Liebe Gemeinde! Es war in der Nähe der englischen

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Liebe Gemeinde! Es war in der Nähe der englischen
Johannes 12,12-19
5. April 2009
St.Markus
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Liebe Gemeinde!
Es
war
in
englischen
der
Nähe
der
Sommerresidenz
Balmoral Castle in Schottland.
Im Sommerregen klopfte es an
der Tür eines Bauernhauses Die
alte Bäuerin musterte die Besucherin skeptisch, die vor ihrer
Tür
stand
und
um
einen
Regenschirm bat. Sie würde ihn
auch bald zurückbekommen. „Ich habe zwei Schirme; einen
ganz neuen – den gebe ich auf keinen Fall her! Man kann ja
den Leuten nicht trauen. Ich gebe ihnen meinen alten!“ –
Am nächsten Morgen stand ein Diener in königlicher Livree
vor dem Bauernhaus und überreichte der Bäuerin den
Schirm: „Ihre Majestät, die Königin lässt danken, dass Sie
ihr den Schirm ausgeliehen haben.“ Der Bäuerin war es unendlich peinlich, die Königin nicht erkannt zu haben.
Der Bibeltext, den wir in der Schriftlesung hörten, erzählt
uns nicht von einer Königin sondern von einem König vor
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der Tür. Eine ganz andere Form des Missverständnisses gab
es hier und zwar ein doppeltes Missverständnis. Von zwei
Gruppen wurde Jesus als Person durchaus erkannt, aber als
König missverstanden. Ein doppeltes Zeichen gibt Jesus uns
zum richtigen Verständnis. – Deshalb das Thema heute:
Der König vor der Tür
Das doppelte Missverständnis – das doppelte Zeichen
1. Überschwängliche Begeisterung – der Erfolgsgarant als König
2. Entsetzte Angst und Streit – der Aufrührer als König
3. Das Zeichen des Esels
4. Die klare Verheißung – das zweite Zeichen
Überschwängliche Begeisterung hat auch Barak Obama in
Straßburg vorgestern ausgelöst, als er vor 4000 französischen und deutschen Schülern sich deren Fragen stellte und
in einer Rede ankündigte: „Dieses Wochenende in Prag
werde ich eine Tagesordnung vorlegen, um das Ziel einer
Welt ohne Nuklearwaffen zu verfolgen." Die amerikanische
Bevölkerung war schon von den Bildern der Obamas mit
Königin Elsabeth II in England begeistert. Alles Volk sehnt
sich nach einem Boten des Friedens, des Glücks und des Er-
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folgs. Menschen, auf die man diese Erwartungen projizieren
kann, werden überschwänglich begrüßt.
So begrüßte auch das Volk in Jerusalem Jesus. Sie erwarteten viel von Jesus. Viele hatten erlebt, wie er Kranke geheilt
hat und in einsamer Gegend dafür sorgte, dass 1000ende eine ordentliche Mahlzeit erhielten. Ja einige waren dabei
gewesen, wie er Lazarus aus dem Grab herausgerufen hatte.
Jesus hatte Macht über Krankheit, Dämonen, Naturgewalten
und selbst über den Tod. Er würde ihre Probleme lösen. Das
erwarteten die Menschen. „Hosianna!“ rufen sie. Dieser
Ruf, der ursprünglich bedeutete, „Gott, errette doch!“
hatte sich in der Gewissheit einer Rettung schon vorher
zu einem Jubelruf gewandelt, „Gepriesen sei Gott!“ So
Jesus zu begrüßen, war verständlich. Jesus hatte auf wunderbare Weise schon viele Menschen gerettet und ihnen geholfen. Anders als Obama, auf den sich erst die Erwartungen richten. Der neue US-Präsident wird in Europa auch für
Forderungen beklatscht, für die sein Vorgänger Bush ausgebuht worden wäre, nämlich seine Forderung nach mehr
Soldaten für Afghanistan.
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Erwartet wird Erfolg. Erfolg erwarten doch auch wir. Die
Politiker sollen Frieden schaffen. Gott soll ein Wunder tun.
Frieden in Afghanistan, im Nahen Osten, im Sudan und im
Kongo möglichst sofort. Eine Ende von Wasserknappheit
und Seuchen, ein Ende der Wirtschaftskrise und statt dessen
Aufschwung, Arbeitsplätze, Gesundheit und Wohlstand für
alle. Schluss mit den Terroristen, Selbstmordattentätern und
Amokläufern.
Wir erwarten Hilfe von Jesus. Wir sind doch Christen.
Wir beten doch, damit er hilft. Wir rechnen mit der Leitung
durch Gottes Geist und da müsste doch nun in der Familie,
am Arbeitsplatz, in der Ehe und und und … da müsste doch
alles klappen.
Überschwängliche Begeisterung gibt es für Boten des
Erfolgs. – Aber Jesus reitet auf einem Esel ein. Er hatte angekündigt, dass sein Weg nach Jerusalem ein Weg in den
Tod ist. – Offenbar haben ihn die Menschen missverstanden.
Ist das auch unser Missverständnis? Erwarten wir nur Erfolg von Jesus? Ignorieren wir sein Kreuz?
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Das zweite Missverständnis ist
2. Entsetzte Angst und Streit
Nicht alle sind angesteckt von der überschwänglichen Begeisterung. – Die Nato konnte sich nicht sofort auf einen
neuen Generalsekretär einigen. Da half auch der Charme
von Obama nichts. Es mussten in letzter Minute politische
Zugeständnisse gemacht werden, die für manche schon einem Einknicken gleich kommen. – Zur Zeit Jesu gab es sogar richtigen Widerstand. Die Pharisäer sehen in der Begeisterung für Jesus eine Gefahr für das Volk. Das könnte
eine enorme diplomatische Krise geben. Die Römer könnten Jesus und seine Anhänger, die ganze Menge, die da so
jubelt, unter Terrorismusverdacht stellen. Die wenigen bürgerlichen Freiheiten in der jüdischen Provinz des römischen
Reiches könnten noch weiter eingeschränkt werden. – Die
Pharisäer und andere führende Leute hatten Angst. – Es
war nicht nur die Angst um Ruhe und Frieden im Land. Sie
hatten auch Angst um den religiösen Frieden. Sie hatten
über viele Jahrzehnte, ja Jahrhunderte eine klare Auffassung
entwickelt, wie man an Gott glauben und die Gebote Gottes
zu beachten hatte, aber Jesus drohte alles auf den Kopf zu
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stellen. Wo sollte das hinführen? Das gab Unruhe. Das
wollten sie nicht. Sie sahen in diesem Jesus, der auf einem Esel einziehend als Retter bejubelt wurde, eine Bedrohung. Sie blasen zum Angriff gegen den Feind ihrer
Ordnung. Sie hatten verstanden, dass Jesus einen neuen
Weg weist, aber sie haben seine Botschaft und seinen Weg
nicht verstanden. Sie sind entsetzt, fühlen sich bedroht und
bekämpfen diese Jesus. –
Solchen Widerstand gegen Jesus gibt es auch bei Christen.
Sicher nicht so offen, aber die Angst, was der Glaube im eigenen Leben durcheinander bringen kann, gibt es auch.
„Wir kommen so nicht weiter“, das ist das Argument aller Bedenkenträger auch heute. Dieser neue Weg ist der
falsche. So nicht. Mit Glauben und Jesus kommen wir doch
nicht voran. – Er bringt alles durcheinander. Es ist überhaupt nicht deutlich, wie es weitergehen soll. Diese Unsicherheit führt zu Streit und Widerstand. Das kann doch
nicht gut gehen.
Haben auch wir Angst davor, nicht zu wissen, wie der
Weg, den Gott uns führt, weiter geht? Prägt uns der
Pessimismus oder der Glaube?
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Ein doppeltes Zeichen für den König vor der Tür gibt Jesus
3. Das Zeichen des Esels
Jesus nimmt den Empfang an, den ihm die Leute in Jerusalem bereiten. Er steigt auf einen Esel. Er nimmt kein Prachtross sondern einen jungen Esel. Ein König auf einem Esel.
Das ist ein Bild aus einer anderen Zeit. Bis zur Zeit Davids
war der Esel in Israel ein Reittier gerade auch für die vornehmen Leute. Aber dann wurden Pferde und Streitwagen
eingeführt. Die Pferde symbolisieren Kraft und Stärke und
Heldenmut. Aber Jesus reitet auf einem Esel. Auch als der
bejubelte König begegnet Jesus den Menschen auf Augenhöhe. In dem er auf einem Esel reitet, wird deutlich,
was für ein König hier vor der Tür steht. Ein König, der
ohne Gewalt herrscht, ein Friedenskönig. Mit einem Esel
kann man nicht in den Kampf ziehen.
Jesus wählt einen Esel als Reittier. – Als Saul die Eselinnen
seines Vaters suchte, fand er das Königtum. Der Esel war
zur Zeit des Königs David das Reittier für einen König. Als
Sohn Davids wurde Jesus auch bezeichnet. An die alten
Bünde Gottes mit dem Volk Israel erinnerte Jesus. Das, was
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Gott eigentlich mit seinem Volk vorhatte und verheißen hat,
sollten sie bedenken. Immer wieder hatte Gott durch die
Propheten vor dem Vertrauen auf Pferd und Streitwagen
gewarnt. „Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht.“, so lässt er
den Propheten Jesaja sagen.
Das Zeichen des Esels ist ein Zeichen, das Erinnerungen
wach ruft und das zum Glauben ruft, zurück zu den
Wurzeln des Glaubens. So hatte Israel in den Anfangszeiten immer wieder darum ringen müssen, sich nicht auf eigene kämpferische Macht und nicht auf militärische Bündnisse zu verlassen, sondern allein Gott zu vertrauen. Immer
wenn sie das taten, erlebten sie Gottes Führung. Es gab Zeiten des Glaubens und Vertrauens. Dahin muss das Volk Israel zurück, ganz und gar vertrauen. Dazu ruft Jesus alle
Menschen, ihm zu vertrauen.
Gab es auch bei Dir Zeiten, in denen Du Gott vertraut
hast und Dir keine Sorgen gemacht hast? Das Zeichen
des Esels ruft zurück zu den Wurzeln des Glaubens. Gott
will so, ohne die Zeichen von Gewalt, einen guten Weg führen.
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Jesus zieht auf dem Esel ein und er zieht mitten ins Leiden
und in die Katastrophe des Kreuzes hinein. Der König, der
auf dem Esel reitet, ist der König, der ans Kreuz geht.
Der Esel ist auch ein Zeichen dafür, dass der Weg Jesu
nur vom Kreuz her zu verstehen ist. Damit hatten die
Menschen damals nicht gerechnet und damit haben heute
viele Probleme. Jesus richtet sein Reich gerade dadurch auf,
dass er für uns am Kreuz stirbt. Durch sein Leiden öffnet er
uns die Tür zu Gott. Er hilft uns, indem er für uns am
Kreuz stirbt. So geht er auf den Ruf „Hosianna“, „Hilf
doch!“, ein.
Das zweite Zeichen für den König vor der Tür ist
4. Die klare Verheißung
Jesus erfüllt mit seinem Einzug eine klare biblische Verheißung.
Beim Propheten Sacharja Kapitel 9 Vers 9 heißt es: »Du
brauchst dich nicht zu fürchten, Volk von Zion! Dein König
kommt, er reitet auf einem Eselsfohlen.«
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Auch die Jünger Jesu haben es damals nicht verstanden,
dass sich so die Ankündigung des Retter erfüllt, sondern
sie verstanden es erst im Nachhinein.
Ein Beispiel: Ein Elternpaar hat täglich um Schutz und Bewahrung für den Sohn gebetet, der gerade das Fahrrad fahren gelernt hat. Der Junge verunglückt, gebrochenes Bein,
viele Komplikationen. Die Eltern kommen in Anfechtung:
„Hört uns Jesus nicht? Will er nicht helfen?“ Ein Jahr später: Bei der Nachuntersuchung sagt der Arzt: „Dieser Unfall
war ein Gluck für ihren Jungen. Dadurch ist die – seit längerem – geschädigte Hüfte wieder ganz in Ordnung gekommen.“ – Den Eltern ging es wie den Jüngern Jesu damals. „Damals verstanden seine Jünger dies alles noch
nicht;“ aber dann, als sie das Ergebnis sahen, konnten sie im
Rückblick verstehen und Gott loben.
Die Christen, die Jesus folgen, müssen auch heute oft noch
Schwachheit und Niedrigkeit durchleiden. Jesus ist ein verborgener König. Viele Wünsche und Sehnsüchte gehen
auf dem Weg in seiner Nachfolge nicht in Erfüllung.
Vieles verstehen wir erst im Rückblick.
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Der König steht vor der Tür: Es gibt das doppelte Missverständnis: Überschwängliche Begeisterung, weil man auf Erfolg hofft und entsetzte Angst und Streit, weil man die Unsicherheit des Glaubensweges scheut und pessimistisch ist.
Es gibt aber auch das doppelte Zeichen Jesu, das Zeichen
des Esels, das zu den Wurzeln des Glaubens ruft und darauf
hinweist, dass der Weg Jesu nur vom Kreuz her zu verstehen ist und das Zeichen der Verheißung, dass wir oft erst im
Rückblick verstehen, wie Gottes Weg zum guten Ziel führt.
Der König steht vor Deiner Tür: Wie reagierst Du? Erwartest Du nur Erfolg und lehnst Du den leidenden König ab, bleibst Du in pessimistischer Distanz oder willst
Du dem König, der das Zeichen des Esels wählt und ans
Kreuz geht, nachfolgen?
Das Adventslied „Wie soll ich dich empfange“ drückt in der
Fragestellung die ganze Unsicherheit angesichts dieses Königs auf dem Esel aus und zugleich auch die Bitte, dass er
die rechte Erkenntnis schenkt und die Bereitschaft diesen
König von Herzen zu loben. Ich lade ein, die ersten beiden
Strophen dieses Liedes bewusst mit zu singen.
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