an anderen Gefäßen der Endstrombahn im
Körperkreislauf um Größenordnungen niedriger. Neben dem hydrostatischen Druckgradienten spielt
der onkotische Druckgradient über die Gefäßwand eine tragende Rolle bei der Filtration. Insbesondere
dem letztgenannten kommt für den Flüssigkeitsaustausch in der Lungenstrombahn die dominierende
Rolle zu, während im Körperkreislauf beide Drücke etwa vergleichbaren Einfluss haben.
NI 8
Niere
Praktischer Teil
Teil 1: Verdünnungs- und Konzentrationsfähigkeit der Niere
Osmolarität und Osmolalität
Die Osmolarität [mosm/L] ist ein von der Molarität abgeleiteter Begriff. Damit ist die Konzentration
aller osmotisch aktiven Teilchen in einer Lösung gemeint, gleichgültig um welche Stoffe oder
Stoffmischungen es sich dabei handelt. Dementsprechend wird die Osmolalität [mosm/kg] von der
Molalität der betreffenden Substanzen abgeleitet: Wird z.B. 1 mmol Glucose (= 180 mg) in 1 kg
Wasser gelöst (= 1 L bei 4 °C), so beträgt die Molalität 1 mmol/kg H2O und die Osmolalität 1
mosm/kg H2O. Das ändert sich, wenn Elektrolyte wie NaCl gelöst werden, da diese dissoziieren: NaCl
⇒ Na+ + Cl−. Jedes dieser beiden Ionen ist osmotisch aktiv. Wenn ein dissoziierender Stoff demnach
in kg H2O gelöst wird, so gilt:
(5)
Osmolalitä t
=
Molalität ⋅ Zahl der Dissoziationsprodukt e
1 mmol NaCl/kg H2O ergibt also 2 mosm/kg H2O. Im Gegensatz zu NaCl dissoziieren schwächere
Elektrolyte nur zum Teil, so dass deren Dissoziationsgrad berücksichtigt werden muss.
Die Extrazellulärflüssigkeit hat normalerweise eine Osmolalität von ca. 290 mosm/kg H2O. Die
Aufnahme einer hypotonen Flüssigkeit (im Versuch 1 L Tee) vermindert die Osmolalität im
Extrazellulärraum. Die ADH-Ausschüttung im Hypothalamus spricht bereits auf Osmolalitätsveränderungen von ± 3 mosm/kg H2O an. Durch Reduktion der ADH-Freisetzung kommt es bei
Verminderung der Osmolalität zu einer geringeren Wasserrückresorption in den distalen
Nephronabschnitten. Bei Wassermangel (Durst) steigt demgegenüber im Extrazellulärraum die
Osmolalität an; daraufhin wird vermehrt ADH ausgeschüttet und dadurch verstärkt Wasser in der
Niere resorbiert. Eine erhöhte Wasserresorption in distalem Tubulus und Sammelrohr hat eine stärkere
Konzentrierung der gelösten Bestandteile im Harn zur Folge, die sich im Anstieg der Osmolalität bzw.
des spezifischen Gewichts ausdrückt.
Gemessen wird die Osmolalität über einen physikalischen Effekt – die Gefrierpunktserniedrigung. Im
Osmometer wird die Messprobe thermoelektrisch gekühlt. Wasser und Lösungen lassen sich beim
langsamen und behutsamen Abkühlen ohne zu gefrieren unter ihren jeweiligen Gefrierpunkt abkühlen.
Bei einer definierten Unterkühlung wird das Gefrieren durch eine Nadel ausgelöst (Induktion eines
Kristallisationskeims). Die Temperatur der Lösung steigt hierbei auf den Gefrierpunkt an und wird mit
einem Temperaturfühler elektronisch gemessen.
NI 9
Niere
Versuch 1.1 – Durchführung
1. Sammelurin: Die Plasma- bzw. Urinosmolalität wird anhand zweier Versuchspersonen bestimmt:
eines „Trinkers“ (zu Beginn 1 L Tee in wenigen Minuten) und eines „Dursters“ (keine
Flüssigkeitsaufnahme während der Versuchsdauer). Beide Versuchspersonen entleeren vor
Versuchsbeginn die Harnblase möglichst vollständig. Nach 90 min wird die Harnblase erneut
entleert und der Urin gesammelt (Messbecher).
2. Blutentnahme und Plasmagewinnung: Beiden Versuchspersonen wird venöses Blut entnommen
(5 mL) und zur Gewinnung des Plasmas zentrifugiert.
3. Die Eichung des Osmometers erfolgt mit 150 µL einer Lösung von 0 mosm/kg H2O (Aqua dest.)
bzw. 400 mosm/kg H2O (NaCl-Lsg.).
4. Anschließend werden jeweils 150 µL der Harn- bzw. Plasmaproben von Durster und Trinker
vermessen. Nach der Messung muss die Probe zunächst aufgetaut werden, da ansonsten beim
Abnehmen des Probengefäßes die Messsonde beschädigt wird. Beim Wechseln der Probe ist des
weiteren darauf zu achten, dass das Probenröhrchen und der Temperaturfühler nach jeder Messung
vorsichtig mit Aqua dest. abgespült werden. Die Anzeige am Gerät erfolgt direkt in mosm/kg
H2O. Bei Fehlanzeige müssen die Proben gegebenenfalls verdünnt werden (bei der anschließenden
Auswertung berücksichtigen!).
Ergebnisse
Tabelle 1: Harnvolumen und Harnzeitvolumen in Abhängigkeit von der Flüssigkeitsaufnahme
Durster
Harnvolumen (x min)
VH
Harnzeitvolumen
VH(t) = VH/x
Trinker
[mL]
[mL/min]
Auswertung
Tabelle 2: Plasmaosmolalität und Harnosmolalität in Abhängigkeit von der Flüssigkeitsaufnahme
Plasmaosmolalität
[mosm/kg H2O]
Durster
Trinker
NI 10
Harnosmolalität
[mosm/kg H2O]
Niere
Teil 2: Ultrafiltration und kolloidosmotischer Druck
Das Prinzip der Ultrafiltration wird im Praktikum an einem Funktionsmodell untersucht, das in seinem
Grundaufbau partiell auf dem Prinzip einer künstlichen Niere basiert. Das Modell ist im wesentlichen
aus Rollenpumpe, Hohlfaserdialysator, Manometer und einem einstellbaren Strömungswiderstand
aufgebaut. Die folgende Abbildung gibt einen schematischen Überblick über die Versuchsanordnung:
Manometer
Dialysator
Probennahme
Perfusat
Filtrat
Strömungswiderstand
Konzentrat
Flussrichtung
Pumpe
Perfusat
Abb. 2: Die aus einem Vorratsgefäß durch den Dialysator gepumpte Testlösung (Perfusat) verkörpert
im Modell die intravasale Flüssigkeit, das Filtrat die extravasale Flüssigkeit (Ultrafiltrat). Das Filtrat
entspricht dem filtrierten Wasservolumen einschließlich der gelösten und filtrierbaren Teilchen. Die
Lösung, die den Dialysator verläßt, wird als Konzentrat bezeichnet (Ausgangsperfusat minus Filtrat).
Die einzelnen Flussraten werden durch Sammeln des entsprechenden Volumens/Zeit bestimmt. Am
proximalen und distalen Ende des „Glomerulus“ werden Proben entnommen, um darin die
Konzentrationen einzelner Testsubstanzen zu bestimmen.
Versuch 2.1: Einfluss des Perfusionsdrucks auf die Filtrationsrate
Prinzip
Aus Abb. 1 und Gleichung (1) wird deutlich, dass durch Variation des Perfusionsdruckes eine
wesentliche Änderung der Ultrafiltration erfolgt. In den Glomeruluskapillaren können Druck und
Fluss unabhängig voneinander reguliert werden. Dies liegt an der anatomischen Besonderheit, dass
diese Kapillaren zwischen den Widerstandsgefäßen des Vas afferens und Vas efferens liegen. Der
NI 11
Niere
renale Blutfluss wird nun bestimmt durch den Gesamtwiderstand (Rges), die Summe der Widerstände
am Vas afferens (Raff) und Vas efferens (Reff):
Rges=Raff+Reff
(5)
Wird Reff um den gleichen Betrag gesenkt wie Raff gesteigert wird, bleibt die Summe der Widerstände
und damit der renale Blutfluss gleich. Durch die Steigerung von Raff fällt allerdings der kapilläre
Druck ab und die GFR sinkt. Die unabhängige Regulierbarkeit von renalem Blutfluss und
Perfusionsdruck stellt die Grundlage für die ausgeprägte Autoregulation der Niere dar.
Durchführung Wasser-Versuch (Säule 1)
1. Füllen Sie unter Anleitung die Apparatur mit Wasser, indem Sie die Pumpe anschalten.
Wasser wird nun mit konstantem Fluss durch den Dialysator gepumpt.
2. Sammeln Sie das Perfusat einmalig für eine halbe Minute im Falcon Tube (mit Skala),
bestimmen Sie die Einstromrate in mL/min und tragen Sie den Wert in Tabelle 3 ein. (Er gilt
für jeden Perfusionsdruck, da er davon völlig unabhängig ist.)
3. Stellen Sie mit Hilfe des gelben Rädchens den hydrostatischen Druck auf 80 mmHg ein
(Erhöhung des Ausflusswiderstands/ Vas efferens).
4. Sammeln Sie nun gleichzeitig das Filtrat und das Konzentrat im Falcon Tube für die Zeit von
30 Sekunden. Berechnen Sie die Flussraten in mL/min und tragen Sie die Werte in Tabelle 3
ein.
5. Leeren Sie die Tubes ins Ausgangsgefäß und wiederholen Sie dieses Experiment bei 60, 40
und 20 mmHg Perfusionsdruck.
6. Tragen Sie die Werte in Tabelle 3 ein und übertragen Sie die ermittelten Werte für das Filtrat
in Graph 1.
Ergebnisse
Tabelle 3: Einstromrate und Ausstromrate in Abhängigkeit
vom Perfusionsdruck
PerfusionsEinstromrate Ausstromrate
GFR
druck
(Perfusat)
Konzentrat
[mL/min]
[mmHg]
[mL/min]
[mL/min]
20
40
60
80
NI 12
Niere
Graph 1: Druckabhängigkeit der GFR
24
Filtrationsrate [mL/min]
22
20
18
16
14
12
10
8
6
4
2
0
0
20
40
60
80
100
Perfusionsdruck [mmHg]
Versuch 2.2: Filtration von Molekülen unterschiedlicher Größe:
Prinzip
Aufgrund des histologischen Aufbaus der Gefäßwand sowie von Ladungsverteilungen entlang der
Basalmembran (und möglicherweise der Endothelzellen) ist die Filtrationsdurchlässigkeit für
verschiedene Substanzen unterschiedlich. Man macht hier den konzeptionellen Ansatz, dass man die
Austauschprozesse zum einen für Wasser als Lösungsmedium, zum anderen für die verschiedenen in
Wasser gelösten Substanzen beschreibt. Durch diese zunächst begriffliche Trennung wird es möglich,
Konzentrierungs- oder Verdünnungseffekte, die sich aus der unterschiedlichen Durchlässigkeit der
Gefäßwand ergeben, inhaltlich zu fassen. Nur für Substanzen, die das gleiche Filtrationsverhalten wie
Wasser ausweisen, kann man erwarten, dass diese Substanzen intravasal und extravasal die gleiche
Konzentration aufweisen können. Man bezeichnet solche Stoffe als „frei filtrierbar“. Entscheidend für
einen Stoff hinsichtlich seiner Konzentration im Filtratraum ist, ob er an der Gefäßwand in einem
höheren Ausmaß als Wasser „reflektiert“ wird. Stoffe, die im gleichen Umfang wie Wasser filtriert
werden, weisen einen Reflexionskoeffizienten von Null auf (0 % Reflexion). Stoffe, die überhaupt
nicht filtriert werden, weisen eine Reflexionskoeffizienten von Eins auf (100 % Reflexion). Der
NI 13
Niere
Reflexionskoeffizient (σ) einer Substanz kann daher aus der Konzentration in einer Ausgangslösung/
Perfusat (CP) und derjenigen im Filtrat (CF) errechnet werden:
σ = (cP - cF) / cP = 1 – cF / cP
GFR
Kreatinin
=
VU ⋅ UKr

t ⋅ PKr
keine Sekretion
keine Resorption
Kreatininkonzentration steigt
wegen H2O-Resorption
Aus Gründen der Massenerhaltung entspricht die
filtrierte Menge eines Stoffes der aus der
Ausgangslösung verschwundenen Menge. Daraus
leitet sich der in der Nierenphysiologie und
Nephrologie wichtige Begriff der Clearance ab:
Unter der Clearance eines Stoffes versteht man das
virtuelle Volumen des Lösungsmittels, das pro Zeit
von diesem Stoff vollständig befreit wird. Wird
eine Substanz glomerulär frei filtriert, jedoch
weder reabsorbiert noch in den Tubulus sezerniert,
entspricht die Clearance der GFR. Man kann
demnach aus der Menge dieser Substanz im
Endharn auf die Filtrationsrate schließen, wenn die
Plasmakonzentration der Substanz bekannt ist.
Diese Voraussetzungen werden in erster Näherung
von Kreatinin erfüllt. Kreatinin wird in der
Muskulatur mit konstanter Geschwindigkeit aus
Kreatinphosphat gebildet und ins Plasma
abgegeben.
(6)
filtrierte
Kreatininmenge

Zeit
GFR ⋅ PKr
=
=
ausgeschiedene
Kreatininmenge

Zeit
VU/t ⋅ UKr
Urin
Abb. 2: Kreatinin-Clearance = glomeruläre
Filtrationsrate (GFR)
PKr, Plasmakonz. Kreatinin; t, Zeit; UKr,
Urinkonz. Kreatinin; VU, Urinvolumen.
Die Substanzmenge kann als Produkt aus Volumen und Konzentration dargestellt werden, so dass gilt:
 mL 
 mg 
 mg  VUrin  mL 
PKreatinin 
GFR
U
⋅
=
Kreatinin



 mL  ⋅ t  min 
 mL 


 min 


Gleichung (7) besagt, dass die pro Zeiteinheit im Urin ausgeschiedene Kreatininmenge genauso groß ist wie die in diesem
Zeitraum in den Glomerula filtrierte Menge. Die Geschwindigkeit,
mit der das Plasma von der Substanz befreit wird, wird dabei allein
durch die glomeruläre Filtrationsrate bestimmt. Durch Umformung
der Gleichung kann die Kreatinin-Clearance bzw. die GFR berechnet
werden:
GFR =
NI 14
UKreatinin VUrin  mL 
⋅

 = Kreatinin − Clearance
PKreatinin
t  min 
(7)
P
=
Plasmakonz.
U
=
Urinkonz.
V
=
Volumen
GFR =
(8)
Glomeruläre
Filtrationsrate
Niere
In unserem vereinfachten Nierenmodell entfällt die Aufkonzentrierung durch ein Äquivalent des
Tubulussystems. Die Clearance für einzelne Substanzen kann man aber trotzdem berechnen: Es gilt
dann VUrin /t = VFiltrat /t
In diesem Versuch soll das Ausmaß der Filtration unterschiedlich großer Moleküle untersucht werden.
Als Modellsubstanzen werden Xylencyanol (MW= 539) und Hämoglobin (MW= 68000) eingesetzt
und das Ausmaß der Filtration wird durch Absorptionsmessungen im Spektralphotometer bestimmt.
Durchführung Xylenxyanol-Versuch (Säule 2)
1. Füllen Sie unter Anleitung die Apparatur mit 0.0007% Xylenxyanol-Lösung, indem Sie die
Pumpe anschalten.
2. Stellen Sie mit Hilfe des gelben Rädchens den hydrostatischen Druck auf 80 mmHg ein.
3. Entnehmen Sie nacheinander eine Probe aus Perfusat und Konzentrat in je eine Küvette, bis
diese gut gefüllt sind.
4. Sammeln Sie das Filtrat im Falcon Tube für eine halbe Minute, bestimmen Sie die GFR in
mL/min und tragen Sie den Wert in Tabelle 4 ein.
5. Übertragen Sie ca. 1 mL des Filtrats in eine Küvette, bis diese gut gefüllt ist. Kippen Sie den
Rest zurück ins Ausgangsgefäß.
6. Wiederholen Sie den Versuch bei 40 mmHg Perfusionsdruck.
7. Messen Sie alle sechs Proben bei 610 nm am Photometer gegen einen Leerwert (Wasser) und
tragen Sie die Werte in Tabelle 4 ein.
8. Aus den Werten errechnen Sie den Reflexionskoeffizienten und die Clearance.
Durchführung Hämoglobin-Versuch (Säule 3)
1. Füllen Sie unter Anleitung die Apparatur mit 0.01% Hämoglobin-Lösung, indem Sie die
Pumpe anschalten.
2. Stellen Sie den hydrostatischen Druck mit Hilfe des gelben Rädchens auf 80 mmHg ein.
3. Entnehmen Sie eine Probe aus Perfusat und Konzentrat in je eine Küvette, bis diese gut gefüllt
ist.
4. Sammeln Sie das Filtrat für eine halbe Minute im Falcon Tube, bestimmen Sie die GFR in
mL/min und tragen Sie den Wert in Tabelle 4 ein.
5. Überführen Sie 1 mL des Filtrats in eine Küvette, bis diese gut gefüllt ist. Kippen Sie den Rest
zurück ins Ausgangsgefäß.
6. Wiederholen Sie den Versuch bei 40 mmHg Perfusionsdruck.
7. Messen Sie alle sechs Proben bei 405 nm am Photometer gegen einen Leerwert (Wasser) und
tragen Sie die Werte in Tabelle 4 ein.
8. Aus den Werten errechnen Sie den Reflexionskoeffizienten und die Clearance.
NI 15
Niere
Ergebnisse
Tabelle 4: Absorption der Proben
Absorption Xylencyanol
Absorption Hämoglobin
[A610]
[A405]
VFiltrat/t
VFiltrat/t
PerfuKonzen- [mL/min]
Konzent [mL/min]
Filtrat
Perfusat Filtrat
sat
trat
rat
40 mmHg
80 mmHg
σ40
Clearance
40
σ80
Clearance
80
Versuch 2.3: Rolle des kolloidosmotischen Drucks:
Prinzip
Das Auftreten eines onkotischen Druckunterschiedes (∆π) über die Gefäßwand ist das Ergebnis hoher
Reflexionskoeffizienten von Makromolekülen im Vergleich zu kleinmolekularen Stoffen oder dem
Lösungsmittel Wasser. Für jede Substanz gilt ein anderer Reflexionskoeffizient entsprechend der
eingangs gemachten Ausführungen (Masse, Form, Ladung). Man kann daher den sich einstellenden
osmotischen Druckgradienten als die Summe der Konzentrationsunterschiede der Einzelsubstanzen
zwischen Intravasal- und Extravasalraum (∆ci) multipliziert mit den jeweiligen
Reflexionskoeffizienten (σi ) auffassen:
∆π = Σ (σi ∆ci)
(9)
Das bedeutet, dass ein hoher Reflexionskoeffizient für eine Substanz über die Beeinflussung des
onkotischen Druckgradienten den effektiven Filtrationsdruck beeinflussen kann.
Durchführung PEG-Versuch (Säule 4)
1. Füllen Sie unter Anleitung die Apparatur mit 0,5 mM Polyethylenglykol 6000, indem Sie die
Pumpe anschalten.
2. Stellen Sie den hydrostatischen Druck mit Hilfe des gelben Rädchens auf 80 mmHg ein.
3. Sammeln Sie das Filtrat im Falcon Tube für eine halbe Minute und bestimmen Sie die GFR in
mL/min.
4. Leeren Sie das Tube in den Abfall und wiederholen Sie den Versuch bei 60, 40 und 20
mmHg.
NI 16
Niere
5. Tragen Sie die Werte in Tabelle 5 ein.
6. Stoppen Sie die Pumpe und tauschen Sie die Lösung gegen 1,5 mM Polyethylenglykol.
7. Lassen Sie diese Lösung für 1-2 min fließen.
8. Sammeln Sie erneut das Filtrat bei 80, 60, 40 und 20 mmHg für eine halbe Minute und
bestimmen Sie die GFR in mL/min.
9. Tragen Sie die Messwerte in die Tabelle 5 ein und stellen Sie die Ergebnisse graphisch dar.
Vergleichen Sie die erhobenen Daten mit den Werten aus Versuch 2.1 (0 mM PEG)!
Ergebnisse
Tabelle 5: Rolle des kolloidosmtischen Drucks - Messwerte
Perfusionsdruck
[mmHg]
GFR [mL/min]
0 mM PEG 6000
0,5 mM PEG 6000
1,5 mM PEG 6000
20
40
60
80
24
Filtrationsrate [mL/min]
22
20
18
16
14
12
10
8
6
4
2
0
0
20
40
60
80
100
Perfusionsdruck [mmHg]
NI 17
Niere
Klinisches Kernwissen: Chronische Niereninsuffizienz
Vorkommen und Häufigkeit
Epidemiologische Erkenntnisse über die chronische Niereninsuffizienz sind vage. Das liegt zum einen
daran, dass zahlreiche renale Grundkrankheiten in eine chronische Niereninsuffizienz mit erst dann
relativ uniformen, statistisch registrierbarem klinischem Bild einmünden. Nach Angaben der Europäischen Dialyse- und Transplantationsgesellschaft rechnet man pro Jahr mit 6-7 Patienten je 100000
Einwohner, die in das Terminalstadium der chronischen Niereninsuffizienz eintreten.
Ursachen
Als statistisch führende Ursachen der chronischen Niereninsuffizienz gelten die chronischen Glomerulonephritiden, gefolgt von der diabetischen Nephropathie im Rahmen des Diabetes mellitus. Mit
sinkender Häufigkeit schließen sich an: chronische Pyelo- und interstitielle Nephritiden, chronische
Niereninsuffizienzen unbekannter Genese, vaskuläre Nephropathien, polyzystische Nierendegenerationen und Analgetika-Nephropathien.
Diagnostik
Die Anamnese ist meistens unergiebig, da die subjektiven Symptome wie Müdigkeit, Leistungsabfall
oder Appetitlosigkeit zum einen unspezifisch sind und zum anderen die Patienten sich aufgrund der
langsamen Progredienz daran gewöhnen.
Bei der körperlichen Untersuchung fällt die trockene, schmutzig-gelb getönte Haut auf, die
gelegentlich durch infizierte Kratzspuren infolge quälenden Juckreizes lädiert sein kann. Typisch ist
eine renal bedingte arterielle Hypertonie und ein Systolikum über der Aortenklappe – teils bedingt
durch die renale Anämie, teils auf eine Aortenklappensklerose zurückzuführen, die sich bei chronisch
Nierenkranken oft einstellt.
Frühstadien der chronischen Niereninsuffizienz entziehen sich der routinemäßigen Labordiagnostik. In
dieser Phase sind zur Beurteilung der GFR Funktionstests sinnvoll, wie z.B. die Bestimmung der
endogenen Kreatinin-Clearance, bei deren Bewertung allerdings neben der Altersabhängigkeit eine
Reihe weiterer Einflussfaktoren zu berücksichtigen sind. Bis zu einer GFR-Abnahme auf 50% des
Normalen, entsprechend einer Kreatinin-Clearance von ca. 50 mL/min, zeigen die Patienten keine
Symptome. Damit besitzt die GFR-Bestimmung im Rahmen der Frühdiagnostik eine wesentliche
Bedeutung.
In späteren Stadien der Erkrankung genügt in der klinischen Praxis die Bestimmung von Kreatinin und
Harnstoff, um die Nierenfunktion abschätzen zu können: bei Serumkreatininwerten über 3 mg/dL ist
die Kreatinin-Clearance entbehrlich, da die GFR dann ohnehin unter 20 mL/min liegt. Für ein fortgeschrittenes Stadium sprechen der Nachweis einer normochromen Anämie und einer Osteopathie
mit Erhöhung der alkalischen Phosphatase sowie des Parathormons bei meist niedrigem Kalziumund erhöhtem Phosphatspiegel.
Als bildgebendes Verfahren ist die Sonographie der Niere wichtig; radiologisch können die ossären
und echokardiographisch die kardialen Veränderungen erfasst werden.
Therapie
Die konservative Behandlung der chronischen Niereninsuffizienz ist nicht unproblematisch. Sie
verfolgt drei Ziele: Therapie des Grundleidens, Progressionsverhütung der Insuffizienz sowie Behandlung von Symptomen und Komplikationen.
Die Therapie des Grundleidens kann sich z.B. auf metabolische, immunologische und vaskuläre
Aspekte konzentrieren, aber ggf. auch darin bestehen, bei Analgetika-Nephropathie den Schmerzmittelmissbrauch zu unterbinden. Der fortschreitende Verlust des Nierenparenchyms kann zwar nicht
verhindert, die Progredienz aber verlangsamt werden. Dem dienen die Therapie der arteriellen
Hypertonie und eine konsequent proteinarme Diät (0.8 g Eiweiß/kg Körpergewicht pro Tag).
Schwerpunkte bei der Behandlung von Komplikationen und Symptomen sind üblicherweise die
Regulierung des Wasser- und Elektrolythaushalts und die medikamentöse Therapie der Osteopathie,
etwa durch Kalziumcarbonat, das neben der intestinalen Phosphatbindung die Kalziumbilanz bei
Urämie verbessert sowie die Gabe von rekombinantem Erythropoietin s.c. bei Anämie.
In weiter fortgeschrittenen Stadien treten Nierenersatzverfahren in den Vordergrund (Hämodialyse,
Peritonealdialyse, Nierentransplantation).
NI 18