Änderungen im Urlaubsrecht: Abgeltung und Umfang bei Wechsel
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Änderungen im Urlaubsrecht: Abgeltung und Umfang bei Wechsel
Landesgeschäftsstelle Änderungen im Urlaubsrecht: Abgeltung und Umfang bei Wechsel in und aus Teilzeit Mitteilung des TIM Schmidtstedter Str. 9 D-99084 Erfurt Telefon: 0361.6547521 Telefax: 0361.6547522 E-Mail: [email protected] www.tbb-konkret.de Das Thüringer Innenministerium hat mit Schreiben vom 17. Juni 2014 Informationen bereit gestellt zum Thema „Finanzielle Abgeltung von Erholungsurlaub; Urlaubsanspruch bei einem Wechsel von einer Vollzeit- in eine Teilzeitbeschäftigung bei einer Verminderung der wöchentlichen Arbeitstage“. Dieses Schreiben geht auf die geänderte Rechtsprechung ein. Am 13. Juni 2013 hat der EuGH in der Rechtssache Brandes (Az. C-415/12) seine Rechtsprechung zum Erhalt von Urlaubsansprüchen bei dem Übergang zur Teilzeitbeschäftigung weiter präzisiert und den Erhalt der Urlaubsansprüche beim Wechsel zu einer niedrigeren Arbeitszeit gestärkt (der tbb berichtete siehe tbb konkret vom 17.10.2013 http://www.thueringerbeamtenbund.de/informationen/tbb_konkret/2013/131017_wildfeuer.html). Im Schreiben des Innenministeriums heißt es: 1. Finanzielle Abgeltung von Erholungsurlaub Wie bereits im Schreiben vom 05. Februar 2013 (Az: 15.21-V0412-3/2013) mitgeteilt, hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 31. Januar 2013 (Az: 2 C 10.12) entschieden, dass Beamten bei Eintritt in den Ruhestand ein Anspruch auf Abgeltung von krankheitsbedingt nicht genommenem Erholungsurlaub zusteht. Bis zum Inkrafttreten der novellierten Thüringer Urlaubsverordnung (Thür-UrlV) wird im Interesse einer einheitlichen Verfahrensweise auf Folgendes hingewiesen: Anspruchsgrundlage: Der Abgeltungsanspruch ergibt sich aus unionsrechtlichem Sekundärrecht unmittelbar aus Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (RL 2003/88/EG). Beendigung des Beamtenverhältnisses, Feststellung des Urlaubsanspruchs Ein Abgeltungsanspruch für Erholungsurlaub ist von Amts wegen in jedem Fall der Beendigung des Beamtenverhältnisses, also nicht nur Ruhestandsbeginn sondern beispielsweise auch bei Ablauf eines Beamtenverhältnisses auf Zeit, bei Entlassungen oder bei Beginn der Freistellungsphase der Altersteilzeit (vgl. Beschluss des BVerwG vom 25. April 2013, Az. 2 B 2/13) zu prüfen. tbb-konkret Erfurt, 13. Juni 2014 Soweit der den Beamten bis zur Beendigung des Beamtenverhältnisses zustehende Mindesturlaub aufgrund einer bis zu diesem Zeitpunkt andauernden Dienstunfähigkeit nicht oder nicht vollständig in Anspruch genommen werden Seite 1 von 4 konnte, ist er abzugelten. Der Urlaubsabgeltungsanspruch ist dabei nicht davon abhängig, dass die Erkrankung das gesamte Urlaubsjahr angedauert hat. Er besteht grundsätzlich auch dann, wenn Beamte im Verlauf des Urlaubsjahres dienstfähig waren, in dieser Zeit den Urlaub aber nicht oder nicht vollständig genommen haben. Das gilt sowohl für das Jahr, in dem die Dienstunfähigkeit beginnt, als auch für das Jahr, in dem die Betreffenden vorübergehend wieder dienstfähig waren. Sind die Beamten rechtzeitig vor der Beendigung des Beamtenverhältnisses dienstfähig, besteht die Möglichkeit, den Urlaub in Anspruch zu nehmen. Eine finanzielle Abgeltung kommt in diesen Fällen nicht in Betracht (vgl. Urteil des EuGH vom 20. Januar 2009, C 350/06). Urlaub, der aus anderen als krankheitsbedingten Gründen nicht genommen wurde, verfällt auch weiterhin spätestens mit Ablauf des 30. September des Folgejahres. So verfällt Urlaub des Jahres 2014 spätestens mit Ablauf des 30. September des Jahres 2015. Umfang des Abgeltungsanspruchs (Mindesturlaub): Der Abgeltungsanspruch umfasst den unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaub von vier Wochen. Nicht erfasst werden nach nationalem Recht darüber hinaus gewährte Urlaubsansprüche oder Freistellungen, wie beispielsweise: – – – – der nach § 5 Abs. 1 ThürUrlV über vier Wochen hinausgehende Erholungsurlaub, der wegen Kinderbetreuung angesparte Urlaub nach § 7a ThürUrlV, Zusatzurlaub nach den §§ 10 bis 12 ThürUrlV, der Arbeitszeitverkürzungstag (AzV-Tag) nach § 3 der Thüringer Arbeitszeitverordnung (ThürAzVO). Bei einer Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit auf fünf Arbeitstage sind höchstens 20 Tage Erholungsurlaub abzugelten. Ist die Arbeitszeit auf mehr oder weniger Arbeitstage in der Woche verteilt, erhöht oder vermindert sich der zustehende Mindesturlaub entsprechend. Für das Jahr des Ausscheidens aus dem Beamtenverhältnis steht den Beamten ein anteiliger Abgeltungsanspruch (je Monat ein Zwölftel des Mindesturlaubsanspruchs) zu. Eine Rundung erfolgt nicht. Bei der Berechnung der Urlaubstage im Rahmen der Ansprüche aus Art. 7 Abs. 1 und 2 RL 2003/88/EG kommt es nach dem Zweck dieser Norm nur darauf an, ob und wie viel Urlaub die Betreffenden im konkreten Jahr genommen haben. Unerheblich ist, ob es sich dabei um Urlaubsansprüche aus dem aktuellen oder einem vorangegangenen Urlaubsjahr handelt (z. B. übertragener Urlaub aus dem Vorjahr, angesparter Urlaub nach § 7a ThürUrlV). Der Mindesturlaubsanspruch ist daher auch dann erfüllt, wenn die Beamten im fraglichen Jahr zwar den ihnen für dieses Jahr zustehenden Urlaub nicht nehmen konnten, wohl aber ältere Urlaubsansprüche abgewickelt oder den AzV-Tag in Anspruch genommen haben. Obiges vorangestellt ergibt sich daher folgende, gegenüber dem letzten Schreiben leicht geänderte Beispielberechnung: Eine Beamtin (58 Jahre) war in der Zeit vom 15. Oktober 2011 bis zum 31. August 2012 arbeitsunfähig erkrankt und wurde zum 1. September 2012 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Sie hatte im Jahre 2011 bereits zehn Tage Erholungsurlaub und den AzVTag in Anspruch genommen. Der Abgeltungsanspruch berechnet sich wie folgt: Der Anspruch für 2011 ist zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem aktiven Beamtenverhältnis noch nicht verfallen, der Zeitpunkt hierfür wäre der 31. März 2013 (§ 7 Abs. 3 ThürUrlV). tbb beamtenbund und tarifunion Seite 2 von 4 Für das Jahr 2011 stand der Beamtin ein Mindesturlaubsanspruch von 20 Tagen zu, davon hat sie die o. g. elf Tage genommen. Damit verbleibt ein abgeltungsfähiger Restanspruch von neun Tagen. Für das Jahr 2012 steht der Beamtin für die Monate Januar bis August ein anteiliger Mindesturlaubsanspruch von 13,28 Tagen zu (20 Tage / 12 Monate x 8 Monate = 13,28 Tage). Dies führt in der Summe zu einem Abgeltungsanspruch für insgesamt 22,28 Tage. Verfall des Anspruchs Der Verfall von Urlaubsansprüchen nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG und damit auch des Abgeltungsanspruchs richtet sich nach § 7 Abs. 3 ThürUrlV. Danach verfallen Urlaubsansprüche, die wegen einer Erkrankung nicht in Anspruch genommen werden konnten, entweder drei Monate nach Wiederaufnahme des Dienstes oder spätestens 15 Monate nach dem Ende des jeweiligen Urlaubsjahres. Das heißt, dass Ansprüche aus dem Jahre 2013 spätestens mit dem Ablauf des 31. März 2015 verfallen. Beamten, die mit dem Ablauf dieses Tages oder zu einem späteren Zeitpunkt des Jahres 2015 aus dem Beamtenverhältnis ausscheiden und bis dahin den Mindesturlaub für das Jahr 2013 nicht in Anspruch nehmen konnten, steht auch kein Abgeltungsanspruch für diese Urlaubstage zu. Die Verfallsregelung steht weitergehenden Regelungen zur Übertragung oder Urlaubsansparung (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 3 1. Alt. sowie § 7a Thür-UrlV) nicht entgegen. Diese Vorschriften betreffen ausschließlich die Übertragbarkeit des Urlaubs bei einer Beurlaubung ohne Besoldung oder einer vorübergehenden Dienstunfähigkeit aus Krankheitsgründen sowie die Ansparung von Urlaub zu Zwecken der Kinderbetreuung. Es ist den Beamten in diesen Fällen – im Gegensatz zu den in der Rechtsprechung behandelten Fällen – nach einer Rückkehr in den Dienst grundsätzlich möglich, die erworbenen Urlaubsansprüche abzuwickeln. Berechnung des Abgeltungsanspruchs Bei der Berechnung des Betrags, der den Beamten für jeden nicht genommenen Urlaubstag als Urlaubsabgeltung zusteht, ist auf die Besoldung abzustellen, die die Beamten in den letzten drei Monaten vor Eintritt in den Ruhestand erhalten haben. Wie bereits dargelegt, ist der Bruchteil eines Urlaubstages in die Urlaubsentgeltberechnung einzubeziehen. Hierfür ist die jeweilige (Wochen-)Durchschnittsbesoldung durch die Anzahl der individuellen Wochenarbeitstage zu dividieren und das Ergebnis mit der Anzahl der abzugeltenden Urlaubstage zu multiplizieren. Abgeltungsbetrag = Besoldung* der letzten drei Monate 13 (Wochenzahl eines Quartals) abzugeltende : Anzahl indiv. Wochenarbeitstage x Urlaubstage * ohne Erschwerniszulagen und Mehrarbeitsvergütung Der unionsrechtliche Urlaubsabgeltungsanspruch aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 BGB, die mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 BGB). Verfahren: Die personalaktenführende Dienststelle ist für die Feststellung der Anzahl der finanziell abzugeltenden Mindesturlaubstage zuständig. Das Ergebnis der Feststellung ist unter Mitteilung der Berechnungsgrundlagen in Form eines Verwaltungsaktes festzusetzen. Gleichzeitig ist die tbb beamtenbund und tarifunion Seite 3 von 4 Anzahl der abzugeltenden Mindesturlaubstage der Thüringer Landesfinanzdirektion – Abteilung Bezüge mitzuteilen. Wie bereits im Schreiben vom 2. Februar 2013 mitgeteilt, nimmt die Thüringer Landesfinanzdirektion die Berechnung und Auszahlung der Urlaubsabgeltung vor. 2. Urlaubsansprüche bei einer Änderung des Beschäftigungsumfangs und/oder einer (gleichzeitigen) Verringerung der Anzahl der Arbeitstage Der EuGH hat mit Beschluss vom 13. Juni 2013 (Az: C 415/12, Brandes) entschieden, dass die Anzahl der Erholungsurlaubstage, die aus dem Zeitraum einer Vollzeitbeschäftigung stammen, nicht gekürzt werden darf, wenn Beschäftigte in eine Teilzeitbeschäftigung (mit verringerter Arbeitszeit und geringerer Anzahl der Arbeitstage pro Woche) wechseln und vor dem Wechsel nicht die Möglichkeit hatten, den Urlaub in Anspruch zu nehmen (EuGH, aaO, Rn. 30). Die fehlende Möglichkeit einer Inanspruchnahme kommt insbesondere bei krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit, bei Beschäftigungsverboten nach der Thüringer Mutterschutzverordnung oder Beurlaubungen in Betracht. War eine Abwicklung des Urlaubsanspruchs dem Grunde nach möglich, darf auch der Erholungsurlaub, der während der Zeit der Vollbeschäftigung erworben wurde, anteilig auf die neue Verteilung der Arbeitszeit pro Woche umgerechnet werden (EuGH, aaO, Rn. 32). Bis zu einer abschließenden Entscheidung der nationalen Gerichte zu der Frage der Umrechnung des Urlaubsanspruches bei Änderung der Verteilung der Arbeitstage auf die einzelnen Wochentage hat die Entscheidung des EuGH für den Bereich der Beamten keine unmittelbare Auswirkung. Vor dem Hintergrund der bisherigen Rechtsentwicklungen in diesem Bereich wird jedoch empfohlen darauf hinzuwirken, dass in Vollzeitbeschäftigung erworbener Urlaub noch vor der jeweiligen Änderung genommen wird. Beamte, die den Urlaubsanspruch vor einem derartigen Wechsel noch nehmen könnten, ihn jedoch aus persönlichen Gründen nicht verwirklichen wollen, sind auf die Folgen aus § 5 Abs. 5 ThürUrlV schriftlich hinzuweisen. Sollten vereinzelt Beamte einen erhöhten Urlaubsanspruch im Umfang der EuGHRechtsprechung realisieren wollen, sollten die Anträge bis zur weiteren Klärung der Rechtslage zurückgestellt werden. Im Rahmen der im Anschluss an die Novellierung des Thüringer Beamtengesetzes erfolgenden Änderung der Thüringer Urlaubsverordnung wird eine Regelung angestrebt, die die Entwicklung der Rechtsprechung berücksichtigt. Die notwendigen Abstimmungen hierzu werden noch durchgeführt. Das Schreiben des TIM vom 17. Juni 2014 finden Sie als Anlage. tbb beamtenbund und tarifunion Seite 4 von 4