Einsatz von psychometrischen Testverfahren im - Hu

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Einsatz von psychometrischen Testverfahren im - Hu
Einsatz von psychometrischen
Testverfahren im Recruiting
Rolf-Armin Schöbel1
1)
Personalleiter Vertrieb & Marketing Europa, Armstrong DLW GmbH
SCHLÜSSELWÖRTER: Testverfahren, Analyse, Verhaltensdimension, Personalauswahl
KURZFASSUNG: Am praktischen Beispiel der Armstrong Flooring Products EMEA (europäischer Bodenbelaghersteller, Tochterunternehmen von Armstrong World Industries, USA) wird für Europa und den Mittleren Osten das Grobraster eines Kandidateninterviews und der Einsatz sowie die Aussagekraft von psychometrischen Tests im Human
Resources (HR) Alltag dargestellt. Drei Haupttools (DISG, Thomas International, Predictive Index) bilden die Basis
zur ergänzenden, neutralen Beurteilung der gewünschten Kompetenzen und vorhandenen Lernfelder von Kandidaten auf unterschiedlichen Hierarchieebenen in verschiedenen Ländern. Die Einbettung dieser Tests, der Ergebnisse
und HR-orientierter Fragestellungen in den Dialog mit Kandidaten und Führungskräften stellen einen wesentlichen
Mehrwert im Auswahlprozess dar.
1. Bedeutung des Recruitingprozesses und der Personalauswahl
In großen, weltweit ausgerichteten
sowie modernen mittelständischen
Unternehmen wurde erkannt, dass
der Personalbereich nicht nur Einstellungen und die Gehaltsabrechnung durchführen soll, sondern als
HR Businesspartner eine integrale Aufgabe neben der Unternehmensstrategie und der operativen
Finanz-/ Umsatzplanung darstellt.
Passend ausgebildete Mitarbeiter
müssen bedarfsgenau bereitgestellt werden. Dies fordert notwendigerweise eine kurz-, mittel- und
langfristige Nachfolgeplanung und
Personalentwicklung. Sowohl bei
einer internen Nachbesetzung als
auch bei einer Neueinstellung sollen daher die Anforderungen des
Fachbereichs bzw. der einstellenden Führungskraft vom HR Businesspartner mit den Planungsdaten des Unternehmens abgeglichen
werden (Headcountplan, Stelle,
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Gehaltsbandbreite) und ein genaues Kompetenzprofil des Zielkandidaten erstellt werden.
Die fachlichen Kompetenzen
oder das Know-how-Profil zur Aufgabenerledigung sind anhand einer Stellenbeschreibung durch den
Fachbereich meist rasch skizziert.
Der ebenso wichtige Bereich der
persönlichen Kompetenzen ist häufig schwieriger zu greifen und aufgrund möglicher Diskriminierungssachverhalte nicht vollumfänglich
schriftlich fixiert.
Der Aufwand für das Recruiting
kann zeitlich und monetär beträchtlich sein und bei einer Fehlbesetzung erheblichen Einfluss auf die
Zielerreichung einer Unternehmung
haben.
2. Formalisiertes Vorgehen zur
Einhaltung der Rechte der beteiligten Parteien
Absprachen vor dem Rekrutierungsprozess zwischen Fachbe-
reich und HR haben nicht nur das
Ziel der Optimierung des Ressourceneinsatzes, sondern dienen auch
der Transparenz und Sicherstellung
der Rechte verschiedenster Parteien.
Zunächst gilt es, ein möglichst
umfassendes Zielkandidatenprofil
zu erstellen, welches sich zur Beschreibung der Position und zum
Abgleich mit den sich vorstellenden
Kandidaten eignet. Zwei wichtige
Parameter sind zu beachten: Das
Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz in Deutschland bzw. entsprechende Antidiskriminierungsgrundsätze in anderen Ländern sowie
der Datenschutz; darüber hinaus in
mitbestimmten Unternehmen: die
Beteiligung der Arbeitnehmervertreter. Vielfach fordert der Betriebsrat in Deutschland eine genaue
Darlegung der Gründe, warum der
angehörte Zielkandidat eingestellt
wird und nicht ein anderer Kandidat
oder gar ein interner Interessent.
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Einsatz von psychometrischen Testverfahren im Recruiting
Der standardisierte und mit dem
Betriebsrat abgestimmte Kandidatenfragebogen mit den Hauptpunkten fachliche und persönliche
Kompetenzen ermöglicht die Vergleichbarkeit von Kandidaten/ Bewerbern, die Nachvollziehbarkeit
der Entscheidung und Dokumentation bei Rückfragen.
Die persönlichen Kompetenzen
sind am einfachsten darstellbar,
wenn unter Verwendung psychometrischer Testverfahren ein Stellen-Ziel-Profil erstellt wird. Sofern
hierbei anerkannte und ständig evaluierte Verfahren eingesetzt werden, ergibt sich ein idealtypisches
Zielkandidatenbild, welches die
notwendigen persönlichen Kompetenzen beinhaltet (Gay, 2005). Die
beiden diametral unterschiedlichen
Bilder des Geschäftsführers und
des Buchhalters veranschaulichen
dies am besten, da die Persönlichkeitsaspekte „etwas schaffen zu
wollen“ und „absolute Regelkonformität mit Bestandswahrung“ hierbei
völlig unterschiedlich ausgeprägt
sein müssen.
3. Grundsätze psychometrischer
Testverfahren und Analysen
Die meisten verwendeten Testverfahren zur Beschreibung und Vorhersage emotionaler und motivationaler Grundlagen des Verhaltens
(hier: DISG Persönlichkeitsprofil
und Thomas International System)
basieren auf den Grundlagen, die
1928 der Psychologieprofessor Dr.
Moulton William Marston aufstellte
(Marston, 1928). Der „Predictive Index“, der 1954 von Arnold S. Daniels
in den USA entwickelt und 1995 für
den Gebrauch in der Wirtschaft frei-
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gegeben wurde (PI Referenzbuch,
2007), ist das dritte und im Konzern
weltweit verwendete Analysetool.
Diese drei Verfahren (wie auch einige weitere im Markt verfügbare wie
MBTI, Insights MDI, MPA) basieren
darauf, dass der Proband spontan
mehrdeutige Begriffe bewerten und
Aussagen zwischen „am meisten“
oder „am wenigsten zutreffend“
differenzieren muss bzw. anspre-
chende und zutreffende Verhaltensdispositionen beschreibende
Adjektive ankreuzt (Bühner, 2006).
Man kann daher von einer speziellen Form von Reiz-Reaktions-Tests
sprechen, deren Ergebnisse vom
Umfeld und der Stimmung der Probanden abhängig sind. Das Ergebnis – der Analysebericht – ist nur jeweils die Aggregation der einzelnen
Kreuze auf den Antwortbögen oder
Abbildung 1: Theorie der 4 Hauptverhaltensdimensionen
(im Ansatz nach Marston)
Aufgabenorientierung
DOMINANZ
EINWILLIGUNG
(Regelgerichtetheit)
Konfrontation gewinnen, Held/ Ego
anstrengend und bestimmt
Dinge richtig machen
anstrengend und zurückhaltend
aktiv
passiv
EINFLUSS
BEHARRLICHKEIT
Soziale Stimulanz, Netzwerk
Geduld, Balance, Status Quo erhalten
angenehm und bestimmt
angenehm und zurückhaltend
Mensch-Orientierung
Abbildung 2: Beispiel-Profil überzeugend arbeitender
Vertriebsmanager
Dimension
gering
Ausprägung
hoch
Dominanz
Einfluss
Beharrlichkeit
Einwilligung
(Regelgerichtetheit)
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der Klicks in den Online-Fragebögen. Daher sollte das Ergebnis nie
als allgemeingültiges Kriterium herangezogen werden.
Verallgemeinernd
dargestellt:
Verhalten zeigt sich in der Theorie
nach Marston in vier Dimensionen:
Dominanz, Einfluss, Beharrlichkeit
(oder Geduld) und Einwilligung
(oder Compliance/ Regelgerichtetheit) (Marston, 1928). In diesen vier
Hauptdimensionen spielt sich das
Verhalten in theoretisch meist vier
unterschiedlichen Ausprägungen
ab (wobei nach heutiger Vorstellung
von Dispositionen und nicht von
Verhalten die Rede wäre). Daraus
resultieren je nach Testverfahren
15 bis 20 Mischformen verallgemeinernder
Grundverhaltensmuster.
Auf diese Verhaltensmuster lassen
sich die Stellen im Unternehmen
reduzieren, da je nach Tätigkeit
unterschiedliche Verhaltensmuster
benötigt werden. Der Geschäftsführer z. B. soll das Umfeld formen
und muss Widerstände überwinden, um Ergebnisse zu erzielen –
seine Dominanz sollte daher hoch
ausgeprägt sein. Der Buchhalter
dagegen benötigt als Eigenschaft
eine sehr hohe Kooperationsbereitschaft oder Regelgerichtetheit, um
alle gesetzlichen Vorgaben korrekt
umzusetzen. Im Vertrieb wiederum
bedarf es einer hohen Ausprägung
an Einfluss oder Beeinflussung anderer.
Aufgrund der Zustimmung oder
Ablehnung der vorgegebenen (Verhaltens-)Begriffe im Fragebogen
wird eine hohe oder geringe Ausprägung der Verhaltensdimensionen abgeleitet. Um die differenzierenden Fragestellungen oder die
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Adjektive zu verstehen, ist es erforderlich, den Fragebogen in der Muttersprache auszufüllen, da nur hier
eine rasche Zuordnung im Verhaltens- und Wertesystem eines Kandidaten sichergestellt werden kann
(PI Referenzbuch, 2007). Die Fragen sollen rasch beantwortet werden; ein zu starkes Analysieren und
theoretisches Abwägen im Hinblick
auf das Gesamtergebnis schaden
diesem. Aufgrund der abgegebenen Antworten kann das OnlineSystem des Verfahrensanbieters
sofort mittels Textbausteinen unterschiedlichste
Analyseberichte
erstellen. Diese sollten dann jedoch
durch eine im entsprechenden Testverfahren geschulte Person, sowohl
mit der Führungskraft als auch dem
Kandidaten dargelegt, kommentiert
oder weiter ausgearbeitet werden.
4. Aussagefähigkeit psychometrischer Analyseberichte
Jedes korrekt angewendete Testund Analyseverfahren bietet einen
erweiterten Blick auf den Kandidaten und kann Grundlage für tiefergehende oder klärende Fragestellungen im Interview sein.
Es empfiehlt sich, zunächst mit
der Führungskraft neben der Stellenbeschreibung und den erweiterten, schriftlich darlegbaren Kompetenzen ein Ziel- oder Sollprofil mit
Hilfe des anzuwendenden psychometrischen Verfahrens zu erstellen.
Dies kann entweder durch die Festlegung der jeweiligen Ausprägung
der vier Verhaltensdimensionen
oder durch einen entsprechenden
Fragebogen des Anbieters erfolgen.
Nach Erstellung der Verhaltens­
profilanalyse aufgrund der vom
Kandidaten beantworteten Fragen
oder gesetzten Kreuze können das
Ist- mit dem Sollprofil verglichen und
die Abweichungen analysiert werden. Der Analysebericht beschreibt
mögliche Verhaltenstendenzen des
Kandidaten in unterschiedlichen Situationen.
Je spontaner und ehrlicher die
Fragen in der Muttersprache beantwortet werden, desto näher liegt
der Analysebericht an den tatsächlich vorhandenen Verhaltensweisen
bzw. Dispositionen (nach aktuellem
Stand der Forschung) des Kandidaten. Je näher das Istprofil am Sollprofil liegt, desto weniger „Energie“
braucht der Kandidat, um den Anforderungen der Stelle oder den Erwartungen des Umfelds gerecht zu
werden. Im Umkehrschluss heißt
dies: Wenn die fachlichen Kompetenzen des Kandidaten den Vorgaben entsprechen, sich jedoch im
Verhaltensprofil signifikante Abweichungen zum Sollprofil zeigen, wird
der Kandidat die Gesamterwartungen an die Stelle nur mit hohem
Aufwand erreichen können bzw.
viel Energie in die Verhaltensanpassung investieren müssen anstatt in die inhaltliche Aufgabenerledigung. Dies kann mittelfristig in
Demotivation, Überforderung oder
Burn-out münden.
Einige
Verhaltensanalysetools
bieten gesonderte Reports zur Auswertung des Verhaltens in bestimmten Situationen oder Tätigkeitsbereichen: Unter Stress, im Vertrieb,
im Call-Center, als Führungskraft
(Management in unterschiedlichen
Hierarchiestufen), im Technikbereich, allgemeine mögliche Be-
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grenzungen, Weiterbildungsbedarf,
Entwicklungsmöglichkeiten – um
die Wesentlichen zu nennen. Darüber hinaus empfiehlt sich der Report „Feedback für den Kandidaten“. Durch die Online-Auswertung
können die Analysen in mehreren
Sprachen erstellt werden (Thomas
Web-Anleitung).
Die Akzeptanz dieser Testform
wird bei Führungskräften erheblich
gesteigert, wenn die Führungskraft
selbst eine eigene Verhaltensprofilanalyse angeboten bekommt, bei
der sie, ehrliche Betrachtung und
methodisch fundiertes Instrument
vorausgesetzt, eine hohe Passung
zum Selbstbild feststellen wird.
Kandidaten finden es positiv, nach
Rekrutierungsabschluss ein schriftliches Feedback zu ihrem „Verhaltenstest“ zu erhalten.
Ein echter Mehrwert kann aus
den psychometrischen Analyseberichten gezogen werden, wenn
diese zwischen Erst- und Zweitgespräch vorliegen. Sowohl die Fachbereichsführungskraft als auch der
HR Businesspartner können ihre
Beobachtungen in der Analyse
bestätigt bekommen oder Ansatzpunkte erhalten, die noch nicht
thematisiert oder nicht beobachtet
wurden. Der Report bietet vielfältige Ansätze, um im Zweitgespräch
einen Kandidaten vertiefend zu
befragen, kennen zu lernen und
mögliche Leistungs- oder Integrationsprobleme ins Team oder in die
Unternehmenskultur feststellen zu
können.
Darüber hinaus kann der Analysereport auch als neutrales Bewertungskriterium genutzt werden, um
gegenüber Dritten (Unternehmens-
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leitung, Betriebsrat) die Gründe für
eine Einstellung oder Nichteinstellung zu untermauern.
5. Grenzen der Aussagekraft
Psychometrische Tests wollen
schnell und standardisiert, mittels
vorgegebener Fragebögen, Beurteilungen im Hinblick auf Persönlichkeit, Verhaltenstendenzen,
Begrenzungen, Entwicklungsmöglichkeiten, Arbeitsstil und Verhalten
in Stresssituationen von Menschen
liefern. Hierbei ist die Sprache die
Basis aller Fragen zur Bewertung
des mehrdeutigen Reizmaterials
(Bühner, 2006). Die angegebenen Begriffe können unterschiedlich ausgelegt werden, je nach
Alter, Weltbild und persönlichem
Umfeld des Probanden. Da jeder
Mensch anders und daher nicht in
seiner Vielfalt erfassbar ist, wird er
bei diesen Testverfahren in eine
Typschublade einsortiert und auf
festgelegte
Hauptcharakteristika
reduziert (Hossiep, 2007). Eine
gewisse Manipulation oder Verfälschung des Ergebnisses ist möglich, sofern Aussagen im Hinblick
auf wünschenswerte, jedoch nicht
vorhandene Ausprägungen von
Charaktereigenschaften
getätigt
werden. Dies wird durch Kontrollfragen zu verhindern versucht
(Bühner, 2006).
Es stellt sich darüber hinaus die
Frage nach der wissenschaftlichen
Fundiertheit der hier exemplarisch
dargestellten Tests, da das Grundmodell von Marston bereits über
80 Jahre alt ist und bis heute nicht
wesentlich verändert wurde, die
Bedeutungszuweisungen der in
den Fragebögen genannten Ver-
haltensbegriffe sich im Laufe der
Zeit ändern und empirische Belege
und Überprüfungen durch relevante
Vergleichsstichproben sowie durch
unabhängige Experten weitgehend
fehlen. Die Anbieter der genannten psychometrischen Tests liefern
zwar Daten zu Validität, Reliabilität sowie weiteren Gütekriterien,
es fehlen jedoch umfangreiche
Überprüfungen durch unabhängige
wissenschaftliche Experten sowie
einschlägige
Fachpublikationen
(Sarges & Wottawa, 2004).
6. Einsatzempfehlungen psychometrischer Testverfahren
Neben der Nutzung von psychometrischen Testverfahren als zusätzliches Tool zum persönlichen Interview im Recruitingprozess bieten
sich diese Verfahren bei jeder Form
der Personalentwicklung an: Feststellung von Stärken und möglichen
Entwicklungsfeldern,
Feedback
im Rahmen von Leistungsbeurteilungsgesprächen und bei der Beleuchtung von Effizienzthemen oder
der Zusammenarbeit innerhalb von
Arbeitsteams. Der Zeitbedarf zur
Beantwortung des Fragenkatalogs
ist – je nach Test – teilweise mit 5
bis maximal 15 Minuten durch den
Kandidaten relativ gering und kann
daher im unmittelbaren Anschluss
an ein Erstgespräch erfolgen. Jedoch kann die Kürze des Tests zu
Lasten seiner diagnostischen Aussagekraft gehen. Die Kosten belaufen sich je nach Nutzungsvertrag
und Analyseumfang auf 30 bis 100
Euro je Analysebericht.
Die Ergebnisse fundierter Tests
liefern in jedem Fall Aussagen zu
Bedürfnissen, Grundmotivation und
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Verhaltenstendenzen, die unter
Berücksichtigung der Individualität
des Probanden für die Personalarbeit und Führung hilfreich sind (Seiwert & Gay, 2004).
Abschließend sollen einige Hinweise zur Nutzung derartiger Verfahren gegeben werden:
• Sorgfältige Prüfung des wissenschaftlich-methodischen
Gehalts der Verfahren.
• Einsatz mit Mitarbeitervertretung (Betriebsrat) absprechen.
• Einweisung der Kandidaten/
Probanden nur durch auf das
Analysetool geschulte Mitarbeiter, um Fehleinweisungen und dadurch verfälschte
Reports zu vermeiden und
nicht zuletzt Wertschätzung zu
gewährleisten.
• Einverständniserklärungen mit
Beschreibungen zum Verfahren und zur Verwendung der
Testergebnisse verwenden.
• Kandidat um freiwillige Teilnahme bitten und Feedback
nach Abschluss des Einstellungsverfahrens zusichern.
Dadurch wird diese Verhaltensanalyse auch bei später
abgelehnten Kandidaten als
Mehrwert verstanden.
• Aussagen des Reports als Basis für persönliche Fragestellungen nutzen. Einsatz z. B. im
Ausland bevor der Kandidat zu
Gesprächen ins Headquarter
eingeladen wird oder bevor
hohe Reisekosten verursacht
werden.
• Report kritisch mit den eigenen Beobachtungen vergleichen. Bei gravierenden
Abweichungen: Erneuten
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•
•
Online-Fragebogen mit detaillierten Instruktionen zur Beantwortung aussenden, weiteren
Report durch geschulten
Analysten erstellen lassen
oder intensives Gespräch mit
dem Kandidaten führen. Falls
erfolglos: Güte des Tests hinterfragen.
Report als Basis für PersonalAudits oder als Tool in Assessment-Centern einsetzen.
Verfahren nur im MethodenMix einsetzen und keine
Auswahl- oder Platzierungsentscheidungen ohne persönlichen Kontakt zum Kandidaten
treffen.
logischer Testverfahren Band
I: Personalpsychologische Instrumente. Lengerich: Pabst.
Seiwert, L. & Gay, F. (2004). Das
neue 1x1 der Persönlichkeit.
München: Graefe und Unzer.
Thomas-Web Anleitung: Skriptum
Thomas International Analystenschulung Februar 2008;
Lindau: Thomas International
Süddeutschland GmbH.
►Xing-Profil des Autors
■
7. Literatur
Bühner, M. (2006). Einführung in
die Test- und Fragebogenkonstruktion. München: AddisonWesley.
Gay, F. (2005). Das DISG® Persönlichkeitsprofil, Offenbach: Gabal.
Hossiep, R. (2007). Messung von
Persönlichkeitsmerkmalen
In H. Schuler & K. Sonntag
(Hrsg.), Handbuch der Arbeitsund Organisationspsychologie
(S. 450-459). Göttingen: Hogrefe .
Marston, W. M. (1928). Emotions
Of Normal People. London: K.
Paul, Trench, Trubner & Co.
ltd.
PI Referenzbuch: Skriptum Predictive Index® Management
Workshop German Version;
Praendex Inc. Wellesley Hills
Massachusetts 4/2007:
Sarges, W. & Wottawa, H. (2004).
Handbuch wirtschaftspsycho-
5
Interview
mit Rolf-Armin Schöbel
Herr Schöbel, wo arbeiten Sie
und wie sieht ihr Aufgabenbereich aus?
Ich bin Personalleiter für Vertrieb
und Marketing in der produzierenden Branche eines weltweit tätigen
Konzerns. Wir fertigen Objektbodenbeläge und Fußbodenbeläge
für kommerzielle Hochfrequentzonen an und vertreiben diese primär
europaweit. So bin ich als Personaler zuständig für Mitarbeiter und
Kandidaten in ganz Europa. Als
Konsequenz besteht häufig nicht
die Möglichkeit für ein persönliches
Treffen mit allen Bewerbern, daher
spielen die psychometrischen Tests
für mich eine sehr wichtige Rolle.
Nach Ihrer Erfahrung – Erstellen
die Unternehmen in der Praxis
unter Verwendung psychometrischer Testverfahren ein StellenZiel-Profil um ein optimales Ergebnis zu erzielen?
Das Stellen-Ziel-Profil wird in der
Praxis viel zu selten vorbereitend
erarbeitet und es benötigt sehr viel
Überzeugungskraft dieses Tool zu
implementieren, da dessen Wert
häufig nicht erkannt wird. Psychometrische Testverfahren hingegen
werden häufiger eingesetzt. Die
Verwendung solcher Tools hängt
aber ganz entscheidend von der
Einstellung des Personalers ab.
Viele wissen die Neutralität und
Sicherheit solcher Verfahren zu
schätzen, andere sind eher skeptisch.
Worin sehen Sie Vorteile der
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Analyse von Verhaltensweisen
zur Ermittlung der KandidatenStellenpassung basierend auf
der Theorie nach Marston? Wäre
nicht auch ein alternatives Persönlichkeitsmodell denkbar?
Die Theorie von Marston ist sehr
einfach und daher ohne größere
Herleitung gut greifbar. Außerdem
ist anhand der Theorie einfach abzuleiten, welche Verhaltensweisen
für welche Stelle gefordert werden
und mit welcher Person hier die
beste Passung erzielt werden kann.
Ich kann mir gut vorstellen, dass
unser Test heutzutage in der Wissenschaft wegknickt, in der Praxis
bewährt er sich jedoch. So ist mir
keine kostengünstigere und einfachere Methode am Markt bekannt,
die mit unseren verwendeten Testverfahren vergleichbar wäre. Die
Theorie ist der Praxis sicher immer
einen Schritt voraus, da es Jahre
dauert, bis ein Modell aus der Theorie erfolgreich in die Praxis überführt wird.
Welche Rückmeldungen erhalten Sie seitens der Teilnehmer zu
den verwendeten Testverfahren?
Die Resonanz ist durchweg positiv
– vor allem nach Vollendung des
Tests und der Rückmeldung des
Testergebnisses. Die Kandidaten
freuen sich, festzustellen, wie zutreffend ihr Profil erfasst wurde.
Wenn das Profil weniger zutreffend
ist, biete ich die Möglichkeit, den
Test erneut zu durchlaufen, dabei
soll der Teilnehmer bewusst darauf
achten, spontan zu antworten. In
den meisten Fällen sind die Kandidaten spätestens dann zufrieden.
Wenn Bedenken geäußert werden,
dann eher seitens des Betriebsrates, der nicht möchte, dass solche
Mitarbeiterdaten über längere Zeit
gespeichert werden.
Zeigen sich bei der Armstrong
DLW GmbH Erfolge basierend
auf der Umsetzung dieser Methode?
Ja, es zeigen sich Erfolge. Die
Erfolge sind jedoch weniger konkreter (harte HR Kennzahlen wie
Fluktuationsraten oder finanzielle
Zuwächse etc.) als vielmehr profunder Natur. Das soll heißen, dass
nur durch diesen Test allein der
perfekte Mitarbeiter nicht gefunden
werden kann. Der Test kann als Art
Vorselektion gesehen werden, bei
der völlig unpassende Kandidaten
ausgeschlossen werden können.
So spart man sich Zeit. Außerdem
kann einem Bewerber bei einer Absage mit einem neutralen und objektiven Testergebnis deutlich einfacher begegnet werden.
Herr Schöbel, wir danken Ihnen
sehr für das interessante Gespräch.
■
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